In den ersten vier Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt vier KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In den letzten fünf Jahren, seitdem ich diese Analyse erstelle, haben sich die Ansprüche an diese Analyse verändert. Das Thema Nachhaltigkeit ist weiter in den Vordergrund gerückt. Dies gilt auch für ökonomische Aspekte. Diese Aspekte finden sich in der Abschlusstabelle 2024 in Bezug auf die Finanzen der Bundesliga-Clubs wider.
Wertvorgaben für die KPIs zur Erstellung der Abschlusstabelle in Bezug auf die Finanzen der Bundesliga-Clubs
In allen vier Teilen habe ich für die entsprechenden KPIs Wertvorgaben für finanziell nachhaltiges Verhalten recherchiert:
- Ein Anlagendeckungsgrad von 60 Prozent und mehr gilt als finanzielle Stabilität
- Eine Eigenkapitalquote von mehr als 20 Prozent ist in Ordnung, bei mehr als 30 Prozent gilt sie als gesund.
- Eine Personalaufwandsquote, in Branchen, die auf menschliche Interaktion angewiesen sind, gelten Werte von 60 bis 70 Prozent als angemessen
- Beim Verschuldungsgrad wird ein Richtwert empfohlen, bei dem das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital höchstens 2:1 ist, was einem Verschuldungsgrad von 200% entspricht.
Wer in den letzten Jahren aufmerksam die Finanz-Bundesliga-Tabellenerstellung verfolgt hat, wird feststellen, dass ich bis 2023 auch die Eigenkapitalrendite und die Umsatzrentabilität mit in die Tabelle hineingenommen habe. Diese beiden KPIs sind von eher kurzfristiger Natur, da in beiden Werten der Jahresüberschuss eine entscheidende Rolle spielt. Gerade während der Pandemie haben die meisten Vereine einen Jahresfehlbetrag ausgewiesen. Dies ist langfristig gesehen auch unproblematisch, wenn der Club finanziell nachhaltig wirtschaftet. Ferner sind Fußballclubs keine „normalen“ Unternehmen. Sie sollen nicht unbedingt hohe Jahresüberschüsse erwirtschaften, sondern mit ihrem vorhandenen Geld, verantwortungsbewusst umgehen. Dass damit ein Jahresüberschuss und kein dauerhafter -fehlbetrag einhergeht, ist selbstredend. Die Vereine befinden sich in einem Wettbewerb untereinander und daher sollte das Ziel dieser Analyse sein, zu prüfen, welche Clubs Financial Fairplay eher leben als andere. Aus diesem Grund habe ich diese beiden KPIs in diesem Jahr gestrichen.
Bereits im letzten Jahr habe ich diese KPI auch nicht mehr in die Abschlusstabelle hineingenommen. Wie in den Jahren zuvor habe ich für die vier KPIs pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht.
Die Punkteverteilung im Überblick; für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):
Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
AD | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
>1 | 3 | TSG (3), SCF (3), M05 (3), FCB (3) |
>0,5 | 2 | B04 (2), BVB (2), FCA (2), KSV (neu) |
>0 | 1 | RBL (1), BMG (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (1), BOC (1), KOE (1), SVD (2), FCU (0), FSP (neu) |
<0 | 0 | SVW (0) |
Einen Punkt mehr konnte Union Berlin (1 statt 0) erzielen. Darmstadt 98 erhält einen Punkt weniger (1 statt 2). Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Holstein Kiel) bzw. 1 Punkt (FC St. Pauli).
Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
EQ | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
> 0,66 | 3 | TSG (3), SCF (3) |
> 0,33 | 2 | FCB (3), BVB (2), KSV (neu), M05 (2), B04 (2), FCA (2), |
> 0 | 1 | RBL (1), BMG (1), BSC (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (1), KOE (1), BOC (1), SVD (2), FCU (0), FSP (neu) |
<0 | 0 | SVW (0) |
Kein Verein konnte mehr Punkte erreichen. Der FC Bayern München (2 statt 3) und Darmstadt 98 (1 statt 2) erhalten einen Punkt weniger. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Holstein Kiel) bzw. 1 Punkt (FC St. Pauli).
Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
PQ | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
< 0,5 | 3 | KOE (2), FCU (3), M05 (3), SGE (3), RBL (3), BOC (3), B04 (2), BVB (3), |
<0,6 | 2 | WOB (3), FCH (3), SVW (3), VFB (1), TSG (0), SCF (2), FCB (2), FCA (2), BMG (1), SVD (2), KSV (neu), FSP (neu) |
<0,7 | 1 | |
>0,7 | 0 |
Eine PQ von unter 0,5 gilt für die Branche als sehr gut. Daher gibt es ab diesem Wert 3 Punkte. Eine PQ über 0,5 und unter 0,6 gibt zwei Punkte. Eine PQ über 0,6 und unter 0,7 gibt einen Punkt. In den Klammern stehen die revidierten Punktezahlen des Vorjahres.
Zwei Punkte mehr konnte die TSG Hoffenheim (2 statt 0) verzeichnen. Einen Punkt mehr konnten Bayer 04 Leverkusen und der 1. FC Köln (jeweils 3 statt 2), der VfB Stuttgart und Borussia Möchengladbach (jeweils 2 statt 1) verzeichnen. Einen Punkt weniger gab es für den VfL Wolfsburg, den 1. FC Heidenheim und Werder Bremen (2 statt 3) Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte . Erfreulich ist die Entwicklung, dass es keinen Club gibt, der eine höhere Personalaufwandsquote als 0,60 aufweist.
Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
VQ | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
< 0,5 | 3 | TSG (3), SCF (3) |
< 1 | 2 | FCB (3), M05 (3), BVB (2), B04 (2), FCA (2), KSV (neu) |
< 2 | 1 | |
> 2 | 0 | SVD (2), BMG (0), RBL (0), SGE (0), WOB (0), VFB (0), FCH (0), KOE (0), BOC (0), SVW (0), FCU (0), FSP (0) |
Ein Verschuldungsgrad von unter 0,5 gilt als sehr nachhaltig und ergibt 3 Punkte , von unter 1 ergibt 2 Punkte und von unter 2 1 Punkt.
Entwicklung der Punkte im Vergleich zu 2023
Kein Club konnte einen Punkt mehr erzielen. Einen Punkt weniger konnten der 1. FSV Mainz 05 und der FC Bayern München (2 statt 3) ergatten. Zwei Punkte weniger (0 statt 2) erzielte Darmstadt 98. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Holstein Kiel) bzw. 0 Punkte (FC St. Pauli).
Die Meisterschaft in Bezug auf die Finanzen der Bundesliga-Clubs in einer Abschlusstabelle
Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019, 2020, 2021 und 2023 der SC Freiburg – diesmal gemeinsam mit der TSG Hoffenheim, die 2022 den Titel holte.
Die Abschlusstabelle 2024 in Bezug auf die Finanzen der Bundesliga-Clubs
Platzierung | Verein | Punkte 2024 | Punkte 2023 |
1. | SC Freiburg | 11 | 11 |
TSG Hoffenheim | 11 | 9 | |
3. | 1. FSV Mainz 05 | 10 | 11 |
4. | FC Bayern München | 9 | 11 |
Bayer 04 Leverkusen | 9 | 8 | |
Borussia Dortmund | 9 | 8 | |
7. | FC Augsburg | 8 | 8 |
Holstein Kiel | 8 | neu | |
9. | RB Leipzig | 5 | 5 |
Eintracht Frankfurt | 5 | 5 | |
Union Berlin | 5 | 3 | |
VfL Bochum | 5 | 5 | |
1. FC Köln | 5 | 4 | |
14. | Darmstadt 98 | 4 | 6 |
Borussia Mönchengladbach | 4 | 3 | |
VfL Wolfsburg | 4 | 5 | |
VfB Stuttgart | 4 | 3 | |
FC St. Pauli | 4 | neu | |
1. FC Heidenheim | 4 | 5 | |
20. | Werder Bremen | 2 | 3 |
Das Fazit in Bezug auf die Abschlusstabelle der Finanzen der Bundesliga-Clubs
Bei nur noch vier KPIs gibt es natürlich Vereine, die sich Platzierungen teilen. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn so lässt sich auf einen Blick erkennen, welche Vereine auf dem Papier finanziell nachhaltig und fair agieren und welche Clubs hier Nachholbedarf haben. „Auf dem Papier“ bedeutet, dass Clubs wie Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg in der Realität natürlich überhaupt nicht fair (aber nachhaltig) agieren, da ihre Fehlbeträge Jahr für Jahr durch Dritte ausgeglichen werden.
Der größte Sprung nach vorne gelang Union Berlin und der TSG Hoffenheim, die 2 Punkte mehr ergattern konnte (von 3 auf 5 bzw. von 9 auf 11). Einen Punkt mehr konnten Bayer 04 Leverkusen und Borussia Dortmund (von 8 auf 9), der 1. FC Köln (von 4 auf 5) und Borussia Mönchengladbach sowie der VfB Stuttgart (von 3 auf 4) erzielen.
Zwei Punkte weniger erhielten der FC Bayern München (9 statt 11) und Darmstadt 98 (4 statt 6). Einen Punkt weniger erhielten der 1. FSV Mainz 05 (10 statt 11) und Werder Bremen (2 statt 3).
Holstein Kiel liegt mit 8 Punkten relativ weit oben, der FC St. Pauli mit 4 Punkten relativ weit unten.
Die DFL-Linzenzordnung
Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs veranktert. Würde man die oben angesprochenen Werte für die KPIs:
- Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
- Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
- Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
- Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)
als Linzenkriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei B04 und WOB beendet werden würde.
Welcher Verein erfüllt wieviele Kritieren
Die folgenden Vereine würden alle vier Kriterien erfüllen:
- SC Freiburg
- TSG Hoffenheim
- 1. FSV Mainz 05
- FC Bayern München
- Bayer Leverkusen
- Borussia Dortmund
- FC Augsburg
- Holstein Kiel
Drei von vier Kriterien würde erfüllen:
- kein Verein
Zwei von vier Kriterien würden erfüllen:
- RB Leipzig
- VfL Bochum
- Darmstadt 98
- Borussia Mönchengladbach
Eins von vier Kriterien würden erfüllen:
- 1. FC Köln
- Eintracht Frankfurt
- Union Berlin
- VfL Wolfsburg
- VfB Stuttgart
- FC St. Pauli
- 1. FC Heidenheim
- Werder Bremen
Diese Aufteilung der Liga zeigt ein relativ objektives Bild der finanziellen Situation aller Clubs der ersten Liga. Auf die Situation der einzelnen Vereine im Vergleich zu Mainz 05 wird vor jedem Heimspiel des FSV in der Saison 2024/2025 eingegangen.
Financial Fairplay?
Financial Fairplay ist weiterhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Die Sonderstellung von Bayer Leverkusen und vom VfL Wolfsburg ist weiterhin kritisch zu betrachten.
In der Lizenzierungsordnung der DFL kann es mittlerweile Geldstrafen und ab der übernächsten Saison Punktabzüge für negatives Eigenkapital geben. Doch diese Maßnahme greift viel zu kurz.
Es wird auch dieses Jahr spannend sein, wie die Clubs weiter wirtschaften. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat.