Finanzielle Nachhaltigkeit SV Darmstadt 98 Saison 2023/204

Im Profifußball spielt Geld eine immer größere Rolle. Daher geht es in diesem Blogplost um die finanzielle Nachhaltigkeit des heutigen Gasts von Mainz 05, dem SV Darmstadt 98.

Einleitung
Vergleich der KPIs vom SV Darmstadt 98 und von Mainz 05
Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom SV Darmstadt 98
Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom SV Darmstadt 98

Mainz 05 Fans im Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor  im März 2017

Einleitung

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Seither erstelle ich jährlich eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle“. Mit Hilfe dieser Kennzahlen lassen sich so genannte Key Performance Indicators, kurz KPIs, ermitteln, die klar herausstellen, welche Vereine finanziell nachhaltig agieren.

Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs verankert. Würde man die KPIs:

  • Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
  • Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
  • Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
  • Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)

als Lizenz-Kriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay getan, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG Hoffenheim, bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg beendet werden würde – genauso wie die österreichische Flügelverleihung in Leipzig.

Vergleich der KPIs vom SV Darmstadt 98 und von Mainz 05

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)

Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs:

20182019202020212022
SV Darmstadt 98237%159%100%99%80%
Mainz 0586%79%74%88%127%
Entwicklung des Anlagendeckungsgrads 2018-2022

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)

Je höher die Eigenkapitalquote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht.

20182019202020212022
SV Darmstadt 9867%60%52%57%49%
Mainz 0544%50%45%51%60%
Entwicklung der Eigenkapitalquote 2018-2022

Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)

Je niedriger die Personalaufwandsquote, desto besser wirtschaftet der Club.

20182019202020212022
SV Darmstadt 9853%54%54%48%57%
Mainz 0539%34%46%50%46%
Entwicklung der Personalaufwandsquote 2018-2022

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)

Je höher der Verschuldungsgrad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen.

20182019202020212022
SV Darmstadt 9838%41%91%70%93%
Mainz 0598%84%97%64%41%
Entwicklung des Verschuldungsgrads 2018-2022

Weitere Finanzkennzahlen können bei der DFL eingesehen werden. Mit Hilfe dieser lassen sich Leistungskennzahlen ermitteln, die in die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2022/2023 einfließen. Pro Leistungskennzahl ist die jeweilige Platzierung im 20er-Feld der Clubs der Saison 2022/2023 angegeben (inklusive Aufsteiger).

Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom SV Darmstadt 98

Der SV Darmstadt 98 würde vier von vier Kriterien erfüllen, wenn die DFL ihr Nachhaltigkeitsbekenntnis ernst nehmen würde und dieses auf die finanzielle Nachhaltigkeit anwenden würde. Damit belegt der Club Platz 8 in der Finanz-Bundesliga-Tabelle 2022/2023. Viel entscheidender ist aber die Tatsache, dass Darmstadt 98 zum Club der 7 gehört, die alle vier Kriterien erfüllen. Neben den Lilien sind dies der FC Bayern, Mainz 05, der SC Freiburg, Borussia Dortmund, Bayer 04 Leverkusen und der FC Augsburg.

Ziemlich krass, dass es 13 Clubs (inklusive der zwei Absteiger) gibt, die diese Kriterien nicht erfüllen.

Der geforderte Anlagendeckungsgrad von 60 Prozent wird mit 80 Prozent deutlich übertroffen. Hier liegen die Lilien auf Platz 6, knapp hinter Bayer 04 Leverkusen, die ja ihre gesamte Kohle vom Konzern erhalten aber vor der AG Borussia Dortmund!

Die Eigenkapitalquote liegt mit 49 Prozent ebenfalls deutlich über den geforderten 20 Prozent. Damit liegen die Lilien auf Platz 7, wieder knapp hinter Bayer 04 Leverkusen und vor dem FC Augsburg, bei dem sich ja Investoren angesiedelt haben.

Die Personalaufwandsquote des Clubs liegt mit 57 Prozent deutlich unter der geforderten maximalen Quote von 70 Prozent. Damit liegt der Club allerdings auf Platz 16 knapp hinter dem FC Augsburg und vor dem VfB Stuttgart mit seinen beiden Autoinvestoren und Borussia Mönchengladbach. Eine noch schlechtere Personalaufwandsquote haben nur Absteiger Hertha BSC und die TSG Hoffenheim.

Der Verschuldungsgrad in Höhe von 93 Prozent liegt deutlich unter den geforderten 200 Prozent. Damit belegen die Lilien Platz 8 hinter den oben genannten sechs Clubs, die alle vier Kriterien einhalten und der TSG Hoffenheim, die drei Kriterien erfüllt. Auf Platz 9 folgt Borussia Mönchengladbach mit 207 Prozent. Hier erkennt man eine klare Kluft zwischen den 8 Vereinen, die ihre Verschuldung im Griff haben und 12 Vereinen, die einfach zu viele Schulden aufgebaut haben oder komplett überschuldet sind. Mehr Geld würde wahrscheinlich bei diesen 12 Clubs nur die Bilanzsumme erhöhen, aber nicht die Bereitschaft mal finanziell nachhaltiger zu agieren.

Interessanterweise sind bei den Top 7 Vereinen, die alle vier Kriterien erfüllen, 3 Clubs (Darmstadt, Freiburg, Mainz), noch eingetragene Vereine. Anscheinend braucht es keinen Investor, um finanziell nachhaltig zu agieren…

Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom SV Darmstadt 98

Das SV Darmstadt 98 spielte im gesamten Betrachtungszeitraum in der 2. Liga. Und trotzdem agiert der Club seit Jahren finanziell nachhaltig. Seit der Veröffentlichung der Finanzkennzahlen der DFL im Jahr 2019 gibt es kein Jahr, in dem der Club nicht alle vier Kriterien der finanziellen Nachhaltigkeit erfüllt hat – und das in Liga 2!

Die Personalaufwandsquote ist vergleichsweise hoch. Das liegt wahrscheinlich daran, dass in der 2. Liga die Erträge geringer sind als in Liga 1 (TV-Gelder). Gleichzeitig war Darmstadt so ambitioniert, dass der Club aufsteigen wollte – weniger in einem Hauruckverfahren, sondern durch intelligente finanzielle Planung, die wohl im Unterhaus eine höhere Personalaufwandsquote mit sich führt.

2008 war der Club fast insolvent. Ein paar Jahre später stieg er mit Christian Mathenia in die 1. Liga auf. Diesen finanziellen Wandel haben die Lilien sicherlich zu einem großen Teil einer Frau zu verdanken. Anne Baumann zeichnet sich seit 16 Jahren für die Finanzen der Lilien verantwortlich. Sie hat keine Bundeliga-Luft geschnuppert sondern ist Steuerberaterin, versteht mithin etwas von Finanzen und das zeigt sich bei den Lilien seit mehr als eineinhalb Dekaden.

Dass Darmstadt aktuell die rote Laterne trägt ist für Darmstadt-Fans natürlich kaum zu ertragen. Falls es die Lilien nicht schaffen sollten, die Klasse zu halten, wird der eingetragene Verein sicherlich seinen Weg in der 2. Liga gehen und in keine finanziellen Turbulenzen geraten, wie andere Traditionsvereine im Fußballunterhaus und wieder oben angreifen können – der soliden finanziellen Planung sei Dank.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quelle: Darmstadt 98: Anne Baumann ist Finanz-Chefin und gute Fee