„Wen wählst Du am Sonntag?“ war sicherlich die am häufigsten gestellte Frage beim gestrigen Stuttgart-Spiel. Während ich am Freitag mehr auf die Umstände rund um die Wahl eingegangen bin, geht es mir heute eher um die Kandidatin und die Kandidaten. Dankenswerterweise hatten hierfür die Supporters uns die Möglichkeit gegeben, sich vor dem Spiel unter dem A-Block ein Bild von ihnen zu machen. Gewinner waren eindeutig die Supporters, denn das Angebot mit den vieren ins Gespräch zu kommen, ist rege von Jung und Alt angenommen worden.
Eine Wahlempfehlung auszusprechen ist immer eine schwierige Sache. Alle vier Kandidaten haben in ihren Präsentationen davon gesprochen, wieder Ruhe in den Verein bringen zu wollen. Bevor es später zur Wahl des Vorstandsvorsitzenden kommt, steht zunächst wohl noch ein Antrag auf eine Satzungsänderung an. In dieser geht es darum, zukünftig einen hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden zu wählen. Damit wäre die Wahl zum ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden hinfällig und Ruhe würde bei Mainz 05 sicherlich nicht einkehren. Daher sollte man diese Änderung sicherlich im Hinterkopf behalten. Ob sich diese Änderung für heute empfiehlt, sei dahingestellt.
Rouven Schröder hat einmal sinngemäß gesagt, das wichtigste bei Mainz 05 sei der Verein und nicht die Köpfe. Die vier Köpfe, die das neue Aushängeschild von unserem Verein werden wollen, haben alle einen unterschiedlichen Wahlkampf in der Kürze der Zeit geführt. Gestern sah ich auf der Seite 17 der AZ eine Anzeige der „Interessengemeinschaft Mainz 05“. Wer diese Interessengemeinschaft ist, bleibt im Nebel. Es ist aber anzunehmen, dass diese mit dem Wissen von Herrn Doetz die Anzeige platziert hat. In dieser duzt sie alle Leserinnen und Leser der AZ zunächst und fordert diese auf, ins Stadion zu kommen. Wenn es um die Wahl geht, verfällt der Verfasser der Anzeige ins Sie und befiehlt „Wählen Sie Jürgen Doetz!“. Danach werden seine vermeintlichen USP (nicht Ultras Sankt Pauli – sondern Unique Selling Points) aufgezeigt: Er hätte Erfahrung. Frau Federhenn und Herr Hofmann sind bei Mainz 05 allerdings auch schon sehr lange im Geschäft. Er sei der Kandidat, den man kennt, „überall dort wo es hilft“ – das Komma fehlt tatsächlich – ob es an der heißen Nadel lag, mit der sie gestrickt wurde? Herr Hofmann hatte das Nachwuchsleistungszentrum aufgebaut und 12 Jahre geführt – dadurch ist er sicherlich gut mit DFB und DFL vernetzt. Herr Doetz sei der Kandidat mit klarem Programm „für unsere Probleme“. Von Lösungen ist nicht die Rede – denn diese hätte er ja in seiner Funktion bis Sommer auch präsentieren können. Schließlich sei Herr Doetz der Kandidat, „der dem Verein rund um die Uhr zur Verfügung stehen wird“. Die maximale Wochenarbeitszeit in Deutschland beträgt 48 Stunden – mehr möchte ich persönlich einem Ehrenamtler auch nicht zumuten. Schließlich arbeitet dieser in einem Team und die vorgestern angesprochenen Alphamännchen, die alles alleine entscheiden, befinden sich auf dem absteigenden Ast. Trotzdem ist der letzte Punkt sehr wichtig, wenn man an die oben genannte Satzungsänderung denkt, die im Raume steht. Womöglich wäre er ein Kandidat für einen zukünftig zu wählenden hauptamtlichen Vorstand.
„Der Plan ist perfekt“ so lautet das Intro zu einem „investigativen“ Artikel des Fachmagazins für Torkanonen. Eigentlich soll es um die Kandidatur von Frau Federhenn gehen. Diese wird in der Online-Ausgabe als „letztes Puzzleteil“ bezeichnet. Im Artikel selbst geht es um den Puzzlespieler, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Herrn Höhne. Heldenhaft sind die Torkanonen-Journalisten Herrn Höhne auf die Schliche gekommen, als dieser die Mitgliedslisten durchforstete und feststellte, dass 30% der Nullfünfer, ja eigentlich Nullfünferinnen sind. Daher fiel seine Wahl auf das Aufsichtsratsmitglied Frau Federhenn, die er angeblich inthronisieren möchte. Dass dieses dem Aufsichtsrats zustehende Vorschlagsrecht auf einer Entscheidung des Gremiums beruhte und nicht die eines Alpamännchsens mit Allmachtphantasien war, haben die Torkanonen-Kolumnisten ignoriert. Und dass Herr Höhne, „wie aus sicheren Quellen zu erfahren war“, Frau Federhenns Reden und Interviews aufpimpte, zeigt vielleicht eher die Qualitäten von Frau Federhenn, die anders als viele Männer, nicht beratungsresistent ist, sondern sich helfen lässt. An seinen Schwächen zu arbeiten war sicherlich noch nie ein Fehler – aber ein Männer dominiertes Redaktionsteam macht natürlich keine Fehler und ist auf so etwas nie und nimmer angewiesen. Es wäre allerdings besser gewesen, Frau Federhenn hätte zum Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Kandidatur ihr Mandat im Aufsichtsrat niedergelegt. Denn wenn sie nachher nicht gewinnt, wird sie zukünftig die Person, gegen die sie unterlag, kontrollieren. Wie war das noch mit Mainz 05, der Wichtigkeit, dem Verein und den Köpfen?
Ich nahm gerne vor dem Spiel das Angebot der Supporters an, um den Ausführungen des dritten Kandidaten, Herrn Hofmann zu lauschen, da ich ihn nicht kenne. Er stand vielen Leuten aus der aktiven Fanszene Rede und Antwort. Glücklicherweise wurden ihm auch in aller Ausführlichkeit kritische Fragen gestellt, z.B. zum Thema Motivation. Hofmann erklärte, dass er diesen Begriff im Sommer im Zusammenhang mit Mainz 05 gar nicht benutzt hat. Bei mir kam es damals so an, als sei er aufgrund von fehlender Motivation aus seiner Tätigkeit im Nachwuchsleistungszentrum ausgeschieden. Hofmann stellt die Sache gerade. Auf seine Ausführungen hin, die er gegenüber einem Journalisten tätigte, warum er nach 12 Jahren in dieser Funktion, in der er im Bereich Nachwuchsförderung sicherlich alles miterlebt hatte, die tägliche Routine vielleicht nicht mehr als so den Burner empfand, sprach der Journalist von Motivationsproblemen. Das ganze erinnerte mich ein wenig an den Don, der auch nicht sein Leben lang die Lebensversicherung von Mainz 05 spielen wollte. Hofmann selbst blieb vielmehr Mainz 05 eng verbunden, in dem er z.B. für Sandro die kommenden Gegner beobachtete – unmotiviert kann man eine solche Arbeit sicherlich nicht verrichten. Und ihm war wichtig klarzustellen, dass er seit drei Jahren Thomas Krücken im Nachwuchsleistungszentrum aufgebaut hat und praktisch eine fließende Übergabe ermöglichte. Hier merkt man, dass dieser Mann Aufgaben ernst nimmt und sich entsprechend engagiert.
Interessant waren auch Hofmanns Ausführungen über das Amt, auf das er sich heute bewirbt. Langfristig sieht er auch die Notwendigkeit, einen hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden zu installieren. Allerdings nicht heute, damit der Verein endlich zur Ruhe kommt. Und auf die Frage, wie er Amt und Job miteinander verbinden kann, erklärte er seinen Beamten-Status, der es ihm ermöglichen kann, kürzer zu treten und die notwendige Zeit für das Amt aufzubringen.
Ich wünsche mir vorallem, dass eine möglichst große Zahl an Nullfünfern nachher in die Halle 45 kommt – mit Perso und Mitgliedsausweis, damit unser neues Aushängeschild eine größtmögliche Legitimation erfährt.
In diesem Sinne, gute Nacht und bis später in der Halle 45!