Spätlese Hoffenheim 2021/22

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Seit meinem ersten Besuch im Kraichgau im Herbst 2007 ging es immer motorisiert dorthin – entweder mit dem PKW gemeinsam mit Freund:innen oder wahlweise mit dem Bus des Vereins oder dem der Supporters. Zu den meisten anderen Bundesliga-Auswärtsspielen fahre ich seit Jahren meist mit der Bahn. Warum ich bisher nicht auf die Idee gekommen bin, dorthin mit dem Zug zu fahren? Es liegt wohl hauptsächlich an einer gewissen Bequemlichkeit – schließlich liegt die Rhein-Neckar-Arena direkt in einer Autobahnausfahrt und lässt sich vom Mainzer Ring allzu leicht in etwas mehr als einer Stunde erreichen. Dass man nachkicks mit dem PKW teilweise ebenfalls eine Stunde im Stau auf dem Parkplatz steht, bevor man die Autobahn wieder erreicht, habe ich irgendwie immer verdrängt, egal ob ich eine Niederlage („Fastnachtsspiel“), ein Unentschieden („Last Christmas“) oder einen Sieg („haddemerauchscho“) zuvor erlebt hatte.

Auf dem Weg nach Hoffenheim lohnt sich ein Zwischenstopp in Heidelberg

Da ich durch einen Umzug innerhalb unseres Städtchens mittlerweile eine S-Bahn-Station fast vor der Nase habe und umgekehrt der Busparkplatz des Wolfgang-Frank-Campus (danke für die Namensgebung lieber Verein) relativ weit weg liegt, wollte ich jetzt mal die Bahn ausprobieren.

02 (N)immer nuff:

Dass bei den meisten Eintrittskarten in der Bundesliga der ÖPNV außer beim klammen FC Bayern im Verkaufspreis eingeschlossen ist, hatte ich in mehr als 580 Tagen Bundesliga-Auswärtsabstinenz irgendwie vergessen. Daher kaufte ich mir eine Fahrkarte ab Mainz bis Sinsheim – bis Guntersblum hätte auch gereicht, denn dort beginnt der Verkehrsverbund Rhein-Neckar und auch die Gültigkeit der Eintrittskarte für den Zug. Geldverbrennung olé…

Der Vorteil an der Bahnfahrt an die Autobahnausfahrt ist die von mir sehr geschätzte Möglichkeit, die Fahrt an netten Orten zu unterbrechen, wie z.B. dieses Mal in Heidelberg. Auf knapp drei Kilometern Fußmarsch vom Hauptbahnhof bis zum Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ lässt sich die Stadt ganz gut per Pedes entdecken und schöne Blicke auf das über der Stadt thronende Schloss erhaschen.

Willkommen im Schilderwald Sinsheims

Vom Bahnhof „Heidelberg Altstadt“ brachte mich ein Fußball-Sonderzug in knapp 30 Minuten via Hoffenheim nach Sinsheim Museum/Arena. Diese Möglichkeit nahmen insgesamt rund ein Dutzend Zuschauer in Anspruch. Die Leute im Kraichgau stehen wohl nicht so wirklich auf die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Vom Bahnhof aus lagen nur 10 Minuten Fußmarsch vor mir, an einem Schilderwald vorbei, an der Air France-Concorde entlang, unter der Autobahn hindurch, direkt zum Gästeblock – ohne lästiges Einmal-Rund-Ums-Stadion-Gegurke.

03 Kon-Trolle

Wie schon in Elversberg war es wunderschön, gleich auf dem Busparkplatz vor dem Gästeblock wieder die ersten mir bekannten Gesichter getroffen und gemeinsam noch ein Kaltgetränk geleert zu haben und dort tatsächlich einen der Kigges-Oldies zum ersten Mal live und in Farbe persönlich kenngelernt zu haben – nach fast zwei Jahrzehnten Online-Begegnungen in diesem legendären Forum.

Obwohl mehr als 600 Gästefans erwartet wurden, bildeten sich vor den zweigeteilten Kontrollen keine ellenlangen Schlangen. Rechts von den Treppen hoch zum Gästeblock wurde mein digitaler Impfausweis gecheckt. Danach gab’s ein Bändchen und es wurde geprüft, ob ich mich mit der Luca App registriert habe. Leider führt die Pandemie zu ziemlich viel Müll – was ich ja bereits beim Leipzig-Heimspiel kritisiert habe. Viellicht bin ich da ein bisschen „übers Ziel“ hinaus geschossen und diese Bändchen machen „die Sau auch nicht mehr fett“ – aber es ist halt echt mega Mist, noch mehr Müll zu produzieren, statt mal mit der Müllvermeidung zu beginnen. Glücklicherweise findet am nächsten Samstag der „World Clean Up Day“ statt, an dem sich auch der Entsorgungsbetrieb der Stadt Mainz beteiligt und alle Mitmachenden mit Hilfsgerät unterstützt. Der Entsorgungsbetrieb möchte diesmal hauptsächlich auf die achtlos weggeworfenen Hygienemasken hinweisen.

b3G-Check bestanden und wieder ein bisschen mehr Müll produziert.

Mit dem Bändchen am Handgelenk ging es die Treppe um die Wellenbrecher hoch zur recht lässigen Kontrolle und ich war im Gästeblock angekommen. Interessanterweise sah ich an diesem Tag auch nirgends Polizeibeamte in Uniform, weder am Bahnhof, noch vor dem Stadion oder im Block – Deeskalation pur an diesem sonnigen Samstagnachmittag.

04 Kampf um den Mampf

Die Catering-Abteilung der TSG trug dazu bei, dass wieder 3 € #Saisonspende fließen, da die günstigste Speise, die angeboten wurde, vegetarisch war. Allerdings hat man im Kraichgau einen etwas bizarren Geschmack, denn das vegetarische Angebot bestand hauptsächlich aus Süßkram und Nüsschen. Aber ich möchte gar nicht meckern, denn vor Corona gab es auch immer eine leckere Pommes Spezial, also Pommes Frites mit Ketchup, Mayo und Röstzwiebeln – das bot die TSG bis dato als einziger Verein in der Liga an. Pommes Spezial haben den Vorteil der Müllvermeidung, da die Toppings bei der Zubereitung drauf geklatscht werden. Und die Pommes Spezial standen auch wieder der Speisekarte.

Es gab sie aber nicht. Ob der Wegfall der Pommes Spezial dem Hygniekonzept geschuldet oder die Röstzwiebellieferkette in den Kraichgau unterbrochen war – ich weiß es nicht. Dafür gab es Pommes mit Ketchup und Mayo in Plastiktütchen abgepackt. Daneben lagen Holzgäbelchen verstreut herum und jede:r konnte mit seinen Händen da hineinlangen. Dass die bargeldlose Zahlung an den entsprechenden Geräten im SAP-Land nicht funktionierte (Gerät kaputt), war ein weiteres interessantes Mosaiksteinchen im TSG-Hygienekonzept.

Pommes waren deutlich günstiger als die Currywurst – damit fließen 3 Euro in die Saisonspende

Aber sei’s drum. Es gab etwas zu futtern. Zu trinken gab es im Gästeblock, wie in Hoffenheim üblich, keinen Alkohol – das Verbot wurde diesmal aber wohl auf das gesamte Stadion ausgedehnt. Auch das ist für mich persönlich ziemlich zweitrangig. Ob es hilft, die Pandemie zu bekämpfen, müssen andere entscheiden.

05 Käfighaltung

Die Speisen und Getränke durften nicht im Catering-Bereich zu sich genommen werden, da dort genauso wie auf dem Weg zum Platz im Gästeblock Maskenpflicht herrschte analog zu den Regeln im Stadion am Europakreisel. Warum es gefährlich ist, im ausgedehnten Catering-Bereich unter Einhaltung der Abstandsregeln Pommes und alkoholfreies Bier zu konsumieren und sich über den grandiosen Spielverlauf zu unterhalten, es aber vollkommen ungefährlich ist, dies im Block zu tun, weiß ich nicht. Schließlich sei daran erinnert, dass dieser Gästebereich mal für 3 000 Menschen konzipiert wurde und sich nun 600 Leute dort aufhielten. Abstandsregeln unter Genesenen, Getesteten und Geimpften einzuhalten wäre also kein Problem gewesen.

Aber auch hier: egal. Mit der Maske im Gesicht ging es in den Block und zwar in den Stehblock! Yes! Dort war es möglich, zu futtern, zu trinken und die Mannschaft lauthals zu unterstützen. Das hat wirklich Spaß gemacht und bei aller oben beschriebenen Kritik, war es einfach ein großartiges Gefühl, wieder in einem Block zu stehen und situativ auf das Spielgeschehen zu reagieren bzw. die Jungs in rot und weiß nach vorne zu peitschen.

Beste Stehplatz-Stimmung im Gästeblock

Der Großteil der mitgereisten Fans sah das wohl ähnlich, denn es wurde ziemlich laut im Block und das bereits vor dem Spiel. Der etwas ungeordnete Support hatte die Folge, dass meine Stimmbänder nach dieser langen Auswärtsabstinenz schon zur Halbzeit in Mitleidenschaft gezogen waren, denn vor der Pandemie war immer ein Leichtes, wenn der Gästeblock eh schon die Dezibelzahl hochgeschraubt hatte, mal der Stimme eine Pause zu gönnen. Diese Pausen gab es nicht und während unten auf dem Platz Vollgasfußball made in Meenz präsentiert wurde, ruinierte ich mir in Halbzeit zwei mir die Stimme endgültig.

Von der Heimseite kam relativ wenig verbale Unterstützung – aber auch die Zahl der Zuschauenden mit etwas über 8 000, was einer zirka sechzigprozentigen aktuell zulässigen Auslastung entsprach, lässt die Erkenntnis wachsen, dass im Kraichgau Bundesliga-Fußball nach 13 Jahren nicht mehr wirklich attraktiv ist – ob es an der Pandemie liegt oder daran, dass es halt doch ein bisschen ein Kunstprodukt ist, was da an der Autobahnauffahrt entstanden ist, kann ja mal die Marketingabteilung der TSG klären.

Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 der Kraichgau-Edition bietet unterm Strich gute Bedingungen für Gästefans die Auswärtsfahrt zum Heimspiel zu machen!

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20 – Teil 4

Im Mai 2019 veröffentlichte die DFL nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Da wir bei der Bundesliga nicht erst seit den Geisterspielen wissen, dass es nur ums Geschäft geht, hatte ich im letzten Jahr die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ veröffentlicht. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits letztes Jahr extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. In diesem Jahr wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln. Bilanzstichtag war der 30. Juni 2019 (bei Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und dem FC Schalke 04 der 31. Dezember 2019). Zu diesem Zeitraum spielten der SC Paderborn, der 1. FC Köln und Union Berlin in der 2. Liga. Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni oder 31. Dezember 2018) spielten Union Berlin und Fortuna Düsseldorf in der 2. Liga und der SC Paderborn in der 3. Liga.

Da sich letztes Jahr Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessiert haben, gehe ich dieses Jahr auf alle 18 Erstligisten der Saison 2019/20 ein. Dadurch wird der Umfang dieser Analyse deutlich erweitert. Aus diesem Grund macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2019/20
Teil 5: Kurz-Analyse pro Verein – die Kellerkinder
Teil 6: Kurz-Analyse pro Verein – das Mittelmaß
Teil 7: Kurz-Analyse pro Verein – die High-Performer

In den ersten drei Teilen habe ich die 18 Erstligisten mit Hilfe von insgesamt sechs KPIs analysiert und für jeden KPI eine Tabelle erstellt. In diesem Teil habe ich nun pro KPI pro Verein zwischen 0 und 3 Punkten vergeben. Ich hätte natürlich auch nach Tabellenplatz bewerten können. Doch sagt ein Platz in der Tabelle nicht wirklich etwas über den finanziellen Zustand des Clubs aus. Deshalb habe ich die Bewertung in jeder Kategorie nach Punkten durchgeführt und jede Kategorie gleich gewichtet. Natürlich ist das rein subjektiv. Doch letztlich ergibt sich ein gutes Bild, wie es um das finanzielle Gebaren der Clubs untereinander aussieht, wer gut wirtschaftet, wer mit Geld zugeschüttet wird und wer sogar Geld abdrücken muss, weil er vorher jahrelang sehr großzügig alimentiert wurde – und erstmals ist es auch möglich Vergleiche zwischen dem aktuellen Geschäftsjahr und dem Vorjahr herzustellen.

Die Punkteverteilung im Überblick für die Nerds (in Klammer jeweils die Punkte im Vorjahr):

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen) – Finanzierung des Vereins
> 1 3 Punkte für: FCB (3), SCF (3), TSG (3)
> 0,5 2 Punkte für: RBL (1), M05 (2), B04 (2), KOE (2), BVB (3), FCA (2), SGE (2), BMG (2)
>0 1 Punkt für: WOB (1), SVW (1), F95 (2), SCP (0), BSC (0)
<0 0 Punkte für: FCU (0), S04 (1)

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme) – Chance auf Pleite des Vereins
> 0,66 3 Punkte für: FCB (2), SCF (3), TSG (3), BVB (3)
> 0,33 2 Punkte für: M05 (2), B04 (2), KOE (2), BMG (2), FCA (2), SGE (1), RBL (1)
> 0 1 Punkte für: F95 (1), WOB (1), SVW (1), SCP (0), BSC (0)
< 0 0 Punkte für: S04 (1), FCU (0)

Eigenkapitalrendite (Jahresüberschuss zu Eigenkapital)- Macht der Spielbetrieb finanziell Sinn?
> 0,5 3 Punkte für: SGE (2)
> 0,1 2 Punkte für: FCB (1), M05 (1), BMG (0), FCA (2), F95 (2), SVW (1)
> 0 1 Punkte für: SCF (2), TSG (1), BVB (1), B04 (1), KOE (2), RBL (2)
= 0 1 Punkt für B04 da Gewinn nach Steuern vor Ermittlung des Jahresüberschusses bei 0,004 liegt
< 0 oder nicht berechenbar 0 Punkte für: WOB (0), S04 (3), SCP (0), BSC (0), FCU (0)

Letztes Jahr gab es die 3 Punkte erst bei einer Eigenkapitalrendite von > 1. Schalke hatte damals den sagenhaften Wert 5,23 erzielt. Das beste Ergebnis erzielte diesmal die Eintracht Frankfurt mit 0,54. Der Zweite SV Werder Bremen erzielte 0,33. Damit ist genügend Abstand vorhanden, um 3 Punkte an die SGE zu verteilen.

Umsatzrentabilität (Jahresüberschuss zu Umsatz) – Effizienz des Vereins
> 0,1 3 Punkte für: M05 (2), SGE (2), FCA (3)
> 0,01 2 Punkte für: BVB (2), SCF (3), FCB (2), F95 (2), KOE (3), RBL (2), SVW (1), BMG (0)
> 0 1 Punkt für: TSG (1), FCU (1), B04 (1)
= 0 1 Punkt: B04 da Gewinn nach Steuern vor Ermittlung des Jahresüberschusses bei 0,003 liegt

< 0 0 Punkte für: S04 (3), BSC (0), WOB (0), SCP (0)

Personalaufwandsquote (Personalaufwand zu Umsatz) – Arbeitsintensität des Vereins
< 0,4 3 Punkte für: SGE (2), M05 (3)
< 0,5 2 Punkte für: S04 (3), FCA (3), F95 (2), SCF (2), KOE (2), RBL (2), SVW (1), BVB (3), BMG (1), TSG (2), BSC (2), FCU (2)
< 0,6 1 Punkte für: FCB (1), B04 (2), SCP (0)
>  0,6 0 Punkte für:  WOB (1)

Die Punkteverteilung wurde komplett neu aufgeteilt. Die 2019er Ergebnisse wurden entsprechend korrigiert, damit die Vergleichbarkeit gewahrt bleibt.

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital) – Abhängigkeit des Vereins
< 0.33 3 Punke für: SCF (3), TSG (3)
< 0.66 2 Punkte für: B04 (2), FCB (2), BVB (2)
< 1 1 Punkt für: FCA (1), M05 (1)
> 1 bzw. negativ 0 Punkte für: BMG (0), KOE (0), F95 (0), SGE (0), SVW (0), RBL (0), WOB (0), S04 (0), SCP (0), BSC (0), FCU (0)

 Meister in der KPI-Bundesliga-Tabelle ist damit wie im letzten Jahr: SC Freiburg

Wie im Vorjahr kommt der Meister der „Finanz-Bundesliga“ aus Freiburg – Glückwunsch in den Breisgau!

KPI-Bundesliga-Abschlusstabelle 2019/20 – in Klammer jeweils die Platzierung und die erzielten Punkt im Vorjahr.

1.            SC Freiburg (1.) 14 Punkte (16)

2.            TSG Hoffenheim (3.) 13 Punkte (13)

                FC Bayern München (5.) 13 Punkte (11)

                1. FSV Mainz 05 (5.) 13 Punkte (11)

                Eintracht Frankfurt (10.) 13 Punkte (9)

6.            Borussia Dortmund (2.) 12 Punkte (14)

                FC Augsburg (3.) 12 Punkte (13)

8.            Borussia Mönchengladbach (13.) 10 Punkte (5)

9.            1. FC Köln (5.) 9 Punkte (11)

                Bayer 04 Leverkusen (9.) 9 Punkte (10)

                RB Leipzig (12.) 9 Punkte (8)

12.         Fortuna Düsseldorf (10.) 8 Punkte (9)

                SV Werder Bremen (13). 8 Punkte (5)

14.          Hertha BSC Berlin (17.) 4 Punkte (2)

15.         FC Union Berlin (15.) 3 Punkte (3)

                SC Paderborn (18.) 3 Punkte (0)

17.          FC Schalke 04 (5.) 2 Punkte (11)

                VfL Wolfsburg (15.) 2 Punkte (3)

Fazit: Wie im letzten Jahr geht der Titel an den SC Freiburg. Das Zustandekommen ist etwas ausgewöhnlich, da der Sport-Club nur beim Anlagendeckungsgrade den ersten Platz belegt hat, wohingegen die Eintracht gleich mehrere KPI-Titel abgeräumt hat. Von 18 möglichen Punkten hat der SC 14 Punkte erzielt. Bei der Personalaufwandsquote belegte er nur Platz 14. Aber der SC hat trotzdem 2 von 3 möglichen Punkten bekommen, da diese Quote bei fast allen Bundesligisten ähnlich ist (positive Ausnahmen sind die Eintracht und Mainz 05, negative Ausnahme sind die Wölfe). Danach folgt auf Platz 2 mit 13 Punkten ein Quartett bestehend aus dem FC Bayern, der TSG Hoffenheim, dem 1. FSV Mainz 05 und der Eintracht aus Frankfurt. Letztere hat im Jahr zuvor noch Platz 10 belegt. Die SGE konnte 4 Punkte hinzugewinnen. 5 Punkte zusätzlich gab es für Borussia Mönchengladbach, was nun für Platz 8 reicht (vorher 13.). Damit verdoppelten die Fohlen ihre Punkteausbeute. 9 Punkte weniger erzielte der FC Schalke 04 und stürzte damit von Platz 5 auf Platz 17 ab, den er sich mit dem VfL Wolfsburg teilt. Die Eigenkapitalspritzen bei Hertha (von 17 auf 14) und bei RB Leipzig (von 12 auf 9) haben sich bemerkbar gemacht. Um hier aber mit den finanziell soliden Vereinen mithalten zu können, muss von den Investoren noch massiv zugeschossen werden, was ja bei der Hertha in der Saison 2019/20 auch passiert ist. Was die Hertha daraus bis zum Bilanzstichtag am 30. Juni 2020 gemacht hat, wird sich nach der Veröffentlichung der Zahlen durch die DFL im nächsten Jahr zeigen. Interessant werden aber auch Bilanzen der anderen Vereine im nächsten Jahr sein, da durch die Pandemie die Zahlen sicherlich durchgewirbelt wurden.

Financial Fairplay ist ein Fremdwort in der Bundesliga. Es gibt Vereine, die können das Geld zum Fenster rausschmeißen und das wird einfach durch Dritte ausgeglichen. Andere Vereine haben diese Möglichkeit nicht. Damit wird die Spaltung der Liga weiter verschärft und ein Wettbewerb kann so kaum noch stattfinden. Egal ob Geisterspiele oder nicht – die Liga wird so langfristig langweilig. Das wird sich langfristig allerdings auch auf das Geschäft der finanziell erfolgreichen Clubs auswirken. Es stellt sich auch die Frage nach der Motivation der finanziell unabhängigen Clubs, am Spielbetrieb überhaupt noch teilzunehmen, wenn in Charlottenburg-Wilmerdorf, Hoffenheim, Leipzig, Leverkusen oder Wolfsburg einfach die Geldschatulle geöffnet wird, wenn mal wieder über die eigenen Verhältnisse gelebt wurde. Ja, Schalke hat im aktuellen Geschäftsjahr finanziellen Mist gebaut. Dafür wird der Verein gerade ähnlich durch den Kakao gezogen, wie der HSV in Bezug auf seine Aufstiegsambitionen oder Werder in Bezug auf die grandios gespielte Saison. Aber der Verein denkt über Gehaltsobergrenzen nach und überlegt sich wenigstens mal Einsparpotenziale(die leider manchmal sozial eher unverträglich und vielleicht daher auch unvereinbar mit dem Credo des Malocherclubs sind). Diese Demut fehlt meiner Meinung nach an den anderen Orten – gerade in Wolfsburg, wo der Verein durch einen Betrieb alimentiert wird, an dem das Land Niedersachsen zu 20 Prozent beteiligt ist. Dass solche Konstrukte überhaupt in die Liga kamen, war ein Fehler des DFBs und der DFL. Sie haben die Box der Pandora geöffnet und zeigen aktuell gar kein Interesse sie wieder zu schließen.

Die DFL wäre gut beraten, hier wenigstens für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, damit der Fußball attraktiv bleibt. Wie wäre es eigentlich, die Fernsehgelder auch nach finanzieller Solidität auszuschütten? Damit bekämen dann seriös wirtschaftende Vereine wie Freiburg, Mainz und Frankfurt aus gutem Grund mehr Geld – denn sie wissen wenigstens, richtig damit umzugehen!

Im letzten Teil in der nächsten Woche folgt schließlich eine kurze Analyse pro Verein.

Die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2019/20 – Teil 3

Im Mai 2019 veröffentlichte die DFL nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung Ende 2018 erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Da wir bei der Bundesliga nicht erst seit den Geisterspielen wissen, dass es nur ums Geschäft geht, hatte ich im letzten Jahr die „Finanz-Bundesliga-Tabelle 2018/19“ veröffentlicht. In dieser habe ich die Finanzkennzahlen, die die DFL pro Verein veröffentlicht hat, mit Hilfe von Leistungskennzahlen, so genannten „Key Performance Indicators“, kurz KPIs, analysiert. Daraus ergaben sich für die einzelnen Vereine viele interessante Ergebnisse. Da sich die Vereine untereinander in einem Wettbewerb befinden, war es bereits letztes Jahr extrem spannend zu sehen, wie es tatsächlich um „Financial Fairplay“ bestellt ist. In diesem Jahr wurde es noch einen Tick interessanter, weil es erstmals möglich war, Veränderungen im Vergleich zum vorangegangen Geschäftsjahr zu ermitteln. Bilanzstichtag war der 30. Juni 2019 (bei Eintracht Frankfurt, Bayer 04 Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und dem FC Schalke 04 der 31. Dezember 2019). Zu diesem Zeitraum spielten der SC Paderborn, der 1. FC Köln und Union Berlin in der 2. Liga. Im vorangegangen Jahr (Bilanzstichtag 30. Juni oder 31. Dezember 2018) spielten Union Berlin und Fortuna Düsseldorf in der 2. Liga und der SC Paderborn in der 3. Liga.

Da sich letztes Jahr Fans zahlreicher anderer Vereine für diese Tabelle interessiert haben, gehe ich dieses Jahr auf alle 18 Erstligisten der Saison 2019/20 ein. Dadurch wird der Umfang dieser Analyse deutlich erweitert. Aus diesem Grund macht es meiner Meinung nach Sinn, dieses Thema in Abschnitte zu unterteilen:

Teil 1: Einführung und die KPIs Anlagendeckungsgrad und Eigenkapitalquote
Teil 2: Die KPIs Eigenkapitalrendite und Umsatzrentabilität
Teil 3: Die KPIs Personalaufwandsquote und Verschuldungsgrad
Teil 4: Die Finanz-Bundesliga-Abschlusstabelle 2019/20
Teil 5: Kurz-Analyse pro Verein – die Kellerkinder
Teil 6: Kurz-Analyse pro Verein – das Mittelmaß
Teil 7: Kurz-Analyse pro Verein – die High-Performer

In den ersten beiden Teilen ging es um das Vermögen der Vereine, das bei einigen Vereinen durch Dritte kurzerhand erhöht wird, um Gewinne, die die Vereine erzielen und wenn sie diese nicht erzielen, dass diese bei einigen Vereinen (oft den selben) einfach mal so ausgeglichen werden. Daraus resultierten bisher vier KPIs. Im letzten Teil kommen zwei weitere KPIs hinzu: Die Personalaufwandsquote und der Verschuldungsgrad.

5. Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)

Geld schießt Tore. Hier geht es allerdings um Umsatz, der mit dem vorhandenen Personal erwirtschaftet wurde. Daher gilt hier, je niedriger die Quote, desto besser wirtschaftet der Club. Langsam wird es allerdings langweilig, denn wieder ziehen Eintracht Frankfurt und Mainz 05 der Konkurrenz davon (Patz 1 bzw. 2 gegenüber Platz 8 und 4 im Vorjahr), da sie ihre Quote senken konnten. Noch deutlicher hat der SC Paderborn seine Quote gesenkt. Diese liegt aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau, so dass der Verein auch hier die rote Laterne zwar an den VfL Wolfsburg abgeben konnte, sich aber trotzdem noch auf dem Relegationsplatz befindet. Die höchste Steigerung bei der Personalaufwandsquote hat der FC Schalke 04 zu verzeichnen. Wenigstens fällt der Absturz von 3 auf 10 nicht ganz so gravierend aus wie bei den KPIs in Teil 2. Die zweithöchste Steigerung hat der VfL Wolfsburg erzielt, daher auch der Move von 17 auf 18. Wir erinnern uns: Beide Vereine haben auch die größten Fehlbeträge erzielt mit 27 Mio. bzw. 45 Mio. Euro. Einziger Unterschied: Schalke muss selbst sehen, wie sie über die Runde kommen und versucht aktuell an eine Bürgschaft des Landes NRW zu kommen. Beim VfL wird der Verlust von einem „anderen Gesellschafter“ getragen. Dieser Gesellschafter muss erst gar nicht beim zuständigen Bundesland anfragen, da es direkt mit 20 Prozent finanziell an ihm beteiligt ist. Daher zielt auch hier das Schalke-Bashing zu kurz. Aber die Leute, die immer auf die Bayern einhauen, können sich daran laben, dass die Bayern bei der Personalaufwandsquote weiterhin sehr unterpeformen und auf Platz 15 verharren.

Quelle

FC Schalke 04: Deckel drauf und Hilfe vom Staat – DER SPIEGEL
Volkswagen AG, Wolfsburg | Nds. Finanzministerium
Fußball: VW und der VfL Wolfsburg – Das fragwürdige VW-System – Sport – SZ.de

Die Spitzenreiter bei der Personalaufwandsquote stammen auf Frankfurt und Mainz.

Die Personalaufwandsquoten-Tabelle (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. Eintracht Frankfurt (8.)
2. 1. FSV Mainz 05 (4.)
3. FC Augsburg (1.)
4. FC Union Berlin (6.)
5. Borussia Dortmund (2.)
6. Hertha BSC Berlin (11.)
7. 1. FC Köln (5.)
8. RB Leipzig (9.)
9. Fortuna Düsseldorf (12.)
10. FC Schalke 04 (3.)
11. SV Werder Bremen (16.)
12. TSG Hoffenheim (13.)
13. Borussia Mönchengladbach (14.)
14. SC Freiburg (7.)
15. FC Bayern München (15.)
16. SC Paderborn (18.)
17. Bayer 04 Leverkusen (10.)
18. VfL Wolfsburg (17.)

6. Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)

Je höher der Grad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen. Ist selbst das Eigenkapital negativ, wie bei Union Berlin und Schalke 04 ist das eigentlich gar nicht messbar. Für die Lizenzerteilung hat das aber wie immer anscheinend keine Rolle gespielt. Interessant ist in diesem Jahr die Tatsache, dass es auf den vorderen Plätzen gar keine Änderung gibt. Ein risikoarmes Geschäftsgebaren legen also Hoffenheim und Freiburg weiterhin an den Tag- genauso wie Borussia Dortmund und der FC Bayern. Den Verschuldungsgrad am stärksten gesenkt hat RB Leipzig – durch die sagenhaften 100 Mio. Euro, die dem Eigenkapital aus Fuschl am See zugeflossen sind. Dennoch hat es RB mit diesem „Geschenk“ gerade mal von Platz 13 auf Platz 8 geschafft und selbst so kleine Vereine wie Mainz 05 (Platz 6) und den FC Augsburg (Platz 7) nicht überholen können. Eine leichte Senkung konnte sogar der VfL Wolfsburg verzeichnen. Dennoch rutschte der Club von Platz 14 auf Platz 15 ab. Daran erkennt man, auf welch riskantem finanziellen Niveau sich der Club zumindest in der Theorie befindet, sollte der Geldhahn in Wolfsburg zugedreht werden. Kleine Erfolge konnten der SC Paderborn und Hertha BSC Berlin verzeichnen, die im Jahr zuvor noch negatives Eigenkapital ausweisen mussten. So lässt sich jetzt wenigstens der Verschuldungsgrad berechnen. Platz 14 und 16 zeigen aber, auf welch finanziellen Glatteis sich beide noch befinden. Gerade bei der Hertha ist das ziemlich heftig, wenn man bedenkt, dass hier der Investor schon 70 Mio. Euro Eigenkapital reingepumpt hat. Eine sprunghafte Zunahme der Verschuldung hat Fortuna Düsseldorf zu verzeichnen. Die Fortuna spielte im Vorjahreszeitraum in Liga 2. Sprich für das Abenteuer 1. Liga wurde sich ziemlich verschuldet. Daher ging es von Platz 10 auf 12 runter. Die schlimmste Entwicklung nahm im abgelaufenen Geschäftsjahr der FC Schalke 04. Der ohnehin extrem hohe Verschuldungsgrad vom letzten Jahr (32 – zum Vergleich Hertha 12 in diesem Jahr) ist nun nicht mehr berechenbar, da das Eigenkapital ins negative abdriftete. Daher ging es von Platz 15 auf 18 runter. Da Schalke so schlecht performte konnte Union trotz negativem Eigenkapital und einer weiterhin schlechten Entwicklung, was das Fremdkapital angeht, die rote Laterne nach Gelsenkirchen schicken.

Den geringsten Verschuldungsgrad weist die TSG Hoffenheim auf – das zieht natürlich Scheichs an 😉

Die Verschuldungsgrad-Tabelle (in Klammern das Ergebnis vom Vorjahr)

1. TSG Hoffenheim (1.)
2. SC Freiburg (2.)
3. Borussia Dortmund (3.)
4. FC Bayern München (4.)
5. Bayer 04 Leverkusen (5.)
6. 1. FSV Mainz 05 (7.)
7. FC Augsburg (6.)
8. RB Leipzig (13.)
9. Borussia Mönchengladbach (8.)
10. 1. FC Köln (9.)
11. Eintracht Frankfurt (11.)
12. Fortuna Düsseldorf (10.)
13. SV Werder Bremen (12.)
14. SC Paderborn (16.)
15. VfL Wolfsburg (14.)
16. Hertha BSC Berlin (17.)
17. FC Union Berlin (18.)
18. FC Schalke 04 (15.)

Doch was zählt schon ein „Spieltag“, sprich eine Unternehmenskennzahl. Zahlreiche Medien haben in den letzten Tagen eine Kennziffer analysiert oder sich mit den Summen beschäftigt, die die Berater von den Vereinen erhalten und die ebenfalls von der DFL veröffentlicht wurden. Dies greift zu kurz, um tatsächlich einen Club von allen Seiten finanziell abzuchecken, ihn mit den anderen Clubs zu vergleichen und Änderungen im Vergleich zum Vorjahr aufzuzeigen. Die von mir genutzten Kennzahlen spiegeln kurzfristige und längerfristige finanzielle Kriterien wieder. Die Abschlusstabelle „lügt“ nicht, wie wir alle wissen. Diese folgt dann in Teil 4. Im Vorjahr hat der SC Freiburg den Titel geholt. Ob dem Verein dies in der „Finanz-Bundesliga-Tabelle“ 2019/20 wieder gelingt?