Nur für das Trikot, fairsteht sich!

Seit Jahren ist es in der Liga üblich, das Trikot der Folgesaison am letzten Spieltag der aktuellen Spielzeit zu präsentieren. Der Hintergrund ist, wie könnte es anders sein, kommerzieller Natur. Wir Fans sollen zum Konsum animiert werden. Dass es auch anders geht, zeigt ausgerechnet ein Verein aus der Premier League. Der FC Brentford wird die Trikots der abgelaufenen Saison auch in den kommenden 12 Monaten tragen. In Zeiten knapper Kassen in den meisten Fanfamilien ist dies ein durchaus guter Move, soll aber in diesem Blogpost nicht wirklich Thema sein. Schließlich können wir selbst entscheiden, ob wir uns in diese Konsumspirale begeben oder nicht.

Vielmehr soll es hier um Inhalte gehen und Dinge, die bei unserem Verein mal wieder nicht so richtig zusammenpassen wollen. Da kreiert der Verein gemeinsam mit dem Trikotsponsor eine löbliche Friedensbotschaft und verbindet sie mit einer vergleichsweise großzügigen Spende in Höhe von 10 Euro, die vom Verkaufspreis in Höhe von fast 80 Euro an die „Better World Stiftung“ des Trikotsponsors geht. Gleichzeitig wird von limitierter Edition gesprochen, damit das oben angesprochene Konsumieren stimuliert wird. „Wer sich dieses ganz besondere Trikot sichern möchte, muss schnell sein“, ist in den Vereins News zu lesen. Warum die Auflage limitiert ist, und warum es nicht möglich ist, sich das Trikot nicht in aller Ruhe bis zum Verkaufsstart des „regulären“ Trikots Mitte Juli zu sichern, wird in den News nicht erklärt. Die Fans zu solchen Impulskäufen zu drängeln hat schon etwas von Kaffeefahrten-Charakter. Damit wird die Botschaft, Menschen zu helfen, ein wenig in den Hintergrund gedrängt.

Der Mainz 05 Kapitän Mousa Niakhaté trägt das Trikot der neuen Saison mit dem "You never walk alone" Schriftzug in den Farben der Ukraine und dem Schriftzug der Kömmerling Better World Stiftung
Screenshot von der Mainz 05-Webseite

Und genau darum geht es eigentlich in diesem Text. Denn leider wird im Rahmen der Aktion, die ja für eine bessere Welt einstehen möchte, nur die eine Seite der Medaille betrachtet: Die Friedensbotschaft auf dem Trikot symbolisiert die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, die völlig unverschuldet in einen Angriffskrieg hineingezogen wurden. Die 10 Euro pro Trikot sollen die Not der Menschen vor Ort lindern. Soweit so gut. Aber eine solche Aktion sollte meiner Meinung nach ganzheitlich angegangen werden. Es sollten also auch die Menschen einbezogen werden, die diese Trikots hergestellt haben. Und dazu gibt es leider überhaupt keine Information. Leider ist es als Verein bis heute extrem schwierig, fair gehandelte Trikots zu erwerben, insbesondere, wenn man an einen Ausrüstervertrag gebunden ist. Hat der Ausrüster mit Nachhaltigkeit, konkret mit der fairen Produktion seiner Textilien, nichts am Hut, bleibt einem Verein leider nur der Weg, alles selbst in die Hand zu nehmen.

Diesen Schritt ist der FC St. Pauli gegangen. Und dieser Schritt benötigt Zeit – im Falle des FC St. Pauli sage und schreibe fünf Jahre. Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Vertrieb auf der Vereinwebseite im Jahr 2021: „Auf der Mitgliederversammlung 2016 haben wir den Auftrag bekommen, unser Merchandising fair und nachhaltig zu produzieren. Diesem Anspruch möchten wir in möglichst vielen Bereichen gerecht werden. Mit unserer eigenen Marke ‚DIIY‘ möchten wir nun zeigen, dass sich Qualität, Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen auch für Performance-Kleidung überhaupt nicht ausschließen müssen. Darum haben wir die Messlatte mit unseren selbst formulierten Ansprüchen an die neue Teamsport-Kollektion auch bewusst hochgelegt. Wir sind überzeugt davon, dass auch unsere Fans diesen Anspruch teilen und möchten sie auf unseren Weg mitnehmen. Deswegen starten wir schon jetzt in den Vorverkauf für das Heimtrikot der Saison 2021/22 – denn nur gemeinsam mit unseren Fans schaffen wir unser anspruchsvolles Ziel, die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt zu produzieren.“

Vor mehr als zwei Jahren habe ich bereits zum damaligen neuen Ausrüster etwas geschrieben („Fair Fashion for Future„) und meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Wechsel auch das Thema faire Trikotproduktion angegangen wird. Getan hat sich allerdings wohl nichts:

„Großes Problem der Mainzer ist die aktuell noch fehlende Transparenz. Es können beispielsweise weder Hauptproduktionsstandorte noch Angaben zur Auswahl und Überprüfung der Lieferanten gefunden werden“, lautet das ernüchternde Ergebnis der Studie „Die Vereine im Ranking – so fair sind ihre Shops“ von cum ratione im Jahr 2021. Damals arbeitete der Verein laut dieser Studie gerade intensiv daran, diese Transparenz herzustellen. Allerdings habe zumindest ich hierzu noch nichts gelesen. Aber selbst wenn diese Transparenz existiert, ist natürlich noch nicht sichergestellt, dass die Menschen, die die Trikots hergestellt haben, auch davon leben können. Auch hier gilt der FC St. Pauli als Vorbild. Er ist 2021 als erster und bisher einziger Verein weltweit Mitglied bei „Fair Wear“ geworden. Diese Organisation stellt sicher, dass die Arbeitenden freiwillig ihren Dienst verrichten, sprich, Sklaverei wird ausgeschlossen. Die Arbeitenden können Gewerkschaften gründen und Kollektivverträge vereinbaren. Diskriminierung jeder Art ist ausgeschlossen, Kinderarbeit verboten und existenzsichernde Löhne (nicht zu verwechseln mit Mindestlöhnen) werden gezahlt. Es wird sich an eine Höchstarbeitszeit gehalten und die Arbeitsumgebung entspricht Mindest-Arbeitsschutzrichtlinien. Ferner existiert ein Arbeitsvertrag mit Rechten und Pflichten. Diese Kriterien gelten für uns meist als selbstverständlich. Dass dies in anderen Ländern alles andere als ein Standard ist, wird sicherlich deutlich, wenn man sich die Sportartikelhersteller anschaut, die Mitglied bei Fair Wear sind, wie z.B. Deuter, Haglöfs, Hess Natur, Jack Wolfskin, Odlo, Salewa, Schöffel, Vaude, engelbert strauss und Mammut. Alle bekannten Ausrüster der Liga sind hier leider noch kein Mitglied.

Um in Zukunft keine halben Sachen zu machen, sollte sich Mainz 05 langfristig anders aufstellen, wenn der Ansatz ernst gemeint ist, Menschen zu helfen und nicht darauf hoffen, dass ein Ausrüster endlich sicherstellt, dass die Textilien unter fairen Bedingungen hergestellt werden. Dann würde auch die Kehrseite der Medaille für eine „Better World“ stehen.    

Quellen:

Premier League – Nachhaltigkeit: Brentford trägt Trikots auch nächste Saison – t-online.de
1. FSV Mainz 05 – News Detailansicht: Neues Heimtrikot
DIIY – Alles muss man selber machen! – FC St. Pauli
FSV Mainz 05 – cum-ratione.org
Member Brands – Fair Wear Foundation

Spätlese Hertha 2021/2022

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Obwohl der 33. Spieltag erstmals ebenfalls komplett zerstückelt wurde, war es dank der relativ frühzeitigen Terminierung möglich, eine bezahlbare ICE-Verbindung zu finden. Daher war mein Ticket längst gebucht, als feststand, dass die Supporters Mainz wieder einen Sonderzug organisieren würden. Da meine Rückkehr ins Mainzer Stadtgebiet um 3 Uhr nachts erfolgen würde, kombinierte ich mal wieder (richtiges) Fahrrad mit dem Zug und stellte den Drahtesel in Bischofsheim ab. Von dort sollte es mit dem RE3, der von vlexx durchgeführt wurde, zum Fernbahnhof am Flughafen gehen. Machte ich in der letzten Spätlese „Wolfsburg“ noch Witze über durchrauschende Züge in der VW-Stadt, ist mir genau jenes nun am Samstagmorgen in Bischofsheim passiert. Statt planmäßig anzuhalten, fuhr der vlexx-Lokführende mit seinem Zug einfach durch.

Tweet zum Umstand, dass der vlexx-Lokführende einfach durch den Bahnhof durchgefahren ist.
Bestens geeignet, seine Aufregung über die vlexx zu kanalisieren: Twitter

Die fluchenden Fahrgäste mussten auf die nächste S-Bahn warten. Ab Frankfurt-Flughafen verlief die Fahrt im ICE so ereignislos, dass ich die zwei letzten Folgen des Hinterfhofsänger-Podcasts in aller Ruhe hören und die Erstausgabe des Rote Kopf-Fanzines lesen konnte. In beiden Medien wurde auf die Aktion „Spendet Becher Rettet Leben“ hingewiesen, die die Berliner Harlekins bereits seit 2005 durchführen.

02 (N)immer nuff:

Ich hatte meine Ankunft in Berlin so terminiert, dass ich noch einen alten Mainzer Freund treffen konnte. Dieser sagte kurzfristig ab, so dass ich zwei zusätzliche Stunden in der Hauptstadt zur Verfügung hatte. Spontan kam mir die Idee, vom Hauptbahnhof zum Stadion zu laufen. Auf diese Art zum Stadion zu gelangen, hatte ich auch schon vor Corona von Zeit zu Zeit genossen, etwa in München vom Marienplatz zum Kurt-Landauer-Stadion, in Freiburg an der Dreisam entlang, durch den Schlosspark in Stuttgart, um nur einige Touren zu nennen. Vom Berliner Hauptbahnhof ging es nun mehr weniger immer direkt an der Spree entlang bis zum Schloss Charlottenburg.

Screenshot der Wanderroute vom Berliner Hauptbahnhof zum Olympiastadion.
Die Route vom Berliner Hauptbahnhof zum Olympiastadion ist auf der Wander-App Komoot hinterlegt.

Der Weg war wirklich abwechslungsreich und völlig verranzte Abschnitte wechselten sich mit moderner Architektur ab – so wie es mittlerweile typisch für die Hauptstadt ist. Hinter dem Schloss war es zunächst etwas unangenehmer, denn es ging an einer Hauptverkehrsader entlang. Nach einem Kilometer führte mich die Route, die ich teilweise mit Hilfe von Google Maps festlegte, in ein Villenviertel mit vielen Botschaften afrikanischer Länder, ehe  plötzlich die Olympischen Ringe aus der Entfernung bereits zu erkennen waren. Wer die Route nachgehen möchte, kann sie sich auf Komoot.de anschauen. Mit den 12,0 Kilometern war ich an diesem Tag der Mainzer mit dem größten Laufpensum. Stachi schaffte auf dem Platz „lediglich“ 11,7 Kilometer 😉

03 Kon-Trolle

Von weitem erkennbar hing das „Spendet Becher Rettet Leben“ Banner an den Mauern des Olympiastadions. Diese Aktion der Berliner Fanszene fand bereits zum 17. Mal statt und nahm ihren Ursprung als ein Hertha-Fan an Leukämie verstarb.

Der Eingang des Berliner Olympia-Stadions mit großem Banner "Spendet Becher Rettet Leben"
Auf die Aktion „Spendet Becher Rettet Leben“ wurde mit großen Bannern hingewiesen.

Um ihm zu gedenken und Menschen in Not zu helfen, findet seither zu jedem letztem Hertha-Heimspiele diese Aktion statt. Unterstützung fand sie dieses Mal auch von der Mainzer Fanszene. Dieses Beispiel zeigt, wie Fans verschiedener Vereine zusammenhalten, wenn es darauf ankommt. Das gespendete Geld floss diesmal in das Projekt „Wünschewagen“.

04 Kampf um den Mampf

In der Hauptstadt der Currywurst gab es tatsächlich die nachhaltigste heiße Futter-Alternative, sprich eine vegane Variante mit Serviette auf die Hand. Denn was bringt unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit die gesündeste vegane warme Speise, wenn diese in Einwegplastik verpackt ist? Allerdings war die vegane Wurst genauso teuer, wie die Fleischversion. Das ist zwar einen Tick sinnvoller als in Frankfurt, wo die vegane Variante sogar mehr kostet. Aber wenn gerade gefühlt alles teurer wird, die wahren Kosten der Massentierhaltung aber nicht eingepreist werden, dann ist es einfach ein falsches Signal, eine Wurst auf Planzenbasis zum gleichen Preis anzubieten, wie eine Variante für die Tiere herhalten müssen.

Mülltonne voll mit Pfandbechern, die im Gästeblock von Mainzer Fans gespendet wurden.
Auch im Gästeblock wurden fleißig Becher gespendet.

In Berlin schloss sich für diese Saison auch der Gebinde-Kreis. Angefangen hatte diese Runde mit dem 1-Liter-Becher in Eleversberg, wer wollte konnte sich den Gerstensaft auch zum Abschluss in der Badewanneversion zu Gemüte führen. Hauptsache der Becher landete danach in der Spendentonne. Dies machte gefühlt der ganze Block, denn die Tonnen waren nachkicks randvoll mit Bechern gefüllt.

05 Käfighaltung

Dem Sonderzug sei Dank war der Gästeblock erstmals seit unserem ersten Aufstieg 2004 wenigstens wieder ein Stück weit gut gefüllt. Dem Aufruf der Fanszene, wie am letzten Spieltag oft üblich, im Trikot zu erscheinen, folgte ein Großteil der Mitgereisten, so dass aus dem Block ein riesiges Freilichtmuseum an historischen Trikots wurde. Ferner hatte die Szene einen schönen Spieltagsschal aufgelegt, der reißenden Absatz fand und auch gleich zu Beginn des Spiels eingesetzt wurde.

Ein Flyer des "Letzte Wünsche Wagens" im Berliner Olympiastadion
In einem Flyer wurde über den „Letzte Wünsche Wagen“ informiert.

Waren bei unseren bisherigen Auftritten im Olympiastadion auch auf der Heimseite meist nahezu 50 Prozent der Plätze freigeblieben, so sah das diesmal wirklich anders aus. Über 70000 Nasen wollten ihre Hertha sehen, so dass dieses letzte Samstagsabendspiel der Saison tatsächlich sehr stimmungsvoll wurde. Einen besseren Auswärtsfahrten-Saisonausklang konnte es eigentlich nicht geben. Dass dann doch noch der dritte Dreier auswärts eingefahren wurde, stellte wohl alle, die es mit unserem Verein halten, mehr als zufrieden.

Mainzer Fans halten den Spieltagsschal im Gästeblock des Olympiastadions hoch
Stimmungsvolles Intro mit dem eigens für den Spieltag kreierten Schal der Fanszene

Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 zeigt, dass Berlin tatsächlich eine Reise wert ist.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Wolfsburg 2021/22

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Freitag abends halb neun in Wolfsburg ist sicherlich die denkbar unangenehmste Spielansetzung, seitdem die unsäglichen Montagsspiele abgeschafft wurden (aber leider am 2. Mai nochmals Auferstehung feiern). Nach 17 Jahren auswärts Fahren habe ich auch keine Lust mehr, um 3 oder 4 Uhr nachts zurück auf die richtige Rheinseite zu gelangen. Aber in Wolfsburg übernachten? Geht rein theoretisch, aber die Hotels sind vergleichsweise teuer. Also ging es für mich zunächst mit dem ICE nach Braunschweig, wo es für die Hälfte der Wolfsburger Preise ein gutes Hotel gab, das auch noch direkt gegenüber des dortigen Hauptbahnhofs liegt. Innerhalb einer Stunde schnell die Sachen ins Zimmer gebracht, ging es mit dem nächsten ICE weiter nach Wolfsburg. Dabei steht natürlich immer die bange Frage im Raum, ob die lokführende Person tatsächlich einen Halt auf dem Weg in die Hauptstadt einlegt. In der Vergangenheit hielten sich da einige nicht an den fahrplanmäßigen Stopp. Daher war ich natürlich froh, dass beim Vorbeirauschen an hunderten nagelneuer PKWs plötzlich die Bremensen quietschten und ich zwei Stunden vor Anpfiff am ausgestorbenen Bahnsteig aussteigen konnte.   

Im ICE278 kurz vor dem Wolfburger Hauptbahnhof.
Hält er oder hält er nicht, der Zug in Wolfsburg?

02 (N)immer nuff:

Da zwischen Hauptbahnhof – ja, es gibt wirklich einen Hauptbahnhof – und Stadion nur der Mittellandkanal zu überqueren ist, verzichete ich diesmal auf ein Klapprad. Eben dieses Gewässer sorgt beim VfL Wolfsburg dafür, dass der Club pro Jahr 11 Millionen Liter Trinkwasser spart, indem die Plätze mit Grauwasser bewässert werden. Anders als das Thema Energieeffizienz, das aktuell in aller Munde ist, wird im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit Wassereffizienz praktisch nie genannt. Hier geht der VfL Wolfsburg in der Liga wirklich vorbildlich voran. Auch auf anderen Gebieten ist der Club zugegebenermaßen in Sachen Nachhaltigkeit fast so gut wie sein Frauenteam im Fußball.

Der Mittellandkanal, der sich direkt neben dem Stadion befindet.
Der Mittellandkanal, der sich direkt neben dem Stadion befindet.

03 Kon-Trolle

Das „Wolfsburger Modell“, was das Bier angeht, hat auch die Pandemie überdauert. Vor dem Einlass gibt es richtigen Gerstensaft, der allerdings noch vor der Kontrolle geleert werden muss. Dahinter gibt es nur alkoholfreie Getränke, was angesichts des Spielverlaufs die eine oder den anderen vor eine große Herausforderung gestellt haben könnte. Das Spiel schön trinken oder Frustsaufen war im Gästeblock nicht möglich.

Becherspenden finden auch in Wolfsburg statt.
Becherspenden finden auch in Wolfsburg statt.

04 Kampf um den Mampf

Der Spieltag wurde vom VfL unter das Motto „Diversität“ gestellt. Es gab Pfandbecher, Banner und Logos in Regenbogenfarben. Der Mittelfeldkreis wurde vom Platzwart in ein Friedenssymbol umgewidmet und am Essensstand gab es eine große Enttäuschung. Während die Currywurst in der VW-Kantine mittlerweile durch eine vegane Variante ersetzt wurde, gab es im Gästeblock die altbekannte Version aus Fleisch. Es sei denn, es wurde nicht angegeben, dass sie vegan ist, was ich stark bezweifle. Dazu gab es Schnitzel und Bratwurst im Brötchen. Letztere war mit 3,20 Euro die günstigste Speise im Block. Alterantiv gab es eine Brezel für 3,50 Euro. So hält es also Wolfsburg mit der Verschiedenheit bei den Essgewohnheiten von Auswärtsfans. Es ist einfach immer wieder lustig bis peinlich, wie sich Fußballvereine eines Themas versuchen anzunehmen und dann bereits an den Basics scheitern. Wie immer geht es nicht darum, dass hier jemand auf seine Wurst aus Fleisch verzichten soll. Menschen, die entweder aus Gründen des Geschmacks, der Gesundheit, des Klimaschutzes und/oder des Tierwohls auf Fleisch als Nahrung verzichten nur eine trockene Brezel anzubieten, die auch noch teurer als die Wurst ist, ist an Ignoranz nicht zu überbieten. Dann lob ich mir am Ende ja fast lieber einen Präsidenten, wie den von Union, der das ganze Thema als Gedöns abtut und sich wenigstens ehrlich positioniert.   

Blick auf die Speisekarte im Gästeblock. Die Brezel ist teurer als die Bratwurst.
Die Brezel ist teurer als die Bratwurst.

05 Käfighaltung

Die Ankunft im Gästeblock hatte was von Dorfdisco um drei Uhr morgens. Die Auswahl der Musik war gut, sie war nur viel zu laut und auf der Tanzfläche aka Tribüne war nichts los. Der Vorteil des Wolfsburger Gästeblocks ist die breite Tanzfläche zwischen Wurstbude und Stehbereich. Dort wurde tatsächlich vorkicks klassisch getanzt, denn als Nullfünfer*in möchte man wenigstens bis zum Anpfiff ein Erlebnis haben, an das man sich auch nachkicks noch gerne erinnert. Ähnlich wie in Augsburg war schon nach einer Viertelstunde der Drops quasi gelutscht aber das war nur der Startschuss für die Meute im Block, so richtig loszulegen. „Nullfünf, Nullfünf, Nullfünf, Nullfünf“ hallte es minutenlang in die Halbzeitpause rein. Die zweiten 45 Minuten wurden mit einem netten „Aus…Aus…Auswärtssieg“ begonnen. Es folgte „Wir gewinnen, wir gewinnen, wir gewinnen sowieso!“, abgerundet durch „Mainz wird deutscher Meister, Mainz wird deutscher Meister, Mainz wird deutscher Meister nächstes Jahr!“. Genau dieser Humor holte mich so richtig ab. Zugegeben, ich hatte spätestens nach dem 4:0 zwischenzeitlich keine Lust mehr auf das Spiel. Ich tigerte oberhalb der Stehplätze hin und her und wurde wirklich durch die Gesänge wieder eingefangen. Dadurch, dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit nicht auseinander fiel und ein zweites Leipzig-Debakel verhinderte, erhöhte sich die Mitmachquote im Block von Minute zu Minute. Statt wie im Netz auf die Spieler einzuhauen, wurde im Stadion verbal munter weiter eingeheizt, weil wir alle einen an der Waffel ham‘. Und das „Auswärts fahren ist schön!“-Lied in der Dauerschleife mit Schaleinsatz war der Höhepunkt einer letztlich trotzdem gelungenen Auswärtsfahrt. Forza Moguntia!

Die Fans vom FSV
Die Fans vom FSV

Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 zeigt die Diversität zwischen Geschehen auf dem Platz und der positiven Eskalation im Block.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour