Bom dia,
heißt „Guten Tag“ im Portugiesischen. Gerne würde ich auch auf Portugiesisch Euch ein frohes neues Jahr wünschen, doch leider lassen dies meine begrenzten Kenntnisse dieser schönen Sprache nicht zu. Gleichfalls wisst Ihr jetzt genau, wohin es uns die letzten Tage zog.
Bei der Reiseplanung sind uns natürlich mehrere Faktoren im deutschen Winter wichtig. Es soll schon ein wenig wärmer sein als bei uns, die Sonne sollte öfters erscheinen als am grauen Januar-Himmel zwischen Elbe und Isar und aufgrund der Kürze des Aufenthalts sollte die Reise nicht ans andere Ende der Welt führen. Natürlich sollte auch das Budget nicht unbedingt überstrapaziert werden, denn in vielen Ländern weltweit kam es zu massiven Preisanstiegen – auch weil der Euro im Vergleich zur jeweiligen Landeswährung an Wert verlor.
Also wieder Portugal, denn dort gefiel es uns bereits zur Jahreswende 2011/2012 sehr gut. Das Land liegt nicht weit weg von uns und die Sonne überwintert dort tatsächlich und sorgt wenigstens am Tag für wohlige Temperaturen knapp unter 20°C. Der Tourismus scheint dort allerdings sehr zyklisch zu verlaufen, denn es herrscht nach Weihnachten tiefste Nebensaison. Außer Rentnern von den britischen Inseln trifft man dort kaum andere Reisende an und der Geldbeutel wird tatsächlich sehr geschont – dem Euro sei Dank!
Denken wir an Portugal, denken manche vielleicht zum Glück noch an Cristiano Ronaldo oder Luiz Figo – die Nicht-Fußball-Fans allerdings eher an die Schuldenkrise. Dass Portugal wirklich in der Misere steckt, erkennt man eigentlich schon bei der Landung mitten in der Stadt. Der altertümliche Flughafen Portela platzt aus allen Nähten und zeigt dann doch den Unterschied zu Griechenland gleich auf: In Athen steht ein nagelneuer Flughafen und dort wurde die Notbremse, was Investitionen angeht, wohl zu spät gezogen, wenn sie überhaupt bereits gezogen wurde. Auch Portugal wollte einen neuen Airport bauen; „wollte“ ist hier wohl das wichtige Wort, das den Unterschied macht.
Allerdings trifft man auf der Fahrt durchs Land auf Projekte, die teilweise abgeschlossen sind, deren Sinn sich allerdings dem Durchreisenden nicht so ganz erschließen.Da gibt es vierspurige Straßen mit weit ausholenden Auf- und Abfahrten – aber keine Autos, die diese Straßen nutzen, obwohl diese gratis zu befahren sind. Die vormals genutzte zugegebenermaßen engere, aber schlaglochfreie Straße, wird ihrem Schicksal überlassen und dient als großer Bürgersteig. Leider trifft man auch immer wieder auf unfertige Projekte, deren Sinn sich gar nicht erschließt: Brücken ohne Zufahrten, verwaiste Brückenpfeiler und platt gewalzte Flächen für eine Autobahn (?) darben in der Landschaft dahin. Hier wurde wohl zu spät die Notbremse gezogen und man ahnt, warum das Land tatsächlich ein Problem hat und das heißt nicht „Verkehrsinfarkt“, wie zum Beispiel in vielen Ländern Asiens.
Das Reisen auf Portugals Straßen im Jahr 2013 erinnert mich fast schon an Reisen in Burma oder durch Afrika, wo es Minuten oder noch länger dauerte, ehe sich mal Gegenverkehr blicken ließ. Bei Benzinpreisen die denen in Deutschland entsprechen, kann es sich wahrscheinlich niemand mehr leisten, mal einfach so auf vier Rädern durch die Gegend zu düsen. Auf den Autobahnen, die nur gegen Gebühr zu nutzen sind, kommt man sich dann endgültig wie in der Autowerbung vor: kilometerlange vierspurig ausgebaute neue Fahrbahnen ohne jeglichen Mitbenutzer – bei 20 € für 250 km auch nicht wirklich ein Wunder. Wie sich die Kosten für diese Infrastrukturmaßnahmen je wieder einspielen lassen sollen, wage ich nicht zu beurteilen.
Außerdem schreckt dann noch die Art der Zahlung zahlungskräftigere Kunden wie uns von der Nutzung ab. Durften wir die Euros für die Nord-Süd-Trasse direkt vor Ort entrichten, wie dies auch z.B. in Frankreich üblich ist, wenn es Maut gibt, die nicht pauschal wie in der Schweiz erhoben wird, dachte man sich für die Querverbindung an der südlichen Algarve-Küste ein noch moderneres Modell aus, so wie es auf den deutschen Autobahnen für LKW vorgeschrieben ist. Dumm nur, dass viele Mietwagen gar keine Box zur Registrierung der gefahrenen Kilometer an Bord haben. So mussten wir die Maut im Postamt entrichten – allerdings nicht unmittelbar nach der Nutzung, sondern erst zwei Tage später und spätestens nach 7 Tagen, sonst begeht man eine Straftat bei Nichtzahlung! Goethes Satz „Reisen bildet“ gilt auch 2013 noch, denn so ein kompliziertes System kannte ich bisher noch nicht und es wird auch nirgends darauf hingewiesen, dass die Gebühren erst zwei Tage später der Post vorliegen. Bezahlung online? Im Offline-Land Portugal nicht möglich…
Trotzdem macht das Reisen in Portugal einen großen Spaß, gerade weil man schnell vom Fleck kommt und mit neuen Navigationsgeräten, auch sehr schnell direkt von A nach B dirigiert wird. Manche Navis sind sogar auf Feldwege programmiert, so dass wir ruckzuck von der vierspurigen jungfräulichen Schnellstraße auf eine unbefestigte Schlaglochpiste geleitet wurden, da wir die Option „ökonomischte Route“ zuvor eingegeben hatten. So wird das Reisen dann sogar noch zum kleinen Abenteuer und das in Europa.
Abgesehen von den Investitionsruinen am Fahrbahnrand oder auf der Fahrbahn finden sich kaum Anzeichen für ein nahezu bankrottes Land. Wohnhäuser scheinen nicht geräumt zu werden, wie dies in Spanien leider der Fall ist, auch die öffentliche Infrastruktur funktioniert – es fahren Busse und der Müll wird abgeholt – und die Armut ist kaum offen zu sehen. In Mainz gibt es mehr bettelnde Menschen als in allen in einer Woche bereisten portugiesischen Städten zusammen. Auch Ressentiments gegen Deutschland oder Deutsche sind überhaupt nicht zu finden – anders als die TV-Bilder beim Besuch von Kanzlerin Merkel in Lissabon suggerierten.
Für alle bezogenen Waren und Dienstleistungen erhielten wir Rechnungen auf denen die 23 % Mehrwertsteuer ausgewiesen waren, für uns eine Selbstverständlichkeit, für andere südeuropäische Länder aber anscheinend ja nicht unbedingt und für den Rest der Welt wirklich nicht üblich. Diese kleinen Zettelchen sind für mich aber auch der Hoffnungsschimmer, dass es Portugal bald wieder besser geht, denn so fließen tatsächlich Gelder in die Staatskasse und anhand der Tatsache, dass Projekte, die vielleicht nicht unbedingt wirklich durchzuführen sind, aktuell gestoppt werden, findet wohl ein Umdenken im Staate Portugal statt, der dem Land hoffentlich die Wende bringt. Denn zum Glück werden weiterhin auch Straßen und andere Infrastruktureinrichtungen repariert – was zwar auch Geld kostet aber den Menschen auch Arbeit bringt und somit auch wieder Konsum, der zu 23 % versteuert wird.
Wir planen auch Ende des Jahres wieder nach Portugal zu fahren – nicht, weil es besonders günstig ist, dort dem Winter zu entkommen, sondern weil die wunderschöne Küste, die sehr netten Menschen und das gute Essen immer wieder Gründe sind, dorthin zu fahren und wenn man mit seinem Geld ein wenig die arg gebeutelte Staatskasse aufbessert…um so besser.