Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Mainz liegt am Rhein, Leverkusen auch. Daher ging es endlich mal wieder auf einer der schönsten Bahnstrecken Europas flussabwärts von Rheinhessen hinunter ins Rheinland. Bauarbeiten an der Strecke sorgten dafür, dass der Zug nicht über Köln Hbf., sondern über Köln Messe/Deutz fuhr, sprich hinter Koblenz schon auf die „falsche Rheinseite“ wechselte. Die linksrheinische Strecke hinter Koblenz ist relativ langweilig. Durch die rechtsrheinische Streckenführung am Siebengebirge entlang gab es tatsächlich nochmals echt nette landschaftliche Höhepunkte. Und wer glaubt, 2G gibt es bei der Bahn nicht, der wurde in Köln Hbf., über den es nach getaner Bauarbeiten zurück nach Mainz ging, eines Besseren belehrt. Neben „Gesperrt“ gab es auch noch „Gekennzeichnet“ mit dem Hinweis „Urinal nicht nutzbar“ – 2G Deutsche Bahn-style halt.
02 (N)immer nuff:
Hatte ich mich in Hoffenheim noch über mich selbst gewundert, da ich mangels fehlender Auswärtsfahrtpraxis vergas, mal auf die Eintrittskarte zu schauen, auf der deutlich angegeben war, dass die Fahrt im lokalen Verkehrsverbund im Ticketpreis inkludiert war, unterzog ich die Bayer 04-Karte einem entsprechenden Check vergeblich. Die Verantwortlichen der Werkelf folgten dabei einem Corona-Trend: Immer weniger Leute nehmen den ÖPNV und setzen wieder verstärkt aufs Auto. So hatte man kurzerhand die Abgabe an den entsprechenden Verkehrsverbund zumindest bei Gästetickets „gespart“ – Nachhaltigkeit anno 2021. Aber das entspricht ja dem Trend in Deutschland: Alle wollen Umweltschutz – so lange er nichts kostet und man auf nichts verzichten muss…
03 Kon-Trolle
Das dritte Auswärtsspiel der Saison und die dritte Art zu kontrollieren, ob jemand genesen, geimpft oder bei den 6-19 Jährigen getestet ist. In Elversberg wurde einfach drauf geguckt und reingelassen. In Hoffenheim bekam jede:r ein Bändchen, wie bei Mainz 05 und in Leverkusen gab es die Mischung: Wer den Nachweis digital vorweisen konnte, wurde direkt reingelassen. Leute mit einem Nachweis auf Papier bekamen ein Bändchen. So wird unnötiger Müll vermieden. Das wäre doch auch ein gangbarer Weg für unseren Verein, der ja ständig proklamiert, klimaneutral und nachhaltig agieren zu wollen.
04 Kampf um den Mampf
A propos Müll(vermeidung). Es gab auch hier ein Becherpfand, während wir gespannt sein dürfen, in welchem Beziehungsstatus sich unser Verein beim nächsten Heimspiel in Bezug auf Mehrweg befindet. Mainz 05 lebt ja aktuell so eine Art On-Off-Beziehung,, was das Thema angeht. Mal gibt es Mehrweg, z.B. gegen die Dosen, mal gibt es Einweg gegen die Breisgau-Brasilianer.
Auch Bayer 04 trug dazu bei, dass wieder 3 € als #Saisonspende fließen, da die günstigste Speise vegetarisch war. Dazu gab es sogar noch Bulgursalat mit Falafel, der nach Spielende sogar ausverkauft war – von wegen Fußballfans ernähren sich nur von Worscht alleine.
05 Käfighaltung
Der Gästeblock im Ulrich-Haberland-Stadion bietet einen guten Blick ins weite Rund. Offiziell waren alle Stühlchen heruntergeklappt – inoffiziell standen alle und supporteten das Team. Kurze Wege und noch kürzere Schlagen am Essens- und Getränkestand machten den Aufenthalt in der Farbenstadt wieder ganz angenehmen – vom Ergebnis und von ihrer Ausnahmeregel bezüglich „50 plus 1 “ einmal abgesehen.
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 zeigt, dass Leverkusen, wenn man ihre „50+1“ Sonderregel einmal ausblendet, immer ganz gut runter geht und mit zum Angeehsten in der Liga zählt – kurze Anfahrt, kurzer Marsch durch den Park, kurze Schlangen, kurzer Weg in den Block. Nach so vielen „Kurzen“ war es gut, dass die Bahn im Kölner Hbf. ja eigentlich „2G-Plus“ eingeführt hatte, schließlich war wenigstens die Toilettenschüssel im Herren WC zugänglich…
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Seit meinem ersten Besuch im Kraichgau im Herbst 2007 ging es immer motorisiert dorthin – entweder mit dem PKW gemeinsam mit Freund:innen oder wahlweise mit dem Bus des Vereins oder dem der Supporters. Zu den meisten anderen Bundesliga-Auswärtsspielen fahre ich seit Jahren meist mit der Bahn. Warum ich bisher nicht auf die Idee gekommen bin, dorthin mit dem Zug zu fahren? Es liegt wohl hauptsächlich an einer gewissen Bequemlichkeit – schließlich liegt die Rhein-Neckar-Arena direkt in einer Autobahnausfahrt und lässt sich vom Mainzer Ring allzu leicht in etwas mehr als einer Stunde erreichen. Dass man nachkicks mit dem PKW teilweise ebenfalls eine Stunde im Stau auf dem Parkplatz steht, bevor man die Autobahn wieder erreicht, habe ich irgendwie immer verdrängt, egal ob ich eine Niederlage („Fastnachtsspiel“), ein Unentschieden („Last Christmas“) oder einen Sieg („haddemerauchscho“) zuvor erlebt hatte.
Da ich durch einen Umzug innerhalb unseres Städtchens mittlerweile eine S-Bahn-Station fast vor der Nase habe und umgekehrt der Busparkplatz des Wolfgang-Frank-Campus (danke für die Namensgebung lieber Verein) relativ weit weg liegt, wollte ich jetzt mal die Bahn ausprobieren.
02 (N)immer nuff:
Dass bei den meisten Eintrittskarten in der Bundesliga der ÖPNV außer beim klammen FC Bayern im Verkaufspreis eingeschlossen ist, hatte ich in mehr als 580 Tagen Bundesliga-Auswärtsabstinenz irgendwie vergessen. Daher kaufte ich mir eine Fahrkarte ab Mainz bis Sinsheim – bis Guntersblum hätte auch gereicht, denn dort beginnt der Verkehrsverbund Rhein-Neckar und auch die Gültigkeit der Eintrittskarte für den Zug. Geldverbrennung olé…
Der Vorteil an der Bahnfahrt an die Autobahnausfahrt ist die von mir sehr geschätzte Möglichkeit, die Fahrt an netten Orten zu unterbrechen, wie z.B. dieses Mal in Heidelberg. Auf knapp drei Kilometern Fußmarsch vom Hauptbahnhof bis zum Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ lässt sich die Stadt ganz gut per Pedes entdecken und schöne Blicke auf das über der Stadt thronende Schloss erhaschen.
Vom Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ brachte mich ein Fußball-Sonderzug in knapp 30 Minuten via Hoffenheim nach Sinsheim Museum/Arena. Diese Möglichkeit nahmen insgesamt rund ein Dutzend Zuschauer in Anspruch. Die Leute im Kraichgau stehen wohl nicht so wirklich auf die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Vom Bahnhof aus lagen nur 10 Minuten Fußmarsch vor mir, an einem Schilderwald vorbei, an der Air France-Concorde entlang, unter der Autobahn hindurch, direkt zum Gästeblock – ohne lästiges Einmal-Rund-Ums-Stadion-Gegurke.
03 Kon-Trolle
Wie schon in Elversberg war es wunderschön, gleich auf dem Busparkplatz vor dem Gästeblock wieder die ersten mir bekannten Gesichter getroffen und gemeinsam noch ein Kaltgetränk geleert zu haben und dort tatsächlich einen der Kigges-Oldies zum ersten Mal live und in Farbe persönlich kenngelernt zu haben – nach fast zwei Jahrzehnten Online-Begegnungen in diesem legendären Forum.
Obwohl mehr als 600 Gästefans erwartet wurden, bildeten sich vor den zweigeteilten Kontrollen keine ellenlangen Schlangen. Rechts von den Treppen hoch zum Gästeblock wurde mein digitaler Impfausweis gecheckt. Danach gab’s ein Bändchen und es wurde geprüft, ob ich mich mit der Luca App registriert habe. Leider führt die Pandemie zu ziemlich viel Müll – was ich ja bereits beim Leipzig-Heimspiel kritisiert habe. Viellicht bin ich da ein bisschen „übers Ziel“ hinaus geschossen und diese Bändchen machen „die Sau auch nicht mehr fett“ – aber es ist halt echt mega Mist, noch mehr Müll zu produzieren, statt mal mit der Müllvermeidung zu beginnen. Glücklicherweise findet am nächsten Samstag der „World Clean Up Day“ statt, an dem sich auch der Entsorgungsbetrieb der Stadt Mainz beteiligt und alle Mitmachenden mit Hilfsgerät unterstützt. Der Entsorgungsbetrieb möchte diesmal hauptsächlich auf die achtlos weggeworfenen Hygienemasken hinweisen.
Mit dem Bändchen am Handgelenk ging es die Treppe um die Wellenbrecher hoch zur recht lässigen Kontrolle und ich war im Gästeblock angekommen. Interessanterweise sah ich an diesem Tag auch nirgends Polizeibeamte in Uniform, weder am Bahnhof, noch vor dem Stadion oder im Block – Deeskalation pur an diesem sonnigen Samstagnachmittag.
04 Kampf um den Mampf
Die Catering-Abteilung der TSG trug dazu bei, dass wieder 3 € #Saisonspende fließen, da die günstigste Speise, die angeboten wurde, vegetarisch war. Allerdings hat man im Kraichgau einen etwas bizarren Geschmack, denn das vegetarische Angebot bestand hauptsächlich aus Süßkram und Nüsschen. Aber ich möchte gar nicht meckern, denn vor Corona gab es auch immer eine leckere Pommes Spezial, also Pommes Frites mit Ketchup, Mayo und Röstzwiebeln – das bot die TSG bis dato als einziger Verein in der Liga an. Pommes Spezial haben den Vorteil der Müllvermeidung, da die Toppings bei der Zubereitung drauf geklatscht werden. Und die Pommes Spezial standen auch wieder der Speisekarte.
Es gab sie aber nicht. Ob der Wegfall der Pommes Spezial dem Hygniekonzept geschuldet oder die Röstzwiebellieferkette in den Kraichgau unterbrochen war – ich weiß es nicht. Dafür gab es Pommes mit Ketchup und Mayo in Plastiktütchen abgepackt. Daneben lagen Holzgäbelchen verstreut herum und jede:r konnte mit seinen Händen da hineinlangen. Dass die bargeldlose Zahlung an den entsprechenden Geräten im SAP-Land nicht funktionierte (Gerät kaputt), war ein weiteres interessantes Mosaiksteinchen im TSG-Hygienekonzept.
Aber sei’s drum. Es gab etwas zu futtern. Zu trinken gab es im Gästeblock, wie in Hoffenheim üblich, keinen Alkohol – das Verbot wurde diesmal aber wohl auf das gesamte Stadion ausgedehnt. Auch das ist für mich persönlich ziemlich zweitrangig. Ob es hilft, die Pandemie zu bekämpfen, müssen andere entscheiden.
05 Käfighaltung
Die Speisen und Getränke durften nicht im Catering-Bereich zu sich genommen werden, da dort genauso wie auf dem Weg zum Platz im Gästeblock Maskenpflicht herrschte analog zu den Regeln im Stadion am Europakreisel. Warum es gefährlich ist, im ausgedehnten Catering-Bereich unter Einhaltung der Abstandsregeln Pommes und alkoholfreies Bier zu konsumieren und sich über den grandiosen Spielverlauf zu unterhalten, es aber vollkommen ungefährlich ist, dies im Block zu tun, weiß ich nicht. Schließlich sei daran erinnert, dass dieser Gästebereich mal für 3 000 Menschen konzipiert wurde und sich nun 600 Leute dort aufhielten. Abstandsregeln unter Genesenen, Getesteten und Geimpften einzuhalten wäre also kein Problem gewesen.
Aber auch hier: egal. Mit der Maske im Gesicht ging es in den Block und zwar in den Stehblock! Yes! Dort war es möglich, zu futtern, zu trinken und die Mannschaft lauthals zu unterstützen. Das hat wirklich Spaß gemacht und bei aller oben beschriebenen Kritik, war es einfach ein großartiges Gefühl, wieder in einem Block zu stehen und situativ auf das Spielgeschehen zu reagieren bzw. die Jungs in rot und weiß nach vorne zu peitschen.
Der Großteil der mitgereisten Fans sah das wohl ähnlich, denn es wurde ziemlich laut im Block und das bereits vor dem Spiel. Der etwas ungeordnete Support hatte die Folge, dass meine Stimmbänder nach dieser langen Auswärtsabstinenz schon zur Halbzeit in Mitleidenschaft gezogen waren, denn vor der Pandemie war immer ein Leichtes, wenn der Gästeblock eh schon die Dezibelzahl hochgeschraubt hatte, mal der Stimme eine Pause zu gönnen. Diese Pausen gab es nicht und während unten auf dem Platz Vollgasfußball made in Meenz präsentiert wurde, ruinierte ich mir in Halbzeit zwei mir die Stimme endgültig.
Von der Heimseite kam relativ wenig verbale Unterstützung – aber auch die Zahl der Zuschauenden mit etwas über 8 000, was einer zirka sechzigprozentigen aktuell zulässigen Auslastung entsprach, lässt die Erkenntnis wachsen, dass im Kraichgau Bundesliga-Fußball nach 13 Jahren nicht mehr wirklich attraktiv ist – ob es an der Pandemie liegt oder daran, dass es halt doch ein bisschen ein Kunstprodukt ist, was da an der Autobahnauffahrt entstanden ist, kann ja mal die Marketingabteilung der TSG klären.
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 der Kraichgau-Edition bietet unterm Strich gute Bedingungen für Gästefans die Auswärtsfahrt zum Heimspiel zu machen!
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg
Nach 561 Tagen war es wieder soweit: A u s w ä r t s f a h r t . Auch wenn eine große MainzerTageszeitung behauptet, dass das letzte Mainz 05-Auswärtsspiel mit eigenem Anhang im Oktober 2020 an der Alten Försterei in Köpenick stattfand, war es in Wirklichkeit das Fastnachtsspiel in Wolfsburg am 23. Februar 2020. (Kein) Fun fact am Rande: Sowohl das Spiel bei Union als auch das in Wolfsburg gingen damals 4:0 für die Heimmannschaft aus. Von daher…hat sich die Zeitung nur um 8 Monate vertan 😉 Für Sportjournalist:innen hatte sich ja auch nicht wirklich etwas verändert – sie kamen ja die letzten Monate immer ins Stadion rein; zumal es stimmte, dass das Spiel bei Union das letzte mit Zuschauern war – aber halt ohne Gästefans, ein kleiner aber feiner Unterschied. Auf den Fehler aufmerksam gemacht, kam keine Reaktion seitens der Zeitung…
Vor letztem Sonntag war für mich persönlich bereits das Spiel in Gladbach Ende Januar das letzte Mal, dass es hieß, Schal einpacken und ab quer durch Deutschland den rot-weißen Jungs hinterher reisen.
In der Zwischenzeit wurde meinem Impfpass ein weiterer Stempel hinzugefügt, neben denen für Gelbfieber, Japanische Encephalitis, Meningokokken und Co. Nachdem die DFL bestimmte, dass an den ersten beiden Bundesliga-Spieltagen der neuen Saison Gästefans nicht unbedingt zugelassen werden müssen, machte ich mir eigentlich keine großen Hoffnungen , dass es endlich mal was wird, mit dem Besuch des Waldstadions an der Kaiserlinde in Elversberg.
Aber im Saarland ticken die Uhren anders und es gab plötzlich doch Karten für das Erstrunden-Spiel im DFB-Pokal. Ich konnte mein Glück kaum fassen, denn wer mich kennt, der weiß, dass diese Erstrundenspiele immer zu meinen persönlichen Highlights der Saison zählen – weniger, wegen der Ergebnisse, denn ich war zum Beispiel in Lübeck, Lautern und Chemnitz dabei – nein, es handelt sich ja meistens Stadien, die man jahrein jahraus nicht in der Bundesliga besucht, die nicht den Anschein erwecken, als seien sie allesamt aus dem selben 3-D-Drucker entstanden. Und leider hatte ich es bisher auch nie geschafft, mir mal ein U23-Spiel von Nullfünf hier anzugucken.
02 (N)immer nuff
Der Besuch bei der SV Elversberg stellte mich nach 17 Jahren auswärts fahren überhaupt zum ersten Mal vor ein logistisches Problem: Der Ort hat keinen Bahnanschluss! Den haben selbst Aue, Ahlen oder Unterhaching. Wer die InstaLives in diesem Winter und Frühjahr verfolgt hat, weiß, dass ich es liebe, mit der Bahn an- und abzureisen. Doch wie sollte es nun nach Elversberg gehen? Der nächstgelegene Bahnhof Friedrichsthal war 3 km entfernt, aber am Sonntag gab es von Neunkirchen Hbf. nur einen SEV (Schienen-Ersatz-Verkehr). Der Neunkirchner Hbf. selbst liegt 6 km entfernt und es gab nur ab und zu mal einen Bus, der in die Nähe des Stadions fuhr. So kam ich auf die Idee, das Fahrrad mitzunehmen.
Schließlich habe ich im letzten und in diesem Sommer etliche Touren mit dem Rad und der Bahn unternommen. Allerdings habe ich da gelernt, dass es keine Garantie auf Rad-Mitnahme im Nahverkehr gibt. Da auf die Idee mit der Kombi Rad/Zug mittlerweile auch viele E-Bike-Fahrer:innen gekommen sind, grenzt es immer an russisches Roulette, ob man mitkommt oder nicht. Mal eine Stunde irgendwo mit dem Rad hängen zu bleiben, ist schon auf Radferntouren doof, aber wenn man es zum Anpfiff pünktlich schaffen möchte und deswegen aus dem Zug rausfliegt, macht das ganze spätestens dann keinen sonderlich großen Spaß mehr.
Daher entschied ich mich am Ende, mein Klapprad mitzunehmen. Das Ding lässt sich so klein machen, dass man gar nicht ins Gehege mit der E-Bike-Fraktion kommt und beim Einsteigen gleich in Richtung Sitzplatzreihen abdreht.
Eine Fahrt mit den Zügen der privaten vlexx zeigt, dass Privatisierung nicht gleich Fortschritt bedeutet. Während es in Zügen der Deutschen Bahn mittlerweile fast immer WLAN und immer und überall Stromanschluss gibt, musste ich mich hier auf meine Mobilfunkverbindung verlassen und kam in den Genuss, die vielleicht letzten Funklöcher Deutschlands zu entdecken. „Kein Netz“ war auf jeden Fall relativ häufig auf dem Display zu sehen. Und Stromanschlüsse waren zunächst erstmal keine zu entdecken. Allerdings wusste ich bereits, dass diese oft unter den Sitzen versteckt waren. Doch mein Getaste unter den Sitzen blieb erstmal erfolglos.
In einem Moment mit Netzabdeckung erhielt ich über Twitter und übers Googeln den Hinweis, dass an den Vierer-Sitzen zwischen einem der beiden gegenüberliegenden Sitze zwischen den Sitzen eine Steckdose verbaut sei. So hielt ich fortan Ausschau nach einem freien Vierer, den ich irgendwann ergattert hatte und abtasten durfte – mit Erfolg. So war sichergestellt, dass mein digitaler Impfpass am Stadioneingang noch abrufbar war, genauso wie mein Online-Ticket für die Rückfahrt.
In Neunkirchen angekommen ging es erstmal nuff – den Berg zum Stadion. Wer über den sanften Hügel von der Tanke hoch zum Bruchweg flucht, sollte mal in Neunkirchen zum Ellenfeldstadion laufen. Hier geht es fast 150 Höhenmeter hoch – und das mit dem Klapprad. Aber wieso eigentlich Ellenfeldstadion?
Es gab mal eine Bundesliga ohne Brauseklub, WOB, LEV und Ho$$enheim – in der zum Beispiel drei Jahre lang auch Borussia Neunkirchen spielte. Mich erinnerte der Weg dorthin ein bisschen an den Marsch quer durch Gelsenkirchen. Die Kohle, also die aus der Erde, dominierte hier viele Jahre und stillgelegte Hütten erinnern an diese Vergangenheit. Die Radtour kam mir wie eine Kompensations-Schalke-Fahrt vor.
Eben jenes Ellenfeldstadion bot mal Platz für 30.000 Zuschauer. Heute ist es noch für 21.000 Zuschauer zugelassen, doch die Borussia kickt mittlerweile in der Saarlandliga in der sechsten Spielklasse. Die Südtribüne ist aber immer noch ein beeindruckendes Zementbauwerk und vom Neubaugebiet im Norwesten bietet sich ein netter Blick auf das riesige Rund.
Kaum weitergeradelt, schüttete es plötzlich wie aus Kübeln – 5 Minuten später hörte es auf und weiter ging es die restlichen Kilometer raus aus Neukirchen weiter nach Elversberg. Radwege sind in den meisten Teilen Deutschlands mittlerweile fester Bestandteil der Verkehrswege-Infrastruktur – im Saarland wohl leider noch nicht. Auf der Landesstraße im erneut einsetzenden Platzregen neben PKWs, die mit Tempo 100 an einem vorbeidonnern nach Elversberg zu fahren, war dann doch nicht wirklich witzig. Radfahren im Saarland? Da ist mal wohl noch Pionier…
Irgendwann erreichte ich dann doch die Kaiserlinde, bzw. deren Nachfahre, denn die Original-Kaiserlinde, die sogar einen Wikipedia-Eintrag hat, ist vor 6 Jahren entwurzelt worden. Seit einem halben Jahr steht jetzt ein neuer Baum vor dem Stadion, der dem Waldstadion an der Kaiserlinde seinen Namen gab.
03 Kon-Trolle
Schnell auf dem Gästeparkplatz das Rad angeschlossen und dann habe ich schon die ersten Nasen wieder getroffen, die ich seit etwa einem Jahr, seit der Jahresversammlung der Fanabteilung nicht mehr gesehen habe. Das war unabhängig vom Ergebnis sowieso das Schönste an dem Ausflug hierher gewesen. Menschen wieder persönlich treffen – live und in Farbe!
Die Kontrolle des digitalen Impfausweises und das Einchecken mit der Luca App funktionierten problemlos. Die Sicherheitskontrolle lief anders herum ab, sprich man drehte ich sich mit der Maske im Gesicht nach hinten, damit kontrolliert wurde. Alles in allem hat das problemlos funktioniert.
04 Kampf um den Mampf
Wie seit einigen Jahren auf Twitter üblich legen Fans zahlreicher Vereine vor der Saison ihre #Saisonspende fest. Es werden Ziele und Geldbeträge fixiert, die man beim Erreichen der Ziele an einen guten Zweck spendet. In diesem Jahr kam ich unter anderem auf die Idee 3 Euro pro mitgemachtes Auswärtsspiel zu spenden, wenn die günstigste Speise im Gästeblock vegetarisch ist.
Ich finde, dass jede:r selbst entscheiden soll, was gegessen wird. Allerdings finde ich es befremdlich, wenn ein Worscht-Weck billiger ist als eine Bretzel. Da stimmt dann wirklich etwas nicht. Aber Elversberg machte es diesbezüglich erstmal ganz einfach. Es gab gar keine vegetarischen Speisen… Da ich allerdings aufgrund des Groundspottings am Ellenfeldstadion keine Zeit hatte, mir vorher etwas zu Essen zu kaufen, hatte ich nun doch ziemlichen Hunger und wollte etwas futtern – aber möglichst ohne Fleisch.
Die Leute am Wurststand verstanden die Problematik, zeigten sich pragmatisch und verkauften mir zwei Weck für je 0,50 Euro. Damit flossen dann auch 3 Euro Saisonspende in die Kasse.
Nebendran am Getränkestand war die Schlange schon ziemlich lang. Auch hier war Pragmatismus angesagt. Es gab wie im Olympiastadion in Berlin 1 Liter-Becher, was natürlich die Zahl der Gänge zum Getränkestand für mache Besucher:innen reduzierte.
05 Käfighaltung
Erste Runde DFB-Pokal, dunkle Gewitterwolken, Donnergrollen und ein Gästeblock ohne Dach – das hatten wir schon einmal: 2014 in Chemnitz. Ich sagte noch vorkicks – das erinnert mich an das Stadion an der Gellerststraße – mal gespannt ob es wieder 10:9 ausgeht. Nun ja, der Rest ist bekannt.
Der Block war gut gefüllt, die Regenwolken auch – leerten sich zum Glück nur noch zum Anpfiff und natürlich brachte es der Spielverlauf mit sich, dass man Minute um Minute mehr emotional vom Geschehen auf dem Platz erfasst wurde. Über 120 Minuten und 16 Elfmeter lernte man mit der Zeit wieder ein bisschen zu eskalieren, die Sitztribüne zum Aufstehen zu bewegen und nasse Schuhe Basis für eine feucht fröhliche Auswärtsfahrt in der ersten Runde DFB-Pokal zu akzeptieren. Was für ein Einstieg in die Saison, oh Johnny!
Fazit
Der Jahrgang 2021/2022 lässt sich gut an. Hoffen wir, dass es kein kurzes Intermezzo war.