Spätlese 1. FFV Erfurt vs. 1. FSV Mainz 05 – Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Fans und das Frauenteam des FSV feiern diesen historischen Tag

01 Hin und weg:

Brücken sind ja nicht ganz so Mainz, wie alle wissen, die die Schiersteiner Brücke kennen. Allerdings trifft das auch auf Wiesbaden (Salzbachtalbrücke) und jetzt wohl sogar auf die Diva vom Main zu. Jedenfalls hielt der ICE nicht in Frankfurt Hauptbahnhof, sondern in Frankfurt-Süd – wegen Brückenschäden.

Fahrrad in Bahnhofsviertel
Mit dem Klapprad durch das Frankfurter Bahnhofsviertel zum Südbahnhof

So kam ich in den Genuss sonntagsmorgens mit dem geliebten Klapprad durchs Frankfurter Bahnhofsviertel zu fahren. Zum Glück hielten die Reifen durch, was angesichts der vielen Glasscherben nicht unbedingt zu erwarten war. Innerhalb von 10 Minuten in Frankfurt Hauptbahnhof aus dem Zug raus und im Südbahnhof am Gleis anzukommen, war wohl rekordverdächtig und das perfekte Intro für diesen historischen Tag. Der ICE in Frankfurt-Süd war pünktlich und los ging die Fahrt in die Partnerstadt von Mainz.

02 (N)immer nuff:

Das DFB-Pokalspiel der Frauenmannschaften zwischen dem 1. FFV Erfurt und Mainz 05 fand im Sportpark am Johannesplatz statt. Gegenüber dem Steigerwaldstadion, in dem Rot-Weiß Erfurt spielt, hat dieser Ground den Vorteil, dass man durch die wunderschöne Altstadt radeln kann, ehe es an einer Ausfallstraße, die von Plattenbauten gesäumt ist, zum Sportplatz ging.

Der Weg zum Stadion führte durch die schöne Altstadt von Erfurt, der Partnerstadt von Mainz

03 Kon-Trolle

Erstrundenspiele im DFB-Pokal haben ja oft den schönen Nebeneffekt, dass es mal nicht in die alljährlich bereisten Arenen der Republik geht, sondern mit etwas Glück zu Spielstätten, die noch etwas an den Fußball erinnern, wie er früher einmal war. So auch bei dieser Auswärtsfahrt. Das Kassenhäuschen bestand aus einem Tisch, einem Stuhl und einem Partyzelt. Sicherheitspersonal oder Polizei sah man an diesem Tag überhaupt nicht – und waren auch nicht nötig.

Support-Material an der Bank der Gäste

04 Kampf um den Mampf

Ein Getränkestand samt Bon-Stelle fürs Essen, ein Stand zum Abholen von Wurst und Steak – das war es auch schon. Natürlich kommt man hier als Mensch, der sich rein pflanzlich ernährt, nicht auf seine Kosten. Aber wir reden hier auch nicht von der 1. Bundesliga im Männerfußball. Daher war das Angebot schon vollkommen in Ordnung und Cash natürlich King. Das Bayreuther Hell vom Fass hatte sogar Championsleague-Niveau. Dass die Getränkepreise (Bier 3€/0,5l) für nicht alkoholische Getränke (2,50€ und niedriger) deutlich unter dem Bierpreis lagen, war auch vollkommen in Ordnung. Natürlich sind Einwegbecher Mist, aber nochmal: Es ist eine andere Liga. Daher darf man schon mit zweierlei Maß messen, wie ich finde.

Vom „Es war einmal“-Fanzine gefertigter Wimpel für diesen historischen Tag

05 Käfighaltung

Nach 50 Jahren gibt es endlich wieder Frauenfußball bei Mainz 05. Leider ist es gar nicht so einfach, hierzu etwas in Erfahrung zu bringen. Daher ein großes Dankeschön an das „Es war einmal Fanzine“, das pünktlich zum Start der Saison am 1. Juli 2023 in einem Facebook-Post seine Recherche-Arbeit publizierte. Denn man könnte meinen, Frauenfußball gab es bisher noch gar nicht bei Mainz 05. In der Vereinschronik ist hierzu auf der Webseite leider gar nichts zu lesen. Daher ist es so wichtig, dass sich Fans engagieren. Mitarbeitende in den Vereinen kommen und gehen und haben nicht immer den Bezug zu ihrem Arbeitgeber. Im wunderbaren Online-Archiv fsv05.de von Christian Karn ist natürlich längst ein Link „Frauenfußball“ in der Kopfzeile vorhanden und das „Es war einmal Fanzine“ hat für die Begegnung einen Wimpel produziert (genauso für das Spiel der Männer in Elversberg). Wie schon während der Pandemie gilt auch jetzt der Spruch „Der Verein lebt von seinen Fans und Mitgliedern“!

Fantrennung gab es auf diesem Sportplatz mit Aschebahn nicht. Anders als so manches Mal bei Spielen in Ostdeutschland, insbesondere bei der U23 während ihrer Drittligazeit, kam es diesmal zu keinen Anfeindungen. Vielmehr tat der Stadionsprecher alles dafür, eine faire und angenehme Atmosphäre zu schaffen. Es wurde natürlich auch an die Partnerschaft der beiden Landeshauptstädte erinnert und kurz die Historie der Mainzer Frauenmannschaft erklärt, die als TSV Schott Mainz noch den Verbandspokal gewann und sich so für die 1. Runde im DFB-Pokal als Mainz 05 qualifizierte.

Erstmals seit 50 Jahren tritt eine Mainz 05-Frauenmannschaft zu einem Pflichtspiel an

Insgesamt 20 Fans des FSV hatten es an diesem Nachmittag nach Erfurt geschafft. Am Geländer ließen sich 05-Fahne und -Schals mit Panzerband befestigen und natürlich wurde auch verbal supportet. Dabei waren die 20 Nasen aus Rheinhessen meist lauter als die restlichen 228 Zuschauenden, die außer „Ihr seid nur ein Karnevalsverein“ nur einmal kurz einen auf ihr Team gemünzten Gesang anstimmten. Innerhalb des 05-Anhangs wurde lebhaft diskutiert, ob Gesänge für die Frauenmannschaft abgeändert werden sollten. Neben dem gewöhnlichen Liedgut schallte schließlich auch „Fußballdamen 05er Fußballdamen“ über den Platz – angelehnt an die Unterstützung der 05er-Handballdamen. Später ertönte auch „Come on you girls in white“.

Das erste Tor für eine Mainz 05-Frauenmannschaft nach 50 Jahren, erzielt durch Cecilia Way

Zu diesem Zeitpunkt war schon längst wieder historisches passiert. Cecilia Way köpfte das erste Tor einer 05er-Frauenmannschaft seit 1973. Die Mainzerinnen dominierten das Spielgeschehen in der ersten Halbzeit, was so nicht unbedingt zu erwarten war, denn auch die Erfurterinnen kicken in der drittklassigen Regionalliga. Man konnte also getrost von einer Partie auf Augenhöhe ausgehen.

Aufforderung der Fans des FSV für die Humba nach dem ersten Sieg nach 50 Jahren für eine 05er-Frauenmannschaft

In der zweiten Halbzeit ein weiteres Highlight. Heiðrún Sigurðardóttir, wurde nach viermonatiger Verletzungspause eingewechselt. Davor sorgte der sympathische Stadionsprecher für ein Kuriosum. Anders als seine Kollegen in der 1. Männerliga, die einfach Spielernamen so aussprechen, wie es ihnen in den Sinn kommt, man denke nur an „Sallei“ oder „Solei“, bat er die mitgereisten Fans des FSV darum, den Namen zu skandieren. Einfach eine große Aktion des Stadionsprechers.

Kurz vor Schluss gab es ähnlich wie in Elversberg noch eine Großchance für das gegnerische Team – aber auch hier blieb es beim 1:0 für Mainz 05. Damit war das nächste Highlight sicher: Der erste Auswärtssieg einer 05er-Frauenmannschaft seit 1973. Dieser wurde natürlich standardmäßig gefeiert. Torschützin Cecilia Way durfte die Humba anstimmen. Die Kanadierin erhielt grandiose Unterstützung vom Co-Trainer Alexander Ulbrich. Das war dann wohl tatsächlich noch ein Novum, denn 1973 wurde wohl noch keine Humba nach historischen Siegen angestimmt.

Die erste Humba einer 05er-Frauenmannschaft in der 118-jährigen Geschichte des Vereins

Diese Partie war wirklich eine Werbung für den Frauenfußball bei Mainz 05. Das Team und das Staff waren sehr sehr dankbar für die Unterstützung. Man fühlte sich als Fan sehr wertgeschätzt und wir Fans werden es sicherlich nicht bereuen, diese Mannschaft auch in der Liga (und weiterhin im Pokal zu unterstützen).

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 ermöglicht es, dass auch die Humba nochmals ein Novum erlebt – den 05er-Fußballdamen sei Dank!

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Frauenfußball bei Mainz 05: Alles eine Frage des B-Kriteriums?

Als im letzten Jahr Mainz 05 die Kooperation mit Schott im Frauenfußball bekannt gab, sorgte das für eine große Überraschung. Manche wünschten sich schon länger, dass es auch Frauenfußball bei Mainz 05 gibt. Der Verein zitierte damals den Don so: „Es ist aus unserer Sicht jetzt auch der richtige Zeitpunkt, den Spitzenfußball zu fördern. Der TSV SCHOTT und Mainz 05 werden sich ambitionierte Ziele für die erste Frauenmannschaft, aber auch im Juniorinnenbereich setzen“. Das klang alles ziemlich vielversprechend und es wurde allseits wohlwollend bis begeistert aufgenommen. Frauenfußball und Mainz 05, das könnte passen.

Mainz 05 war Anfang 2022 das einzige Team in der 1. Liga ohne Frauenteam


Zu diesem Zeitpunkt im April 2022 hatte Mainz 05 allerdings auch ein Alleinstellungsmerkmal. Es war der einzige Verein in der 1. Liga, der kein Frauenteam hatte oder zumindest nicht mit einem kooperierte. Es konnte also durchaus der Eindruck entstehen, dass sich Mainz 05 hier nicht länger in die Paria-Ecke stellen wollte. Als einziger Club so rein gar nichts mit Frauenfußball am Hut zu haben, passt nicht wirklich zur Vereins-DNA. Man könnte heute auch einfach sagen, ist jetzt auch egal. Sie kooperieren und binden zum Start der Saison 2023/24 das Frauenteam auch richtig in den Verein ein – feddich.

Ein erstes Zeichen, dass dies so sein könnte, war der 29. Juni 2023. Der Verein vermeldetete die Auslosung der 1. Runde des DFB-Pokals der Frauen. Am 1. Juli begrüßte er die Frauen des TSV Schott Mainz offiziell bei Mainz 05. Es folgte am 2. Juli der Hinweis auf das erste Pflichtspiel der Frauenmannschaft am 12./13. August 2023 im DFB-Pokal. Auch an der Trikotpräsentation am 7. Juli, nahm eine Spielerin teil.

In den letzten Jahren war die Trikotpräsentation auch immer so eine Art Paria-Angelegenheit. Man denke nur an den chinesischen Wettanbieter und den Ausrüster, der in Sachen Nachhaltigkeit nicht wirklich Fortschritte machte. Jetzt war es ja mit dem Wärmepumpenhersteller als Ärmelsponsor und dem neuen Ausrüster tatsächlich gelungen, diese Schmuddelecke zu verlassen. Dazu trat neben dem Profi und der Spielerin auch noch ein Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum auf. Eigentlich alles paletti, könnte man meinen. Und dass die Begrifflichkeiten noch nicht so passten („Mädels“), kann man sicher am Anfang mal verzeihen.

Bruchwegstadion in Mainz
Bruchwegstadion in Mainz – bald Spielstätte des Frauenteams von Mainz 05?

Leider hielt dieses Strohfeuer an Neuigkeiten, was die Frauenteams angeht, nicht an. Am 10. Juli terminierte der DFB die Pokalpartie beim 1. FFV Erfurt auf den 13. August 2023. Und Mainz 05 informiert an diesem Tag über vieles aber nicht über diese Ansetzung. Man kann sich mittlerweile auf der Mainz 05-Seite auch die Ansetzungen der Frauen abonnieren. Auch das wäre mal eine News wert gewesen. Aber bis heute gibt es keine Info zur Pokalterminierung, obwohl der Verein auch darauf hingewiesen wurde. Mainz 05 feiert den 13. August ganz groß ab. Aber nicht, weil an diesem Tag das erste Pflichtspiel der Frauenmannschaft stattfindet, sondern das Sommerfest am Dom.

Dass das Sommerfest an diesem Tag parallel zu dem Spiel in Erfurt stattfindet – geschenkt. Man kann davon ausgehen, dass der Verein alles darangesetzt hat, das Männer-Pokalspiel nicht an dem Sonntag austragen zu müssen. Aber man sollte doch wenigstens ein bisschen Sensibilität walten lassen und diesen Spieltermin der Frauen verkünden und nicht einfach totschweigen.

Die Lizenzierungsordnung der DFL schreibt Frauenfußball vor

Bei so viel nicht Nicht-Information stellt sich doch nochmal die Frage, warum die Kooperation im April 2022 eingegangen wurde. Dazu lohnt ein Blick in die Lizenzierungsordnung der DFL. Dort steht u.a. in der Präambel: „Um die Voraussetzungen für eine Lizenzerteilung zu überprüfen, führt der DFL e.V. ein Lizenzierungsverfahren durch. Dieses dient dazu… die Entwicklung des Frauenfußballs zu fördern.”

In §3 „Sportliche Kriterien“ wird die DFL konkret: „Als sportliches Kriterium wird zudem verlangt, dass der Bewerber den Frauenfußball fördert sowie einen Beitrag zu seiner Professionalisierung und zur Steigerung seiner Beliebtheit leistet, indem er eine Frauen- und/oder Mädchenmannschaft zu offiziellen Wettbewerben anmeldet oder eine Kooperationsvereinbarung mit einem Fußballclub abschließt, der eine Frauen- und/oder Mädchenfußballabteilung unterhält (B-Kriterium).”

Die Lizenzierungsordnung hält 3 Arten von Kriterien bereit: A, B und C. Ein A-Kriterium ist Pflicht. Ist dieses nicht erfüllt, gibt es keine Lizenz. Zum B-Kriterium schreibt die DFL: „Erfüllt ein Lizenzbewerber eine Voraussetzung im Sinne eines B-Kriteriums nicht, kann er mit einer von der DFL GmbH zu bestimmenden Sanktion belegt werden, kann aber weiterhin eine Lizenz erhalten.“. Kann, aber muss nicht, heißt das im Klartext. Würde Mainz 05 keine Kooperation mit Schott eingehen, kann es Probleme geben. Der Verein liefe Gefahr, dass er keine Lizenz erhalten würde oder zumindest eine Strafe zahlen müsste.

Das muss nicht wirklich der Grund sein, warum die Verantwortlichen im April 2022 diese Kooperation angekündigt haben. Aber aktuell tut der Verein wenig, diese These zu entlasten. Dass ein Termin mal durchrutscht – geschenkt. Das man allerdings auch nach dezentem Hinweis auf diesen Termin nicht reagiert ist schon komisch. Ticketinfos zur Partie in Erfurt gibt es natürlich auch nicht.

Und auch beim Wording ändert sich bisher wenig. Es ist doch kein großer Aufwand von „Heimspiel der Männer“ statt „Heimspiel“ oder „Trainingslager der Profis“ statt „Trainingslager“ zu schreiben. Denn Profis sind ja bisher nur die Männer. Die fußballspielenden Frauen studieren oder stehen im Arbeitsleben. Aber das ist nochmal eine ganze andere Geschichte im Fußball der Frauen und Männer…natürlich nicht nur bei Mainz 05.

Quellen:

Lizenzierungsordung des DFL e.V.

Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2023

In den Teilen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In den letzten vier Jahren, seitdem ich diese Analyse erstelle, haben sich die Ansprüche an diese Analyse verändert. Das Thema Nachhaltigkeit ist weiter in den Vordergrund gerückt. Dies gilt auch für ökonomische Aspekte. Daher habe ich in diesem Jahr die Bewertungskriterien für die Abschlusstabelle geändert.

In den Teilen 1, 2, 5 und 6 habe ich für die entsprechenden KPIs Wertvorgaben für finanziell nachhaltiges Verhalten recherchiert:

  • Ein Anlagendeckungsgrad von 60 Prozent und mehr gilt als finanzielle Stabilität
  • Eine Eigenkapitalquote von mehr als 20 Prozent ist in Ordnung, bei mehr als 30 Prozent gilt sie als gesund.
  • Eine Personalaufwandsquote, in Branchen, die auf menschliche Interaktion angewiesen sind, gelten Werte von 60 bis 70 Prozent als angemessen
  • Beim Verschuldungsgrad wird ein Richtwert empfohlen, bei dem das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital höchstens 2:1 ist, was einem Verschuldungsgrad von 200% entspricht.

Wer jetzt aufmerksam die letzten Teile verfolgt hat, wird feststellen, dass es für die Eigenkapitalrendite und die Umsatzrentabilität keine Wertvorgaben gibt. Diese beiden KPIs sind auch von eher kurzfristiger Natur, da in beiden Werten der Jahresüberschuss eine entscheidende Rolle spielt. Gerade während der Pandemie haben die meisten Vereine einen Jahresfehlbetrag ausgewiesen. Dies ist langfristig gesehen auch unproblematisch, wenn der Club finanziell nachhaltig wirtschaftet. Ferner sind Fußballclubs keine „normalen“ Unternehmen. Sie sollen nicht unbedingt hohe Jahresüberschüsse erwirtschaften, sondern mit ihrem vorhandenen Geld, verantwortungsbewusst umgehen. Dass damit ein Jahresüberschuss und kein dauerhafter -fehlbetrag einhergeht, ist selbstredend. Die Vereine befinden sich in einem Wettbewerb untereinander und daher sollte das Ziel dieser Analyse sein, zu prüfen, welche Clubs Financial Fairplay eher leben als andere.

Wie in den Jahren zuvor habe ich nun für die vier verbliebenen KPIs pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht.

Die Punkteverteilung im Überblick; für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins

AD 2022PunkteVereine (in Klammern Punkte im Vorjahr)
>13TSG (3), SCF (3), M05 (2), FCB (3)
>0,52B04 (2), SVD (neu), BVB (2), FCA (2)
>01BSC (2), RBL (1), BMG (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (neu), BOC (0), KOE (1)
<00FCU (0), SVW (0), S04 (0)
Punkte Anlagendeckungsgrad 2023

Einen Punkt mehr konnten der 1. FSV Mainz 05 (3 statt 2) und der VfL Bochum (1 statt 0) erzielen. Hertha BSC Berlin erhält einen Punkt weniger (1 statt 2). Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 1 Punkt (FC Heidenheim).


Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins

EQ 2022PunkteVereine (in Klammern Punkte im Vorjahr)
> 0,663TSG (3), FCB (3), SCF (3)
> 0,332BVB (2), M05 (2), B04 (2), SVD (neu), FCA (2),
> 01RBL (1), BMG (1), BSC (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (neu), KOE (1), BOC (0)
<00SVW (0), FCU (0), S04 (0)
Punkte Eigenkapitalquote 2023


Einen Punkt mehr konnte der VfL Bochum (1 statt 0) verzeichnen. Hertha BSC Berlin erhält einen Punkt (1 statt 2) weniger. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 1 Punkt (FC Heidenheim).

Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins

PQ 2022PunkteVereine (in Klammern Punkte im Vorjahr)
< 0,53SVW (1), FCU (2), M05 (2), SGE (3), RBL (3), FCH (neu), WOB (1), BOC (1)
<0,62BVB (1), S04 (3), B04 (2), SCF (2), KOE (1), FCB (1), FCA (2), SVD (neu)
<0,71VFB (2), BMG (1), BSC (0)
>0,70TSG (1)
Punkte Personalaufwandsquote 2023

Die Wertung wurde nach der diesjährigen Recherche leicht verändert. Da eine PQ von unter 0,5 für die Branche als sehr gut gilt, gibt es nun bereits ab diesem Wert (vorher 0,4) 3 Punkte. Eine PQ über 0,5 und unter 0,6 gibt jetzt zwei Punkte (vorher 1 Punkt), Eine PQ über 0,6 und unter 0,7 gibt jetzt einen Punkt (vorher 0 Punkte). In den Klammern stehen die revidierten Punktezahlen des Vorjahres.

Zwei Punkte mehr konnten Werder Bremen, der VfL Wolfsburg und der VfL Bochum (jeweils 3 statt 1) verzeichnen. Einen Punkt mehr konnten Union Berlin, der 1. FSV Mainz 05 (jeweils 3 statt 2), Borussia Dortmund, der 1. FC Köln, der FC Bayern München (jeweils 2 statt 1) und Hertha BSC (1 statt 0) verzeichnen. Einen Punkt weniger gab es für den FC Schalke 04 (2 statt 3), den VfB Stuttgart (1 statt 2) und die TSG Hoffenheim (0 statt 1). Die beiden Aufsteiger erhalten 3 Punkte (FC Heidenheim) bzw. 1 Punkt Darmstadt 98.


Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins

VQ 2022PunkteVereine (in Klammern Punkte im Vorjahr)
< 0,53TSG (3), FCB (3), M05 (2), SCF (3)
< 12BVB (2), B04 (2), FCA (2), SVD (neu)
< 21
> 20BMG (0), RBL (0), BSC (0), SGE (0), WOB (0), VFB (0), FCH (neu), KOE (0), BOC (0), SVW (0), FCU (0), S04 (0)
Punkte Verschuldungsgrad 2023

Auch beim Verschuldungsgrad wurde die Wertung verändert. Ein Verschuldungsgrad von unter 0,5 gilt als sehr nachhaltig und ergibt 3 Punkte (vorher 3 Punkte für < 0,33), von unter 1 ergibt 2 Punkte (vorher 0,66) und von unter 2 1 Punkt (vorher <1). Auch hier stehen in Klammern die revidierten Punkte des Vorjahres.

Einen Punkt mehr konnte lediglich der 1. FSV Mainz 05 ergatten. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 0 Punkte (FC Heidenheim).

 Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019, 2020 und 2021 der SC Freiburg – diesmal erstmals gemeinsam mit dem FC Bayern München und dem 1. FSV Mainz 05

KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten revidierten Punkte im Vorjahr.

Platzierung 2022VereinPunkte 2022Platzierung 2021Punkte 2021
1.SC Freiburg111.11
FC Bayern München112.10
1. FSV Mainz 05114.8
4.TSG Hoffenheim92.10
5.Bayer 04 Leverkusen84.8
FC Augusburg84.8
Borussia Dortmund87.7
8.Darmstadt 986neuneu
9.RB Leipzig58.5
Eintracht Frankfurt58.5
VfL Wolfsburg514.3
VfL Bochum517.1
FC Heidenheim5neuneu
14.1. FC Köln414.3
15.Borussia Mönchengladbach310.4
Hertha BSC Berlin310.4
VfB Stuttgart310.4
Union Berlin316.2
SV Werder Bremen317.1
20.FC Schalke 04214.3
KPI-Abschlusstabelle 2023

Fazit: Bei nur noch vier statt sechs KPIs gibt es natürlich Vereine, die sich Platzierungen teilen. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn so lässt sich auf einen Blick erkennen, welche Vereine auf dem Papier finanziell nachhaltig und fair agieren und welche Clubs hier Nachholbedarf haben. „Auf dem Papier“ bedeutet, dass Clubs wie die TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg in der Realität natürlich überhaupt nicht fair (aber nachhaltig) agieren, da ihre Fehlbeträge Jahr für Jahr durch Dritte ausgeglichen werden.

Der größte Sprung nach vorne gelang dem VfL Bochum, der 4 Punkte ergattern konnte, gefolgt vom 1. FSV Mainz 05, der seine Punkteausbeute von 8 auf 11 Punkte steigern konnte. Der VfL Wolfsburg konnte um zwei Punkte zulegen. Gleiches gelang Werder Bremen. Einen Punkt mehr konnten der FC Bayern München, Borussia Dortmund, der 1. FC Köln und Union Berlin verbuchen.

Jeweils einen Punkt weniger erhielten die TSG Hoffenheim, Borussia Mönchengladbach, Hertha BSC Berlin, der VfB Stuttgart und der FC Schalke 04.

Die beiden Aufsteiger der FC Heidenheim und Darmstadt 98 liegen im Mittelfeld der Liga und sind eine positive Überraschung.

Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs veranktert. Würde man die oben angesprochenen Werte für die KPIs:

  • Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
  • Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
  • Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
  • Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)

als Linzenkriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG, bei B04 und WOB beendet werden würde.

Die folgenden Vereine würden alle vier Kriterien erfüllen:

  • SC Freiburg
  • FC Bayern München
  • 1. FSV Mainz 05
  • Bayer Leverkusen
  • Borussia Dortmund
  • FC Augsburg
  • Darmstadt 98

Drei von vier Kriterien würde erfüllen:

  • TSG Hoffenheim

Zwei von vier Kriterien würden erüllen:

  • RB Leipzig
  • Borussia Mönchengladbach
  • Hertha BSC Berlin,

Eins von vier Kriterien würden erfüllgen:

  • Eintracht Frankfurt
  • VfL Wolfsburg
  • FC Heidenheim
  • VfL Bochum
  • 1. FC Köln
  • Werder Bremen
  • Union Berlin
  • VfB Stuttgart
  • FC Schalke 04

Diese Aufteilung der Liga zeigt ein relativ objektives Bild der finanziellen Situation aller Clubs der ersten Liga. Auf die Situation der einzelnen Vereine im Vergleich zu Mainz 05 wird vor jedem Heimspiel des FSV in der Saison 2023/2024 eingegangen.

Blickt man ein Jahr zurück habe ich mir folgende Fragen gestellt:

Was passiert mit dem 1. FC Köln und seinem arg geschrumpften Eigenkapital 2021? KOE hat die Wende geschafft.

Was passiert mit Eintracht Frankfurt und dem Geld aus der Champions League? Finanziell gesehen, war es kein so großer Befreiungsschlag.

Von den drei überschuldeten Clubs war letztes Jahr lediglich der FC Schalke 04 auf einem guten Weg. Mittlerweile sieht das komplett anders aus. Union Berlin und Werder Bremen bekommen ihre Finanzen in den Griff – S04 leider nicht so wirklich. Da tut der Abstieg doppelt weh.

Arminia Bielefeld war finanziell arg angeschlagen 2022 abgestiegen. Es folgte 2023 sogar der Abstieg in Liga 3, während die SpVgg Greuther Fürth, das finanziell wesentlich besser aufgestellt war als DSC, die Klasse wenigstens gehalten hat.

Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Die Sonderstellung von B04, WOB und der TSG ist weiterhin kritisch zu betrachten.

Es wird auch dieses Jahr spannend sein, wie die Clubs weiter wirtschaften. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat.