Baskenland 2001

Auch heute kann ich Euch wieder nur im Nachhinein, wie schon von Korsika, dieses Mal aus dem Baskenland berichten. Die „abtrünnigen“ Provinzen des Hexagons scheinen auch wirklich die Schönsten der „Grande Nation“ zu sein.

Nachdem ich meinen Freund Peter in Paris abgeholt hatte, ging es in den Hauptort des französischen Teils von „Euskadi“. Dies ist der baskische Ausdruck für das Baskenland, das heute zum Teil zu Spanien und zum Teil zu Frankreich gehört, und grob aus dem äußersten Westteil des Pyrenäenkamms besteht. Am nächsten Tag ging es wieder einmal mit einem Zug aus der TGV-Vorzeit in das Tal der Nive hinein in Richtung spanische Grenze. Das Baskenland erkennt man schon während der Zugfahrt durch die weißgetünchten Hauser mit ihren rostroten Fensterläden. Nur wenige Häuser zieren sattgrüne Fensterläden. Alle drei Farben (weiß, rot und grün) zieren die baskische Fahne, die dem „Union Jack“ ein wenig ähnelt.

Dank der politischen Zugeständnisse aus Paris werden wie auf Korsika nun alle Schilder, sowohl in Französisch als auch in Baskisch, aufgestellt. Das Baskische ist eine vom Lateinischen völlig unabhängig entstandene Sprache, die man als Außenstehender überhaupt nicht verstehen kann. Das Freiheitsstreben der französischen Basken wird glücklicherweise von keinen Attentaten terroristischer Bewegungen begleitet, wie dies in Spanien durch die ETA seit Jahrzehnten Gang und Gebe ist. Trotzdem wird in den Bergen, in denen wir eigentlich Ruhe suchten, ständig herumgeballert. Doch statt auf Politiker (oder Wanderer) zu schießen, wird hier wie verrückt irgendwelches Wild abgeknallt. Anscheinend waren die Jäger sehr erfolgreich, denn wir sahen hier keine Wildschweine o.ä. mehr, wie ich es von Korsika noch gewohnt war. Dafür fanden wir eine andere Leckerei am Wegerand einfach so herumliegen: Esskastanien!

Und wie jede französische Region hat natürlich auch Euskadi seine kulinarischen Delikatessen: Das Poulet basquaise (baskisches Huhn) wird mit sehr viel Chilischoten und Zwiebeln weich gekocht, so dass das Fleisch schon fast auf der Zunge zergeht. Eine andere Geflügelspezialität sind Tauben. Gekocht wird hier alles in Entenfett und bei soviel schwerem Essen muss natürlich danach ein „Izarra“ (baskischer Kräuterlikör) wieder alles ins Lot bringen. Aber wir haben nicht nur diniert sondern auch unseren Hintern durch die wunderschön herbstlich gefärbte Landschaft bewegt. Diese „Vor-Pyrenäen-Landschaft“ ist trotz ihrer nicht gerade riesigen Berge, die nicht höher als 1.000 m sind, wirklich beeindruckend: Durch das Vorhandensein der Wetterscheide zwischen dem wärmeren Spanien und dem kälteren Frankreich bläst immer ein sehr starker Wind, der den Baumbestand in geschützte Mulden zurückdrängt. Die freien Flächen sind entweder von Farnen bewachsen oder es prägen markante Felsabbrüche die Landschaft. Dadurch, dass die Farne nach einem trockenen Sommer langsam total verdörrt sind und eine bräunlich Farbe angenommen haben, verzaubert nicht das Laub, sondern die verschiedenen Farbnuancen der aus vertrockneten Farnen bestehenden Berge den immer noch schwitzenden Wanderer, der aus Deutschland Ende Oktober doch andere Temperaturen gewohnt ist. Die meisten Lebewesen, denen man in den einsamen Bergen begegnet ist, waren weder andere Wanderer noch ETA-Aktivisten, sondern wie schon auf den Färöer-Inseln die kuscheligen Wollproduzenten, die hier natürlich auch herrlichen Käse entstehen lassen.

Endpunkt unserer Tour war das kleine Städtchen St. Jean-Pied-de- Port, das noch viele Häuser aus dem Mittelalter besitzt. Berühmt wurde die Stadt durch ihre Lage am Jakobsweg. St. Jean ist die letzte Siedlung auf französischen Boden, ehe der Pilger seinen Marsch nach Santiago de Compostella auf spanischen Territorium fortsetzt. St. Jean besitzt noch eine Brücke aus der Römerzeit und eine Stadtmauer aus dem Mittelalter. Abends in den engen gepflasterten Gässchen fiel es nicht schwer, sich ein paar Hundert Jahre zurückzuversetzen und sich das Leben zu dieser Zeit vorzustellen. Kaum waren wir im Mittelalter angelangt, hieß auch schon wieder Abschied nehmen von diesem beschaulichen Fleckchen Erde, das gerade zu Zeiten wie der Heutigen, zum Entspannen wirklich noch die Möglichkeit gibt.

Färöer-Inseln 2001 letzter Teil

Leider habe ich erfahren, dass der liebe Sommer schon Abschied von Euch genommen hat. Kopf hoch auch ich muss bald wieder mit diesem ekelhaften Regenwetter auskommen. Richtig eingestimmt wurde ich heute, da ich mir wie ein wandelnder Schwamm vorkam, der quer durch die Wolkenlandschaft von Føroyar (Färöer) wandelt. Glücklicherweise erlebte ich aber sonst eigentlich immer drei bis vier Jahreszeiten innerhalb eines Tages: Novembernebel, Aprilregenschauer und Maisonne und Temperaturen zwischen 5 und 25 Grad wechseln sich ständig ab. Hier kann man sich neben Erfrierungen (kein Witz) durch den eiskalten Wind aber auch einen Sonnenbrand einfangen, da die Sonne eigentlich von 4 Uhr bis halb zwölf Uhr nachts theoretisch scheint.

Ich hoffe mittlerweile habt Ihr diese Inseln im Atlas oder auf dem Globus gefunden. Sie sind übrigens unabhängig von Dänemark, gehören aber zu dessen Königreich. Mit der Währung wird es hier nicht ganz so ernst genommen. Geldscheine lauten auf Føroyar Krona, aber für die Münzen machte man sich weniger Arbeit: Diese sind einfach die dänischen Münzen, die auch Zahlungsmittel in Grönland sind. Die Einwohner sprechen übrigens Färöerisch das ähnlich dem Isländischen ist. Leider kann ich Euch aus finanziellen Gründen nur Emails schreiben, und keine Postkarten, da das Porto von etwa 1 Euro mein Eigenkapital total aufzehren würde. Das Porto ist sicher schon deshalb so teuer, da der Briefträger hier immer noch 3-mal die Woche in die abgelegenen Dörfer über Pässe laufen muss, um die Post (und die Bierkästen) auszuliefern bzw. abzuholen. Die anderen Preise sind für skandinavische Verhältnisse äußerst moderat. Nur mit dem lieben Alkohol haben sie hier immer noch ein Problem. Allerdings gab es bis 1991 sogar mehr oder weniger noch die Prohibition: Wenn man ein Bier trinken wollte, musste man sich in eine Liste eintragen und etwa eine Woche später konnte man dann sein Bierchen erstehen. Jetzt ist alles „viel einfacher“. In den 10 Tagen, die ich mittlerweile hier ausharre, sah ich keinen einzigen Laden, in dem es normales Bier zu kaufen gab. Das Höchste der Gefühle sind manche Läden, die Lætøl verkaufen: Leichtbier mit sagenhaften 2,8%!!! Aber besser als gar nix kann ich da nur sagen. Jetzt verstehe ich auch, warum jeder im Flieger soviel Tuborg wie möglich in sich reinknallte. Und heute im (lizenzierten) Restaurant das einzige Bier der Tour: 0,33l für „nur“ 4 Euro!!!

Aber schließlich bin ich ja nicht aus Deutschland geflohen, um Bier zu trinken, sondern um die faszinierende Natur zu entdecken. Diese fällt unter keine Prohibition und ist kostenlos zu genießen. Allerdings ist Wandern in Føroyar etwas krasser als in den Alpen oder in sonstigen touristisch erschlossenen Wandergebieten. Meistens sucht man sich hier einen Berg aus und versucht ihn irgendwie hochzuklettern, denn in den 10 Tagen hatte ich nur einen einzigen Pfad gefunden, der wohl von Menschhand geschaffen wurde. Das war der Weg des Briefträgers ins nächste Dorf. Aber man kommt ganz gut voran, wenn man die Trampelpfade der Schafe nutzt. Aber leider rennen Schafe meist nicht auf irgendeinen Gipfel, so dass man dann doch oft einfach querfeldein die steilen Wiesenwände hoch kraxelt. Abgesehen davon, dass dies etwa so anstrengend war, wie am Kilimandscharo von der Kibo Hut zum Gilman’s Point querfeldein das Geröll ohne Weg hochzulatschen, ist dies natürlich wesentlich interessanter, als irgendeinem Pfad blind zu folgen. Allerdings macht dies natürlich nur solange Spaß, wie die liebe Sonne scheint. Diese hat wohl noch viele andere Gegenden zu bescheinen und deshalb schaut sie zwar immer mal wieder vorbei, bleibt aber oft nicht länger, als es dauert, ein gutes Pils zu zapfen! Dann werden einfach wieder Tieffliegerwolken vorbeigeschickt und man sieht nur noch 10 Meter weit. Wenn man dann querfeldein irgendwo in der Pampa unterwegs ist, müssen die alten Pfadfinderkenntnisse rausgekramt werden und es bleibt nur zu hoffen, dass die Karte stimmt und man das Kompasslesen nicht verlernt hat. Es gibt aber glücklicherweise manche Routen, die vor dem Tunnelbau, von den Einheimischen genutzt wurden. Diese sind mit Steinmännchen bestückt, die man im dicksten Nebel noch finden kann.      

Färöer-Inseln 2001

Ich grüße Euch heute von den Färöer-Inseln!!! Tja, jetzt werden Eure geographischen Kenntnisse mal wieder auf die Probe gestellt? Aber die Fußballfans unter Euch kennen zumindest schon mal den Namen der Inselgruppe im Nordatlantik zwischen Schottland und Island: Denn die heldenhaften Fußballer von den Färöer haben schließlich unsere lieben österreichischen Freunde mit 1:0 in einer WM-Qualifikation geschlagen. Dabei gibt’s hier nur 44.000 Einwohner auf 18 Inseln verteilt. Deswegen begegne ich eigentlich auch kaum einer Menschenseele, stattdessen aber ständig einem der 88.000 Schafe.   Diese Inseln hier haben es mir echt angetan. Denn hier regt sich keiner auf wenn 3,5 Millionen Lebewesen Krach machen und in die Natur kacken. Es gibt keine Bürgerinitiative zur Rettung irgendeines Tiergartens oder einer Insel. Hier ist dies einfach normal, denn hier gibt es halt 3,5 Millionen Vögel und diese müssen leider ständig „aufs Klo“. Der Krach, den diese veranstalten, ist zwar nicht ganz so heftig wie in Berlin, aber dafür sind die hohen Frequenzen, in denen gezwitschert wird, auf die Dauer auch eine Belastung, so dass in Deutschland sicher gleich wieder eine Bürgerinitiative gegen solchen „Fluglärm“ gegründet werden müsste.

Leider ist dies nicht das einzige mal wo der Spruch „Shit happens“ Realität wurde, (indem dieser Shit mir auf den Kopf plumpste): Beim Klettern durch die Berge greift man auch mal in den Shit eines der Resultate, die die 88.000 Wollproduzenten hinterlassen. So, genug der Sch…geschichten. Denn die Färöer sind echt nicht (vollkommen) beschissen!

Da die Färöer-Inseln nicht gerade aus großen Städten bestehen, läuft hier der Alltag etwas anders ab als bei uns in Mitteleuropa! Oder kann man bei uns volle Bierkästen per Post bestellen. Dies funktioniert hier echt prima. Bevor die Fähre zu einer abgelegenen Insel abfuhr, kam der Briefträger mit einem Kasten Bier (und Briefen) an. Der Kasten war mit einem Pappdeckel versehen, auf dem die Adresse stand und viele bunte Briefmarken klebten. Da wegen der rauen See und den oft fehlenden Häfen die kleinen Fähren tagelang nicht fahren können, hat jedes Dorf seinen eigenen Hubschrauberlandeplatz. Es sieht schon komisch aus, wenn zwischen all den alten Häusern, die hier übrigens mit Gras bzw. Torf statt mit Ziegeln bedeckt sind, ein Hubschrauber zur Landung ansetzt.

Außerdem gibt es hier noch einige komische Dinge zu essen. Walfleisch (von der internationalen Walfangkommission übrigens genehmigt) und Papageientaucher sind sicher nicht unbedingt auf unseren Speisekarten zu finden. Auf den Strassen zu den entlegendsten Dörfern gibt es ein prima Busnetz mit funktionierendem Hub-System (Sternverkehr), der ja im „supertollen“ Mainz leider nicht so funktioniert. In den Bussen fährt natürlich nicht nur der Mensch mit, sondern auch Brot und sonstiges Futter für die Läden außerhalb der Zivilisation. Für mich als Gast sind die Inseln von ihrer Topographie wunderschön: Riesige lang gestreckte Felsmassive ragen senkrecht aus dem Meer bis zu fast 800 m Höhe empor. So verwundert es nicht, dass hier angeblich die höchste Klippe Europas zu finden ist. Den Ausblick von oben kann ich nicht in Worte fassen!

Sämtliche Inseln sind baumlos, aber dafür saftiggrün, da fast überall entweder Heidegräser oder Hochmoore die Landschaft bestimmen. Das Grün der Landschaft in Kombination mit dem Blau des Meeres und den tief hängenden Wolken ergibt ein herrliches Bild. Diese Bilderbuchlandschaft ist für die Einheimischen natürlich nicht immer so romantisch. Vor 30 Jahren gab es noch kaum Straßen Und unsere tollen Politiker könnten sogar von diesen pupsigen Inseln in Bezug auf das Dosenpfand lernen. Auf den Färöer gibt es einfach keine Getränkedosen und schwups die wupps ist das Problem erledigt. Denn hier wird der Müll einfach vermieden, da es ein Problem darstellt diesen vor allem auf den kleineren Inseln zu entsorgen. Deswegen fungieren die anfangs genannten Fähren auch als Müllabfuhr. Mit einem Kran werden die Mülltonnen an Bord gehoben. Dies ist echt ein anstrengenderes „Game“ als das meiner Nachbarsleute, die gebannt vor den Computerspielen im Internetcafe hocken. Denn die meisten Inselchen haben keinen Hafen, und dadurch schwankt das Boot beim Be-und Entladen ständig hin und her. Ich hatte Glück und die See war ruhig, so dass das Boot nur um ca. 1,50 m hoch und runter schwankte. Aber bei Sturm, wird das Mülltonnenzielen echt zur Millimeterarbeit!