Spätlese Mönchengladbach 2019/20

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Zwischen der letzten Auswärtsfahrt zum vorweihnachtlichen Nullfünf-Singen in Bremen und der ersten Auswärtsfahrt der 20er Jahre konnten wir viele Dinge machen: Im Kick’n Rush die Supporters-Jahresabschlussparty mitnehmen, ins Trainingslager nach Südspanien düsen oder die Tischtennis-Jungs von Mainz 05 beim Heimspiel unterstützen – von wegen Winterpause. Ich habe die spielfreie Zeit dazu genutzt, mal wieder ein Buch zu schreiben. Dazu dann demnächst mehr, wenn ich den Probedruck nach dem Schreiben dieser Zeilen in Empfang genommen habe. Außerdem möglich: Gutes tun, was nix kostet – zum Beispiel einen Organspendeausweis mit sich führen oder sich bei der DKMS als Stammezellenspender*in registrieren lassen.

Fußball-Kultur-Tourismus im Schloss Rheydt

02 (N)immer nuff:

Auswärtsfahrten nach Mönchengladbach beschränkten sich für mich meist auf den Besuch der A63 oder des Shuttle-Busses zwischen Hauptbahnhof und Borussia-Park. Der Spaziergang vom Bahnhof zum Stadion gehört zu den eher tristeren in der Republik und empfiehlt sich nicht wirklich zum Nachmachen. Aber es gibt ja noch die Gladbacher Zwillingsstadt Rheydt und ihr Wasserschloss. Dieses ließ sich wirklich perfekt von der S-Bahn-Station Korschenbroich erwandern. Im Schloss selbst gibt’s leckeres Essen, so dass sich der „Kampf um den Mampf“ für mich später im Stadion erübrigte. Ein weiterer Waldspaziergang zur S-Bahn-Stadion Lürrip und nach drei Minuten Zugfahrt stand ich schon vor den Shuttle-Bussen, mit denen es vom Gladbacher Hauptbahnhof recht entspannt zum Stadion ging.

Ankunft am Borussia-Park

03 Kon-Trolle

Die Kontrolle am Stadion selbst lief zumindest für mich ohne Probleme ab. Die Szene bot schicke Mützen für 5 € Euro an und konnte vor dem Block letzte Vorbereitung für eine kleine aber feine Choreo abschließen. Schön auch, dass der Block später von roten Mützen nur so erstrahlte und damit auch diejenigen die Arbeit der Szene würdigen, die gar nicht so „nah dran“ sind. Der Block gab ein schmuckes Bild ab, das mit zahlreichen Fahnen mit „12“- und „Q“-Symbolen abgerundet wurde

Rote Mützen dominieren das Bild im Gästeblock!

04 Kampf um den Mampf

Ich sag‘ nur Bolten – das Altbier gibt’s seit 1266 und zum Glück auch seit Jahren im Gästeblock in Gladbach. Dass es mit Bit-Pils und Alt zwei Biersorten im Stadion gibt, ist in der Liga mittlerweile schon eine Erwähnung wert. Dass es auch noch etwas lokales wie das Bolten gibt eine Seltenheit. Leider dominieren hier halt auch wieder die üblichen Marken. Klar, wir Menschen sind Gewohnheitstiere und konsumieren oft lieber das, was wir schon immer aßen, tranken, anguckten etc. Daher ist es ja auch so schwer, Änderungen in Deutschland voranzubringen. Aber das ist eine andere Geschichte.

„!Nie wieder“ Erinnerungstag auch im Borussia-Park

05 Käfighaltung

Dass die deutsche Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, dafür soll auch die „Nie wieder“ Kampagne sorgen. „Nie wieder“ war die Botschaft der Überlebenden des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau vor den Toren Münchens, das ich in der letzten Saison vor dem Spiel im Stadion am Kurt-Landauer-Weg besucht hatte. 2004 haben diese Botschaft Fußballfreunde erstmals ins Stadion getragen – so auch dieses Jahr im Borussia-Park. Aber auch in Mainz finden aktuell zahlreiche Veranstaltungen rund um den 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz statt: Am Dienstag, den 28. Januar 2020 öffnet letztmalig die Ausstellung „Abseits im eigenen Land – Sinti und Roma-Sportler“ von 15 bis 20 Uhr ihre Pforten im Kick’n Rush, die vom FC Ente Bagdad organisiert wird.  

Fazit: Der Jahrgang 2019/2020 erinnert an die Jahrgänge zuvor – grundsolide, damit genug Zeit zum Erinnern und Nachdenken bleibt.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Linktipps:

!Nie Wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball

Kick’n Rush – Fanhaus Mainz

Fair Fashion for Future

Was haben Zagreb und Dijon gemeinsam? Richtig, sie sind Partnerstädte von Mainz. Und in beiden Städten rüstete der italienische Sportartikelhersteller Kappa bereits einen lokalen Fußballverein (FCO Dijon, NK Zagreb) aus. Allerdings verbinde ich persönlich Kappa mehr mit deutschen Vereinen, denn mir sagte Kappa erstmal recht wenig: St. Pauli, Lautern, Werder, die Münchner Löwen, VW und beide Borussias wurden oder werden von Kappa ausgestattet.

Zeitgleich mit der Bekanntgabe des neuen Ausrüsters, bekannte sich Mainz 05 zum wiederholten Male, die Fridays for Future-Klimaaktivist*innen zu unterstützen. Wer dabei jetzt ganz ruhig bleibt, keine Schnappatmung bekommt und es einfach mal als gegeben hinnimmt, dass der selbsternannte erste klimaneutrale Verein der Bundesliga sich für den Klimaschutz einsetzt, der kann dann versuchen, Kappa und Fridays for Future unter einen Hut zu bringen.

2009 war Nike-Trikotsponsor

Schließlich sollte man davon ausgehen, dass der Verein eine Strategie hat, bei der Auswahl seiner Partner. Und diese Partner sollten in ähnlicher Weise ticken, wie der Verein selbst. Auf die Gefahr des Greenwashings bin ich ja bereits im meinem Artikel „Nächster Halt: Nachhaltigkeit im Fußballbusiness“ eingegangen.

Löblicherweise gibt es ja mittlerweile im Fanshop zahlreiche Produkte, die GOTS zertifiziert sind. Der Global Organic Textile Standard (GOTS) steht u.a. dafür, dass als Materialien Rohstoffe aus Bioanbau genutzt werden. Wenn es um Nachhaltigkeit geht – und ich nehme mal stark an, dass Mainz 05 sich diesem Ziel verschrieben hat – dann sollte neben dem ökologischen auch der soziale Aspekt nicht zu kurz kommen.

Gerade in der textilverarbeitenden Industrie gibt es leider immer noch genügend Beispiele von Ausbeutung der Näher*innen und Arbeiter*innen auf den Feldern, die die Rohstoffe für die Textilien herstellen. Zudem werden bei vielen Anbaumethoden auch noch giftigen Chemikalien eingesetzt.

Oft werden bei uns Klamotten nur einmal getragen, weil sie halt so schön billig sind. Daher kam für diese Art der Kleidung der Begriff „Fast Fashion“ auf. Quasi als Gegenentwurf gibt es so genannte „Fair Fashion“. Hier soll fair mit der Natur (Stichwort GOTS) aber auch mit den Menschen umgegangen werden, die die Klamotten herstellen.

Déjà vu – 2007 war Lotto Trikotsponsor

Wenn es jetzt darum geht, Fair Fashion-Hersteller für Sportklamotten zu finden, ist die Sache ziemlich einfach. Patagonia und Vaude sind da ganz weit vorne, wie mehrere Quellen belegen. Aber wenn es um Fußballtrikots geht, wird die Sache ziemlich schwierig. Da findet sich leider kein Ausrüster darunter, der so richtig aus der Masse heraussticht.

Im „Lexikon der Nachhaltigkeit“ finden sich sehr viele Modemarken und auch Sportausrüster. In der besten Kategorie A gibt es keinen Sportartikelhersteller. Da sind Marken wie Freitag oder Hess Natur vertreten. In Kategorie B finden sich allerdings Nike, Trigema und Puma. In Kategorie C entdeckt man Adidas, in D New Balance und das sehr beliebte und auch von mir getragene The North Face. In Kategorie E finden sich unter anderem Kappa und Lotto. Leider stammt die Studie von 2015 und ist vielleicht nicht mehr so aussagekräftig.

Auf „Rank a brand“ wurde Kappa ebenfalls geprüft. Das Fazit fiel 2017 allerdings ähnlich ernüchternd aus. Kappa kommuniziert zum Thema Nachhaltigkeit nicht. Daher machte ich nun den Test auf der Kappa Seite. Dort findet man zum Thema Nachhaltigkeit erstmal…nichts. Aber es gibt ja eine Suchmaschine, in der ich dann das Wort „fair“ eingegeben habe. Das Suchergebnis „OOOPS! Deine Suche hat leider keine Ergebnisse geliefert.“

Das muss alles nichts heißen. Allerdings werben immer mehr Unternehmen mit ihren Maßnahmen in Sachen Nachhaltigkeit. Mainz 05 ist ja das beste Beispiel dafür. Wenn nun schon der Ausrüster gewechselt wird, der ja auch eine Art Aushängeschild für den Verein ist, dann sollte doch die Chance ergriffen werden, hier bewusst ein Zeichen in Sachen Fair Fashion zu setzen.

Ich hoffe, Mainz 05 wird gemeinsam mit Kappa, bzw. dessen deutschen Franchisenehmer ab der kommenden Saison Ergebnisse in Sachen Fair Fashion gemeinsam präsentieren. Denn nicht nur Fridays for Future ist unterstützenswert, sondern auch der faire Umgang mit Mitarbeiter*innen in der textilverarbeitenden Industrie!

Update 20. Januar 2020: Natürlich schließt GOTS auch soziale Nachhaltigkeit ein – das war in der ursprünglichen Version so nicht erkennbar.

Quellen:

Lexikon der Nachhaltigkeit: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nachhaltige_mode_und_luxusmarken_1965.htm

Rank-a-brand: https://rankabrand.de/sport-outdoormode-schuhe/Kappa

Der offizielle Online Shop von Kappa Deutschland: https://www.kappa-shop.de/

Spätlese Bremen 2019/2020

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Zwischen der letzten mitgemachten Auswärtsfahrt nach Leipzig und der aktuellen Fahrt nach Bremen lag ein kleiner Ausflug auf die älteste Insel der Welt nach Madagaskar. Dass das Internet dort ruckelt ist spätestens dann nachvollziehbar, wenn man weiß, dass 83% der Leute dort erst gar keinen Zugang zu Elektrizität haben. Trotzdem komisch, dass da plötzlich die Kicker App ein 1:5 in Ho$$enheim anzeigte… Zwei Wochen später funktionierte das Internet in Madagaskar dann wieder richtig, denn die traditionelle Niederlage für Nullfünf in Augsburg wurde korrekt angezeigt… Zurück in Deutschland ging es dann mit der Bahn gen Norden, um wieder einmal ein Zu-Null-Spiel anzugucken, so ähnlich wie beim letzten Mal in Leipzig 😉  

Weihnachtsmarkt am Bremer Hauptbahnhof

02 (N)immer nuff:

Bremen ist eine tolle Stadt – das stand für mich schon vor dem Dienstagabend fest. Tatsächlich schaffte ich es erstmals in diese wunderschöne Stadt, als wir zum ersten Mal in der ersten Liga dort spielten und die Krake aus Brake aka Dimo Woche das 0:0 gegen den damaligen amtierenden Deutschen Meister 2005 festhielt. Der Spaziergang am Dienstagabend vom Weihnachtsmarkt am Bahnhof durch die Altstadt an die Weser und dann immer dem Flutlicht entgegen gehört für mich zu den schönsten Fanmärschen in Deutschland überhaupt.

Flutlichtliebe

03 Kon-Trolle

Ganz ehrlich: Ich mag die Englische Woche. Natürlich geht das Auswärtsfahren unter der Woche nicht dauerhaft und jede Woche. Doch so eine oder zwei Fahrten am Dienstag oder Mittwoch quer durch die Republik und dann mit ein paar anderen Nullfünfern im Block zu stehen und sich die Kehle aus dem Hals zu schreien – das hat was!  Dieses Gefühl werden Fans vom FC Bayern, Dortmund, Gladbach  oder Schalke nie haben, denn deren Blöcke sind natürlich immer voll, da diese Vereine ja teilweise auch eine bundesweite Fanbase haben und es für viele Fans dann oftmals sogar ein „Heimspiel“ ist, wenn der Lieblingsverein direkt vor der Haustür gastiert.

Dass der Spieltag aber noch weiter zerstückelt wird, in dem nun ein 18.30 Uhr Spiel stattfindet, ist wieder ein Mosaiksteinchen mehr, das zeigt, dass auf Stadiongänger*innen so überhaupt keine Rücksicht genommen wird. Minuten vor dem Anpfiff war selbst der Oberrang der Bremer Ostkurve noch ziemlich leer. Der größte Teil der mitgereisten Nullfünfer bekam das erste Tor von Robin Quaison ebenfalls nicht mit, da in Deutschland Staus und keine Stadionbesuche an einem Dienstnachmittag Alltag sind.

Die Kontrolle am Stadion selbst lief zumindest für mich ohne Probleme ab.

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Willkommenskultur am Weserstadion

04 Kampf um den Mampf

Das Angebot an Speisen und Getränken lässt in Bremen keine Wünsche offen. Es gibt sogar Weinschorle…gut für 5 Euro aber wer wie unser OB Michael Ebling auf eine Schorle Tour steht, kann sie auch im hohen Norden durchziehen. Was aber noch wesentlich mehr Erwähnung finden soll, ist die Geste der Mannschaft, die allen mitgereisten Fans etwas zu Essen und zu Trinken spendierte. Schon letztes Jahr in Ho$$enheim, als der Verein die Nullfünfer nach dem „Last Christmas“ Ständchen zu Speis und Trank einlud, war ich etwas gerührt. Dass jetzt sogar die Spieler ihre Mannschaftskasse plünderten, zeigt dann doch große Empathie den Fans gegenüber. Sehr groß!   

Auch am Dienstagabend bot sich wieder die Möglichkeit mit Hilfe der Becherspende die Fanszene zu unterstützen.

05 Käfighaltung

Spricht Rolf in München im Stadion am Kurt-Landauer-Weg gerne von Ameisenfußball, den man im dritten Stock genießen darf, kann man im Gästeblock im Weserstadion vielleicht von Mäusefußball im zweiten Stock sprechen – Rattenball würde natürlich ähnlich passen, doch dieser Begriff wird bereits von manchen Fans für einen ostdeutschen „Traditionsverein“ genutzt. Also dann doch lieber Mäusefußball! Dass in der ersten Halbzeit auf der Westseite des Weserstadions vier Tore fielen, direkt oberhalb des Gästeblocks, machten diesen Mäusefußball am Ende des Spiels dann sogar noch zu etwas Historischem: dem höchsten Auswärtssieg von Mainz 05 in der ersten Liga im letzten Auswärtsspiel des Jahres.

Word! – Egal wohin der Weg von Werder führt!

Fazit: Der Jahrgang 2019/2020 hat wier immer in Bremen eine annehme Note und ist im Abgang historisch und geht runner wie Öl.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour