Spätlese Freiburg Saison 2024/2025

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Zwei eingetragene Vereine unter sicht

01 Hin und weg:

Wie vor einem halben Jahr fand das Auswärtsspiel im Breisgau wieder an einem Sonntag statt. Gnädigerweise bzw. dem DFB-Pokal sei Dank wurde es nicht wieder um 19.30 Uhr, sondern um 15.30 Uhr angepfiffen. So sollte man meinen, dass es eine entspannte Auswärtsfahrt werden würde. Denn dank der Riedbahn-Baustelle fahren ja aktuell sogar mehr ICE über Mainz Hauptbahnhof – theoretisch wohlgemerkt. Denn sonntags morgens um sechs Uhr hockt man in Hamburg eher auf dem Fischmarkt, als dass man sich um das Bereitstellen der Züge kümmert. Der ICE, der mich von Mainz nach Freiburg bringen sollte, wurde mit zirka 40 Minuten Verspätung in Hamburg bereitgestellt. Daher entschloss man sich bei der Bahn, nicht in Mainz zu halten, sondern von Frankfurt direkt nach Mannheim zu düsen. Glücklicherweise wurde dies zwei Stunden vorher angekündigt, so dass ich mit meinem Klapprad nach Bodenheim statt nach Mainz-Hauptbahnhof fuhr, um die S-Bahn, die wegen besagter Riedbahn-Baustelle gerade in Laubenheim durchfährt, zu erreichen. Flexibel muss man bei der Bahn halt sein – sonst macht es keinen Spaß. Den ICE erreichte ich in Mannheim und so kam ich mit lediglich 20 Minuten Verspätung in Freiburg an.

02 (N)immer nuff:

6934 vs. 1000 – das war der Unterschied zwischen den Radelnden in Freiburg und in Mainz bei jeweils knapp 34000 bzw. 33000 Zuschauenden bei den letzten beiden Liga-Heimspielen. Ja, Mainz hat Hügel – Freiburg ist flacher. Aber in Freiburg scheint es der Wille der Entscheidungstragenden zu sein, den Radverkehr fördern – und ihn vor allem möglichst überall eigene Spuren zuzuweisen. Denn auch Leute, die zu Fuß unterwegs sind, finden es nicht so schön, sich den Raum mit den Radfahrenden zu teilen. Und auch in Freiburg wird noch Auto gefahren – und Öffis gibt es auch. Es gibt aber halt einfach eine wesentlich bessere Radinfrastruktur. Wenn man jetzt hört, dass das alles kommen soll, dann denke ich nur an die Großsporthalle, die seit Jahrzehnten in Mainz in der Planung ist. In solchen Momenten finde ich unsere schöne Stadt schon ein wenig hinterwäldlerisch und altbacken.

Taschenaschenbecher zu verteilen

03 Kon-Trolle

Auch in Freiburg gab es vor der Einlasskontrolle wieder 05-Taschenaschenbecher. Die verteilte der Verein im Rahmen des Klimaverteidiger-Spieltags gegen Gladbach, damit die Kippen nach dem Abpfiff nicht auf dem Boden, sondern im Müll landen. Da noch Aschenbecher übrig waren, erhielt ich vom Verein einen Teil der übrig gebliebenen Exemplare zum Verteilen. Wer noch ein Exemplar möchte, kann sich gerne bei mir melden. Es findet sich sicherlich eine Übergabemöglichkeit und die Umwelt wird sich freuen. Leider haben bei einer nicht-repräsentativen Umfrage auf meinem Insta-Kanal 85 Prozent der Teilnehmenden angegeben, dass sie von dieser Aktion gar nichts wussten. Dies ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass der Verein in den sozialen Netzwerken manchmal einfach „überperformt“ und man bei den ganzen Inhalten gar nicht mehr solche Sachen mitbekommt.

Blick auf das Mooswaldstadion an einem „grauen“ November-Sonntag

04 Kampf um den Mampf

Dieser Punkt müsste diesmal in „Kampf um das Trinkwasser“ geändert werden. Schließlich wird das in Freiburg durch einen Trinkwasserspender gratis angeboten. In Mainz sieht man sich nicht in der Lage, so etwas umzusetzen und ist der Meinung, dass 3,50 Euro für einen halben Liter Mineralwasser auch an Hitzespieltagen jenseits der 30 Grad-Celsius-Marke ein angemessener Preis ist. Wie bei der Radinfrastruktur denke ich, dass zu Mainz anscheinend eine Art Bockigkeit gehört. Wer braucht schon Radwege, wenn es doch Autos gibt, wer braucht schon Trinkwasser, wenn es doch Schorle gibt? Ach so, und vegane Empanadas gab es natürlich auch. Bei uns ist es das höchste der Gefühle, dass es jetzt vegane Wurst an einem Verkaufsstand zwischen Q und R gibt – aber sicherlich nicht im Gästeblock. Und nein, Menschen, die sich pflanzenbasiert ernähren, stehen nicht den ganzen Tag darauf, sich von Brezeln und/oder Pommes zu ernähren. Aber gut Mainz ist halt…ach lassen wir das.

Trinkwasserspender im Gästeblock

05 Käfighaltung

Eingetragener Verein gegen eingetragener Verein! Gibt es etwas Schöneres in diesem Fußball-Kosmos? Wahrscheinlich nicht, denn mittlerweile weiß wohl auch ein Christian Streich nicht mehr so genau, warum viele Menschen das RB-Konstrukt ablehnen. Er redet von fehlender Tradition. Dabei geht es gar nicht um Tradition, sondern darum, dass RB mit seinem Kanal Servus TV Rechtspopulisten stärkt – dabei hat er sich immer gegen diese positioniert. Er ignoriert, dass RB einfach mal eine 100 Millionen Eigenkapitalspritze erhielt. Dass Spieler hin- und her transferiert werden, ist wohl auch egal. Dass Extremsportler bei RB-Events ums Leben kamen? Und dass es nur 23 Auserwählte gibt, die RB-Mitglied werden dürfen? Ignoriert er einfach.

Anscheinend haben sich alle handelnden Personen im Profifußball mit dem Konstrukt abgefunden und alle springen allen bei, wenn sie irgendwie mit dem Konstrukt in Kontakt kommen. Um so wichtiger ist es, dass sich aktive Fans weiterhin um Aufklärung bemühen, denn die meisten Menschen denken immer noch, dass RB ein ganz normaler Club sei. Gut, dass es kritische Fans gibt, gut, dass es noch „echte“ Vereine gibt, in denen die Mitglieder das Sagen haben – zumindest auf dem Papier. Denn wieso von 25 Menschen, die sich für den Aufsichtsrat bei Mainz 05 haben aufstellen lassen wollen, 9 aussortiert wurden, hinterlässt sehr große Fragezeichen. Wird damit den 05-Mitgliedern attestiert, nicht die „richtige“ Entscheidung treffen zu können?

Formaljuristisch ist dieses Aussortieren aufgrund der existierenden Satzung korrekt. Komischerweise muss sich eine 05-Wahlkommission nach ihrer Entscheidung schon zum zweiten Mal im Nachgang rechtfertigen. Wäre es nicht für das Wohl des Vereins besser, wenn die Wahlkommission sich auf das beschränkt, für was sie eigentlich da ist? Also zu prüfen, ob die formalen Voraussetzungen für eine Kandidatur gegeben sind? Warum kostet die Wahlkommission ihre Macht dergestalt aus, dass sie mit ihren Entscheidungen Unruhe in den Verein bringt? Und nein, es sind nicht Journalist:innen, die diese Unruhe reinbringen, wie schon wieder von einigen Social-Media-Lautsprecher:innen verkündet wird.

Dass diesmal eine bereits abgegebene Erklärung vom Sprecher der Wahlkommission sogar nochmals konkretisiert werden muss, zeigt, wie hier herumgeeiert wird. Er spricht vom Nicht-Verschaffen von Lebenszeitstellung, wenn es darum geht, warum drei aktuelle Mitglieder, die wieder kandidieren wollten, nicht berücksichtigt werden. Andere aktuelle Mitglieder wurden aber sehr wohl wieder akzeptiert. Das ist ein Widerspruch in sich. Die Mitglieder sollten in der Lage sein, zu bewerten, ob sich ein Aufsichtsratsmitglied bewährt hat oder nicht.

Vegane Empanadas im Gästeblock

Vielleicht sollte man da mal in Zukunft über eine Satzungsänderung nachdenken… Aber alleine der Gedanke daran, so etwas theoretisch anleiern zu können zeigt, was dann doch in Mainz (und Freiburg) möglich ist – anders als in Leipzig, Salzburg, New York oder in welcher RB-Filiale auch immer.

Fazit: Der Jahrgang 2024/2025 zeigt, dass Mainz ziemlich viel von Freiburg lernen kann und dass auch in einem eingetragenen Verein ziemlich viel falsch laufen kann, wenn es um Demokratie geht.

Punkt geholt beim Duell der beiden eingetragenen Vereine

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour