Diese Woche gab Mainz 05-Vorstand Jochen Röttgermann ein aufschlussreiches Interview zu vielen Themen rund um Mainz 05 in der Allgemeinen Zeitung Mainz. Als Marketing- und Vertriebsspezialist sieht er naturgemäß die Dinge etwas anders als wir Fußballfans. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es sich bei Mainz 05 immer noch um einen eingetragenen Verein mit Mitgliedern handelt und nicht um ein Wirtschaftsunternehmen.

Die meiner Meinung nach wichtigsten Aspekte des Interviews:
Röttgermann über Trikots
Sie dienen der Mainz 05-Markenbildung. Mit ihrem Verkauf ließ sich bisher bei Mainz 05 kein Gewinn machen.
Röttgermann über Erlöse aus dem Trikotverkauf
Sie deckten bisher bei Mainz 05 die Kosten nicht. Er räumt mit dem Gerücht auf, dass Spielertransfers durch Trikotverkäufe realisierbar wären.
Röttgermann über verkaufte Trikots
Erstmals werden in dieser Saison 25 000 Trikots verkauft werden, im Vergleich zu etwa 8 000 Trikots in der Saison 2022/2023. Dieses Jahr werden erstmals schwarze Zahlen bei Trikotverkäufen geschrieben.
Röttgermann über die Dauerkarte aus Plastik
Sie wird weiterhin ohne Zuschlag ausgegeben. Er war über den Sturm der Entrüstung überrascht, als der Verein dafür 10 Euro Aufpreis zu Beginn der aktuellen Saison verlangen wollte.
Röttgermann über den ehemaligen chinesischen Wettanbieter als Ärmelsponsor
Das würde der Verein so heute nicht mehr machen.
Fazit: Das Wort Nachhaltigkeit fiel in dem Interview lediglich bei der Dauerkarte aus Plastik. Dass die Steigerung des Trikotverkaufs unterm Strich nur dazu führt, dass dreimal so viele Ressourcen wie 2022/2023 verschwendet werden, wird nicht erwähnt. Die Trikot-Herstellung ist extrem energieintensiv. Jedes Trikot ist am Ende seines Lebenszyklus ein Stück Sondermüll. Wer ein Trikot kauft, füllt damit nicht die Kassen beim Verein, sondern bei anderen Unternehmen in der Lieferkette. Sicherlich nicht bei denjenigen, die den Kram herstellen müssen, sondern hauptsächlich beim Ausrüster, beim Hersteller in Südasien, beim Logistiker. Sprich der ganze Trikot-Hype, der in der Sommerpause, an Fastnacht und zum Vereinsjubiläum angefacht wurde, ist ökonomisch ein Nullsummenspiel, ökologisch eine Katastrophe und nur eine Marketing-Aktion. Die begrenzte Verfügbarkeit von Aufmerksamkeit in der Social Media-Welt wird bei Mainz 05 für Marketing genutzt. Leidtragende sind die anderen Abteilungen des Vereins, die auf X, Threads, BlueSky während der Trikot-Vermarktung gar nicht zum Zuge kommen – aber auch bei Instagram und Facebook fast nicht mehr präsent sind. Aber auch die Mitglieder-Aktionen erhalten kaum mehr Sichtbarkeit. Sprich Markenbildung ist Mainz 05 wichtiger als Vereinsidentität.
Und damit wären wir bei den anderen beiden Punkten. Der Verein muss gemäß DFL-Statuten einen Club-Fan-Dialog führen. Würde dieser bei Mainz 05 mit entsprechender Ernsthaftigkeit durchgezogen, wäre die Überraschung bei dem geplanten Dauerkarten-Aufschlag für die haptische Version ausgeblieben. Wir haben Fans, die sehr wohl wissen, wie die Menschen ticken, die alles für den FSV geben, den Verein auch unterstützen, wenn es mal nicht so gut läuft und am Ende auch die eindrucksvollen Choreos vorbereiten, mit dem sich der Verein so gerne schmückt.
Auch beim Sponsoring, Stichwort chinesischer Wettanbieter, hätte man sich viel Unruhe ersparen können, wenn man die entsprechenden Fan-Vertreter*innen ernst genommen hätte – vom DFL-Investoren-Deal mal ganz zu schweigen.
Der Verein sollte endlich den Club-Fan-Dialog dazu nutzen, gemeinsam Mainz 05 nach vorne zu bringen. Und wir sollten uns vielleicht mal überlegen, wem wir nutzen, wenn wir unser Geld in das xte Trikot investieren. Umwelt, Verein und Näher*innen sind es jedenfalls nicht.