Aufräumen im eigenen Kopf

Eigentlich ist rein biologisch gesehen alles ganz einfach. Wir sind irgendwann auf diesem Planeten geboren worden. Diese Gemeinsamkeit haben wir alle auf unserer Erde. Die zweite Gemeinsamkeit: Irgendwann gehen bei uns allen die Lichter wieder aus.

Das war es allerdings mit den Gemeinsamkeiten auch schon. Das, was zwischen Geburt und Tod liegt, nennen wir bei Pflanzen, Tieren und Menschen Leben. Das Leben der Pflanzen und der Tiere klammere ich dieses Mal bewusst aus, obwohl es natürlich angebracht ist, diese Lebewesen zu respektieren, zu schützen und sich für sie einzusetzen – alleine schon deswegen, damit wir und unsere Nachkommen eine lebenswerte Welt vorfinden.

Wir Menschen sind bei der Geburt alle gleich. Kein Kind kommt mit einer implementierten Kreditkarte ohne Limit oder einer eingeimpften Staatsbürgerschaft auf die Welt. Wir alle erblicken mehr oder weniger auf dieselbe Art und Weise das Licht der Welt. In eben jenem Moment allerdings gelten bereits Konventionen, die nicht natürlich sind, sondern von Menschen festgelegt wurden.

Welchen Sechser die meisten von uns im „Geburtslotto“ hatten, ist uns sicher nicht immer bewusst. Als Deutsche Staatsbürger haben wir seit unserer Geburt zahlreiche Privilegien, die uns in die Wiege gelegt wurden – ohne unser Zutun. Wir hätten auch Staatsbürger eines der anderen fast 200 Länder dieser Welt werden können. In den meisten Fällen wäre damit der Start ins Leben wahrscheinlich schwieriger ausgefallen. Das fällt mir aktuell wieder ein, da wir uns aufgrund der Pandemie in einer Ausnahmesituation befinden: Als Deutsche haben wir eine Bewegungsfreiheit ohne Gleichen. Wir können die meisten Ziele dieser Welt besuchen, ohne begründen zu müssen, warum wir uns dorthin begeben möchten. Länder, Grenzen, Staatsbürgerschaften sind nicht einfach so vom Himmel gefallen. Manche Ländergrenzen wurden von Menschen mit dem Lineal gezogen. Für die meisten Menschen auf unserer Welt ist das Passieren einer Grenze ein Ding der Unmöglichkeit. Die älteren unter uns können sich noch an die innerdeutsche Grenze erinnern. Wollte man sich von Thüringen nach Bayern begeben, war das bis 1990 womöglich ein Todesurteil. Das ist gerade mal 30 Jahre her – doch im Vergessen und Verdrängen liegt eine unserer Kernkompetenzen. Möchten Menschen ihren aktuellen Wohnsitz verlegen, z.B. von Aleppo nach Mainz, dann scheitert das nicht daran, dass ein Ozean dazwischenliegt, sondern daran, dass wir Menschen Grenzen gezogen haben, die das verhindern. Ich durfte diese 1995 in umgekehrter Richtung relativ einfach passieren. Als Deutscher konnte ich mit dem Zug problemlos nach Österreich fahren. Ich bekam ein Visum für Ungarn, Rumänien und Bulgarien ausgestellt. Die Türkei ließ mich mit dem deutschen Pass ohne zusätzlichen Papierkram einreisen und auch für Syrien bekam ich, dem Bundesadler auf dem Pass sei Dank, das Visum problemlos ausgestellt. Ich galt als Tourist – jemand, der aktuell die umgekehrte Route mit einem syrischen Pass nimmt, gilt als Flüchtling. Definiert haben das Menschen – nicht Mutter Natur. Selbstverständlich wollte ich nur ein paar Tage in Syrien bleiben und umgekehrt möchte jemand, der bei uns Schutz sucht, so lange bleiben, bis die Gefahr vorüber ist. Es geht bei dem Beispiel einfach darum zu zeigen, dass ein Stück Papier einen großen Unterschied macht – obwohl die Menschen biologisch gesehen nichts unterscheidet.

Voneinander lernen, wie hier in Sierra Leone, ist vielleicht das beste Mittel gegen Rassismus.

Kommen wir in Deutschland auf die Welt, ist die Chance relativ hoch, die ersten Tage zu überleben. Die Kindersterblichkeit ist weltweit von Land zu Land unterschiedlich. In Singapur, Island, Japan, Monaco und Slowenien liegt sie bei 2 Todesfällen pro 1000 Lebendgeborene, bei uns in Deutschland bei 3 und im Tschad bei 72, im Niger bei 79, in der Zentralafrikanischen Republik bei 84, in Somalia bei 93 und in Afghanistan bei 109. Natürlich herrscht in den letztgenannten Ländern ein anderes Klima. Das ist sicherlich noch nicht menschengemacht (wird es aber zunehmend, wenn uns Tiere und Pflanzen weiter egal sind). Die hohe Kindersterblichkeit liegt darin nicht begründet. Vielmehr ist sie darauf zurückzuführen, dass in all diesen Ländern Bürgerkriege die letzten Jahrzehnte geprägt haben. Diese Kriege sind kein Gesetz der Natur, sondern wurden von Menschen vom Zaun gebrochen. Die Gründe liegen teilweise einhundert Jahre zurück – z.B. in der willkürlichen Grenzziehung nach dem ersten Weltkrieg. Sofern wir jünger als 75 sind, ist die Chance relativ groß, dass wir noch nie einen Krieg miterleben mussten. Dass seit 1945 in Mitteleuropa Frieden herrscht, sehen wir oft als „natürlich“ an. Auf meiner Reise 1995 nach Syrien musste ich mich in Budapest entscheiden, ob ich über Belgrad oder Bukarest nach Istanbul reisen wollte. Niemand konnte mir in meinem Mainzer Reisebüro sagen, wie ich auf dem Landweg in die Metropole am Bosporus gelangen konnte. Daher besaß ich auch ein Visum für Rest-Jugoslawien. Von einer Reise dorthin wurde mir aber damals vom Auswärtigen Amt mittels der mittlerweile bekannten Reisewarnung abgeraten – weil in dieser Region gerade Krieg herrschte – eine Tages- und Nachtzugfahrt von Mainz entfernt. Das ist gerade mal 25 Jahre her und geographisch gesehen ebenfalls nicht sehr weit weg von uns.

Sprich – auf das Timing der Geburt kommt es an. Vor 1945 in Deutschland geboren worden zu sein, war nicht der oben genannte Sechser im Lotto. Und vor 1990 in der Deutschen Demokratischen Republik geboren worden zu sein, vielleicht auch nicht. Ich schreibe „vielleicht“, weil ich es nicht miterlebt habe, das Leben in der DDR. Allerdings habe ich, seit ich denken konnte, mit dem Wort „DDR“ etwas assoziiert. Ich habe im Fernsehen, im Radio, in der Zeitung über dieses Land etwas erfahren. Gespräche in der Familie über die DDR gab es kaum, weil wir keine Verwandten „drüben“ hatten. Durch all die Einflüsse hat sich in meinem Kopf ein Bild der DDR geprägt. Es zeigt, dass ich nicht unvoreingenommen dieser DDR gegenübertrat. Ich habe Staatsbürger der DDR vor der Wende meines Wissens gar nicht getroffen. Trotzdem hatte ich mir ein Bild gemacht und in meinem Hirn etwas zu „DDR“ und den Menschen, die dort lebten, „abgelegt“.

Die Festung in Dakar, Senegal ist ein Relikt des Sklavenhandels – von hier wurden Schwarze Menschen nach Amerika verschifft. Der Spruch auf der Stehle blickt hoffnungsvoll in die Zukunft.

Neben der „richtigen“ Staatsbürgerschaft und dem „richtigen“ Timing gibt es einen weiteren Faktor bei der Geburt, der den Start ins Leben massiv beeinflusst. Die bereits angesprochene imaginäre „implementierte Kreditkarte“ ohne Limit. Vor dem Gesetz sind wir Menschen in Deutschland alle gleich. Doch bei der Geburt entscheidet sich schon manchmal der gesamte Lebensweg. Qua Geburt sind wir bereits Erben. „Die Bundesrepublik gehört immer noch zu den OECD-Staaten, in denen der Schulerfolg eines Kindes deutlich enger vom sozioökonomischen Hintergrund abhängt als in vielen anderen Ländern, sagt Andreas Schleicher, OECD-Bildungsdirektor.“ (Spiegel, vom 23.10.18) . Will sagen dass der Schulerfolg bei uns sehr wohl davon abhängen kann, ob man in eine finanziell gut ausgestattete Familie, bei der die Eltern Akademiker sind, hineingeboren wird, oder ob man in einer Familie aufwächst, die nicht so viel Kohle hat und in der die Eltern womöglich kein Abitur gemacht haben. Es macht auch einen Unterschied, mit welchem Geschlecht wir auf die Welt kommen. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein hehres Ziel aber noch lange nicht erreicht.

Mit den bisherigen Zeilen wollte ich ausdrücken, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass wir so ein Leben führen, wie wir es aktuell führen – im Positiven wie im Negativen. Die Liste der oben genannten Beispiele ist sicher nicht abschließend. Jeder von uns hat Probleme und das Leben stellt uns jeden Tag vor neue Herausforderungen – das gilt für alle Menschen weltweit. Vielleicht haben die Beispiele gezeigt, dass es Wert ist, die eigene Situation neu zu betrachten. Durch den Ausbruch von Corona hat sich das Leben von uns allen verändert. Wir mussten in unserem Alltag Änderungen notgedrungen vornehmen. Wir haben aber auch gelernt, uns und andere zu schützen. Wir haben als Gemeinschaft gezeigt, dass wir bereit sind zu lernen, dass wir Änderungen in unserem Verhalten vornehmen können.

Wir können die Welt in ihrer Gesamtheit nicht „retten“. Wir können uns für die Schwachen der Gesellschaft engagieren, für die Gleichstellung der Geschlechter, für faire Arbeitsbedingungen, für das Klima und die Natur u.v.m. Das ist alles löblich und ich habe großen Respekt vor den Menschen, die sich jeden Tag dafür einsetzen, dass die Welt einen Tick „besser“ wird.

Ich erwarte so ein Engagement von Menschen für andere nicht – gerade weil viele Menschen auch in Deutschland große Probleme haben. Natürlich haben die eigenen Probleme Priorität. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir jeden Menschen nach seinem Handeln und Denken beurteilen sollten – nicht nach Staatsbürgerschaft, Alter, Geschlecht oder finanziellem Hintergrund. Aber das ist leider die graue Theorie. Schließlich gibt es da noch etwas, was uns Menschen unterscheidet: Die Hautfarbe.

Wenn man wie ich Rassismus nie erlebt hat, ist es fast unmöglich, nicht selbst das eine oder andere Mal in rassistische Denkmuster zu verfallen. Wer die bisherigen Zeilen gelesen hat, beweist Ausdauer. Diese Ausdauer kostet Zeit. Diese ist meiner Meinung auch notwendig, um „Rassismus [zu] entlernen“, wie Aminata Touré, Landtagsvizepräsidentin in Schleswig-Holstein sagt. Wir sollten „entlernen“, vielleicht sogar unbewusst, rassistisch zu agieren. Wir sollten Zeit investieren, um Artikel von Menschen zu lesen, die selbst von Rassismus betroffen sind und anschaulich beschreiben, wie Rassismus unterschwellig in unserem Alltag vorkommt – oft ungewollt und nicht so platt, dass jede*r bemerkt, um was es sich da gerade handelt. Ferner ist die Bereitschaft notwendig, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, und sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, das einen selbst gar nicht unmittelbar betrifft.

Ich habe die vorletzte Woche den Text von Alice Hasters im Deutschlandfunk gelesen „Warum weiße Menschen so gerne gleich sind“. Sie zeigt zahlreiche Ansätze auf, mit denen wir unser eigenes Denken und Handeln hinterfragen können. Zunächst einmal geht es um die Definition von Rassismus. Sie zitiert den amerikanischen Rassismusforscher Ibram X. Kendi, der Rassismus als „Jegliche Vorstellung, die eine bestimmte ethnische Gruppe als einer anderen ethnischen Gruppe unterlegen oder überlegen betrachtet.“ definiert.

Diese Definition muss nach Hasters Meinung allerdings konkretisiert werden. Auf meinen Reisen durch Westafrika konnte ich an vielen Stellen koloniale Spuren des Rassismus an den Küsten des Senegals und Benins entdecken. Hier sind hunderttausende Schwarze Menschen verschifft worden, um in Amerika als Sklaven zu arbeiten. Organisiert wurde der Handel von Weißen, die sich den Schwarzen Menschen schlicht überlegen fühlten. Sie konstruierten „Rassen“ aufgrund der Hautfarbe. Daher ist die aktuelle Diskussion um das Entfernen des Wortes „Rasse“ aus dem Grundgesetz auch so wichtig – es gibt schlicht keine unterschiedlichen Rassen von Menschen. „Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung“ stellt die Deutsche Zoologische Gesellschaft in ihrer Jenaer Erklärung fest.

Eine „Norm“ bei Menschen aufzustellen ist abwegig. Daher kann der weiße Mensch auch keine Norm sein.

 „Weiße Menschen haben die Theorie etabliert, dass Charaktereigenschaften, kulturelle und soziale Fähigkeiten mit biologischen Merkmalen zusammenhängen. Dieses System nennt sich White Supremacy – Weiße Vorherrschaft.“ so Hasters. Dieses Denken wurde in den letzten Jahrhunderten etabliert. Sklavenhandel wurde mit der Zeit weltweit fast überall verboten und auch der Kolonialismus ist seit nunmehr 50 Jahren mehr oder weniger passé. Doch es kommt auf das Denken und Handeln von uns an. Papier ist geduldig. Wir sollten uns selbst fragen, ob wir auf einen uns unbekannten Schwarzen Menschen, der uns begegnet, genauso reagieren, wie auf einen Weißen. Es muss unerträglich sein, jeden Tag auf der Straße anders angeschaut zu werden, als andere Mitbürger*innen. Hasters beschreibt diese so genannte „Mikroaggression“ als „Mückenstiche“. Wie die Reaktion auf Schwarze Menschen ausfällt ist ihrer Meinung nach zunächst unerheblich. „Rassismus ist nicht erst Rassismus, wenn er böse gemeint ist“. Dabei geht es auch um vermeintliche Komplimente, wenn Leute in ihre Haare fassen möchten, weil diese „anders“ sind. Das Aufstellen einer Norm (weißer Mensch ohne Kraushaar) wirkt auf Schwarze Menschen ausgrenzend. 1999 war ich mit einer blondhaarigen Freundin in Westafrika unterwegs. Viele Kinder sind vor ihr weggerannt, weil sie einen Menschen mit blonden Haaren noch nie gesehen haben. Wir haben das damals als lustig empfunden, gerade auch weil die Erwachsenen gelacht haben und die Situation dazu einlud, ins Gespräch zu kommen. Aber wenn tagtäglich Menschen vor mir eine solche Reaktion zeigen, kann ich die von Hasters erwähnten „Mückenstiche“ nachempfinden.

Wenn ich bisher gefragt wurde, warum ich so oft nach Afrika gefahren bin, habe ich meist geantwortet, der wunderschönen Natur aber auch der Menschen wegen. Ich habe bei den Schwarzen Menschen verallgemeinert: Coolness, Lebensfreue, Gelassenheit – das waren manche der Attribute, die ich mit den Menschen in Afrika assoziiert habe. Nach Hasters ist das auch eine Art Rassismus, den ich da an den Tag gelegt habe – was ich mittlerweile nachvollziehen kann. Schließlich wird nicht jeder Mensch Afrikas die genannten Attribute verkörpern.

Hasters geht auch auf die Argumentation ein, dass manche Menschen „keine Hautfarben sehen würden“. Sie ist der Auffassung, dass diese Leute nicht in der Lage sind, Rassismus zu erkennen. Spätestens da sind wir an dem Punkt angelangt, dass es notwendig ist, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Daher ist meiner Meinung neben Empathie auch Vertrauen notwendig. Vertrauen gegenüber Menschen, die sich rassistisch angegangen fühlen. Das machen diese Menschen nicht, um Aufmerksamkeit für sich zu erhaschen, sondern um auf eine Situation aufmerksam zu machen, die bei näherer Betrachtungsweise naheliegt. Diese Menschen haben ein Recht darauf, dass dieses Problem angegangen wird.

Attribute Menschengruppen generell zu verpassen kann auch Rassismus sein – jeder Mensch reagiert anders auf diese Verkehrssituation in Cotonou, Benin. Coolness, Gelassenheit etc. empfindet hier sicher jeder von uns anders.

Ein weiterer Punkt, den ich mir selbst in der Debatte anlasten muss, ist das N-Wort (wahlweise auch das Z-Wort in Bezug auf Sinti und Roma), das immer noch in der Kinderliteratur Verwendung findet. Selbst nie mit Rassismus konfrontiert habe ich mir über dieses nie wirklich Gedanken gemacht, bis ich von guten Freund*innen vor ein paar Jahren darauf hingewiesen wurde. Hasters reagiert auf das N-Wort ziemlich souverän, da sie sich in Menschen wie mich hineinversetzt, die sich damit bisher nicht auseinandergesetzt haben. „Es ist das eine, Rassismus zu reproduzieren, weil man ihn nicht erkennt. Es ist etwas anderes, Rassismus zu reproduzieren, weil man die Perspektiven anderer Menschen nicht anerkennt.“. Sobald man dies allerdings erkennt und sich dennoch nicht gegen die Streichung des N-Wortes einsetzt, handelt man rassistisch. Auch dieser Aspekt hat mir zu denken gegeben.

Wir Menschen neigen oft dazu, Sachen aufzuwiegen. Ich gehe gar auf „Whataboutism“ ein, sondern bleibe beim Rassismus. Man könnte schließlich der Meinung sein, als weißer Mensch in Afrika ebenfalls von Rassismus betroffen zu sein, wenn ich dort zum Beispiel mehr für den Bus bezahlen musste als die Einheimischen. Hasters erkennt hier eher die Privilegien, die ich als Weißer habe, der dort als reich und höhergestellt gilt. Sie erkennt an, dass diese Erfahrungen nicht unbedingt positiv sind – es wird mir als weißem Menschen aber tatsächlich nicht unterstellt, dass ich kriminell oder sonstwie bedrohlich sei. Das genannte Beispiel mit dem Bus kann ärgerlich sein, hat aber tatsächlich nichts mit Rassismus zu tun. Es ist eher die Folge des Rassismus, da durch die Ausbeutung der ehemaligen Kolonien durch die Weißen, die „Norm“ entstand, dass Weiße reich und Schwarze Menschen arm sind.

Ein Privileg von Weißen ist es Rassismus zu ignorieren. Hasters schreibt „Die Anerkennung meiner Perspektive ist kein Selbstverständnis, sie ist ein Kampf.“. Und dass Schweigen nichts bringt, wissen wir alle. Wenn rassistische Sätze fallen, dann sollten wir das auch äußern. Fangen wir damit im Bekanntenkreis an: in der Familie, auf der Arbeit, in der Kneipe und hoffentlich bald auch wieder im Stadion.

Es sei denn, es ist uns egal, wie wir Menschen miteinander umgehen. Dann hätte es aber auch nichts gebracht, diesen langen Text zu lesen. Einfach einmal sein eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen kostet kein Geld. Und zu versuchen, andere Menschen ausschließlich nach deren Denken und Handeln zu beurteilen auch nicht. Dieses Aufräumen im Kopf tut letzten Endes auch mir persönlich gut. In den letzten Jahrzehnten konnte ich mir auch ein Bild von Menschen aus der ehemaligen DDR machen, da ich glücklicherweise nach der Wende viele kennengelernt habe. Das pauschale Bild der DDR, das ich in meinem Kopf hatte, habe ich damit auch ersetzen können – durch einzelne Menschen, die ich nach ihrem Denken und Handeln beurteile.  

Quellen:

Rassismus – Grünen-Politikerin Touré: „Wir müssen Rassismus entlernen“ – Gesellschaft – SZ.de

Identitäten (7/7) – Warum weiße Menschen so gerne gleich sind – Deutschlandfunk

DZG2019 – Jenaer Erklärung – Deutsche Zoologische Gesellschaft e.V.

Faires Händewaschen, ja bitte!

Teil 3 – Nachhaltige Handhygiene und mehr

„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“ stellte kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe statt. Dieser Satz ist in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gerückt. Schließlich wurden Reisen in der Debatte um den Klimaschutz relativ oft auf Ausflüge mit dem Billigflieger nach Malle reduziert. Dass wir beim Reisen unser Bewusstsein mit unseren Sinnen erweitern, Vorurteile abbauen und die Einheimischen vor Ort mit unserem Geld unterstützen und damit letztlich Fluchtursachen bekämpfen, ist in der Klimadebatte komplett untergegangen. Nun ist die Klimadebatte selbst fast vom Bildschirm verschwunden. Mittlerweile dreht sich nun vieles um Verhaltensweisen, die für Reisende bereits vor der aktuellen Krise selbstverständlich waren: Es geht um das Tragen von Masken, das „Hamstern“ von Klorollen, das gründliche Händewaschen und die regelmäßige Auffrischung von Impfungen. Gleichzeitig wird in dieser besonderen Zeit an Solidarität, Disziplin und Respekt appelliert, sprich an ein faires Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Rund um die vier genannten Punkte ergeben sich meiner Meinung nach Möglichkeiten, faires Agieren mit sinnvollen Veränderungen des eigenen Verhaltens im Alltag zu kombinieren. Und vielleicht eignen sich manche Verhaltensweisen auch für den Alltag nach der Krise.

In den ersten beiden Teilen dieser Serie widmete ich mich dem Umgang mit Masken und Toilettenpapier. Erstere sind in vielen Weltgegenden bereits vor Covid-19 Standard gewesen. Letzteres gibt es in vielen Regionen unserer Erde gar nicht zu kaufen. Das bedeutet natürlich nicht, dass es in anderen Kulturen unhygienisch zugeht – nur hygienisch auf eine andere Art und Weise. Durch die Verwendung von fair produzierten Masken und anderen Stoffprodukten aus Bio-Baumwolle bzw. die Nutzung von Toilettenpapier auf Recycling- oder Bambus-Basis lässt sich währende und nach der Krise fair konsumieren.

Händewaschen liegt mittlerweile voll im Trend – als Nebeneffekt können wir uns mit anderen Menschen sogar solidarisieren und sie während Covid-19 besonders unterstützen.

Teilweise ging es außerhalb Deutschlands bis zum Ausbruch von Covid-19 sogar ein Stück weit hygienischer zu. Dafür müssen wir nur ein paar Kilometer über die hoffentlich bald wieder geöffnete deutsch-französische Grenze fahren. Bestellten wir dort oder auch in Baku (Aserbaidschan) während des Aufenthalts für das EuropaLeague-Auswärtsspiel bei Qäbälä ein Eis in der Waffel, wurde es in einer kleinen Papiertüte um die Eiswaffel gereicht. Wer sich an die letzten Sommer bei uns erinnert, weiß, dass in den meisten Fällen die Eiskugeln in der Eiswaffel landeten und die Eisverkäufer*innen uns die Waffel mit den bloßen Händen überreichte. Danach wurde mit ihnen abkassiert und die dreckigen Münzen in Empfang genommen, ehe wieder mit den bloßen Händen die nächste Waffel befüllt wurde. Oder nehmen wir den Gang bei uns zur Bäckerei. Auch dort wurde bis dato oft das Brötchen oder Teilchen mit den bloßen Händen angefasst und in die Tüte gesteckt. Auch hier geht es im Ausland bereits seit Jahren oft hygienischer vor, indem Backwaren mit Handschuhen angegriffen werden und eine andere Person abkassierte oder die Handschuhe auf einem sauberen Platz abgelegt wurden, ehe es an das Abkassieren ging. Mittlerweile gibt es auch bei uns unter anderem für Eisdielen und Bäckereien strengere Hygieneauflagen und die genannten ganz simplen Standards, die ich von meinen Reisen her kannte, sind bei uns endlich auch Usus.

Eistüten werden nun auch in Mainz in einer Papiertüte serviert. Schließlich können die Eisverkäufer*innen sich nicht nach jeder verkauften Tüte die Hände waschen.

In vielen Ländern der Welt sind Messer, Gabel und Stäbchen natürlich nicht vollkommen unbekannt, liegen aber eigentlich nicht im Trend, um die leckeren Speisen zu verzehren. Besteck ist dort einfach kein Teil der Esskultur. In Südindien beispielsweise werden viele Currys mit Reis auf einem Bananenblatt ziemlich umweltfreundlich serviert: kein Einweggeschirr, kein Einwegbesteck, keine Servietten. Da das Essen mit der rechten Hand zum Mund geführt wird, ist es vollkommen normal, dass man sich spätestens nach dem Bestellen im Restaurant die Hände gründlich mit Seife wäscht. Denn die Hemmschwelle mit dreckigen Fingern zu Essen liegt natürlich wesentlich niedriger, wenn man kein Besteck zur Hand hat als mit dreckigen Fingern Messer und Gabel zu nutzen. In vielen Ländern der Welt wird auch Fladenbrot zum Essen gereicht, zum Beispiel in den arabischen Ländern. Auch dort brechen die Menschen vor dem Essen vom Tisch auf, um sich die Hände vor dem Essen nochmal gründlich zu reinigen. Auch nach dem Essen ist es vollkommen normal sich die Hände wieder mit Seife zu waschen. Schließlich möchte man natürlich nicht, dass man auch Stunden später am Geruch der Hände erkennen kann, was es zu Mittag oder zum Abendessen gab. Daher gibt es Wasserhähne mit Seife meistens sogar im Speiseraum selbst und nicht nur im Bad.

Essen ohne Besteck ist in Südindien normal. Daher wäscht man sich hier schon immer gründlich vorher und nachher die Hände.

Dass wir uns alle mittlerweile öfter die Hände waschen und Bäckereien und Eisdielen jetzt auch beim Verkauf noch etwas mehr auf Hygiene achten ist prima. Doch leider korreliert Covid-19 nicht nur mit verbesserter Hygiene, sondern auch mit viel mehr Müll. Ich war beispielsweise diese Woche beim Frisör. Wurde bisher mein Oberkörper mit einem Stofftuch abgedeckt, kam jetzt eine Einweg-Plastikfolie zum Einsatz. Theoretisch könnte man das Stofftuch nach dem Gebrauch auch einfach in die Waschmaschine stecken, es bei 60 Grad waschen, und/oder bügeln und es bedenkenlos wiederverwenden. Und natürlich wollte ich in der Zeit, als die Restaurants geschlossen waren, auch die Mainzer Lokale unterstützen und habe „To-Go“ bestellt. Leider wurden viele Speisen in Einwegplastik geliefert – was sich natürlich auch nicht immer vermeiden lässt, wenn Sößchen mitgeliefert werden. Aber ständig Pizza im Pappkarton zu bestellen, war mir ehrlich gesagt des Guten zu viel. Aber beim Händewaschen ist es ziemlich einfach auf Plastik zu verzichten.

Um die Hände gründlich zu reinigen ist Seife ein Muss, da durch die Inhaltsstoffe Bakterien und Viren abgetötet werden. Die ersten die eine Art Seife herstellten waren die Sumerer im heutigen Irak vor 4500 Jahren. Aber auch die Germanen kamen schon auf den Trichter, sich mit Seife zu reinigen. Erfinder der festen Seife, so wie wir sie heute kennen, waren die Araber im 7. Jahrhundert n. Chr. Die bis dahin verwendete Pottasche wurde durch gebrannten Kalk ersetzt, um der Seife ihre Festigkeit zu verleihen. Auch in Europa wurde die Seife der Renner, genauso wie Badehäuser.

Feste Seife ist billiger und besser für die Umwelt. Beim Kauf einer share-Seife wird gleichzeitig eine Seife an eine Organisation gespendet. Über den QR-Code erfährst Du wohin…

Es war eine Epidemie, die dem Seifenkonsum den zwischenzeitlichen Garaus machte. Da man damals nicht wusste, dass die dreckigen Gossen der Nährboden für Pest und Cholera waren, nahmen die Menschen an, das Wasser sei daran schuld. Daher bevorzugte man für viele Jahrzehnte die Trockenwäsche mit Puder. Das Ergebnis: die Pest raffte zirka 25 Prozent der damaligen Bevölkerung Europas dahin. Das Wissen um die Hygiene ließ die Seife ab dem frühen 19. Jahrhundert wieder zu alten Höhenflügen ansetzen. Leider wird das klassische Seifenstück mehr und mehr durch Flüssigseife ersetzt. Diese wird eigentlich immer in Plastikbehältnissen verkauft, wohingegen das Seifenstück bis heute in einer Pappverpackung daherkommt. Die Waschleistung ist bei beiden Produkten identisch. Allerdings ist die Flüssigseife deutlich teurer. Es gibt also eigentlich keinen ersichtlichen Grund, die Umwelt mit Flüssigseifenverpackungen aus Plastik zu belasten. Auch Nachfüllpackungen aus recycelter Plastik sind da nur Greenwashing. Mittlerweile gibt es sogar festes Duschgel und Shampoo aus Naturkosmetik – z.B. auch in den großen Drogeriemarktketten.

Wer sich noch einen Tick nachhaltiger die Hände waschen möchte, dem seien zum Beispiel die „share“ Produkte empfohlen, die es bereits in einer Supermarkt- und Drogeriemarktkette gibt. Zwar bietet „share“ ebenfalls Flüssigseife an, aber eben auch die klassischen Seifenstücke. „Share“ heißt auf Deutsch teilen. Das ist das Prinzip bei allen „share“ Produkten. Wir kaufen zum Beispiel ein Stück Seife. Dadurch spendet „share“ ein Stück Seife an Hilfsbedürftige. „share“ definiert dies als so genannten „sozialen Konsum“. Die Zutaten stammen aus nachhaltigen Quellen und auf jeder Packung können wir mit Hilfe eines QR-Codes nachvollziehen, wohin unser geteiltes Produkt geht. Es werden Initiativen in Deutschland und weltweit unterstützt. Gerade Seife ist in vielen Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit und für manche sogar ein Luxusgut. Daher hat zum Beispiel „Helfende Hände für Nepal Mainz e.V.“ bei den gepackten Notpaketen für Bedürftige in Nepal auch immer Seifen beigefügt. Zwei dieser Pakete konnten wir durch den Erlös mit den Turnbeuteln, den Soulbottles und meinen Büchern im Direktverkauf im April 2020 finanzieren.

Der Kauf der o.g. Seife unterstützt Kinder in Uganda bei der Handhygiene.

Es bieten sich uns also tatsächlich Möglichkeiten, hygienisch einwandfrei durchs Leben zu ziehen und dabei sogar noch grenzenlose Solidarität beim Einkauf im Supermarkt walten zu lassen und auf eine faire Art und Weise unsere Hände zu waschen.

Quellen:

„Die Geschichte der Seife“: https://www.ndr.de/geschichte/Die-Geschichte-der-Seife,seife196.html

„Teilen für eine bessere Welt“: https://www.share.eu/

Werbung: unbeauftragt, selbst bezahlt

Bilder: Meenzer-on-Tour, Pixabay

Teil 1: Fairmummung, ja bitte!

Teil 2: Faire Geschäfte erledigen, ja bitte!

Faire Geschäfte erledigen, ja bitte!

Teil 2 – Der Umgang mit Toilettenpapier

„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“ stellte kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe statt. Dieser Satz ist in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gerückt. Schließlich wurden Reisen in der Debatte um den Klimaschutz relativ oft auf Ausflüge mit dem Billigflieger nach Malle reduziert. Dass wir beim Reisen unser Bewusstsein mit unseren Sinnen erweitern, Vorurteile abbauen und die Einheimischen vor Ort mit unserem Geld unterstützen und damit letztlich Fluchtursachen bekämpfen, ist in der Klimadebatte komplett untergegangen. Nun ist die Klimadebatte selbst fast vom Bildschirm verschwunden. Mittlerweile dreht sich nun vieles um Verhaltensweisen, die für Reisende bereits vor der aktuellen Krise selbstverständlich waren: Es geht um das Tragen von Masken, das „Hamstern“ von Klorollen, das gründliche Händewaschen und die regelmäßige Auffrischung von Impfungen. Gleichzeitig wird in dieser besonderen Zeit an Solidarität, Disziplin und Respekt appelliert, sprich an ein faires Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Rund um die vier genannten Punkte ergeben sich meiner Meinung nach Möglichkeiten, faires Agieren mit sinnvollen Veränderungen des eigenen Verhaltens im Alltag zu kombinieren. Und vielleicht eignen sich manche Verhaltensweisen auch für den Alltag nach der Krise.

Im ersten Blogbeitrag vom 16. April 2020 widmete ich mich dem Umgang mit Masken, deren Tragen seit heute Pflicht ist. Diesmal dreht sich alles um das „Geschäft erledigen“, ein Umstand, an dem wir sofort erkennen, dass wir alle gleich sind, müssen wir es doch täglich mehrmals verrichten – nur die Art und Weise unterscheidet sich in unserer Welt von Region zu Region.

Auch im Stadion wie hier bei Fortuna Köln ist das Thema „Geschäft erledigen“ eine wichtige Sache.

Das Thema „Geschäft erledigen“ beschäftigt Reisende relativ häufig. Gleichzeitig war „das Mittel zum Zweck“, sprich das Toilettenpapier zu Beginn der aktuellen Krise auch der Fixpunkt beim Gang zum Supermarkt in Deutschland. Ehrlich gesagt trete auch ich keine größere Reise ohne Rolle an. Schließlich gibt es in manchen Regionen unserer Welt gar kein Toilettenpapier, da dort andere Hygieneregeln gelten. In weiten Teilen Asiens und der arabischen Welt finden wir neben der (Sitz-)Toilette einen Schlauch befestigt. Handelt es sich um eine Herberge „westlichen Standards“ gibt es darüber hinaus auch die Vorrichtung für die Rolle – oftmals fehlt allerdings das dazugehörige Papier. Drücke ich auf den Knopf des Schlauchs schießt Wasser unter Hochdruck hervor. In einfacheren Etablissements beispielsweise in Indonesien fernab von Bali gibt es auch nur einen „Mandi“. Dabei handelt es sich um ein großes Becken, das mit Wasser gefüllt ist. Mit einem Becher kann beliebig viel Wasser geschöpft werden, bis das „Geschäft erledigt“ ist. Toilettenspülungen gibt es dort nicht. Mit gezieltem Bechereinsatz bekommt man das stille Örtchen sauber – auch ohne Klobürste. Oftmals korreliert diese Art der Toilette mit den so genannten Steh-WCs, bei denen für die Füße Flächen bereitgehalten werden und ein Loch im Boden als Abfluss fungiert. Aber selbst wenn es im Hotel die klassische Sitz-Variante gibt, besteht immer die Gefahr einer Überraschung, so z.B. bei mir in Nicaragua, als die Brille auf dem Festkörper überhaupt nicht festgeschraubt war und ich Gefahr lief, mitsamt der Brille umzukippen.

Zum Glück erklären Piktogramme eigentlich immer, wohin es für wen gehen soll, so wie hier im Stadion des RSC Anderlecht in Brüssel, Belgien.

Eine ganz besondere Art der Open Air-Toilette hatte ich in Mali in Westafrika kennengelernt. Sie war nur von einer etwa ein Meter hohen Lehmmauer umgeben und über mir lachte die Sonne oder der Sternenhimmel – je nach Tages- und Nachtzeit. Sprich man sah mich beim Hinein- und Hinausgehen. Zwischendrin machte ich es mir so bequem wie möglich und tauchte entsprechend ab. Als ich in Malaysia einmal unfreiwillig im Dschungel übernachten musste, da ich mich verlaufen hatte, blieb mir die Variante, die schon die alten Germanen nutzten: Blätter und das Herzen der Natur. Die Blätter sind im tropischen Regenwald Malaysias so groß und in so rauen Mengen vorhanden, so dass das „Geschäft erledigen“ problemlos möglich war und Privatsphäre hatte ich im Dschungel sowieso genügend. Da ich wie bereits geschrieben auf Reisen immer meine Rolle, wenn schon nicht im Tagesgepäck, wie leider damals in Malaysia, dann aber auf jeden Fall im großen Rucksack dabeihabe, kann ich mich im schlimmsten Fall aus einer unangenehmen Situation relativ leicht „befreien“ – so glaubte ich es zumindest auf meiner Überlandreise von Mainz nach Kapstadt, als ich auf der Fahrt von Lilongwe in Malawi nach Lusaka in Sambia in einem Nachtbus ohne Toilette saß.

Der Gebrauch einer (Sitz-)Toilette ist in vielen Ländern außerhalb Europa erklärungsbedürftig, da es dort eigentlich andere Varianten gibt…so wie hier in Asien.

Plötzlich merkte ich, dass es in mir gluckerte und gluckste. Ich nahm schnell eine Tablette gegen Durchfall, doch die Einnahme kam leider zu spät. Der Bus war bis auf den letzten Platz besetzt und selbst im Gang lagen Menschen und schliefen. Ich saß in der vorletzten Reihe mit meinen beiden Mainzer Freunden und mir blieb nichts Anderes übrig, als über die Armlehnen nach vorne Richtung Fahrer zu klettern. „Sir, I have stomach problems!“ rief ich ihm zu. Dieser machte eine Vollbremsung in der tiefrabenschwarzen Nacht Sambias. Durch den Bremsvorgang wurden viele Insassen wachgerüttelt. Ich bedankte mich beim Fahrer und stieg mit meiner Rolle aus. Doch wo sollte ich mein Geschäft erledigen? Im Busch Sambias gibt es Giftschlangen und andere Zeitgenossen, denen man nicht unbedingt zu Fuß und mit herabgelassener Hose begegnen möchte. Also blieb mir nichts Anderes übrig, als mich im Scheinwerferlicht des Busses am Straßenrand zu erleichtern. Das alleine war mir schon extrem unangenehm gewesen. Doch die aufgeweckten Fahrgäste stiegen nun ebenfalls aus und machten gar keine Anstalten, mir etwas Privatsphäre zu gönnen. So musste ich im wahrsten Sinne des Wortes einen öffentlichen Toilettengang wagen – was mir aufgrund der Bauchkrämpfe allerdings recht leicht fiel. Beim Reisen gibt es tatsächlich Grenzen, die man überwinden muss – nicht nur zwischen Malawi und Sambia…

Schließlich gibt es z.B. in Asien meist den „Mandi“, diese Loch-Variante mit Becher zum Wasser Schöpfen und Zielen.

Schließlich gibt es auch noch die japanische Luxus-Variante. In Tokio fand ich im Bad meines Hotelzimmers eine Bedienungsanleitung für das stille Örtchen – doch von wegen still, die Toilette sprach mit ihrem Besucher! Dass sie nach erfolgreich absolvierten Geschäft sogar warme Luft nach oben bläst, hatte ich in der Bedienungsanleitung während meines Tokio-Aufenthalts nie herausgefunden.

Bei uns in Deutschland gibt es Toilettenpapier erst seit knapp 100 Jahren. 1928 wurde die erste Fabrik gegründet, die Krepppapier herstellte. Heute gibt es in „normalen“ Zeiten eine breite Auswahl an Toilettenpapier – jedoch nur zwei Philosophien: Frischfaser oder Recycling. Ich nehme an, dass es während der Zeit der Hamsterkäufe den meisten von uns egal war, welche Art von Klopapier wir erstehen konnten. Vielleicht haben wir sogar erstmals die andere Variante genutzt? Schließlich ziehen in „normalen“ Zeiten viele von uns die Frischfaser vor. Dafür müssen Bäume gefällt werden. Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) macht dafür folgende Rechnung auf: „Um eine Tonne Papier zu produzieren, müssen 2,2 Tonnen Holz als Rohstoffbasis eingesetzt werden. Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff, dennoch werden allein für die Produktion von Papier, Pappe und Karton jährlich 13 Millionen Hektar Wald zerstört.“ Und weiter: „Besonders ökologisch sensible Räume wie artenreiche Tropenwälder und Savannen sind heute durch illegalen Holzeinschlag und Umwandlung in Monokulturen bedroht. Holzplantagen belasten durch intensive Nutzung und Düngung Boden und Grundwasser. Der hohe Wasserverbrauch lässt die Grundwasserspiegel sinken, Flüsse und Seen austrocknen.“

Der Traum eines jeden Hamsters: Die 100er Packung Toilettenpapier von Smooth Panda

Die erste Alternative ist Recycling-Toilettenpapier. Es braucht laut Nabu den Vergleich mit Frischfasern nicht zu scheuen, was auch die Stiftung Warentest bestätigt: „Fazit: In puncto Qualität schnitten die Recycling-Toilettenpapiere gut ab. Wer fürchtet, dass die Verwendung der Recyclingfasern unhygienisch ist, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass bei der Verarbeitung des Altpapiers so hohe Temperaturen genutzt werden, dass alle Keime abgetötet werden.“ Wer beim Kauf von Recycling-Toilettenpapier noch fair zu anderen Menschen sein möchte, kann „Goldeimer“ kaufen. Deren Gewinne fließen u.a. in WASH-Projekte von Viva con Agua und in den Corona Nothilfefonds der Welthungerhilfe. Leider ist auch Recycling-Toilettenpapier immer in Plastik verpackt. Die Verpackung können wir wenigstens als Mülltüte sinnvoll „verwerten“.

Bei Toilettenpapier gibt es zwei Alternativen zu Frischfaser-Papier aus Holz: Frischfaser aus Bambus und Recycling-Papier

Wer auf Frischfasern nicht verzichten möchte, dem seit die zweite Alternative empfohlen: Smooth Panda bietet Toilettenpapier aus Bambusfasern an. Das Papier ist ungebleicht, plastikfrei verpackt und besteht aus 100 Prozent Bambus. Bambus wächst schnell, ist sehr anspruchslos was den Boden angeht und verdrängt damit keine Bäume. Er kann folglich dort angebaut werden, wo es unmöglich ist, Bäume gedeihen zu lassen. Allerdings stammt der Bambus, und da schließt sich der Kreis, aktuell aus China, dem Land der Erfinder des Toilettenpapiers. Damit das Produkt dennoch nachhaltig ist, werden bei Smooth Panda alle CO2-Emmissionen für den Containertransport zwischen China und Deutschland kompensiert. Gleichzeitig versucht Smooth Panda langfristig Bambus in Europa pflanzen zu lassen.

Es bieten sich uns also tatsächlich zwei Möglichkeiten auch nach der Krise faire Geschäfte zu erledigen und unser Konsumverhalten einen Tick weit nachhaltiger zu gestalten.

Quellen:
„Tag des Toilettenpapiers: Keine Frischefasern ins WC! – NABU Blogs“: https://blogs.nabu.de/tag-des-toilettenpapiers/
„Klopapier – das Objekt der Begierde im Wandel der Zeit – MDR.de“: https://www.mdr.de/zeitreise/geschichte-klopapier-toilettenpapier-hamsterkaeufe-100.html

Bilder:
Meenzer-on-Tour, Pixabay

Teil 1: Der Umgang mit Masken