Willkommen in der neuen „Egalität“

Wie bist Du eigentlich auf den Gedanken gekommen, irgendwann einmal ins Stadion zu gehen?

Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns bisher meist erst für Fußball interessiert und uns dann zum ersten Mal ins Stadion begeben haben. Natürlich gab es in der „alten Normalität“ auch den umgekehrten Fall, sprich, dass Menschen, die mit Fußball so rein gar nichts am Hut hatten, von Freund*innen mitgeschleppt wurden und im Stadion die Liebe zum Spiel entdeckten. Aber dieses Szenario ist auf absehbare Zeit erstmal nur noch graue Theorie.

Wäre die Liga erst 2021 oder 2022 aber gleichzeitig mit Zuschauern im Stadion neu gestartet, hätte es sich um eine Art „Winterschlaf“ für alle Beteiligten gehalten. So aber führen die Geisterspiele bei mir zu einer Art „Back to the roots“. Schließlich schaute ich die letzten 20 Jahre Vereinsfußball praktisch ausnahmslos im Stadion. Die Pay-TV-Debatten zu Premiere, Arena TV, Sky und Co. liefen an mir komplett vorbei. Ich genoss es turnusgemäß, alle zwei Wochen die Dauerkarte einzupacken oder durch die Republik zu düsen, den Alltag komplett zu vergessen und das Auswärtsspiel ergebnisunabhängig zu genießen – weil wir alle einen an der Waffel ham.

Irgendwan sind wir alle zum ersten Mal ’nuff gegangen.

Dass ich kein großer Fan der Geisterspiele bin, habe ich ja bereits Anfang April thematisiert. Das Für und Wieder wurde landauf landab wochenlang durchdiskutiert. Eine wirkliche Erweiterung der Erkenntnisse blieb für mich dennoch aus. Hoffentlich aber nicht für die Allgemeinheit, die ja den aktiven Fans oftmals unterstellt hatte, sich vor den Stadien zusammenrotten zu wollen. Jetzt ist der erste Geisterspieltag gelaufen und die Fanszenen haben wie während der ganzen Krise verantwortungsvoll gehandelt. Dass Mainz 05 ein gutes Auswärtsspiel in Köln bestritt, wo wir in der ersten Liga noch nie gewonnen haben, lässt mich in der Analyse natürlich noch subjektiver urteilen. Aber eigentlich kenne ich dieses Gefühl, dass einerseits Spieltag ist und ich andererseits nicht dabei bin, seit jeher von meinen Reisen, die ich nie wirklich an den Saisonfahrplan angepasst habe.   

Doch so ganz kam mir das am Wochenende dann doch nicht so vor, wie meine freiwillige wochenweise Abstinenz der letzten Jahre. Ich musste mich in meinen Gedanken zeitlich noch weiter nach hinten begeben und kam schließlich in den 1990er Jahren an. Fankultur mit Gesängen, Fahnen und Choreos, wie wir sie seit rund 20 Jahren kennen, gab es damals noch nicht. Mein erstes Zweitligaspiel sah ich 1997 zu Pfingsten am Bruchweg – danach ging’s am gleichen Tag zum ersten Mal auf’s Open Ohr – dass beides dieses Jahr nicht (mehr) stattfinden kann – Ironie des Schicksals. Vorher kam es mir gar nicht in den Sinn, ins Stadion zu gehen. Dennoch war ich damals schon Mainz 05-Fan. Ich habe jeden Artikel der AZ oder der Rheinzeitung – je nachdem, welches Abo meine Eltern gerade hatten – verschlungen. An 05-Spiele im Fernsehen oder im Radio kann ich mich gar nicht erinnern. Ich identifizierte mich trotzdem mit dem besten Fußballverein der Stadt und war unendlich happy, dass wir damals schon so lange in der zweiten Liga spielten. Zuvor sind wir schließlich relativ oft knapp am Aufstieg aus der Oberliga Südwest in die zweite Liga vorbeigeschrammt. Meist waren Eintracht Trier oder Salmrohr einfach einen Tick besser gewesen. Schließlich waren es meine Kumpels, die mich zum ersten Liga-Spiel mitnahmen, um danach auf der Zitadelle den Pfingstsonntag ausklingen zu lassen.

Stehplätze und Fahnenmeer – hoffentlich kein geschichtsträchtiges Bild der Vergangenheit

Jetzt fühle ich mich tatsächlich wieder in diese Zeit vor meinem ersten Ligaspielbesuch versetzt. Sky-Kunde werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr. Liveticker finde ich ebenfalls schrecklich. Ich hatte am Sonntagnachmittag trotzdem mal kurz den Zwischenstand gecheckt – das gab es vor 20 oder 25 Jahren dann doch noch nicht. Dass es 2:1 für Köln stand fand ich direkt mal mega sch… Und da merkte ich, dass ich zwar Geisterspiele genauso fand, wie den Zwischenstand, ich aber trotzdem mit Nullfünf mitfieberte. Um halb sechs herum checkte ich das Endergebnis und freute mich sehr, dass wir nicht wie fast jedes Jahr in Köln verloren haben. Und ich entschied mich, auch im SWR die Zusammenfassung im Fernsehen zu verfolgen.

Wahrscheinlich werde ich die restlichen Spieltage so ähnlich verbringen. Ich fühlte mich emotional zwar angesprochen, weil die Jungs in Rot und Weiß spielten. Natürlich bin ich auch froh, wenn mein Verein diese Zeit wirtschaftlich überlebt und im besten Fall nicht absteigt. Ich fürchte aber auch, dass, je länger diese Abstinenz anhält, sich viele überlegen, ob sie noch ins Stadion gehen. Denn dieser „moderne Fußball“ ging ja vielen von uns schon seit geraumer Zeit auf den Keks. Aber wir spielten das Spiel lange genug mit. Nun merken wir, dass es für das Produkt Fußball unerheblich ist, ob wir nuff gehen oder nicht. Natürlich haben manche Spieler in einem Nebensatz in ihren Interviews erwähnt, dass die Zuschauer fehlten. Aber wirklich tiefes Bedauern habe ich nicht verspürt. Es ist mittlerweile eine ziemliche Egal-Mentalität entstanden. Es ist im Grunde genommen egal, ob mit oder ohne Zuschauer gespielt wird – selbst aus finanziellen Kriterien, was natürlich nur für die Bundesliga gilt. Bilder aus den Fanblöcken fürs Fernsehen waren eh meist nur Beiwerk, um ein paar Sekunden zwischen Einlauf und Anpfiff zu füllen. Und Stadionatmosphäre kann ja, wie mittlerweile alle wissen, über eine zweite Tonspur als Option eingestellt werden. Neue Choreos brauchen die Vereine auch nicht wirklich. Das, was die organisierten Fans an visuellem Material in den letzten Jahren geliefert haben, reicht für das sich mit fremden Federn schmücken auf Collagen, Briefköpfen oder Einspielern in den nächsten Jahren mehr als aus. Es ist auch schon fast egal, wer da spielt: Ob es ein Konstrukt ist, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, eine Werkself oder ein eingetragener Verein. Und es ist auch egal, wann gespielt wird. Bayern um 18 Uhr am Sonntagabend in Köpenick? Egal – es muss ja außer der Mannschaft eh keiner mehr abends um halb neun noch von Berlin nach München fahren. Die „beliebten“ Montagsspiele sind letzten Endes auch egal.  Letztlich ist es sogar egal, ob überhaupt hingeschaut wird – Hauptsache der Fernseher ist eingeschaltet und die Quote stimmt. So ist es mir 2005 beim Spiel HSV vs. Hertha in Kambodscha ergangen – es liefen drei Spiele (einmal Bundesliga und zweimal Premier League) auf drei Fernsehern gleichzeitig und niemand außer mir nahm sonderlich Notiz vom Spielgeschehen – es wurde einfach die ganze Zeit gewettet und gezockt – das Spiel an sich war den Leuten komplett egal. Der asiatische Markt guckt halt anders. Aber das kann den Verantwortlichen fürs Auslandsgeschäft der Bundesliga auch egal sein. Hauptsache die Kohle fließt.  

Stadionatmosphäre kann sogar in einer Turnhalle aufkommen, aber nicht im heimischen Wohnzimmer – ob mit oder ohne Tonspur.

Natürlich ist das oben beschriebene Szenario überspitzt dargestellt. Ich hoffe, dass durch das Durchziehen der Geisterspiele wir langfristig, was Fanbelange angeht, wieder in die „alte Normalität“ gelangen. Gleichzeitig ist allerorten zu hören, dass sich der Profifußball verändern soll. Dass diese Veränderungen im Sinne der Fans sind, hoffen wir zwar inständig, alleine mir fehlt dazu der Glaube. Dabei möchte ich niemanden etwas unterstellen, doch ich fürchte tatsächlich um die Stehplätze, da anzunehmen ist, dass die Ansteckungsgefahr dort höher ist, als auf Sitzplätzen mit Maskenpflicht. Und ich fürchte um die 50 plus 1 Regel: Viele Vereine sind mittlerweile wohl in finanzielle Schieflage geraten und dieses Szenario ist Wasser auf die Mühlen der Befürworter der Abschaffung von 50 plus 1. Ansonsten gehe ich davon aus, dass sich im Profifußball nichts ändern wird. Wenn aber Stehplätze tatsächlich abgeschafft und Investoren Tür und Tor geöffnet werden, dann bin ich mir auch gar nicht mehr sicher, ob ich mich überhaupt noch mit meinem „Verein“ identifizieren kann. Er ist mir dann vielleicht auch egal. Eine neue „Egalität“ wäre eigentlich das Ziel gewesen, das viele Fans schon vor Corona vor Augen hatten: eine Gleichheit der Chancen für alle Vereine, beim Titelkampf, beim Ringen um die Europapokalplätze und beim Vermeiden des Abstiegs durch eine faire Verteilung der Fernsehgelder. Doch leider fürchte ich, dass diese neue Gleichheit im Profifußball nach dem Ende der Krise nicht eintreten wird. Ich lasse mich da aber gerne eines Besseren belehren. Schließlich stirbt die Hoffnung bekanntlich zuletzt – und mir ist der Bundesligafußball (noch) nicht egal.

Faire Geschäfte erledigen, ja bitte!

Teil 2 – Der Umgang mit Toilettenpapier

„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“ stellte kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe statt. Dieser Satz ist in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gerückt. Schließlich wurden Reisen in der Debatte um den Klimaschutz relativ oft auf Ausflüge mit dem Billigflieger nach Malle reduziert. Dass wir beim Reisen unser Bewusstsein mit unseren Sinnen erweitern, Vorurteile abbauen und die Einheimischen vor Ort mit unserem Geld unterstützen und damit letztlich Fluchtursachen bekämpfen, ist in der Klimadebatte komplett untergegangen. Nun ist die Klimadebatte selbst fast vom Bildschirm verschwunden. Mittlerweile dreht sich nun vieles um Verhaltensweisen, die für Reisende bereits vor der aktuellen Krise selbstverständlich waren: Es geht um das Tragen von Masken, das „Hamstern“ von Klorollen, das gründliche Händewaschen und die regelmäßige Auffrischung von Impfungen. Gleichzeitig wird in dieser besonderen Zeit an Solidarität, Disziplin und Respekt appelliert, sprich an ein faires Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Rund um die vier genannten Punkte ergeben sich meiner Meinung nach Möglichkeiten, faires Agieren mit sinnvollen Veränderungen des eigenen Verhaltens im Alltag zu kombinieren. Und vielleicht eignen sich manche Verhaltensweisen auch für den Alltag nach der Krise.

Im ersten Blogbeitrag vom 16. April 2020 widmete ich mich dem Umgang mit Masken, deren Tragen seit heute Pflicht ist. Diesmal dreht sich alles um das „Geschäft erledigen“, ein Umstand, an dem wir sofort erkennen, dass wir alle gleich sind, müssen wir es doch täglich mehrmals verrichten – nur die Art und Weise unterscheidet sich in unserer Welt von Region zu Region.

Auch im Stadion wie hier bei Fortuna Köln ist das Thema „Geschäft erledigen“ eine wichtige Sache.

Das Thema „Geschäft erledigen“ beschäftigt Reisende relativ häufig. Gleichzeitig war „das Mittel zum Zweck“, sprich das Toilettenpapier zu Beginn der aktuellen Krise auch der Fixpunkt beim Gang zum Supermarkt in Deutschland. Ehrlich gesagt trete auch ich keine größere Reise ohne Rolle an. Schließlich gibt es in manchen Regionen unserer Welt gar kein Toilettenpapier, da dort andere Hygieneregeln gelten. In weiten Teilen Asiens und der arabischen Welt finden wir neben der (Sitz-)Toilette einen Schlauch befestigt. Handelt es sich um eine Herberge „westlichen Standards“ gibt es darüber hinaus auch die Vorrichtung für die Rolle – oftmals fehlt allerdings das dazugehörige Papier. Drücke ich auf den Knopf des Schlauchs schießt Wasser unter Hochdruck hervor. In einfacheren Etablissements beispielsweise in Indonesien fernab von Bali gibt es auch nur einen „Mandi“. Dabei handelt es sich um ein großes Becken, das mit Wasser gefüllt ist. Mit einem Becher kann beliebig viel Wasser geschöpft werden, bis das „Geschäft erledigt“ ist. Toilettenspülungen gibt es dort nicht. Mit gezieltem Bechereinsatz bekommt man das stille Örtchen sauber – auch ohne Klobürste. Oftmals korreliert diese Art der Toilette mit den so genannten Steh-WCs, bei denen für die Füße Flächen bereitgehalten werden und ein Loch im Boden als Abfluss fungiert. Aber selbst wenn es im Hotel die klassische Sitz-Variante gibt, besteht immer die Gefahr einer Überraschung, so z.B. bei mir in Nicaragua, als die Brille auf dem Festkörper überhaupt nicht festgeschraubt war und ich Gefahr lief, mitsamt der Brille umzukippen.

Zum Glück erklären Piktogramme eigentlich immer, wohin es für wen gehen soll, so wie hier im Stadion des RSC Anderlecht in Brüssel, Belgien.

Eine ganz besondere Art der Open Air-Toilette hatte ich in Mali in Westafrika kennengelernt. Sie war nur von einer etwa ein Meter hohen Lehmmauer umgeben und über mir lachte die Sonne oder der Sternenhimmel – je nach Tages- und Nachtzeit. Sprich man sah mich beim Hinein- und Hinausgehen. Zwischendrin machte ich es mir so bequem wie möglich und tauchte entsprechend ab. Als ich in Malaysia einmal unfreiwillig im Dschungel übernachten musste, da ich mich verlaufen hatte, blieb mir die Variante, die schon die alten Germanen nutzten: Blätter und das Herzen der Natur. Die Blätter sind im tropischen Regenwald Malaysias so groß und in so rauen Mengen vorhanden, so dass das „Geschäft erledigen“ problemlos möglich war und Privatsphäre hatte ich im Dschungel sowieso genügend. Da ich wie bereits geschrieben auf Reisen immer meine Rolle, wenn schon nicht im Tagesgepäck, wie leider damals in Malaysia, dann aber auf jeden Fall im großen Rucksack dabeihabe, kann ich mich im schlimmsten Fall aus einer unangenehmen Situation relativ leicht „befreien“ – so glaubte ich es zumindest auf meiner Überlandreise von Mainz nach Kapstadt, als ich auf der Fahrt von Lilongwe in Malawi nach Lusaka in Sambia in einem Nachtbus ohne Toilette saß.

Der Gebrauch einer (Sitz-)Toilette ist in vielen Ländern außerhalb Europa erklärungsbedürftig, da es dort eigentlich andere Varianten gibt…so wie hier in Asien.

Plötzlich merkte ich, dass es in mir gluckerte und gluckste. Ich nahm schnell eine Tablette gegen Durchfall, doch die Einnahme kam leider zu spät. Der Bus war bis auf den letzten Platz besetzt und selbst im Gang lagen Menschen und schliefen. Ich saß in der vorletzten Reihe mit meinen beiden Mainzer Freunden und mir blieb nichts Anderes übrig, als über die Armlehnen nach vorne Richtung Fahrer zu klettern. „Sir, I have stomach problems!“ rief ich ihm zu. Dieser machte eine Vollbremsung in der tiefrabenschwarzen Nacht Sambias. Durch den Bremsvorgang wurden viele Insassen wachgerüttelt. Ich bedankte mich beim Fahrer und stieg mit meiner Rolle aus. Doch wo sollte ich mein Geschäft erledigen? Im Busch Sambias gibt es Giftschlangen und andere Zeitgenossen, denen man nicht unbedingt zu Fuß und mit herabgelassener Hose begegnen möchte. Also blieb mir nichts Anderes übrig, als mich im Scheinwerferlicht des Busses am Straßenrand zu erleichtern. Das alleine war mir schon extrem unangenehm gewesen. Doch die aufgeweckten Fahrgäste stiegen nun ebenfalls aus und machten gar keine Anstalten, mir etwas Privatsphäre zu gönnen. So musste ich im wahrsten Sinne des Wortes einen öffentlichen Toilettengang wagen – was mir aufgrund der Bauchkrämpfe allerdings recht leicht fiel. Beim Reisen gibt es tatsächlich Grenzen, die man überwinden muss – nicht nur zwischen Malawi und Sambia…

Schließlich gibt es z.B. in Asien meist den „Mandi“, diese Loch-Variante mit Becher zum Wasser Schöpfen und Zielen.

Schließlich gibt es auch noch die japanische Luxus-Variante. In Tokio fand ich im Bad meines Hotelzimmers eine Bedienungsanleitung für das stille Örtchen – doch von wegen still, die Toilette sprach mit ihrem Besucher! Dass sie nach erfolgreich absolvierten Geschäft sogar warme Luft nach oben bläst, hatte ich in der Bedienungsanleitung während meines Tokio-Aufenthalts nie herausgefunden.

Bei uns in Deutschland gibt es Toilettenpapier erst seit knapp 100 Jahren. 1928 wurde die erste Fabrik gegründet, die Krepppapier herstellte. Heute gibt es in „normalen“ Zeiten eine breite Auswahl an Toilettenpapier – jedoch nur zwei Philosophien: Frischfaser oder Recycling. Ich nehme an, dass es während der Zeit der Hamsterkäufe den meisten von uns egal war, welche Art von Klopapier wir erstehen konnten. Vielleicht haben wir sogar erstmals die andere Variante genutzt? Schließlich ziehen in „normalen“ Zeiten viele von uns die Frischfaser vor. Dafür müssen Bäume gefällt werden. Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) macht dafür folgende Rechnung auf: „Um eine Tonne Papier zu produzieren, müssen 2,2 Tonnen Holz als Rohstoffbasis eingesetzt werden. Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff, dennoch werden allein für die Produktion von Papier, Pappe und Karton jährlich 13 Millionen Hektar Wald zerstört.“ Und weiter: „Besonders ökologisch sensible Räume wie artenreiche Tropenwälder und Savannen sind heute durch illegalen Holzeinschlag und Umwandlung in Monokulturen bedroht. Holzplantagen belasten durch intensive Nutzung und Düngung Boden und Grundwasser. Der hohe Wasserverbrauch lässt die Grundwasserspiegel sinken, Flüsse und Seen austrocknen.“

Der Traum eines jeden Hamsters: Die 100er Packung Toilettenpapier von Smooth Panda

Die erste Alternative ist Recycling-Toilettenpapier. Es braucht laut Nabu den Vergleich mit Frischfasern nicht zu scheuen, was auch die Stiftung Warentest bestätigt: „Fazit: In puncto Qualität schnitten die Recycling-Toilettenpapiere gut ab. Wer fürchtet, dass die Verwendung der Recyclingfasern unhygienisch ist, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass bei der Verarbeitung des Altpapiers so hohe Temperaturen genutzt werden, dass alle Keime abgetötet werden.“ Wer beim Kauf von Recycling-Toilettenpapier noch fair zu anderen Menschen sein möchte, kann „Goldeimer“ kaufen. Deren Gewinne fließen u.a. in WASH-Projekte von Viva con Agua und in den Corona Nothilfefonds der Welthungerhilfe. Leider ist auch Recycling-Toilettenpapier immer in Plastik verpackt. Die Verpackung können wir wenigstens als Mülltüte sinnvoll „verwerten“.

Bei Toilettenpapier gibt es zwei Alternativen zu Frischfaser-Papier aus Holz: Frischfaser aus Bambus und Recycling-Papier

Wer auf Frischfasern nicht verzichten möchte, dem seit die zweite Alternative empfohlen: Smooth Panda bietet Toilettenpapier aus Bambusfasern an. Das Papier ist ungebleicht, plastikfrei verpackt und besteht aus 100 Prozent Bambus. Bambus wächst schnell, ist sehr anspruchslos was den Boden angeht und verdrängt damit keine Bäume. Er kann folglich dort angebaut werden, wo es unmöglich ist, Bäume gedeihen zu lassen. Allerdings stammt der Bambus, und da schließt sich der Kreis, aktuell aus China, dem Land der Erfinder des Toilettenpapiers. Damit das Produkt dennoch nachhaltig ist, werden bei Smooth Panda alle CO2-Emmissionen für den Containertransport zwischen China und Deutschland kompensiert. Gleichzeitig versucht Smooth Panda langfristig Bambus in Europa pflanzen zu lassen.

Es bieten sich uns also tatsächlich zwei Möglichkeiten auch nach der Krise faire Geschäfte zu erledigen und unser Konsumverhalten einen Tick weit nachhaltiger zu gestalten.

Quellen:
„Tag des Toilettenpapiers: Keine Frischefasern ins WC! – NABU Blogs“: https://blogs.nabu.de/tag-des-toilettenpapiers/
„Klopapier – das Objekt der Begierde im Wandel der Zeit – MDR.de“: https://www.mdr.de/zeitreise/geschichte-klopapier-toilettenpapier-hamsterkaeufe-100.html

Bilder:
Meenzer-on-Tour, Pixabay

Teil 1: Der Umgang mit Masken

Fairmummung, ja bitte!

Teil 1: Der Umgang mit Masken

„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“ stellte kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe statt. Dieser Satz ist in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund gerückt. Schließlich wurden Reisen in der Debatte um den Klimaschutz relativ oft auf Ausflüge mit dem Billigflieger nach Malle reduziert. Dass wir beim Reisen unser Bewusstsein mit unseren Sinnen erweitern, Vorurteile abbauen und die Einheimischen vor Ort mit unserem Geld unterstützen und damit letztlich Fluchtursachen bekämpfen, ist in der Klimadebatte komplett untergegangen. Nun ist die Klimadebatte selbst fast vom Bildschirm verschwunden. Mittlerweile dreht sich nun vieles um Verhaltensweisen, die für Reisende bereits vor der aktuellen Krise selbstverständlich waren: Es geht um das Tragen von Masken, das „Hamstern“ von Klorollen, das gründliche Händewaschen und die regelmäßige Auffrischung von Impfungen. Gleichzeitig wird in dieser besonderen Zeit an Solidarität, Disziplin und Respekt appelliert, sprich an ein faires Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Rund um die vier genannten Punkte ergeben sich meiner Meinung nach Möglichkeiten, faires Agieren mit sinnvollen Veränderungen des eigenen Verhaltens im Alltag zu kombinieren. Und vielleicht eignen sich manche Verhaltensweisen auch für den Alltag nach der Krise.

Zum Schutz vor Feinstaub haben wir diese Mund- und Nasenmaske in Indien in Autos ohne Klimaanlage eingesetzt.
Zum Schutz vor Feinstaub haben wir diese Mund- und Nasenmaske in Indien in Autos ohne Klimaanlage eingesetzt.

Mit einer Bedeckung von Mund- und Nase auf die Straße zu gehen, ist bei uns in Deutschland nur für den Maskenball en vogue gewesen. Sich vermummt in der Öffentlichkeit zu zeigen, war außerhalb der fünften Jahreszeit tabu. Wir sind es in Deutschland gewohnt, unserem Gegenüber in die Augen zu blicken und auf die Mimik zu achten. Zum Mienenspiel gehört neben den Augenpartien auch der Mund. Daher kann ich es verstehen, dass es bei uns eine Scheu gibt, sich vor den Mitmenschen zu vermummen. „Andere Länder, andere Sitten“ – mit der Realität dieses Spruchs müssen Reisende notgedrungen immer umgehen können. Das Verhalten, das in Deutschland vollkommen in Ordnung ist, kann in anderen Ländern komplett daneben sein und umgekehrt. Als Reisende lernen wir täglich, mit neuen Situationen umzugehen und uns an neue Gegebenheiten anzupassen. Gerade in den öffentlichen Verkehrsmitteln der Mega-Metropolen wie Tokio, Singapur oder Hongkong ist die Maske schon seit Jahrzehnten Standard – landen wir aber nach zehn Stunden Flug direkt in einer dieser Städte, ist es alles andere als selbstverständlich, das Vermummen als „normal“ zu betrachten. Einen kleinen „Kulturschock“ zu erleben, ist aus unserer Perspektive vollkommen „normal“. In Asien möchten sich die Menschen mit einer Maske vor Ansteckung oder gegen Feinstaub schützen. Manche Altruisten tragen sie dort auch, um die Mitmenschen zu schützen, wenn sie selbst niesen oder husten. Diese Erfahrung haben wir in einem der ärmsten Länder weltweit selbst gemacht. Wir schleppten einen grippalen Infekt durch Sierra Leone in Westafrika, als wir die Schimpansenaufzuchtstation „Tacugama“ besuchten. Damit wir die Affen nicht ansteckten, bekamen wir einfache OP-Masken als Schutzmaßnahme ausgehändigt. In einem Land, in dem es kaum Infrastruktur gibt, das allerdings schon so seine Erfahrungen mit Epidemien wie beispielsweise Ebola gemacht hatte, werden an Touristen mit aller Selbstverständlichkeit Masken zum Fremdschutz ausgeteilt. Verkehrte Welt!

Souvenir aus Sierra Leone - die OP-Maske, die die Schimpansen im Aufzuchtzentrum Tacugama vor unseren Viren schützen sollte
Souvenir aus Sierra Leone – die OP-Maske, die die Schimpansen im Aufzuchtzentrum Tacugama vor unseren Viren schützen sollte.

Anfang März machten wir uns vielleicht in Deutschland noch ein wenig lustig darüber, dass „die in Asien“ alle vermummt auf der Straße herumliefen, statt den Sinn des Maske-Tragens zu hinterfragen. Natürlich kostet es ein bisschen Überwindung, sich selbst in geschlossen Gebäuden und im ÖPNV zu vermummen. Es ist immer noch etwas Anderes in Asien das Masketragen der Einheimischen als „normal“ zu empfinden oder sie in der Heimat selbst aufzuziehen. Beim ersten Selbsttest in einem Mainzer Supermarkt kam ich mir ein bisschen vor, wie am 11.11. vor ein paar Jahren ein paar Straßenzüge abseits des Fastnachtsbrunnens. Ich war der einzige, der damals verkleidet war. Man schaute auf mich, als sei ich „anders“. Genauso erntete ich komische Blicke, als die automatische Tür aufging und ich mit der Maske die große Bühne Supermarkt betrat. Psychologische Wirkungen bietet die Maske auf jeden Fall. Man wird als Individuum wahrgenommen. Dadurch ist das Wahren der Distanz schon wesentlich leichter möglich. Manche Menschen machten bewusst sogar einen Schritt nach hinten. Dieses Gefühl des „Aussätzigen“ ist mir relativ egal. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass es Menschen gibt, die es eine Überwindung kostet, diese Maske aufzusetzen, wenn es dafür keine Verpflichtung gibt. Alleine deshalb würde eine Maskenpflicht für Geschäfte und ÖPNV meiner Meinung nach Sinn machen. Denn je mehr Menschen mitmachen, desto großer ist der Schutzeffekt. Und um so eher können wir wieder „neue“ kleine Freiheiten in unserem komplett veränderten Alltag genießen. Mit Vermummung ins Fitnessstudio (Duschen zu Hause wie die Spieler von Nullfünf), mit Maske in den Biergarten? Das wäre rein theoretisch irgendwann in diesem Frühjahr vielleicht möglich.

Nachhaltige "Community Mask" von Bingabonga im Einsatz in einem Mainzer Supermarkt
Nachhaltige „Community Mask“ von Bingabonga im Einsatz in einem Mainzer Supermarkt

Natürlich sollten die so genannten „Filtering Face Piece“-Masken, kurz FFP, bei einer Maskenpflicht denjenigen zur Verfügung stehen, die diese für den Dienst am Mitmenschen benötigen, um sich selbst zu schützen. Schließlich gelten diese aktuell als rares Gut. Alle anderen Menschen könnten die so genannten „Community Masks“ tragen, also Mund- und Nasenabdeckungen, die keiner der drei FFP-Schutzklassen entsprechen. Das Robert-Koch-Institut (RKI), die deutsche Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten sagt dazu: „Für die Bevölkerung empfiehlt das RKI das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (textile Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum. Das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung kann ein zusätzlicher Baustein sein, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren – allerdings nur, wenn weiterhin Abstand (mind. 1,5 Meter) von anderen Personen, Husten- und Niesregeln und eine gute Händehygiene eingehalten werden.“

Die Maske von Bingabonga lässt sich beispielsweise mit Wasser in der Tasse auskochen...
Die Maske von Bingabonga lässt sich beispielsweise mit Wasser in der Tasse auskochen…

Leider rückt das Thema Müll(vermeidung) aktuell auch in den Hintergrund. Es gibt aber längst Alternativen zu den Einwegangeboten, die leider gerade in Asien so häufig Verwendung finden. T-Shirts werfen wir ja auch nicht nach einmal Tragen in den Müll. Und häufig sind T-Shirts wie selbst gemachte Textil-Behelfsmund- und Nasenschutze aus Baumwolle, die sich bei 60 Grad in der Waschmaschine waschen lassen. Alternativ kann der Schutz auch gebügelt, in den Backofen oder die Mikrowelle gelegt oder ausgekocht werden, um am nächsten Tag wieder Verwendung zu finden. Wer nicht nur fair zu seinen Nächsten, sondern auch zu diejenigen sein möchte, die die Baumwolle anbauen und verarbeiten kann beispielsweise die Behelfsmundschutze von Bingabonga wählen. Diese sind aus Biobaumwolle hergestellt, so dass sich perfekt fairmummt werden kann.

...über Nacht trocknen lassen und am nächsten Tag wieder aufsetzen.
…über Nacht trocknen lassen und am nächsten Tag wieder aufsetzen.