„Leckere Schokobrötchen für den guten Zweck“ lautete nach Vereinsangaben das Motto des 05er-Klassenzimmer-Pausenverkaufs, der im März stattgefunden hat. Die Brötchen wurden von einem Discounter bereitgestellt und in den Schulpausen verkauft, um Spenden zu generieren.
Beim letzten Heimspiel wurden insgesamt 14000 Euro an sieben regionale Tafeln übergeben. Wie hoch der Anteil des Schokobrötchen-Verkaufs an dieser Summe ist und wieviel Geld „Mainz 05 hilft e.V.“ durch ein großzügiges Aufrunden beigesteuert hat, ist aus der Meldung vom Verein nicht herauszulesen.
Die Idee, durch den Verkauf von Pausensnacks Gelder für den guten Zweck zu generieren, ist eine prima Sache. Die Empfänger der Spendengelder, die regionalen Tafeln, wurden gut gewählt. Schließlich sind leider immer mehr Menschen auf das Angebot angewiesen. Gleichzeitig steigen die Betriebskosten für Benzin. Und es besteht aktuell ein Mangel an Lebensmitteln und Hygieneartikeln, wie viele Tafeln berichten.
Allerdings könnte die Umsetzung beim nächsten Mal vielleicht etwas anders gestaltet werden, damit es eine Aktion wird, bei der möglichst viele Parteien gewinnen. Dass die gespendeten Schokobrötchen von einem Konzern kommen, der eigentlich dem Effzeh nahesteht, soll an dieser Stelle keine zu große Bedeutung beigemessen werden. Allerdings könnte dieser Konzern den Geißböcken vielleicht mal ein Auffangnetz für Bierbecher spenden, die regelmäßig mit Kölsch gefüllt im Müngersdorfer Stadion aus dem 2. Rang in den Gästeblock fliegen.
Das Produkt
Schokobrötchen sind nicht der gesündeste Pausensnack. Es ist anzunehmen, dass die Brötchen nicht aus Vollkornmehl bestehen, das aus Ökolandbau stammt. Mit etwas mehr Kreativität hätte man vielleicht auch Obst aus der Region vom Bio-Bauer anbieten können und gleichzeitig den Kindern etwas über gesunde Ernährung mitgeben können. Sei’s drum, es wurden die Schokobrötchen aus dem Discounter.
Die Zutat des Namensgebers
Wie der Name schon sagt, bestehen Schokobrötchen teilweise aus Schokolade. Diese wird aus Kakaobohnen hergestellt, die zum Großteil aus Ghana und Côte d’Ivoire in Westafrika stammen. Es ist durchaus möglich, bei uns in Mainz fair gehandelte (Bio-) Schokolade zu kaufen. Die Tafel kostet 2,49 Euro pro 100 Gramm. Die Richtlinien vom Siegel „Fairtrade“ verbieten u.a. ausbeutertische Kinderarbeit. Leider stammt der Großteil der in Deutschland verkauften Schokolade aus einer Produktion, die nicht für ihre faire Produktion zertifiziert wurde. In dem Artikel des Vereins wird über die Herkunft der Schokolade nichts berichtet. Daher ist anzunehmen, dass „konventionelle“ Schokolade verwendet wurde. Die Kampagne „Make Chocolate Fair“ weist darauf hin, dass noch immer 1,5 Millionen Kinder „unter ausbeuterischen Bedingungen auf Kakaoplantagen in Westafrika“ arbeiten.
Das Fazit
Bei solchen Aktionen ist das Transparenz das höchste Gut. Die Schüler:innen, die die Produkte anbieten, die Käufer:innen und die Empfänger:innen der Spenden möchten schließlich das Gefühl haben, etwas Gutes zu tun. Die Lieferkette sollte bei einer wohltätigen Veranstaltung wie dem Verkauf für den guten Zweck bekannt sein. Um sicher zu gehen, dass keine Ausbeutung im Laufe der Produktion stattgefunden hat, sollten nur zertifizierte Produkte verwendet werden. Ist das nicht möglich, sollte stattdessen auf regionale Produkte gesetzt werden, bei denen aufgrund der lokalen Gesetzgebung sichergestellt wird, dass entsprechende Arbeitsnormen eingehalten werden. Natürlich sind fair gehandelte (Bio)-Produkte teurer als konventionelle Waren oder auch regional produzierte Bio-Artikel. Statt die Spendensumme großzügig aufzurunden, wäre es vielleicht sinnvoller, die „teuren“ Produkte zu subventionieren. Beim Verkauf von Schokobrötchen mit fair gehandelter (Bio)-Schokolade könnte man die Schüler:innen auf die Vorteile des Ökolandbaus sowie des fairen Handels aufmerksam machen und ihnen zu einem subventionierten Preis die Möglichkeit bieten, solche Produkte mal zu probieren. Es würden sich so viel mehr Lerneffekte ergeben. Vielleicht bietet sich ja eine zweite Chance für den Verkauf fairer (vielleicht auch gesünderer) Bio-Produkte auf dem Pausenhof, im Rahmen der nächsten Aktion des 05er-Klassenzimmers. Damit wäre wohl noch viel mehr Menschen geholfen, als bei der aktuellen Aktion und man könnte mit Fug und Recht behaupten, dass gut gemeint auch gut gemacht wurde.
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Die dritte Auswärtsfahrt in sechs Tagen. Hat es das bei Nullfünf schon mal gegeben? Fast: in der Saison 2011/2012. Da waren es neun Tage und zwei der drei gegnerischen Mannschaften, auf die die rot-weißen Jungs auch diese Woche trafen, waren damals ebenfalls dabei. Zunächst ging es dienstags nach Köln (1 Punkt), dann sonntags nach Gladbach (0 Punkte) und mittwochs nach Kiel (Aus im DFB-Pokal-Viertelfinale) mit Champions-League-Gewinner TT. Von daher – schlimmer geht immer! Aber nicht mit der Bahn, denn die brachte mein Klapprad und mich wie die Woche zuvor zunächst rechtsrheinisch bis Koblenz in Richtung Köln. Da der Bahnübergang dieses Mal nicht gestört war, hatte ich größte Mühe die beiden ausstehenden Podcast-Folgen der „Hinterhofsänger“ zu hören, ehe ich die Domstadt erreichte.
Schwerpunkt der ersten Folge war der „Aprilscherz“ von Mainz 05, sprich ausgerechnet am 1. April zu verkünden, als letzter Bundesligist überhaupt, in den Frauenfußball einzusteigen. Dass es über eine Kooperation mit Schott zunächst laufen würde, hatte Stefan Hofmann bereits vor Monaten auf einer Veranstaltung angekündigt. Gut, dass alle Beteiligten tatsächlich über die ganze Zeit Stillschweigen vereinbart und durchgezogen haben, um diesen Move vorzubereiten. Endlich sorgt Mainz 05 in Zukunft für ein stückweit mehr Chancengerechtigkeit, was das professionelle Fußballspielen in Mainz für alle Menschen angeht. Diese Wende kann dem Verein nur guttun.
02 (N)immer nuff:
In Köln angekommen, wurde das Klapprad in wenigen Sekunden zusammengebaut und los ging’s in Richtung Müngersdorf durch die Stadt. Während der Pandemie haben zahlreiche Städte Maßnahmen ergriffen, um Radfahrenden das Leben auf der Straße zu erleichtern. Dazu zählt auch Köln, das auf vielen Straßen eine Fahrspur den Autofahrenden abgerungen hat und Radfahrenden nun die Möglichkeit gibt, auf ihrer sehr breiten Spur tatsächlich auch andere Radelnde zu überholen. Auch diese (Verkehrs-)Wende kann nur guttun.
Statt direkt die sechs Kilometer zum Stadion zu fahren, legte ich noch einen Zwischenstopp bei einer Burgerkette ein. Schließlich haben, im Gegensatz zu den meisten Bundesligisten, die Fast-Food-Konzerne erkannt, dass nicht alle Menschen auf Burger aus Rindfleisch stehen. Die Kette mit dem berühmten „Whopper“ bietet mittlerweile eine Vielzahl vegetarischer und veganer Burger an. Der vegane „Chicken“-Burger schmeckte wirklich gut. Das Patty bestand aus einem Soja-Weizen-Mix und war genauso wie das sonst übliche Hühnerfleisch paniert. So konnte ich keinen Geschmacksunterschied festzustellen. Es geht bei den aktuellen Diskussionen um Ernährung nie darum, dass wir alle komplett auf Fleisch verzichten müssen, um das Klima zu retten oder wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine Hungersnöte zu vermeiden, da die Weizenfelder in dem Land nicht bestellt werden können, viele Länder auf diese Weizenimporte angewiesen sind, um die Ernährung ihrer Bevölkerung zu gewährleisten. Aber bei vielen „traditionellen“ Essen, bei denen Fleisch eher eine untergeordnete Rolle spielt, wäre es wirklich leicht, den Burger, das Hackfleisch in der Soße oder den Speck im Eintopf durch eine vegane Variante zu ersetzen. Ob diese Ernährungswende gelingt?
03 Kon-Trolle
Wie in Köln üblich gab es wieder eine glasfreie Zone rund ums Stadion, die am Spieltag auch durch den Ordnungsdienst durchgesetzt wurde. So kam ich ohne Platten auch am dritten Stadion in sechs Tagen mit dem Klapprad ohne Probleme an. Fahrradständer gibt es wie in Gladbach zur Genüge direkt am Eingang zum Block. Anders als in Augsburg und Gladbach existierte aber keine Abgabemöglichkeit für Sachen, die nicht ins Stadion mitgenommen werden dürfen, wie beispielsweise Fahrradlampen.
Ähnlich wie bei den Corona-Regeln die Länder macht hier jeder Verein was er will. Daher sind die Infos für Auswärtsfahrende, die Mainz 05 vor jedem Gastspiel verschickt, auch so wichtig. Auf diesen Umstand wurde wie die Jahre zuvor hingewiesen. Glücklicherweise fand das Spiel um halb vier statt, so dass ich auch nachkicks ohne Licht bei Helligkeit wieder zum Bahnhof radeln konnte.
04 Kampf um den Mampf
Köln machte es, anders als Augsburg, wieder einfach. Bezahlung mit Kreditkarten oder Bankkarten war kein Problem. Eine sinnbefreite Bezahlkarte wie in Augsburg, die nur wieder Plastikmüll generiert, gab es erst gar nicht. Dafür gab es zum dritten Mal in Folge die Wurst vom selben Lieferanten aus dem Kölner Umland. Und obwohl der Fabrikant eine vegane Bratwurst im Angebot hat, gab es wie in Gladbach und Augsburg keine fleischlose Alternative, sondern nur eine überteuerte Brezel, die ein paar Cent günstiger war als eine Wurst.
Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: Auf der einen Seite ein Produkt, für das ein Lebewesen mehrere Monate gegrast hat und die ähnlichen Zutaten wie für die Brezel tagaus tagein gefressen hat, bevor es auf der Schlachtbank landet und auf der anderen Seite ein Teigprodukt für das lediglich eine Ladung an Weizen geerntet werden musste, um es herzustellen. Am Ende beträgt der Preisunterschied läppische 30 Cent. Schon eine ziemlich verrückte Welt, in der wir leben und wir uns das Leben unnötig schwermachen. Schließlich werden rund 60 Prozent der Ackerfläche aktuell für Tierfutter verwendet, statt darauf direkt Brezeln, Brot und indirekt auch Burgerpattys herzustellen.
05 Käfighaltung
Anders als in Gladbach und in Augsburg war der Gästeblock diesmal proppevoll. Geht doch! Es gab zwar keine Maskenpflicht, aber dass Masken prinzipiell im Stadion eine gute Idee sind, zeigte sich während des Einmarsch der Spieler. Der rote Feinstaub, der sich dabei entwickelte wurde von der FFP2-Maske wunderbar gefiltert. Was wir danach zu sehen bekamen, sind wieder die zwei Gesichter von Mainz 05 – nur dass wir diesmal die besser Hälfte am Anfang sahen.
Aber wer nach einer Zwei-zu-Null-Führung von Nullfünf auf fremden Platz in der 60. Minute „Auswärtssieg“ gröhlt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Ich erinnere mich noch an eine Zwei-zu-Null-Führung in Hannover in der 85. Minute, bei der ebenfalls „Auswärtssieg“ angestimmt wurde – das Spiel ging 2:2 aus. Auswärtsspiele von Mainz 05 sind mit Ausnahme der Aufstiegssaison 2008/2009 einfach Momente, an denen man wachsen kann. Meist gibt es einen auf den Deckel, aber man lernt unweigerlich, mit Niederlagen umzugehen. Solch ein Training haben Fans des FC Bayern zum Beispiel meist nur ein oder zweimal pro Saison – wir hingegen haben es gefühlt jetzt innerhalb von sechs Tagen dreimal erlebt (danke Yann Sommer). Das nennt man Lebenserfahrung.
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 bietet altbewährtes – in Köln mit Fans im Gästeblock gibt es keinen Auswärtssieg in Liga 1.
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Lagen zwischen der vorletzten und der letzten Auswärtsfahrt 3 Monate, so verstrichen zwischen Gladbach und Augsburg nur drei Tage. Endlich wieder die alte Normalität…in der Woche…mit ein paar versprengten Nasen quer durch die Republik zu düsen. Ich persönlich mag das ja, eine Auswärtsfahrt in der Woche, ohne Trikotbettler und ohne Frage warum man das alles eigentlich macht.
Völlig unspektakulär ging es mit der Bahn in die schöne Fuggerstadt. Bei keinem Ort in Deutschland mit Profifußball klaffen wohl Sympathie mit der Stadt und Antipathie mit der Art Fußball zu spielen so auseinander wie in Augsburg. Da das Spiel aus bekannten Gründen verschoben wurde, also natürlich nur rein terminlich gemeint, war ich vor vier Wochen schon mal in der Stadt, da wir einfach Lust hatten, trotzdem hierher zu fahren. Und so ganz ohne Fußball ist die Stadt wirklich eine Reise wert. Das mag man zwar nicht glauben, wenn man nur in den weit gefassten eingezäunten Gästebereich hineinfährt, sich mehr oder weniger 90 Minuten lang über den Spielstil der Fuggerstädter aufregt und sich danach mit einem Gefühl aus Wut und Frust wieder vier Stunden zurück nach Hause begibt.
02 (N)immer nuff:
Ähnlich wie in Mainz liegt das alte Stadion in der Nähe des Hauptbahnhofs und da es wieder mit dem Klapprad auf Auswärtsfahrt ging, wurde noch ein kurzes Groundspotting am Rosenaustadion eingelegt. Das weite Rund mit seinen vier markanten Flutlichtmasten ist natürlich nie ein enges Fußballstadion gewesen. Aber es hatte einfach Flair. Wer kann sich noch an den gefühlten 100-Meter-Schuss von Aristide Bancé erinnern, der in der Saison 2008/2009 sinnbildlich ganz Mainz den Frust von der Seele schoss und einen Auswärtssieg in diesem weiten Rund einleitete?
Danach ging es mit dem Rad weiter durch die Stadt dem Schwabenstadion entgegen. Links abbiegen als radfahrende Person ist in Augsburg echt tricky, denn zunächst muss man auf der Kreuzung geradeaus fahren, um dann auf der anderen Straßenseite angekommen auf der Fahrbahn sich nach links wenden und warten, bis man wieder grün bekommt. Linksabbiegende Autos können natürlich direkt abbiegen. Aber hey, wir sind in Bayern…da sind Radfahrende wie Windräder natürlich noch in der totalen Minderheit…Und „Links“ wird in Bayern eh mit großer Skepsis betrachtet. Team Vorsicht, halt!
03 Kon-Trolle
Die Zeiten, in denen am Zaun Dixie-Klos standen und die eigentlichen Toiletten versperrt waren, sind glücklicherweise längst vorbei. Aber einen Radfahrenden vom Rad runterbrüllen geht beim Sicherheitsdienst natürlich immer. Warum ich auf der Fahrstraße zum Gästeblock mein Rad zu schieben hatte, erklärt mir die Straßenverkehrsordnung nicht, aber der Typ von der Security meinte „wegen der Polizei“ – aha! Die eigentliche Kontrolle war easy und die Fahrradlampen waren genauso unkompliziert wie in Gladbach ruckzuck in der Aufbewahrung verstaut. Leider sparen da auch manche Vereine und teilen dem Gastverein einfach vorher mit, eine Abgabe von Gegenständen sei am Gästeblock nicht möglich. Dass aber nicht jeder Fan mit dem Fanbus oder dem Auto anreist, in dem diese Gegenstände deponiert werden können, ist den Vereinen egal. Dass Fahrradlampen als potentielle Wurfgeschosse gelten, ist nachvollziehbar, daher ist das Deponieren vor Ort schon ok – nur sollte halt generell eine Abgabemöglichkeit vorhanden sein.
04 Kampf um den Mampf
Augsburg macht es kompliziert. Dabei sollten es die gängigen Kreditkarten doch mittlerweile auch bis nach Bayerisch-Schwaben geschafft haben. Eigentlich…Denn die alte Normalität heißt in Augsburg: Bezahlung nur mit Karte, also nicht mit Visa oder MasterCard sondern mit FCA-Card oder einer Blue-Dingsbums-App von der ich persönlich vorher noch nichts gehört habe. Warum auch einfach, wenn man es den Fans schwer machen kann? Aber vor Jahren schon, als man noch Eintrittskarten vor Ort beziehen konnte, akzeptierte der FCA nur cash und so musste ich damals einem Nullfünfer mit Bargeld aushelfen, damit er sich unsere Pokalniederlage auch live und in Farbe angucken konnte. Seit der Pandemie gibt es gar keine Tageskassen mehr. Einen nachvollziehbaren Grund kenne ich nicht. Dabei wäre das Gegenteil ja eigentlich sinnvoller. Ich war zum Beispiel nach meiner Rückkehr aus Gambia im Februar krank, musste mir aber das Union-Ticket bereits vorab kaufen und habe letztlich den Verein an der alten Försterei monetär unterstützt, obwohl ich die Reise nach Köpenick gar nicht antreten konnte.
Am Catering-Stand gleich eine schöne steile These: Die Becher sind biologisch abbaubar… Hahaha! Gut, dass ich gerade ein Buch über Nachhaltigkeit im Fußball geschrieben habe. Dort zitiere ich aus der Studie „Vergleichende Ökobilanz verschiedener Bechersysteme beim Getränkeausschank an Veranstaltungen“, die bereits anlässlich der Männer-Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz erstellt wurde: „Biologisch abbaubare Einweggetränkebecher aus PLA (Polylactide) stellen keine ökologisch vergleichbare Alternative zu Mehrwegbechern da. Die Kompostierbarkeit der Becher führt nicht zu geringeren Umweltauswirkungen, da mit der Kompostierung dieses Kunststoffes kein nennenswerter ökologischer Nutzen verbunden ist. Zudem sind die Auswirkungen der Entsorgung marginal im Vergleich zur Herstellung der Becher.“ Gut, um an diese Studie zu gelangen, müsste man sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, zirka fünf Minuten im Internet recherchieren und dann noch die Gewissheit haben, dass das was in der Schweiz und Österreich gilt auch auf Bayern übertragen kann. Denn in Bayern ticken die Uhren ja bekanntlich anders.
Dass es in Augsburg das lokale und sehr leckere Riegele Bier gibt, ist immer ein guter Grund hierher zu fahren – nur halt nicht zum Stadion. Dass es im Gästeblock nur alkoholfreies Riegele und Radler gibt, ist seit Jahren bekannt. Dass es aber im Außenbereich des Stadions auch keinen Bierstand gibt, an dem man im besten Fall mit anderen Fans ins Gespräch kommt, ist in Augsburg gar nicht gewollt – man schottet sich lieber von den Gästen ab. Willkommenskultur anno 2022!
Die Wurstsorten kamen vom gleichen Hersteller wie in Gladbach aus der Nähe von Köln. Dass es in der Region Augsburg keinen Metzger gibt, der Würste herstellt, ist eher unwahrscheinlich – Uli Hoeneß lässt grüßen. Dass der Bezug der Wurst aus Köln aus betriebswirtschaftlicher Sicht mehr Sinn macht als der Einkauf der Wurst aus Schwaben ist wieder einer dieser Gründe, warum uns sicherlich aktuell so viele Probleme auf die Füße fallen. Billiges Gas, billiges Öl oder billige Wurst – ist halt am Ende nicht immer die beste Alternative. Apropos Alternative: Jener Wurstfabrikant, der Gladbach und Augsburg beliefert, hat auch vegane Bratwurst im Angebot – aber nicht im Stadion. Stattdessen gibt es trockene, wenig gesalzene Pommes. Auf die Idee, dass es durchaus Menschen gibt, die auch mal eine vegane Currywurst mit Pommes essen, kommt man in Deutschland im Jahr 2022 leider nicht immer. Aber wenigstens gab es Ketchup und Senf (anders als in Gladbach) wieder in Selbstbedienung. Mayo allerdings nicht – die gab es wie in Gladbach nur in kleiner Einzelpackung aus Plastik.
Dank der Entscheidung, nur alkoholfreies Bier auszuschänken, werden wahrscheinlich nach Spielende wenigsten weniger (theoretisch biologisch abbaubare) Einwegbecher zu entsorgen sein. Damit trägt der FCA wenigstens ein bisschen zur Müllvermeidung bei… Denn die Dinger werden aufgrund der langen Dauer des theoretischen Kompostierens am Ende trotzdem verbrannt.
05 Käfighaltung
An einem Werktag um 18.30 Uhr an einem Stadion pünktlich anzukommen, ist im autovernarrten Deutschland immer so eine Sache. So war der Block zum Anpfiff extrem leer, da der einzige Fanbus gerade erst eintraf. Die Kurve gab aber wenig später mit ihren Fahnen schon ein gutes Bild ab, genau in dem Moment, als im Kölner Keller anscheinend etwas anderes wichtiger war, als auf den Bildschirm zu gucken. Auch aus dem Block sah das Hinfallen von Flo Niederlechner ziemlich komisch aus. Natürlich bekamen wir relativ schnell die Gewissheit durch Nachrichten aus der Heimat, dass der Elfmeter eine Farce war. Aber was bleibt einem in diesem Moment übrig?
In diesen Situationen weiß ich wieder, warum ich mir Nullfünf-Spiele seit Jahren ausschließlich live im Stadion anschaue. Dort bleibt gar nicht die Zeit, sich über so eine Fehlentscheidung lange aufzuregen. Anscheinend ging es den meisten ähnlich und die Mannschaft wurde vom Gros der paar Hundert Nasen weiter bis zum Schlusspfiff unterstützt. Aufregen konnte man sich ja noch die vier Stunden auf der Fahrt nach Hause in die goldene Stadt am Rhein.
Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 hält die Tradition hoch, für die die Fuggerstädter bekannt sind: Schwalben und Theatralik auf Champions League-Niveau.