Das Verhalten von Mainz 05 in der Black Week
Viele von uns treibt nach den vergangenen turbulenten Wochen die Frage um, wofür Mainz 05 (noch) steht. Das Sportliche blende ich, wie meistens, komplett aus, da es für diese Fragen sicherlich Profis gibt, die das beantworten können. Als Verein steht Mainz 05 seit der letzten Mitgliederversammlung für Nachhaltigkeit. Sie wurde in den Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales als Vereinszweck (!) §1 der Vereinssatzung aufgenommen. Doch was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit und wie wird sie gerade in der Black Week gelebt?
Die Bundesumweltministerium definiert Nachhaltigkeit folgendermaßen: „Wir sollten mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgsam umgehen und nicht auf Kosten der Menschen in anderen Regionen der Erde und auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Nachhaltigkeit betrifft unsere Umwelt, alle Bereiche unseres Lebens und Wirtschaftens. Nachhaltiges Handeln ist also eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft – national und international. Wir müssen unsere Erde für alle und auf Dauer bewohnbar erhalten.“
Kurz gesagt, unser Verein sollte Ressourcen schonen. Wie er von A nach B kommt, kann man kritisch hinterfragen, aber bei der Zuverlässigkeit der Bahn und Dauerstaus aufgrund maroder Brücken kann man das innerdeutsche Fliegen immerhin noch nachvollziehen. Es verlangt auch niemand, dass jetzt nur noch vegan gefuttert wird, da die pflanzliche Ernährung am klimaschonendsten ist und Tierleid erspart. Aber was man schon verlangen kann, ist, dass der Verein seine Außenwirkung bei manchen Aktionen hinterfragt – gerade nach der Satzungsänderung vor einem Monat.
Letztes Jahr habe ich das Einsteigen in die Rabattschlacht in der so genannten „Black Week“ bereits kritisiert. Dieser Blogpost ist bei manchen meinungsstarken Menschen auf Kritik gestoßen. Schließlich ist es tatsächlich ein Privileg, wenn man aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten auf Rabattaktionen verzichten kann. Diesen Punkt sehe ich und er hat in diesem Jahr sogar einen eigenen Hashtag erhalten: #BuyNothingIfYouCan Den „Buy Nothing Day“, der am heutigen Samstag begangen wird, gibt es sogar schon seit mehr als 30 Jahren. Er folgt auf den Black Friday, den mittlerweile auch in Deutschland wohl umsatzstärksten Tag des Jahres.
Natürlich soll niemand dafür kritisiert werden, dass er mit seinem begrenzten Budget sich am Black Friday rabattierte Dinge zulegt, für die das Geld normalerweise nicht reicht. Daher zielte meine letztjährige Kritik auch nicht auf die, die sich Dinge aufgrund von Sonderangeboten leisten können.
Vielmehr zielte die Kritik auf die Marketingverantwortlichen des Vereins, die es für notwendig hielten, in die Rabattschlacht in der Black Week einzusteigen. Letztes Jahr waren einzelne Posten um bis zu 70 Prozent reduziert. Dieses Jahr gibt es Eintrittskarten zu reduzierten Preisen. Gegen diese Aktion der reduzierten Eintrittspreise ist auch nichts einzuwenden, bietet sie tatsächlich Menschen mit geringerem Einkommen die Möglichkeit, Spiele der Männer-Profi-Mannschaft im Stadion zu sehen.
Wäre dies die einzige Rabattaktion gewesen, hätte man meinen können, der Verein hätte sein Agieren, der Vereinssatzung angepasst. Doch leider gibt es auch Rabatte im Merchandising-Bereich. Anders als letztes Jahr, als es starke Rabatte für einzelne Artikel gab, werden diesmal „Boxen“ angeboten. Das ist der neue Marketing-Trend und nennt sich „Bundling“, also das Bündeln von Artikeln, die dann in ihrer Gesamtheit günstiger zu erwerben sind, als die Produkte im Einzelverkauf. Durch diese gewählte Strategie wird der Überkonsum noch weiter angeheizt. Denn für uns Menschen gilt nun mal grundsätzlich erstmal die Devise „Geiz ist geil“, mussten wir vor Jahrtausenden ja noch sammeln, was wir außerhalb unserer Höhle bekommen konnten – so viel hat sich da bei uns in der Evolution noch nicht im Hirn geändert. Wenn man nun sieht, dass es im Bündel Rabatte gibt und im Einzelverkauf nicht, dann nimmt man halt den Pulli und die Mütze, obwohl man vielleicht für das eine oder andere Teil gar keine Verwendung hat.
Und wie war das nochmal mit der Schonung der Ressourcen, die sich nun in der Satzung des Vereins findet?
Und wie war das nochmal mit dem Argument, dass zahlungsschwächere Menschen die Möglichkeit bekommen, etwas zu kaufen, was sie sich zum Normalpreis nicht leisten können?
Durch diese Bundling-Strategie werden Ressourcen vergeudet, weil nicht nur das gekauft wird, was man vielleicht wirklich mag oder braucht, sondern auch das, was man halt nimmt, weil es im Bündel günstiger ist. So wird am Ende Mainz 05 mehr verkaufen, Menschen mehr kaufen, mehr Ressourcen verbraucht und womöglich Menschen mit weniger Budget mehr ausgegeben haben, als sie eigentlich eingeplant hatten.
Natürlich kann man auf den Black Week-Zug aufspringen und das Thema Nachhaltigkeit trotzdem hochhalten. Firmen wie Globetrotter, die gebrauchtes Equipment aufkaufen und einen Second Hand-Markt etablieren oder Maier Sports, die eine Spendenwanderung initiierten, zeigen, dass gewinnorientiere Unternehmen sich gegen den Konsumwahn kreativ positionieren. Und natürlich gibt es bei diesen Unternehmen auch mal Angebote. So ist auch an den Spieltagsangeboten bei Mainz 05 nichts auszusetzen.
Auf Mainz 05 umgemünzt wäre es doch eine tolle Möglichkeit, sich hier als Verein, der dem Gemeinwohl und nicht den Aktionären einer Kapitalgesellschaft verpflichtet ist, entsprechend abzuheben:
- Eine Trikottauschböre oder ein Second Hand Markt für Trikots – damit diese nicht nur im Schrank herumliegen, sondern ihrem eigentlichen Bestimmungszweck, Rot und Weiß in die Welt zu tragen, wieder gerecht zu werden.
- Eine Kooperation mit Mainzer Schneidereien, die kaputten Merch wieder reparieren, damit man um eine Neuanschaffung herumkommt.
- Und eine transparente Berichterstattung, wer die 05-Klamotten zu welchen Bedingungen mit welchen Materialien herstellt. Statt prozentualen Rabatt könnte man auch eine temporäre Erhöhung der Gelder denjenigen zukommen lassen, die die Teile hergestellt haben.
- Und warum nicht auch einen Spendenlauf initiieren, bei dem Geld für Mainz 05 hilft e.V. generiert wird?
Gutes Marketing besteht darin, zu besonderen Anlässen einzigartige Aktionen anzustoßen. Die Black Week zu einer „Konsumbildung“ zu nutzen und darüber aufzuklären, warum Überkonsum alles andere als nachhaltig ist, würde der umformulierten Satzung gerecht.
Dann könnten wir tatsächlich sagen, Mainz 05 steht für Nachhaltigkeit – in der Black Week besonders!