Auch heute kann ich Euch wieder nur im Nachhinein, wie schon von Korsika, dieses Mal aus dem Baskenland berichten. Die „abtrünnigen“ Provinzen des Hexagons scheinen auch wirklich die Schönsten der „Grande Nation“ zu sein.
Nachdem ich meinen Freund Peter in Paris abgeholt hatte, ging es in den Hauptort des französischen Teils von „Euskadi“. Dies ist der baskische Ausdruck für das Baskenland, das heute zum Teil zu Spanien und zum Teil zu Frankreich gehört, und grob aus dem äußersten Westteil des Pyrenäenkamms besteht. Am nächsten Tag ging es wieder einmal mit einem Zug aus der TGV-Vorzeit in das Tal der Nive hinein in Richtung spanische Grenze. Das Baskenland erkennt man schon während der Zugfahrt durch die weißgetünchten Hauser mit ihren rostroten Fensterläden. Nur wenige Häuser zieren sattgrüne Fensterläden. Alle drei Farben (weiß, rot und grün) zieren die baskische Fahne, die dem „Union Jack“ ein wenig ähnelt.
Dank der politischen Zugeständnisse aus Paris werden wie auf Korsika nun alle Schilder, sowohl in Französisch als auch in Baskisch, aufgestellt. Das Baskische ist eine vom Lateinischen völlig unabhängig entstandene Sprache, die man als Außenstehender überhaupt nicht verstehen kann. Das Freiheitsstreben der französischen Basken wird glücklicherweise von keinen Attentaten terroristischer Bewegungen begleitet, wie dies in Spanien durch die ETA seit Jahrzehnten Gang und Gebe ist. Trotzdem wird in den Bergen, in denen wir eigentlich Ruhe suchten, ständig herumgeballert. Doch statt auf Politiker (oder Wanderer) zu schießen, wird hier wie verrückt irgendwelches Wild abgeknallt. Anscheinend waren die Jäger sehr erfolgreich, denn wir sahen hier keine Wildschweine o.ä. mehr, wie ich es von Korsika noch gewohnt war. Dafür fanden wir eine andere Leckerei am Wegerand einfach so herumliegen: Esskastanien!
Und wie jede französische Region hat natürlich auch Euskadi seine kulinarischen Delikatessen: Das Poulet basquaise (baskisches Huhn) wird mit sehr viel Chilischoten und Zwiebeln weich gekocht, so dass das Fleisch schon fast auf der Zunge zergeht. Eine andere Geflügelspezialität sind Tauben. Gekocht wird hier alles in Entenfett und bei soviel schwerem Essen muss natürlich danach ein „Izarra“ (baskischer Kräuterlikör) wieder alles ins Lot bringen. Aber wir haben nicht nur diniert sondern auch unseren Hintern durch die wunderschön herbstlich gefärbte Landschaft bewegt. Diese „Vor-Pyrenäen-Landschaft“ ist trotz ihrer nicht gerade riesigen Berge, die nicht höher als 1.000 m sind, wirklich beeindruckend: Durch das Vorhandensein der Wetterscheide zwischen dem wärmeren Spanien und dem kälteren Frankreich bläst immer ein sehr starker Wind, der den Baumbestand in geschützte Mulden zurückdrängt. Die freien Flächen sind entweder von Farnen bewachsen oder es prägen markante Felsabbrüche die Landschaft. Dadurch, dass die Farne nach einem trockenen Sommer langsam total verdörrt sind und eine bräunlich Farbe angenommen haben, verzaubert nicht das Laub, sondern die verschiedenen Farbnuancen der aus vertrockneten Farnen bestehenden Berge den immer noch schwitzenden Wanderer, der aus Deutschland Ende Oktober doch andere Temperaturen gewohnt ist. Die meisten Lebewesen, denen man in den einsamen Bergen begegnet ist, waren weder andere Wanderer noch ETA-Aktivisten, sondern wie schon auf den Färöer-Inseln die kuscheligen Wollproduzenten, die hier natürlich auch herrlichen Käse entstehen lassen.
Endpunkt unserer Tour war das kleine Städtchen St. Jean-Pied-de- Port, das noch viele Häuser aus dem Mittelalter besitzt. Berühmt wurde die Stadt durch ihre Lage am Jakobsweg. St. Jean ist die letzte Siedlung auf französischen Boden, ehe der Pilger seinen Marsch nach Santiago de Compostella auf spanischen Territorium fortsetzt. St. Jean besitzt noch eine Brücke aus der Römerzeit und eine Stadtmauer aus dem Mittelalter. Abends in den engen gepflasterten Gässchen fiel es nicht schwer, sich ein paar Hundert Jahre zurückzuversetzen und sich das Leben zu dieser Zeit vorzustellen. Kaum waren wir im Mittelalter angelangt, hieß auch schon wieder Abschied nehmen von diesem beschaulichen Fleckchen Erde, das gerade zu Zeiten wie der Heutigen, zum Entspannen wirklich noch die Möglichkeit gibt.