Anscheinend lässt sich ja neuerdings auch mal wieder die liebe Sonne bei Euch blicken. Das gönne ich Euch wirklich von Herzen, da ich gerne alles teile. So würde ich auch gerne meinen Sonnenbrand aus dem Überfluss an Sonnenstrahlen mit Euch teilen. Wie Ihr seht, seid Ihr in gar keiner so misslichen Lage: Ihr bekommt bestimmt keinen Sonnenbrand zur Zeit in Deutschland. Die permanente Sonneneinstrahlung ist auf den häufigen Gebrauch von Booten als Transportmittel zurückzuführen.
Von St. Vincent bin ich mit einem Post-Fracht- Passagier-Boot durch die Grenadines von Inselchen zu Inselchen getuckert. Manche Inselchen hatten keine Straßen geschweige denn einen Hafen. Da musste die Fracht dann auf kleinere Boote umgeladen und an Land transportiert werden. Das gestörte an den Grenadines ist, dass auf der einen Insel überhaupt keine Infrastruktur vorzufinden ist, die nächste aber eine Privatinsel von Mick Jagger und Co. mit wahrscheinlich allem erdenklichen Luxus darstellt. Diese Insel wurde aber natürlich von dem Boot nicht angefahren, da Mr. Jagger dort mit dem Privatjet landen kann! Irgendwie sind diese Rockstars echt total abgehoben, im wortwörtlichen Sinn!
Na ja, ich hatte bei der Ankunft auf der südlichsten Insel der Grenadines andere Probleme. Ich wusste dank meines ätzenden Reiseführers nicht, wie ich von dort wieder wegkomme, da die in dem Buch angegebenen Flüge gar nicht existierten. Es gab zwar 2-mal die Woche ein kleines Boot das nach Carriacou übersetzte, aber dummerweise war es gerade am selben Morgen, an dem ich ankam, weggefahren. Also musste ich mal wieder Riesenglück haben, indem die „No Problem“-Einheimischen mir aus der Patsche halfen. Irgendjemand wusste, dass freitags irgendeine andere Person meistens nach Carriacou mit dem Boot fährt, um Gasflaschen aufzufüllen. Nun gut und da könnte ich doch sicher mitfahren. Schnell wurde jemand losgeschickt, um den Kapitän ausfindig zu machen, und nach noch nicht mal 10 Minuten kam die Person zurück und meinte ich sollte morgen bei Sonnenaufgang im Nachbardorf am „Hafen“ sein, und ich würde schon mitkommen.
Gesagt getan… das frühe Aufstehen war ich mittlerweile gewohnt, da die Menschen hier mit der Sonne so gegen halb sechs oder sechs Uhr aufstehen und nach Sonnenuntergang nicht mehr sehr viel geht. Bei Sonnenaufgang war ich an der Mole, wo zwei kleine hölzerne Segelboote etwa so lang wie ein VW-Bus ankerten. Und tatsächlich kam auf einmal ein alter Rastafarian mit grauen Rastahaaren und machte das Segelboot klar Schiff. Zusammen luden wir Colakästen und Gasflaschen ein und nachdem er mit dem zweiten Matrosen noch schnell etwas geraucht hatte, wurde noch der Kapitän schnell aufgegabelt, und so reiste ich in Richtung Grenada! Auf Union Island, der Insel von der ich abfuhr, sah es übrigens so aus wie früher in Deutschland: Überall wimmelt es von GIs, unseren „Beschützern“ aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ihre Aufgabe ist es, den Drogenschmuggel von Südamerika zu unterbinden. Dass sie damit nur mäßig Erfolg haben, zeigten ja die beiden Matrosen meines Segelbootes!
Die Überfahrt auf dem Segelboot verlief unspektakulär, nur die reichen Yachtbesitzer, die durch die Karibik segelten, staunten ein bisschen, dass da ein Weißer auf dem Holzschiffchen durch die Gegend segelte. In Carriacou angekommen, machte ich dann das was hier die meisten Leute in der Karibik machen, und auch von einigen von Euch mir empfohlen wurde: Liming d. h. nix tun, den weißen Strand, den Schatten unter den Palmen, das türkisblaue Wasser und den blauen Himmel mit der lächelnden Sonne genießen. Leider musste ich schon am nächsten Tag Carriacou in Richtung Grenadas Hauptinsel mit dem selben Namen verlassen, da ich ja irgendwann einmal nach Caracas kommen muss, um irgendwann einmal wieder die Kohle zu verdienen, die mir hier wie Eiswürfel weg schmilzt.
Grenada ist noch very British. Die Menschen sind hier noch höflicher als auf anderen Inseln, man trinkt Tea und isst Pie. Hier konnte ich nun das letzte Mal noch mal eine Tour durch den Urwald in den Bergen unternehmen, da es tatsächlich Wanderwege mit Markierungen und Schildern gibt, die noch dazu nicht abgeschlossen sind! Ein anderes Wort für Urwald lautet Regenwald. Dies spürte ich auf diesem Hike besonders. Schon nach wenigen Schritten befand ich mich nicht mehr auf einem Weg, sondern ich kam mir vor, als ob ich auf einem Acker in Deutschland nach drei Wochen Regen herumspaziere. Die Taktik, nicht in die Schlammlöcher zu treten, hatten die Wanderer vor mir schon versucht und sind damit, den Spuren nach zu urteilen, kläglich gescheitert, da alle Abdrücke in die Löcher führten. Ich konnte mir vorstellen wie die Schuhe der Wanderer danach aussahen. Da es nun noch anfing zu regnen, kam ich mir vor, wie in der Waschanlage, als damals bei meinem ersten Auto der elektrischen Fensterheber nicht mehr funktionierte und ich eine unfreiwillige Innenreinigung des Auto gratis dazu bekam.
Bald darauf sah ich aus, als ob ich einen Kampf im Schlammcatchen verloren hätte. Trotzdem war die Tour lustig, da in diesen Breiten bei Regen nicht gleich auch die Temperatur fällt, und ich somit nur eine kostenlose Schlammpackung erhielt und keine Erkältung. Dieses Wetter verstärkte meinen Eindruck, das Grenada very British ist. Die Menschen hier sind, was Weiße anbetrifft, anscheinend gespalten. Viele waren auch zu mir wieder sehr nett, aber manche schimpften auch grundlos auf mich ein. (White M.F.!) Dies liegt sicherlich noch an der Besetzung Grenadas 1983 durch die USA, die hier z. B. wieder einmal statt des Militärforts ein Hospital bombardierten, dessen Reste man heute noch „besichtigen“ kann. Zum Glück dauerte die Besatzungszeit nur ein paar Wochen und seit dem ist hier wieder fast alles friedlich.
Gestern bin ich nun nach Trinidad und Tobago geflogen. Da ich z. Zt. noch nicht weiß, wie meine Tour nun weitergeht, da mein Boot nach Venezuela kaputt ist, habe ich gerade Zeit, in der Hauptstadt Port of Spain (POS) Euch meine Geschichten zu erzählen. In Trinidad gibt es praktisch gar keine Touristen, da dies eher ein industrialisiertes Schwellenland mit reichen Ölvorkommen ist. Seit mehr als 3 Wochen sehe ich das erste Mal Häuser, die höher sind als Palmen, rieche Smog und treffe auf hektisch agierende Menschen. Trotzdem ist die Stadt eine Reise wert, da hier außerhalb von Rio (und Mainz) der wohl am heftigsten gefeierte Karneval (Fastnacht) gefeiert wird. Überall proben die Steelbands in den Straßen ihren Auftritt für Ende Februar. Die Steelbands sind Gruppen mit riesigen umgedrehten Ölfässern, die einen superrhythmischen Sound produzieren, so dass man einfach abtanzen muss.
POS ist die 1. Stadt meiner Tour, wo man von Nightlife sprechen kann. Auf den anderen Inseln war nach einem oder mehren Drinks an der Beach Bar gegen acht Uhr abends Ende-Gelände-Aus-Die-Maus! Hier fing alles erst nach neun Uhr abends an. Trinidad hat neben Fastnacht aber auch einen Artenreichtum an Fauna und Flora, das die anderen Inseln nicht bieten können. Trinidad liegt nur 11km von Südamerika entfernt (und es gibt keine Möglichkeit per Schiff dorthin zu gelangen!). In dieser Nähe ist diese Vielfalt begründet. Gestern Abend besuchte ich die Mangrovensümpfe südlich von POS. Mit einem Boot tuckerten wir die Kanäle entlang und genossen die Ruhe abseits des Chaos in POS. Die Bäume über uns schlossen sich zu einem Geäst zusammen, so dass man wie durch einen Tunnel fuhr. Und über uns saßen nicht nur Vögel, wie wir plötzlich sahen. Sondern Wesen, die richtig Hunger auf diese Vögel hatten: Mehrere Mangroven-Boas ruhten zusammengeringelt auf den Bäumen und warteten ab, bis es die Dämmerung herein brach, um auf Nahrungssuche zu gehen. Deshalb suchen auch die Vögel möglichst Inselchen auf, wo sie vor den Boas sicher sind. Allerdings droht auch von unten Gefahr, als ich die Alligatoren im Gebüsch sah!
Ein wunderschönes Schauspiel kann man an einer bestimmten Insel dort beobachten. Kurz vor Sonnenuntergang kommen hunderte von roten Ibisen auf eine Insel, um Schlafen zu gehen. Dabei wird die vorher grüne Insel mehr und mehr rot gefärbt. Es war beeindruckend zu sehen, wie diese Massenveranstaltung ohne jegliche Geräusche vor sich ging. Den einzigen Krach machten die brabbelnden Einheimischen bei mir im Boot. Der rote Ibis bekommt seine typische Färbung erst nach drei Jahren, da er durch seinen Speiseplan (Krebse und Shrimps) so viel Karotin bekommt, dass er sich rot färbt. Die jungen Vögel schlüpfen noch grauweiß. Auf der Insel konnte man nun beobachten, dass in den Wipfeln alles grauweiß war und unten alles rot. D. h. die Jungen wurden in die geschützten Flächen gesetzt, die Alten drumherum. Ein tolles Sozialverhalten wie ich finde. So jetzt muss ich mal meine Weiterfahrt organisieren.