heißt „Guten Tag“ im Portugiesischen. Gerne würde ich auch auf Portugiesisch Euch ein frohes neues Jahr wünschen, doch leider lassen dies meine begrenzten Kenntnisse dieser schönen Sprache nicht zu. Gleichfalls wisst Ihr jetzt genau, wohin es uns die letzten Tage zog.
Bei der Reiseplanung sind uns natürlich mehrere Faktoren im deutschen Winter wichtig. Es soll schon ein wenig wärmer sein als bei uns, die Sonne sollte öfters erscheinen als am grauen Januar-Himmel zwischen Elbe und Isar und aufgrund der Kürze des Aufenthalts sollte die Reise nicht ans andere Ende der Welt führen. Natürlich sollte auch das Budget nicht unbedingt überstrapaziert werden, denn in vielen Ländern weltweit kam es zu massiven Preisanstiegen – auch weil der Euro im Vergleich zur jeweiligen Landeswährung an Wert verlor.
Also wieder Portugal, denn dort gefiel es uns bereits zur Jahreswende 2011/2012 sehr gut. Das Land liegt nicht weit weg von uns und die Sonne überwintert dort tatsächlich und sorgt wenigstens am Tag für wohlige Temperaturen knapp unter 20°C. Der Tourismus scheint dort allerdings sehr zyklisch zu verlaufen, denn es herrscht nach Weihnachten tiefste Nebensaison. Außer Rentnern von den britischen Inseln trifft man dort kaum andere Reisende an und der Geldbeutel wird tatsächlich sehr geschont – dem Euro sei Dank!
Denken wir an Portugal, denken manche vielleicht zum Glück noch an Cristiano Ronaldo oder Luiz Figo – die Nicht-Fußball-Fans allerdings eher an die Schuldenkrise. Dass Portugal wirklich in der Misere steckt, erkennt man eigentlich schon bei der Landung mitten in der Stadt. Der altertümliche Flughafen Portela platzt aus allen Nähten und zeigt dann doch den Unterschied zu Griechenland gleich auf: In Athen steht ein nagelneuer Flughafen und dort wurde die Notbremse, was Investitionen angeht, wohl zu spät gezogen, wenn sie überhaupt bereits gezogen wurde. Auch Portugal wollte einen neuen Airport bauen; „wollte“ ist hier wohl das wichtige Wort, das den Unterschied macht.
Allerdings trifft man auf der Fahrt durchs Land auf Projekte, die teilweise abgeschlossen sind, deren Sinn sich allerdings dem Durchreisenden nicht so ganz erschließen.Da gibt es vierspurige Straßen mit weit ausholenden Auf- und Abfahrten – aber keine Autos, die diese Straßen nutzen, obwohl diese gratis zu befahren sind. Die vormals genutzte zugegebenermaßen engere, aber schlaglochfreie Straße, wird ihrem Schicksal überlassen und dient als großer Bürgersteig. Leider trifft man auch immer wieder auf unfertige Projekte, deren Sinn sich gar nicht erschließt: Brücken ohne Zufahrten, verwaiste Brückenpfeiler und platt gewalzte Flächen für eine Autobahn (?) darben in der Landschaft dahin. Hier wurde wohl zu spät die Notbremse gezogen und man ahnt, warum das Land tatsächlich ein Problem hat und das heißt nicht „Verkehrsinfarkt“, wie zum Beispiel in vielen Ländern Asiens.
Das Reisen auf Portugals Straßen im Jahr 2013 erinnert mich fast schon an Reisen in Burma oder durch Afrika, wo es Minuten oder noch länger dauerte, ehe sich mal Gegenverkehr blicken ließ. Bei Benzinpreisen die denen in Deutschland entsprechen, kann es sich wahrscheinlich niemand mehr leisten, mal einfach so auf vier Rädern durch die Gegend zu düsen. Auf den Autobahnen, die nur gegen Gebühr zu nutzen sind, kommt man sich dann endgültig wie in der Autowerbung vor: kilometerlange vierspurig ausgebaute neue Fahrbahnen ohne jeglichen Mitbenutzer – bei 20 € für 250 km auch nicht wirklich ein Wunder. Wie sich die Kosten für diese Infrastrukturmaßnahmen je wieder einspielen lassen sollen, wage ich nicht zu beurteilen.
Außerdem schreckt dann noch die Art der Zahlung zahlungskräftigere Kunden wie uns von der Nutzung ab. Durften wir die Euros für die Nord-Süd-Trasse direkt vor Ort entrichten, wie dies auch z.B. in Frankreich üblich ist, wenn es Maut gibt, die nicht pauschal wie in der Schweiz erhoben wird, dachte man sich für die Querverbindung an der südlichen Algarve-Küste ein noch moderneres Modell aus, so wie es auf den deutschen Autobahnen für LKW vorgeschrieben ist. Dumm nur, dass viele Mietwagen gar keine Box zur Registrierung der gefahrenen Kilometer an Bord haben. So mussten wir die Maut im Postamt entrichten – allerdings nicht unmittelbar nach der Nutzung, sondern erst zwei Tage später und spätestens nach 7 Tagen, sonst begeht man eine Straftat bei Nichtzahlung! Goethes Satz „Reisen bildet“ gilt auch 2013 noch, denn so ein kompliziertes System kannte ich bisher noch nicht und es wird auch nirgends darauf hingewiesen, dass die Gebühren erst zwei Tage später der Post vorliegen. Bezahlung online? Im Offline-Land Portugal nicht möglich…
Trotzdem macht das Reisen in Portugal einen großen Spaß, gerade weil man schnell vom Fleck kommt und mit neuen Navigationsgeräten, auch sehr schnell direkt von A nach B dirigiert wird. Manche Navis sind sogar auf Feldwege programmiert, so dass wir ruckzuck von der vierspurigen jungfräulichen Schnellstraße auf eine unbefestigte Schlaglochpiste geleitet wurden, da wir die Option „ökonomischte Route“ zuvor eingegeben hatten. So wird das Reisen dann sogar noch zum kleinen Abenteuer und das in Europa.
Abgesehen von den Investitionsruinen am Fahrbahnrand oder auf der Fahrbahn finden sich kaum Anzeichen für ein nahezu bankrottes Land. Wohnhäuser scheinen nicht geräumt zu werden, wie dies in Spanien leider der Fall ist, auch die öffentliche Infrastruktur funktioniert – es fahren Busse und der Müll wird abgeholt – und die Armut ist kaum offen zu sehen. In Mainz gibt es mehr bettelnde Menschen als in allen in einer Woche bereisten portugiesischen Städten zusammen. Auch Ressentiments gegen Deutschland oder Deutsche sind überhaupt nicht zu finden – anders als die TV-Bilder beim Besuch von Kanzlerin Merkel in Lissabon suggerierten.
Für alle bezogenen Waren und Dienstleistungen erhielten wir Rechnungen auf denen die 23 % Mehrwertsteuer ausgewiesen waren, für uns eine Selbstverständlichkeit, für andere südeuropäische Länder aber anscheinend ja nicht unbedingt und für den Rest der Welt wirklich nicht üblich. Diese kleinen Zettelchen sind für mich aber auch der Hoffnungsschimmer, dass es Portugal bald wieder besser geht, denn so fließen tatsächlich Gelder in die Staatskasse und anhand der Tatsache, dass Projekte, die vielleicht nicht unbedingt wirklich durchzuführen sind, aktuell gestoppt werden, findet wohl ein Umdenken im Staate Portugal statt, der dem Land hoffentlich die Wende bringt. Denn zum Glück werden weiterhin auch Straßen und andere Infrastruktureinrichtungen repariert – was zwar auch Geld kostet aber den Menschen auch Arbeit bringt und somit auch wieder Konsum, der zu 23 % versteuert wird.
Wir planen auch Ende des Jahres wieder nach Portugal zu fahren – nicht, weil es besonders günstig ist, dort dem Winter zu entkommen, sondern weil die wunderschöne Küste, die sehr netten Menschen und das gute Essen immer wieder Gründe sind, dorthin zu fahren und wenn man mit seinem Geld ein wenig die arg gebeutelte Staatskasse aufbessert…um so besser.
heißt so viel wie „guten Morgen“ auf Bahasa Indonesia. Nach neun Jahren habe ich es in diesen Tagen endlich mal wieder nach Indonesien geschafft, genauer gesagt auf die wohl berühmteste Insel des Archipels schlechthin: nach Bali.
Gespannt war ich schon, was sich in neun Jahren auf dem Eiland getan hat, das ich damals noch klassisch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bereiste. Ein Blick in den aktuellen „Lonely Planet“ wunderte mich doch sehr, als dieser riet, Bali am besten per Mietwagen zu entdecken! Der „Lonely Planet“, die „Bibel“ der Individualtouristen, schlägt vor, einen biederen Rent-a-Car-Urlaub zu machen? Zugegebenermaßen war 2003 das Reisen mit Bemos (Minibussen) und Ojeks (Motorradtaxis) alles andere als komfortabel, schnell und lungenfreundlich. Dafür war es extrem billig und halt die Art des Reisens, die ich immer mit der australischen Reisebibel gleichgesetzt habe. 2003 stand im „South-East-Asia Travel Survival Kit“ des Lonely Planets wohl auch nichts von Mietwagen im Kapitel „Getting around“.
Nun gut, die Monate vor der Reise planten wir dann mal mit einem Mietwagen…in Indonesien…im Linksverkehr – aber so Recht daran glauben wollten wir doch noch nicht so, zumal es außer Avis keine bekannte Mietwagenrepräsentanz auf der Insel gibt. In den letzten Jahren hatte sich allerdings meine Art des Reisens bereits geändert. Nach der Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln um die Welt 2002-2003, strampelte ich zunächst durch Süd-Ost-Asien, Skandinavien und Osteuropa mit dem Fahrrad; sozusagen der erste Schritt weg von Kühlschrankbussen und Abgasschleudern. Dann 2010 der erste zaghafte Versuch auf Mauritius mal einen Tag lang den Linksverkehr mit einem Auto zu entdecken. Das ging damals erstaunlich gut, der lokale Vermieter hatte einen verständlichen Vertragstext mit Vollkaskoversicherung inklusive aufgesetzt und auch das Fahren im Chaos von Mauritius‘ Straßen funktionierte einwandfrei. Im Frühjahr 2012 schließlich der erste „Langzeitfahrversuch“ in einem tropischen Land für zwei Wochen in Costa Rica funktionierte ebenfalls prima. So entstand dann so langsam tatsächlich der Plan, dem Rat des „Lonely Planet“ zu folgen, mit dem Mietwagen die Insel zu entdecken.
Ich fürchtete allerdings erst gar keinen Mietwagen zu bekommen, da dummerweise die beste Reisezeit für Bali in unseren Sommermonaten liegt und die Insel dann von Touristen aus Süd und Nord in die Zange genommen wird. Australier haben die Möglichkeit in wenigen Stunden für recht wenig Geld mit dem Billigflieger von Downunder auf die Insel zu fliegen und waren natürlich präsent. Aber auch Europäer scheint es nach Bali zu ziehen. Die KLM-Maschine, die uns von Singapur nach Denpasar brachte, war jedenfalls proppenvoll und Franzosen und Holländer sollten wir auf der gesamten Reise an allen Orten wieder treffen. Eurokrise hin oder her, auch Spanier fanden wir zuhauf – Deutsche hingegen im Vergleich zu früheren Reisen außerhalb Europas recht wenige.
Die Einreise nach Indonesien verlief dieses Mal weitaus entspannter als 2003, da man sich sein Touristenvisum am Flughafen für 25 US$ kaufen konnte. Der erste Versuch, indonesischen Boden zu betreten, scheiterte vor neun Jahren noch kläglich, da ich von Ost-Timor über Land einreisen wollte und ich nicht wusste, dass das Inselreich seine abtrünnige Provinz nicht als eigenen Staat anerkannte. Damals musste ich zurück nach Dili in die Hauptstadt Ost-Timors fahren und mir bei der Ständigen Vertretung Indonesiens in Dili ein Visum besorgen, da die visafreie Einreise nur bei offiziellen Grenzübergängen möglich war. 2012 musste ich nur die relativ lange Schlange an Mitreisenden erdulden, die ebenfalls auf die Idee kamen, mal auf Bali Urlaub zu machen – eine weit angenehmere Erfahrung als zwei Tage mit Visa-Kram zu verschwenden.
Google sei Dank findet man mit dem Suchbegriff „Bali Car Rental“ viele Angebote lokaler Unternehmen und meine Befürchtung, kein Auto mehr zu bekommen, war ziemlich unbegründet – dies schrieb allerdings auch schon wer? Natürlich, der „Lonely Planet“. Letztlich lag es wohl daran, dass auf Bali kaum ein Tourist ein Auto mietet, zumindest nicht zum selber Fahren. Wir trafen überall auf Touristen, die sich über die Insel kutschieren ließen, von einheimischen Fahrern wohlgemerkt. Daher konnte man im Internet bereits zwischen „self drive“ und „with driver“ wählen. Ebenfalls recht viele junge Reisende wählen ein Mofa zum Fortkommen und Entdecken der Insel. Eigentlich auch eine gute Idee, nur mit einem großen Rucksack auf dem Rücken, die kurvenreichen, steilen Straßen Balis zu erleben, war dann doch nicht so ein prickelnder Gedanke. Allerdings unternehmen die meisten Touristen sowieso nur Tagesausflüge vom Süden der Insel mit seinen Sandstränden ins Landesinnere. Dafür ist dann ein Mofa sicherlich auch die perfekte Wahl – allerdings nur wenn man die Abgase im Straßenverkehr der Insel erfolgreich ignorieren kann. Nach der Ankunft auf Bali schrieben wir dann den BCR an, den „Bali Car Rental“ und orderten ein Auto für den nächsten Tag und für die nächsten knapp zwei Wochen. Wir entschieden uns für die günstigste Variante, einen betagten Suzuki Katana. Das ist eine Art Placebo-Geländewagen. Er sieht so aus wie einer, ist aber gar keiner, da er erstens kein Allradantrieb hat und zweitens völlig unter-motorisiert ist. Punkt 1 ist gar kein Problem, da alle Straßen auf Bali asphaltiert sind. Punkt 2 ist ebenfalls zu vernachlässigen, da man meist eh nur mit 40 km/h auf den Straßen entlang zuckeln kann. Kein Placebo-Effekt hingegen ist der Platz zwischen Boden des Autos und der Straße, der gar nicht groß genug sein kann, da man oftmals auf den engen Straßen vom Fahrbahnrand abkommen muss, um den Gegenverkehr auszuweichen und auch Schlaglöcher gibt es auf den Nebenstraßen zuhauf.
Der „Bali Car Rental“ weckte bei mir positive Erinnerungen an Balis Einwohner. Eine grenzenlose Freundlichkeit und vorbildliche Servicementalität. Auf meine Email-Anfrage wurde umgehend geantwortet und natürlich war es selbstverständlich, dass uns das Auto auf dem Hotelparkplatz zugestellt wird und bei der Abgabe später auch wieder dort entgegengenommen wird. Dass die Abgabe an einem ganz anderen Hotel stattfinden sollte – auch kein Problem. So stand dem Abenteuer Autofahren in Indonesien nichts mehr im Wege und die 10 Meter Fahren auf dem Hotelparkplatz in Quarantäne waren wunderbar. Danach wurden wir in die Freiheit des indonesischen Verkehrs entlassen, der mich bereits 2003 teilweise völlig entnervte. Das mit dem links fahren war gar nicht mal so schlimm, da ja die Fahrerseite rechts liegt und man intuitiv links fährt. Das ist auch ein Vorteil gegenüber dem Mofa-Leihen. Eines morgens hätte ich fast eine Touristin auf dem Mofa platt gefahren, da diese als Geisterfahrerin wohl etwas gedankenverloren mir in einer Kurve direkt vor die Windschutzscheibe fuhr. Dass indonesische Mofa-Fahrer einem links vom Wagen entgegenkommen ist natürlich, nur wissen diese auch, dass ihr Terrain gefühlt 30 cm vom Fahrbahnrand Richtung Fahrbahnmitte liegt – die Touristin hingegen fuhr mitten auf der von mir aus gesehen linken Fahrbahn fast ins Verderben.
Die Unsicherheit der Mofa fahrenden Touristen ist wohl auch tatsächlich das schwierigste Unterfangen beim Autofahren auf Bali. Denn der große Rest der Verkehrsteilnehmer fährt getreu dem Motto „immer nach vorne schauen“. Alles was vor einem liegt hat Vorfahrt. Diese unsichtbare Verkehrsregel hatte ich zum Glück bereits bei meinen Fahrradreisen durch Süd-Ost-Asien gelernt. Alle anderen gewöhnlichen Regeln, so auch der Linksverkehr, haben sich dieser Regel unterzuordnen. Daher sind einheimische Geisterfahrer auch nichts besonderes genauso wie das omnipräsente „links vor rechts“. Sprich, es ist ganz normal, dass von links auch neue Verkehrsteilnehmer hinzustoßen, ohne dass diese auch nur schauen, ob in diesem Moment der Herr aus Deutschland mit seinem Suzuki angefahren kommt. Daher sollte man seine Zeit auch erst gar nicht mit dem Schauen in Seitenspiegel oder Rückspiegel verschwenden. Das ganze hat schon fast etwas philosophisches: Als Autofahrer blickt man grundsätzlich nur nach Vorne. Die Vergangenheit in Form von Blicken in Spiegel bleibt ausgeblendet. Natürlich kann ich die europäische Fahrweise nicht vollkommen über Bord werfen und gerade bei Überholmanövern ist ein ganz schneller Schulterblick nach links hinten nicht zu verachten – nur hat man dazu eigentlich in Indonesien gar keine Zeit – es könnte sich ja schon längst wieder eine neue Verkehrssituation vor der Windschutzscheibe ergeben haben.
Die ersten Meter in freier Wildbahn waren schließlich problemlos zurückgelegt. Ein Kreuz- und Querfahren findet auch zur Rushhour im vom Verkehrsinfarkt bedrohten Süden Balis nicht statt – genauso wenig wie Dauerhupkonzerte. Die Hupe findet hier sogar recht wenig Einsatz, lediglich beim Überholen von Verkehrsteilnehmern der selben oder einer höheren Kaste – schließlich ist auf Bali der Hinduismus quasi Inselreligion, sprich wenn man als Autofahrer ein Auto oder einen LKW überholt. Die Hupe ist quasi einem Klingelton gleichzusetzen, der einfach darauf aufmerksam macht, dass jetzt überholt wird.All das hatte ich bereits nach einem Kilometer verstanden und wir machten uns daran, von Sanur im Süden der Insel zunächst nach Westen fortzukommen. Es stellte sich das wohlige Gefühl ein, alles richtig gemacht zu haben. Das Auto rollt, wenn auch zunächst nur im Stop and Go. Man weiß, dass man (noch) richtig ist und die verkrampften Muskeln auf dem Sitz entspannen sich zunehmend. Plötzlich wurden wir nach exakt 1,54 km von einem Polizisten auf dem Motorrad überholt und raus gewunken. Stimmt, da war ja noch was. Man kann sich ja im Verkehr wohlfühlen und denken, man packt das Fahren in fremden Ländern, aber es gibt ja auch noch die Cops, die da ein Wort mitzureden haben.
Letztes Jahr hat mich die Begegnung mit argentinischen Verkehrspolizisten 75 € gekostet, da ich nach einen Zwischenstopp vergessen hatte, mein Abblendlicht wieder einzuschalten – in Argentinien ist das Pflicht. So schlug bei mir die Begeisterung für den Mietwagenurlaub auf Bali nach nur etwas mehr als tausend Metern ins totale Gegenteil um. Wir kurbelten das Fenster runter – elektrische Fensterheber gibt es beim Katana natürlich nicht. Nach vorne beugen ging nicht, da die antiquierten Anschnallgurte noch keine Gurtaufroller hatten. Aber wenigstens waren wir angeschnallt – so dass ich gespannt war, was der Polizist von uns eigentlich wollte. In freundlichem Ton bat er um den Führerschein – den internationalen natürlich! Diesen hatte ich parat, da man in fast allen Ländern, sogar in den USA theoretisch, diesen grauen Riesenlappen dabei haben muss. Mietwagenfirmen kontrollieren das nie, da der eigentliche Fahrtauglichkeit-Nachweis der lokale Führerschein ist. Das Dokument dabei zu haben ist womöglich im Süden Balis nicht selbstverständlich und rein theoretisch eine Quelle zum Erstellen eines Bußgelds. Anscheinend wird im Süden Balis besonders gern der internationale Führerschein von Cops kontrolliert, denn im Lonely Planet findet sich ein eigener Absatz zu diesem Thema, gesetzt den Fall, dass man das Dokument nicht vorweisen kann und man keine Lust auf lange Bußgeldverfahren hat. Unser Cop wollte uns schon eine gute Weiterfahrt wünschen, da kam bei ihm noch der Gedanke auf, nach den Fahrzeugpapieren zu fragen. Diese waren anscheinend auch korrekt, denn danach entließ uns der Ordnungshüter wieder in den indonesischen Straßenverkehr und wir waren glücklich zum Nulltarif durch diese Kontrolle gekommen zu sein. Die restlichen 1.152 km dieser Reise wurden wir übrigens nie wieder kontrolliert.
Die nächste Herausforderung warte dann gleich wieder auf uns: das sich Zurechtfinden! Bali ist durchsetzt mit Myriaden von Straßen aber Straßenschilder sind hier Mangelware. Auf der gesamten Reise habe ich zweimal ein Verkehrsschild mit Geschwindigkeitsbegrenzung (60 km/h) gesehen. Stoppschilder gab es rund ein Dutzend. Vorfahrt beachten – unser umgestülptes Dreieck – gab es gar nicht – schließlich gilt ja das Gesetz des nach vorne gucken! Tja und auch Ortsschilder sind auf Bali eine seltene Erscheinung. In welchem Ort man sich gerade befindet ließt man am besten an den Schildern der Unternehmen vor Ort ab, da diese praktisch immer ihre komplette Adresse angeben. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Hinweisschilder auf kleinen Straßen komplett fehlten. Schaut man sich auf Google Maps oder einer Karte die Straßen an, findet man oft einen tollen direkten Weg von A nach B. In der Realität findet man im Gewirr der Sträßchen dann den direkten, richtigen oftmals gar nicht mehr und riesige Umwege sind in Kauf zu nehmen. Von der Südost-Küste bei Sanur zur Westküste durch das dicht besiedelte Südbali zu gelangen, war am Ende nur möglich, da wir uns nach dem Stand der Sonne richteten und so grob die Himmelsrichtungen wussten.
Ein weiteres Problem bei der Beschilderung auf Bali besteht darin, dass wenn es schon endlich ein Schild gab, dieses meist das nächste Kaff angab und die nächste größere Siedlung aber nicht. Manchmal gibt es auch eine Differenz bei den Ortsnamen auf Karten und Schildern. Semarapura heißt zum Beispiel oft noch Klungkung – alles klar oder? Wir entschieden ab der nächsten Fahrt einen Kompass ins Handschuhfach zu legen und waren froh irgendwann den Großraum Südbali hinter uns zu lassen und doch noch auf die richtige Straße zu gelangen. Hat man einmal das ländliche Bali erreicht, das sich zum Glück noch über rund zwei Drittel der Insel erstreckt, nördlich der Inselhauptstadt Denpasar, dann weiß man endlich seinen Mietwagen tatsächlich zu schätzen. Bali wird von West nach Ost von einer Vulkankette durchzogen und die kleinen Bergsträßchen werden nur selten von Bemos befahren. So wäre es nahezu unmöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln das ländliche, gebirgige Bali zu entdecken. Einmal von der Inselringstraße im Süden abgebogen, findet man sich nach wenigen Kilometern in der Natur wieder. Die Südseite der Berghänge ist nahezu komplett mit Reiseterrassen durchzogen. Teile dieser alten Kultivierung stehen in der Gegend von Jatiluwih sogar heute unter dem Schutz des Weltkulturerbes der UNESCO und sind sogar frei von Abfällen – einem leider in Asien immer wieder kehrendem Problem.
Es war herrlich in dieser Kulturlandschaft spazieren zu gehen. Dieses friedliche Bali nur wenige Kilometer vom Lärm im Süden entfernt war tatsächlich Erholung pur – allerdings weniger für das Auto, denn die steilen Straßen stellten den Karren immer wieder vor Probleme. Oftmals ging es im Schneckentempo Steigungen von vielleicht 15 % bergauf im ersten Gang. Später trafen wir auf LKW, die auf einer Bergstraße von ca. 5 km auf der Hälfte ihre Motoren kühlen und stoppen mussten, um die gesamte Distanz zurücklegen zu können. Diese Straßen führen natürlich zu erhöhtem Bensin-Konsum. Daher gibt es auf Bali ein sehr dichtes Netz an Tankstellen mit noch mehr Tankwarten. Der Boxenstopp an Balis Tankstellen dauerte meist nur eine Minute – und bei Benzinpreisen von 0,40 Euro pro Liter stellten diese auch keine besondere Strapaze für das Reisebudget dar. Abseits der Tankstellen verkaufen die Einheimischen Benzin sogar aus der Glasflasche im Tante-Emma-Laden an der Ecke, so dass man nie Angst haben musste, stehen zu bleiben.
Am ersten Fahrtag brauchten wir für 120 km knappe 4 Stunden mit dem Auto! In manchen Ländern der Erde kann man diese Distanz in dieser Zeit fast mit dem Fahrrad zurücklegen. Unser erstes Ziel, ganz im Westen der Insel gelegen, mit Blick auf die Vulkane der Nachbarinsel Java war Pemuteran und der Taman Nasional Bali Barat, der einzige Nationalpark der Insel. Anders als im Lonely Planet angepriesen ist Pemuteran kein idyllisches Dörfchen mit Traumstrand sondern ein typisches, langgezogenes Straßenkaff ohne jegliche Seitenstraße, in das Luxusressorts mit Zimmerpreisen von mehr als 100 Euro pro Nacht hinein gebaut wurden. Dazwischen finden sich so genannte „Homestays“ – relativ einfache Unterkünfte der Einheimischen für Individualreisende. Zahlt man im Rest von Südasien für solche Übernachtungsmöglichkeiten vielleicht 10 Euro pro Nacht für ein enges, spartanisches Zimmer mit Dusche/WC und Ventilator aber ohne Klimaanlage sind auf Bali dafür oft schon fast 30 Euro in der Hauptsaison zu entrichten. Für das doppelte an Euro erhält man dann allerdings 3 bis 4-Sterne-Luxus, wo man z. B. in Indien hingegen vielleicht das doppelte dafür berappen muss. Wir lernten recht schnell mit dieser etwas gewöhnungsbedürftigen Situation umzugehen und genossen für etwas mehr Geld wirklich wunderbare Unterkünfte auf der Insel.
Im Nationalpark ging es per Pedes mit einem Führer quer durch die Mangroven und die trockene, savannenartige hellbraune Landschaft Westbalis, die mit den immer grünen Reiseterrassen wenige Kilometer weiter östlich gar nichts mehr gemein hat. Größere Wanderung sind auf Bali mittlerweile fast ausnahmslos mit Führer durchzuführen. Das ist meiner Meinung nach eine eigentlich gute Sache, denn so haben auch die Einheimischen etwas vom Tourismus auf dieser Insel, die ja hauptsächlich von Badetouristen lebt, die in internationalen Ressorts einen Großteil ihres Aufenthalts verbringen. Alle Führer die wir im Laufe der Reise engagierten, waren zurückhaltende, gut bis sehr gut Englisch ,sprechende Einheimische, die mit großem Enthusiasmus mit uns zu Fuß unterwegs waren. Die recht hohen Kosten für die Führer von z.B. 45 Euro für 3 Stunden zu zweit im Nationalpark, die meist relativ fix waren, zahlten wir gerne, sofern davon auszugehen war, dass ein Großteil des Geldes beim jeweiligen Führer verbleibt – was aber leider nicht immer sicherzustellen war.
Unser nächstes Ziel unserer Reise war das Bergdorf Munduk, zwischen hellgrünen Reiseterrassen und dunkelgrünen tropischen Bergwaldhängen gelegen. Dort war es dann auch mal möglich, alleine auf Wanderschaft zu gehen, da die Bewässerungssysteme für die Reisterrassen immer mit einem kleinen Pfad versehen waren. Verirren war recht unmöglich und sofern größere Passagen der Wege mit Treppenstufen ausgestattet waren, störten auch keine ansonsten ab und zu auftauchenden Mofa-Fahrer mehr den Wandergenuss in der puren Natur. Statt Gedröhne von Motoren dominierten Vogelgesang und Wasserrauschen. Von Munduk aus lassen sich auch die zentralen Bergseen der Insel auch prima erkunden. Auf einer extrem steilen Bergstraße geht es zunächst auf den Kraterrand eines riesigen längst erloschenen Vulkan. Die Straße schlängelt sich auf dem Rand entlang, oberhalb der im Krater befindlichen Seen Danau Bayan und Danau Tamblingan. An beiden Seen kann man entlang spazieren – eigentlich ohne Führer. Aber am zweit-genannten See hatte sich eine Vereinigung von Bergführern gebildet, die praktisch ein Wandern alleine unmöglich machte. Das nervte uns zunächst, bis wir am Seeufer einerseits Zelte entdeckten und sahen, dass das ganze Dorf unter Wasser stand. Ein Hinweisschild klärte auf, dass die vulkanischen Aktivitäten zu einem plötzlichen Anstieg des Wasserpegels um fünf Meter vor zwei Jahren führten und die Bewohner praktisch über Nacht ihr Zuhause verloren. Da waren wir dann doch etwas peinlich berührt und engagierten natürlich gerne eine Bergführerin, die uns dann sicher durch den Dschungel begleitete und uns mit einer Schärpe ausstattete: Der Grund war ein in der Nähe gelegener Hindu-Tempel, den Balinesen traditionell mit Sarong (Stofftuch) und Schärpe aufsuchen. An fast jedem Tempel in Bali kann man gegen eine Spende einen Sarong leihen und sich dann adäquat angezogen diese religiösen Stätten anschauen – so profitieren auch wieder Einheimische vom Besuch der Fremden.
Mit dem Erreichen des Wasserpalastes in Tirta Gangga in Ost-Bali traf ich dann erstmals auf einen Ort meiner Weltreise. Meist hat man ja Angst, dass Orte, die man in guter Erinnerungen hat, sich im Lauf der Zeit zum „Schlechten“ ändern – gerade in Asien, wo sich oftmals innerhalb eines Jahres bereits sehr viel ändert. Die einzige Änderung in Tirta Gangga: das Warung (lokales Restaurant), das ich vor 9 Jahren besuchte ist expandiert und hat jetzt auch einen Essbereich auf dem Dach – fertig. Das Essen auf Bali wäre ein eigenes leckeres Kapitel und würde den Rahmen hier spregen. Es war gut und es ist gut und weiterhin sehr günstig. Der Verkehr war damals schon heftig und hat sich bis auf die Region um Ubud nicht wirklich verschlimmert. Die Menschen auf Bali sind immer noch sehr freundlich und zuvorkommend und dass die Hotelpreise 2003, 6 Monate nach dem Terroranschlag von Kuta, natürlich heute vollkommen andere sind, war absehbar. Es war einfach schön zu sehen, dass es doch noch Plätze in Asien gibt, die unverändert angenehm bleiben, trotz unserer touristischen Dauerpräsenz.
Viele Bali-Reisende, die nicht an den Stränden im Süden bleiben, zieht es in die kulturelle Hauptstadt nach Ubud. Dort hat der Verkehr wie gesagt leider extrem zugenommen und im Zentrum der Stadt war es wirklich nicht mehr angenehm zu bleiben. Die Außenbezirke eignen sich aber immer noch zum Entspannen, da dort wunderschöne Unterkünfte aufgemacht haben, mit Blick auf Reisfelder oder ganz im Westen auf den Ayung Fluss tief unterhalb der Ortsteile Sayan und Kedewatan. Allerdings befürchte ich, dass die Bauwut in Ubud dazu führen könnte, dass die Stadt immer mehr ausfranzt und heutige Reisefelder bald Baugrund für neue Ressorts sind. Wir betrachteten Ubud nur noch als Ausgangsbasis für Tagestouren z. B. zum Vulkan Batur.
Meine bisherigen Vulkanbesteigungen in Indonesien waren allesamt sehr frustrierend verlaufen, da ich mich jedes Mal um vier Uhr morgens auf den Weg bergan machte, um rechtzeitig vor Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu stehen und um nichts zu sehen, da immer eine Wolke jegliche Sicht über den Kraterrand verbaute. Dieses Mal ließen wir es daher beim Batur ganz lässig angehen, vertrauten auf die Wettervorhersage, die behauptete, dass es mittags aufklaren sollte. Das ist zwar so eine Art von Vorhersage, wie dass es im Juli in Deutschland Dauerfrost geben soll, schließlich zieht es sich in der Regel in den Tropen spätestens mittags zu – aber egal. Und die Wettervorhersage hatte Recht! Mit Wayan einem drahtigen Mitvierziger als Bergführer erklommen wir den zweitheilgsten Berg Balis in lockeren zwei Stunden zur Mittagszeit und wurden mit einer herrlichen Sicht auf den äußeren Kraterrand belohnt. Die Wolken blieben außerhalb des äußeren Kraterrands und endlich sah ich mal etwas anderes als Nebel auf dem Gipfel eines indonesichen Vulkans.
Zurück in Ubud war dann Stau angesagt. Der Verkehrsinfarkt wird hier schon vorgezogen, da in der Stadt 365 Tage im Jahr Tempelfeste veranstaltet werden und bei diesen dann einfach mal die gesamte Straße oder wenigstens ein guter Teil davon mit Betenden in weißen Gewändern belagert wird. Nirgends auf der Welt habe ich so eine Spiritualität im Alltag festgestellt wie auf Bali. Prozessionen finden inselweit täglich statt. Die Menschen leben ihre Kultur und tragen nicht wegen der Touristen ihre traditionellen Gewänder, sondern weil sie wohl Teil ihrer Identität im größten muslimischen Land der Welt sind. Der Stau war zugegebenermaßen nervig, aber was beschwere ich mich hier groß. Ich bin Gast und muss mich natürlich den Gegebenheit des Gastlandes anpassen. Insgesamt war mein zweiter Aufenthalt auf Bali ein wunderbares Abenteuer und es bleibt zu hoffen, dass sich die Insel und ihre Menschen ihren Charakter bewahren, die dieses Eiland so einzigartig machen.
Auch die zweite Woche mit dem Auto in Argentinien haben sowohl wir Insassen als auch unser VW Gol gut überstanden – danke Wolfsburg! Jetzt kann ich diesem Verein wenigstens etwas Positives abgewinnen. Aber vom Gewinnen rede ich als Mainzer lieber mal nicht zurzeit, lieber vom Reisen durch Argentinien.
Die Hauptstraßen sind dort eigentlich entweder Autobahnen mit einer grünen breiten Wiese als Trennung oder langgezogenen Landstraßen, die zum Überholen von extrem langen, unzähligen LKW-Kollonnen aus Brasilien einladen. Aber die Nebenstraßen…
Nein, es handelt sich dabei um keine Schlaglochpisten sondern eigentlich immer um Erdstraßen. Somit lohnt sich beim Autofahren in der Pampa wirklich den Wetterbericht vorab zu studieren. Wir hatten zwar einen höhergelegten VW aber kein Allradfahrzeug. So machten wir uns nach den Regenfällen der letzten Tage mit etwas mulmigen Gefühl auf die Strecke in das Tierparadies Esteros del Iberrá. Dieses liegt auf halbem Weg zwischen Buenos Aires und Iguazú fernab von jeder Teerstraße. Diese Abgeschiedenheit war für uns natürlich Fluch und Segen zugleich. Segen, weil es nur wenige Touristen gibt, die die über 100 km lange Piste in Angriff nehmen, um dieses Naturparadies zu entdecken, Fluch, weil wir befürchten mussten, bei Regen, den es dort halt immer wieder gibt, dann mal ruckzuck ein paar Tage von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. So gingen wir auf die Piste und waren froh, dass die ersten 10 km sogar geteert waren – warum? Keine Ahnung, denn der Belag verschwand von einem auf den anderen Meter und die Erdstraße, wurde zunehmend schlechter, sprich es gab tiefe Furchen aber zum Glück keine Schlammlöcher in denen man stecken bleiben konnte. Durch die Höherlegung des Autos kamen wir nach 4 Stunden Fahrtzeit dann in Colonia Pellegrini dem einzigen Ort auf dieser 100 km Strecke an.
Auf dem Weg dorthin trafen wir bereits Capybaras, im Deutschen auch bekannt als „Wasserschwein“. Diese liebenswerten Viecher haben mit einer Sau aber rein gar nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um die größten Nagetiere der Welt, die bis zu 75 kg schwer werden können. Uns erinnerten die Capybaras eher an Tiere von Loriot mit ihrer platten Schnauze und ihrem vollschlanken Körper der aus einem wasserdichten struppigen Fell besteht. Schließlich lieben es Capybaras sich in Tümpeln vom vielen Pflanzenfressen auszuruhen. So badete direkt am Straßenrand ein Capybara in einer Pfütze und ließ sich durch uns nicht im geringsten stören. Neben unzähligen Vogelarten entdeckten wir auf einer Bootsfahrt auch viele Kaimane und bei einer Wanderung auch sehr scheue Affen, die anders als in Indien es vorzogen, in den Baumkronen sich von Ast zu Ast zu hängeln als auf dem Boden wehrlosen Brillenträgern ihre Sehhilfen zu klauen – wie mir geschehen, 2008 im nördlichen Teil des Subkontinents.
Nach ein paar Tagen Natur pur im Zelt ohne Gewitter oder Platzregen setzten wir unsere Autofahrt nach Nordosten auf der Piste fort – dem trockenen Wetter sei Dank. Denn die Piste sollte noch wesentlich schlechter werden, als die auf der Hinfahrt genommene. Wären wir auf dieser zurück gefahren, hätten wir ca. 300 km an zusätzlicher Strecke gehabt – ein Umstand auf den wir gerne verzichtet haben. Nach Absprache mit den Einheimischen, die unseren VW Gol für tauglich für diese Strecke bei diesen Witterungsverhältnissen hielten, zogen wir frühmorgens weiter. Zunächst wurde die Piste einfach nur ein großer Sandkasten, bei dem man fast froh sein konnte, dass noch eine gewisse Feuchtigkeit im Boden war, die den Sand zusammenklebte und wir immer mit Vollgas gemäß der Devise „Augen zu und durch“ weiterkamen. Irgendwann aber trafen wir auf Furchen und Rinnen die zum Teil einen halben Meter tief und dann auch noch verschlammt waren. Da musste ich imaginär öfter mal die Daumen drücken und drei Kreuze machen, aber der Volkswagen hielt durch und uns in der Spur. Das Auto schlingerte mehr als einmal aber wir kamen durch bis zur Teerstraße nach ca. 130 km…wieder ohne Kaff.
Den Rest des Tages ging es dann auf einfach zu fahrender Hauptstraße weiter zu den ehemaligen Jesuiten-Missionen in der Provinz „Misiones“ – dem nordöstlichsten Teil Argentiniens. Dort missionierten im 17. Jhdt. spanische Jesuiten-Möche bei der einheimischen indigenen Guaraní-Bevölkerung erfolgreich, in dem sie um die Kirchen herum große Dörfer gründeten, in denen demokratisch gewählte Vertreter den Alltag der bekehrten Guaranís bestimmten. Diese fanden das Christentum wohl sicher auch dadurch attraktiv, da diese Dörfer Schutz vor Sklavenhändlern boten. Im heutigen Paraguay, Argentinien und Brasilien finden sich mehrere dieser Stätten, die für ca. 50 bis 100 Jahre im 18./19. Jhdt. vollkommen vom Dschungel überwuchert wurden, da diese Dörfer irgendwann von Sklavenhändlern dann doch erfolgreich eingenommen wurden – unterstützt von den damaligen Kolonialmächten Spanien und Portugal. Heute sind von diesen Bauten nur noch die Grundmauern zu sehen, aber ähnlich wie in Angkor Wat oder bei den Pyramiden in Mexiko sehen Ruinen im Dschungel immer sehr beeindruckend aus und es kommt so eine Indianer Jones Athmosphäre auf.
Nach einem Nachmittag als gefühlter Harrison Ford ging es dann zu unserem Ziel der Reise, den Iguazú-Wasserfällen. Der Lonely Planet hat es ganz gut beschrieben: Es gibt Wasserfälle und Wasserfälle und es gibt die Iguazú-Fälle! Damit ist alles gesagt – zumindest für diejenigen von Euch, die das Glück bereits hatten, einmal am Rand dieses tosenden Rauschens zu stehen. Allen anderen sei gesagt, wenn Ihr irgendwie mal die Möglichkeit habt, dorthin zu kommen, macht es! Was da Mutter Natur für eine Show abzieht ist wirklich schon fast unwirklich. Und zugleich sind diese Fälle aufgrund ihrer Größe gar nicht so überlaufen. Gerade die argentinische Seite bietet unzählige Wanderwege und Stege an, von denen man die Fälle aus fast allen Positionen bestaunen kann. Brasilien bietet auf einem recht kurzen Weg ein sagenhaftes Rund-Um-Panorama. Daher sollte jeder, der das Glück hat, mal dort zu sein auch beide Seiten besuchen. Auf dieser Reise steht für jeden Schwerpunkt unserer Tour ein anderes, lustig anzusehendes Säugetier symbolhaft für diesen Ort. Waren es die Capybaras in Iberá so waren es in Iguazú die Coatis, Nasenbären, die mit riesigem Büschelschwanz. Die Tiere erinnerten mit diesem hochstehenden Schwanz an Autoscooter die durch die Gegend huschten – immer auf der Suche nach Nahrung, vorallem bei Mülleimern, die bereits so konstruiert waren, dass die Viecher sie eigentlich nicht aufbekamen. Diese versuchten es trotzdem unentwegt, dort an Nahrung zu gelangen und manches Mal war dieses ewige Versuchen sogar von Erfolg gekrönt – anders als zurzeit bei unseren Meenzern.
Iguazú bot aber auch kulinarische Highlights – gerade für Vegetarier, denn ansonsten sieht es für Fleischverschmäher in Argentinien oft was die Vielfalt an Speisen angeht recht mau aus. Meistens gab es nur Pasta in drei Formen: Bandnudeln, Ravioli und Canneloni, wobei letztere meist sehr lecker waren, da sie recht voll mit Spinat gefüllt waren. Saucenmäßig blieb meist nur die Tomaten-Variante „Filetto“ oder die mächtige „Blanca“, die Weiße, die hauptsächlich aus Sahne besteht. In Iguazú gab es in vielen gehobenen Hotels Buffets mit einer riesigen Auswahl an fleischlosen Speisen – neben großer Pasta- und Grillauswahl. Dazu wird natürlich ein guter Malbec-Rotwein oder Torrontes-Weißwein genossen – beides Traubensorten, die in Europa entweder gar nicht (Torrontes) oder nur als (Bordeaux-)Verschnitt existieren, da diese Sorten nicht robust genug für unser wechselhaftes Wetter sind.
Irgenwann waren wir dann vollgefuttert und auch vom Wein her gut gefüllt, so dass wir uns auf die 1.500 km lange Rückreise nach Buenos Aires mit dem Auto machten. Statt auf der Hauptstraße zurückzubrettern, nahmen wir uns wieder Zeit, auf den Nebenstraßen dieses vielfältige Land zu entdecken, so z.B. die breitesten Wasserfälle der Welt. Gut, wenn man von Iguazú kommt, dann sind alle anderen Wasserfälle der Welt eigentlich nur ein kleines Plätschern, aber die Saltos de Moconá waren die Reise wert. Der Rio Uruguay fällt direkt an der brasilianisch-argentinischen Grenze auf 3,5 km Länge mitten im Fluss abprupt ab, so dass auf der argentinischen Flussseite der Strohm zunächst ebenerdig weiterfließt, während er auf der brasilianischen Seite auf diesen 3,5 km bis zu 16 m an Höhe verliert. Dieses Phänomen mit dem Boot aus nächster Nähe zu betrachten, ist ein äußerst nasses, rumpeliges aber auch einmaliges Vergnügen – zumal die Fälle wirklich am Ende der Welt liegen. Zum nächsten Kaff waren es 75 km und dieses El Soberbio war selbst ein Fleckchen Erde an dem die Zeit wohl stehen geblieben ist. Samstag abends in der Kneipe wurde ein Endlos-Medley aus 90er Jahren Dance-Floor gespielt. „Rhythm is an Dancer“, „What is love?“ und Dutzende andere eigentlich längst vergessen One-Hit-Wonder hauten mir einen Ohrwurm nach dem anderen ins Hirn…“I’m too sexy for my car…“ ging mir noch Tage danach im Kopf herum – diese Zeitreise war aber noch das beste an dem Restaurant, denn kulinarisch war es gerade nach Iguazú ein Ritt durch die Hölle. Die Palmherz-Pizza bestannd eigentlich nur aus dickem Teig mit einer Komplett-Belegung aus Mozarella und einem Hauch Tomaten-Sauce. Die Palmherzen waren recht überschaubar angeordnet und die alternative Pasta (dieses Mal Bandnudeln) wurde mit Tomatensauce aus dem Tetra-Pak kredenzt. Es gibt sicherlich leckerere Speisen – aber wenigstens war das Quilmes-Bier schön kühl, denn hier oben im Nordosten Argentiniens ist es tropisch feucht-warm…und somit ideales Biergarten-Wetter.
Doch jede Reise geht mal zu Ende und somit ging es für uns weiter nach Süden in Richtung Buenos Aires. Ein letztes Mal besuchten wir einen der unzähligen Nationalparks Argentiniens – dieses Mal waren eigentlich Pflanzen in El Palmar die Attraktion. Wie es der Name schon vermuten lässt, geht um fast ausgerottete Palmen, aber der eigentliche Hit waren die Viscacha – trollige Chinchilla-Viecher, die nachtaktiv waren und uns mit ihrem Grunzen, Quieken und Pupsen in den Zeltschlaf „sangen“.
Bevor wir die zweite Zeltnacht antraten, überlegte es sich der Himmel nochmals anders und nach einer recht langen Trockenperiode von einer Woche kübelte es plötzlich was das Zeug hielt. Dieses Dreckswetter veranlasste wohl den Restaurant-Besitzer im National Park dazu seinen Laden gar nicht erst aufzumachen, so dass wir abends plötzlich die Wahl hatten, im Kiosk des Campingplatzes Chips und Bier zu kaufen oder auf der 12 km langen Piste mit dem Auto in die Zivilisation zurück zu düsen, um etwas vernünftiges zum Futtern zu bekommen. Möchtegern-Gourmets wie wir setzten natürlich auf die zweite Variante, so dass wir in stockfinsterer Nacht bei Platzregen, dem Essen im insgesamt 18 km entfernten nächten Kaff entgegen rollten – mit Scheibenwischern, die mehr den Regen auf der Scheibe verschmierten, als diesen von dieser wegzuschaufeln. Die Fahrt auf der Piste verlief recht einfach und wir glaubten, auf der Hauptstraße wäre die Fahrt noch leichter hinter sich zu bringen, doch zu früh gefreut! Mögen argentinische Straßen einen guten Belag haben, so mangelt es diesen dafür meist an eindeutigen Fahrbahnmarkierungen. Tagsüber ist es ja auch leicht, die Spur auch ohne Mittelstreifen zu halten, aber nachts, bei null Sicht, Gegenverkehr und heizenden Lastern war dies alles auf einmal gar nicht mehr so einfach und garantiert nicht lustig. Die Scheinwerfer des LKWs direkt hinter uns praktisch auf dem Kofferraum kleben zu haben ist kein tolles Gefühl und diese 6 km Fahrt war der blanke Horror, nur getoppt durch das Abwägen der Situation, in der wir uns nun befanden. Sollten wir nach dem Essen in ein Hotel gehen und dort die Nacht verbringen, um den Platzregen abzuwarten oder wieder auf der Straße wieder 6 km Horror überstehen? Nun ja erstmal was essen in einem Kaff, in dem man wohl sonst nie anhalten würde. Nacht, Platzregen, leeres Restaurant und eine Besitzerin, die Vegetarier wohl noch nie im Leben gesehen hatte – irgendwie beste Horrorfilm-Zutaten. Das vorgesetzte Essen bestand aus Gnocchis mit Fleischsoße, obwohl dreimal angefragt „sin carne“ (ohne Fleisch), aber dafür mit einem riesigen Salatberg aus frischen Zutaten…
Das angeblich einzige Hotel bestand aus einem Schuppen direkt am Highway und hätte als Horrorfilm-Kulisse praktischen Nutzen gehabt und so begaben wir uns auf den Rückweg zu den pupsenden Viscachas, die natürlich in ihren wohl warmen trockenen Höhlen den Regen abwarteten. Ich hängte mich an einen LKW dran, der durch die nasse Nacht rauschte, aber als dieser auf über 60 km/h beschleunigte gab ich auf und ließ ihn ziehen – denn ich sah außer den Heckleuchten gar nichts – und die Einfahrt zum Nationalpark konnte ich auch nur groß anhand der Kilometersteine abschätzen. Zum Glück war der nächste heizende LKW mehr als einen Kilometer entfernt und so konnte ich im Schneckentempo die 6 km zurücklegen. Aber zum Ende dieser Strecke war der Abstand zum LKW vollkommen aufgebraucht und dieser wollte uns praktisch von der Straße hupen – also schnell die Warnblinkanlage aktiviert und auf den zum Glück vorhandenen Seitenstreifen geflüchtet. Der LKW rauschte von dannen und ich konnte mit Hilfe des Fernlichts die Einfahrt lokalisieren. Der Rückweg auf der Piste war dann ein pures Vergnügen – keine hupend-heinzenden LKWs – nur eine Capybara-Familie, die es auf der Piste zu umkurven galt. Das Zelt trotzte dem Regen, hielt dicht und trocknet gerade in unserem Wohnzimmer, denn gestern sind wir dann rechtzeitig zum nächsten 05-Spiel wieder im goldischen Meenz angekommen.