In den Teilen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 Teilen habe ich die 18 Erstligisten und die zwei Aufsteiger mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In den letzten vier Jahren, seitdem ich diese Analyse erstelle, haben sich die Ansprüche an diese Analyse verändert. Das Thema Nachhaltigkeit ist weiter in den Vordergrund gerückt. Dies gilt auch für ökonomische Aspekte. Daher habe ich in diesem Jahr die Bewertungskriterien für die Abschlusstabelle geändert.
In den Teilen 1, 2, 5 und 6 habe ich für die entsprechenden KPIs Wertvorgaben für finanziell nachhaltiges Verhalten recherchiert:
- Ein Anlagendeckungsgrad von 60 Prozent und mehr gilt als finanzielle Stabilität
- Eine Eigenkapitalquote von mehr als 20 Prozent ist in Ordnung, bei mehr als 30 Prozent gilt sie als gesund.
- Eine Personalaufwandsquote, in Branchen, die auf menschliche Interaktion angewiesen sind, gelten Werte von 60 bis 70 Prozent als angemessen
- Beim Verschuldungsgrad wird ein Richtwert empfohlen, bei dem das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital höchstens 2:1 ist, was einem Verschuldungsgrad von 200% entspricht.
Wer jetzt aufmerksam die letzten Teile verfolgt hat, wird feststellen, dass es für die Eigenkapitalrendite und die Umsatzrentabilität keine Wertvorgaben gibt. Diese beiden KPIs sind auch von eher kurzfristiger Natur, da in beiden Werten der Jahresüberschuss eine entscheidende Rolle spielt. Gerade während der Pandemie haben die meisten Vereine einen Jahresfehlbetrag ausgewiesen. Dies ist langfristig gesehen auch unproblematisch, wenn der Club finanziell nachhaltig wirtschaftet. Ferner sind Fußballclubs keine „normalen“ Unternehmen. Sie sollen nicht unbedingt hohe Jahresüberschüsse erwirtschaften, sondern mit ihrem vorhandenen Geld, verantwortungsbewusst umgehen. Dass damit ein Jahresüberschuss und kein dauerhafter -fehlbetrag einhergeht, ist selbstredend. Die Vereine befinden sich in einem Wettbewerb untereinander und daher sollte das Ziel dieser Analyse sein, zu prüfen, welche Clubs Financial Fairplay eher leben als andere.
Wie in den Jahren zuvor habe ich nun für die vier verbliebenen KPIs pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht.
Die Punkteverteilung im Überblick; für die Nerds (in Klammern die Punkte des Vorjahres):
Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
AD 2022 | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
>1 | 3 | TSG (3), SCF (3), M05 (2), FCB (3) |
>0,5 | 2 | B04 (2), SVD (neu), BVB (2), FCA (2) |
>0 | 1 | BSC (2), RBL (1), BMG (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (neu), BOC (0), KOE (1) |
<0 | 0 | FCU (0), SVW (0), S04 (0) |
Einen Punkt mehr konnten der 1. FSV Mainz 05 (3 statt 2) und der VfL Bochum (1 statt 0) erzielen. Hertha BSC Berlin erhält einen Punkt weniger (1 statt 2). Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 1 Punkt (FC Heidenheim).
Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
EQ 2022 | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
> 0,66 | 3 | TSG (3), FCB (3), SCF (3) |
> 0,33 | 2 | BVB (2), M05 (2), B04 (2), SVD (neu), FCA (2), |
> 0 | 1 | RBL (1), BMG (1), BSC (1), SGE (1), WOB (1), VFB (1), FCH (neu), KOE (1), BOC (0) |
<0 | 0 | SVW (0), FCU (0), S04 (0) |
Einen Punkt mehr konnte der VfL Bochum (1 statt 0) verzeichnen. Hertha BSC Berlin erhält einen Punkt (1 statt 2) weniger. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 1 Punkt (FC Heidenheim).
Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
PQ 2022 | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
< 0,5 | 3 | SVW (1), FCU (2), M05 (2), SGE (3), RBL (3), FCH (neu), WOB (1), BOC (1) |
<0,6 | 2 | BVB (1), S04 (3), B04 (2), SCF (2), KOE (1), FCB (1), FCA (2), SVD (neu) |
<0,7 | 1 | VFB (2), BMG (1), BSC (0) |
>0,7 | 0 | TSG (1) |
Die Wertung wurde nach der diesjährigen Recherche leicht verändert. Da eine PQ von unter 0,5 für die Branche als sehr gut gilt, gibt es nun bereits ab diesem Wert (vorher 0,4) 3 Punkte. Eine PQ über 0,5 und unter 0,6 gibt jetzt zwei Punkte (vorher 1 Punkt), Eine PQ über 0,6 und unter 0,7 gibt jetzt einen Punkt (vorher 0 Punkte). In den Klammern stehen die revidierten Punktezahlen des Vorjahres.
Zwei Punkte mehr konnten Werder Bremen, der VfL Wolfsburg und der VfL Bochum (jeweils 3 statt 1) verzeichnen. Einen Punkt mehr konnten Union Berlin, der 1. FSV Mainz 05 (jeweils 3 statt 2), Borussia Dortmund, der 1. FC Köln, der FC Bayern München (jeweils 2 statt 1) und Hertha BSC (1 statt 0) verzeichnen. Einen Punkt weniger gab es für den FC Schalke 04 (2 statt 3), den VfB Stuttgart (1 statt 2) und die TSG Hoffenheim (0 statt 1). Die beiden Aufsteiger erhalten 3 Punkte (FC Heidenheim) bzw. 1 Punkt Darmstadt 98.
Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
VQ 2022 | Punkte | Vereine (in Klammern Punkte im Vorjahr) |
< 0,5 | 3 | TSG (3), FCB (3), M05 (2), SCF (3) |
< 1 | 2 | BVB (2), B04 (2), FCA (2), SVD (neu) |
< 2 | 1 | |
> 2 | 0 | BMG (0), RBL (0), BSC (0), SGE (0), WOB (0), VFB (0), FCH (neu), KOE (0), BOC (0), SVW (0), FCU (0), S04 (0) |
Auch beim Verschuldungsgrad wurde die Wertung verändert. Ein Verschuldungsgrad von unter 0,5 gilt als sehr nachhaltig und ergibt 3 Punkte (vorher 3 Punkte für < 0,33), von unter 1 ergibt 2 Punkte (vorher 0,66) und von unter 2 1 Punkt (vorher <1). Auch hier stehen in Klammern die revidierten Punkte des Vorjahres.
Einen Punkt mehr konnte lediglich der 1. FSV Mainz 05 ergatten. Die beiden Aufsteiger erhalten 2 Punkte (Darmstadt 98) bzw. 0 Punkte (FC Heidenheim).
Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie 2019, 2020 und 2021 der SC Freiburg – diesmal erstmals gemeinsam mit dem FC Bayern München und dem 1. FSV Mainz 05
KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2021/22 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten revidierten Punkte im Vorjahr.
Platzierung 2022 | Verein | Punkte 2022 | Platzierung 2021 | Punkte 2021 |
1. | SC Freiburg | 11 | 1. | 11 |
FC Bayern München | 11 | 2. | 10 | |
1. FSV Mainz 05 | 11 | 4. | 8 | |
4. | TSG Hoffenheim | 9 | 2. | 10 |
5. | Bayer 04 Leverkusen | 8 | 4. | 8 |
FC Augusburg | 8 | 4. | 8 | |
Borussia Dortmund | 8 | 7. | 7 | |
8. | Darmstadt 98 | 6 | neu | neu |
9. | RB Leipzig | 5 | 8. | 5 |
Eintracht Frankfurt | 5 | 8. | 5 | |
VfL Wolfsburg | 5 | 14. | 3 | |
VfL Bochum | 5 | 17. | 1 | |
FC Heidenheim | 5 | neu | neu | |
14. | 1. FC Köln | 4 | 14. | 3 |
15. | Borussia Mönchengladbach | 3 | 10. | 4 |
Hertha BSC Berlin | 3 | 10. | 4 | |
VfB Stuttgart | 3 | 10. | 4 | |
Union Berlin | 3 | 16. | 2 | |
SV Werder Bremen | 3 | 17. | 1 | |
20. | FC Schalke 04 | 2 | 14. | 3 |
Fazit: Bei nur noch vier statt sechs KPIs gibt es natürlich Vereine, die sich Platzierungen teilen. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn so lässt sich auf einen Blick erkennen, welche Vereine auf dem Papier finanziell nachhaltig und fair agieren und welche Clubs hier Nachholbedarf haben. „Auf dem Papier“ bedeutet, dass Clubs wie die TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg in der Realität natürlich überhaupt nicht fair (aber nachhaltig) agieren, da ihre Fehlbeträge Jahr für Jahr durch Dritte ausgeglichen werden.
Der größte Sprung nach vorne gelang dem VfL Bochum, der 4 Punkte ergattern konnte, gefolgt vom 1. FSV Mainz 05, der seine Punkteausbeute von 8 auf 11 Punkte steigern konnte. Der VfL Wolfsburg konnte um zwei Punkte zulegen. Gleiches gelang Werder Bremen. Einen Punkt mehr konnten der FC Bayern München, Borussia Dortmund, der 1. FC Köln und Union Berlin verbuchen.
Jeweils einen Punkt weniger erhielten die TSG Hoffenheim, Borussia Mönchengladbach, Hertha BSC Berlin, der VfB Stuttgart und der FC Schalke 04.
Die beiden Aufsteiger der FC Heidenheim und Darmstadt 98 liegen im Mittelfeld der Liga und sind eine positive Überraschung.
Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs veranktert. Würde man die oben angesprochenen Werte für die KPIs:
- Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
- Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
- Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
- Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)
als Linzenkriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG, bei B04 und WOB beendet werden würde.
Die folgenden Vereine würden alle vier Kriterien erfüllen:
- SC Freiburg
- FC Bayern München
- 1. FSV Mainz 05
- Bayer Leverkusen
- Borussia Dortmund
- FC Augsburg
- Darmstadt 98
Drei von vier Kriterien würde erfüllen:
- TSG Hoffenheim
Zwei von vier Kriterien würden erüllen:
- RB Leipzig
- Borussia Mönchengladbach
- Hertha BSC Berlin,
Eins von vier Kriterien würden erfüllgen:
- Eintracht Frankfurt
- VfL Wolfsburg
- FC Heidenheim
- VfL Bochum
- 1. FC Köln
- Werder Bremen
- Union Berlin
- VfB Stuttgart
- FC Schalke 04
Diese Aufteilung der Liga zeigt ein relativ objektives Bild der finanziellen Situation aller Clubs der ersten Liga. Auf die Situation der einzelnen Vereine im Vergleich zu Mainz 05 wird vor jedem Heimspiel des FSV in der Saison 2023/2024 eingegangen.
Blickt man ein Jahr zurück habe ich mir folgende Fragen gestellt:
Was passiert mit dem 1. FC Köln und seinem arg geschrumpften Eigenkapital 2021? KOE hat die Wende geschafft.
Was passiert mit Eintracht Frankfurt und dem Geld aus der Champions League? Finanziell gesehen, war es kein so großer Befreiungsschlag.
Von den drei überschuldeten Clubs war letztes Jahr lediglich der FC Schalke 04 auf einem guten Weg. Mittlerweile sieht das komplett anders aus. Union Berlin und Werder Bremen bekommen ihre Finanzen in den Griff – S04 leider nicht so wirklich. Da tut der Abstieg doppelt weh.
Arminia Bielefeld war finanziell arg angeschlagen 2022 abgestiegen. Es folgte 2023 sogar der Abstieg in Liga 3, während die SpVgg Greuther Fürth, das finanziell wesentlich besser aufgestellt war als DSC, die Klasse wenigstens gehalten hat.
Financial Fairplay ist weitrhin ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Corona wirkte als Brandbeschleuniger, wenn man bedenkt, dass das Bundeskartellamt auf eine Einhaltung von 50 plus 1 drängt. Die Sonderstellung von B04, WOB und der TSG ist weiterhin kritisch zu betrachten.
Es wird auch dieses Jahr spannend sein, wie die Clubs weiter wirtschaften. Antworten darauf gibt es im nächstes Jahr im Sommer, wenn die DFL die Bilanzen der Clubs veröffentlicht hat.