„Endlich wieder auswärts mit unserer U23 fahren!“ war das gestrige Motto der zwei Kigges-Nasen Stepanka und ck-africa – und wenn man das Ergebnis mal ausklammert, war es mal wieder so eine Fahrt der anderen Art (wie auch schon mein Trip letztes Jahr mit den Buben nach Dresden)
Wenn man wie wir Lust hat, sowohl die Erste als auch das U23-Team zu unterstützen, dann ist das auswärts gar nicht mal so einfach zu bewerkstelligen, da allzu oft die Spielansetzungen ja miteinander kollidieren und es soll ja auch noch so etwas wie Arbeits- und sonstiges Privatleben geben, so dass ich dann in einer Saison die Auswärtsfahrten mit der U23 an drei Fingern abzählen kann. Umso schöner, dass nach der Lucas-Höler-Show in Kiel (0:4 Auswärtssieg) gestern der nächste Trip anstand und wir dieses Mal ja sogar zu zweit unterwegs waren.
An sich sind Auswärtsfahrten ohnehin noch das letzte Stück Spannung im rund um durch gestylten Paket des Profifußballs. Allerdings ist natürlich das Drumherum beim zehnten Besuch des Westfalenstadions oder der Allianz-Arena dann meist nicht mehr wirklich so erwähnenswert. Und natürlich stellt sich der Gastgeber dank bester Vernetzung mit unserem Verein auf die erwarteten Gästezahlen entsprechend ein.
Bei den Spielen unserer U23 habe ich den Eindruck, dass Mainz 05 (natürlich) keine Informationen hat, wie groß der Auswärtsmob an Mainzern sein wird. Daher landet man als U23-Supporter manches Mal vor dem geschlossenen Gästeblock und wird dann bestenfalls auf die Haupttribüne abgeschoben. Neulich in Kiel wurde der Gästeblock spontan geöffnet, als mehr als 5 05er plötzlich auftauchten und zunächst am Rande der Kieler Haupttribüne platziert wurden – direkt neben den Kieler Ultras…was natürlich nicht gerade eine grandiose Idee war.
Letztes Jahr in Dresden, dieses Jahr in Erfurt, war das allerdings gar kein Thema, denn diese Vereine scheinen nicht immer alles unter eine Kosten/Nutzen-Analyse zu planen und machen grundsätzlich den Gästeblock auf – egal ob da 10 und 1.000 Nasen womöglich ankommen. Und es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, seinen eigenen Block zu haben, in dem man (fast alles) tun und lassen kann als irgendwo auf einer Sitztribüne (wie es auch schon mal Schalke mittwochs abends gemacht hat) neben den Heimfans zu supporten.
Das Steigerwaldstadion in Erfurt wird gerade modernisiert, sprich wie auch letztes Jahr in Chemnitz beim Pokalspiel war das halbe Stadion eine Baustelle. Allerdings dominieren hier immer noch diese gigantischen Flutlichtmasten und diese werden auch dem Umbau nicht zum Opfer fallen – so dass man gespannt sein kann, wie sich das „neue“ alte Steigerwaldstadion von seinen anderen neuen Arenen angenehm abheben wird.
Eine Stunde vor Anpfiff der einzige Fan im Block zu sein, da Stepanka von der Haupttribüne aus berichtete, war schon ein komisches Gefühl und bei Nieselregen erwischte ich mich bei dem Gedanken, dass diese neuen 0815-Arenen doch einen entscheidenden Vorteil bieten…sie sind überdacht! Während wir in Kiel tatsächlich in der zweiten Halbzeit allesamt aufs Herren-WC wegen Gewitter und Platzregen geflüchtet sind, meinte es Petrus dann letztlich doch gut mit uns und das Wetter wurde minütlich besser, während ja leider das Ergebnis immer schlechter wurde.
Die fehlende Überdachung, leerer Gästeblock und recht kühle Temperaturen regten dann das Gehirn mal wieder an, sich zu fragen, was man hier mittags um 13.00 Uhr mitten in Thüringen eigentlich so macht – um dann kurz danach einfach wieder nur zu staunen…über die ebenfalls völlig überdimensionierte Anzeigetafel mit ihren tausenden von Glühbirnen. Das letzte ähnliche Modell (das auch noch funktionierte) sah ich wohl beim Spiel unserer ersten Mannschaft in Oberhausen im Dezember 2008.
Und dann kam plötzlich der Mainzer „Auswärtsmob“. Es hätte tatsächlich sein können, dass der Block von Jena-Fans bevölkert wird, denn Erfurt und Jena verbindet eine große gegenseitige Abneigung, aber es kamen „nur“ eine Handvoll Nasen in „Da Silva“, „Noveski“, „Geis“ und „Schürrle“ Trikots. Dieses All-star-Team hatte so ziemlich alles dabei, um einen Gästeblock rucki-zucki in ein Wohnzimmer umzugestalten: Zaunfahne, Choreo, Megaphon und Trommel. Während beim Auftritt in der letzten Saison 5 Leute den Block bevölkerten waren wir plötzlich 17 Leute, davon ein Erfurter, dessen Block gerade abgerissen wurde und der wegen Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Erfurt lieber mal in den Mainzer Block gehen wollte, statt in den mit Regenschirmen übersäten Nebenblock. Und dieser bestätigte dann auch gleich mal meine Annahme, dass sich z.B. aus Großaspach auch nicht sehr viel mehr Fans in den Gästeblock verirren. Soviel dann zum Thema Zweite Mannschaften in der 3. Liga und dem wenigsten Gästefans.
Wie sich herausstellte bestand der „Mob“ hauptsächlich aus zwei 05-Fans aus Erfurt, die noch ein paar Freunde mobilisierten und dann tatsächlich beim Erfurter Fanprojekt diese Woche, die genannten Utensilien anmeldeten und genehmigt bekamen. Auf der Zaunfahne wurde dann auch an die Städtepartnerschaft mit Erfurt erinnert und die Wechsel-Choreo bestehend aus Mainz 05- und Peace- und PACE-Logo war vielleicht etwas zu global gedacht für diesen lokalen Kick – aber wieso auch nicht? Natürlich werden da jetzt die echten Megahardcore Fans von benachbarten Traditionsvereinen wieder mit genüsslicher Abneigung zu den „Bonbonwerfern“ rüberblicken. Aber unser Verein hat wenigstens noch eine U23, der man folgen kann und die mittlerweile mit Philipp Klement und Suat Serdar innerhalb einer Woche zwei neue Erstligaspieler hervorbrachte. Und die Arbeit, die die 05er-Sektion aus Erfurt in ihre Zaunfahne und Choreo steckte ist meiner Meinung nach aller Ehren wert.
Die Buben mussten sich am anderen Ende des Platzes warmmachen und bis in die Nachspielzeit war es uns eigentlich nicht klar, ob die überhaupt mitbekamen, dass es einen Auswärtsmob gibt, denn die Bahn um den Platz führte tatsächlich dazu, dass das Spielgeschehen recht weit weg stattfand und man dann doch manchmal diese engen Stadien wieder gar nicht so schlecht findet. Denn ein Funke konnte hier vom Block auf die Mannschaft natürlich kaum rüberspringen. Obwohl der Megaphon-Einsatz wohl sogar gut auf der Haupttribüne zu hören war. Von der Liedauswahl her ging verständlicherweise nicht viel, aber ein Wechselgesang „FSV“ und „Mainz 05“ bekommt natürlich auch der supportwillige Erstbesucher von 05-Spielen recht schnell gebacken.
Der Support der Erfurter war ganz ok. Die Ultras waren dem Gästeblock gegenüber auf der überdachten Haupttribüne untergebracht und die 3.100 Zuschauer hatten spätestens nach den beiden Elfmetern ihren Spaß. Wir im Gästeblock hatten spätestens unseren Spaß, als es darum ging, mit Speis‘ und Trank versorgt zu werden. Wie schon oben beschrieben, wusste man ja natürlich nicht, wie viele Leute so kommen und folglich hatte dann gar kein Essens- oder Getränkestand geöffnet. Aber das war für die durchweg freundlichen Erfurter Security- und Stadionmitarbeiter kein Problem. Der Mainzer Gästeblock durfte à la Carte bestellen und die Catering-Mädels brachten dann sukzessive Bier und Thüringer Bratwurst, perfekt verpackt im Styropor-Gewand mit Semmel, Senf und Ketchup in den Block. Und bei der Security nach der ersten Runde weitere Kaltgetränke zu ordern, war natürlich grandios – wo sie in anderen Stadien ja manchmal eher damit beschäftigt sind, den einen oder anderen Besucher des Gästeblocks zu gängeln.
Durch ein wenig Trinkgeld motiviert, kam der Nachschub an Kaltgetränken immer schneller und so wurden die 17 durstigen Kehlen 90 Minuten bestens versorgt ohne mit irgendwelchen Karten bezahlen und davor 20 Minuten in einer Schlange stehen zu müssen. Hier wurde das Bier auf dem Tablett serviert und Fußball „konsumiert“ 😉
Nach dem Abpfiff waren unsere Buben natürlich bedient, aber anscheinend hatten sie den Support dann doch ganz gut mitbekommen und gleichwohl sie sehr mitgenommen aussahen, applaudierten sie dem Block und klatschen alle am Zaun ab. Nach 14 Spielen ohne Niederlage ist man natürlich enttäuscht und vielleicht ist das halt der Preis, den man als Mannschaft zahlen muss, wenn es einzelne Talente dann plötzlich ganz nach oben in die Liga 1 schaffen und so das Mannschaftsgefüge durcheinander gewirbelt wird.
Trotz des Ergebnisses war dies mal wieder eine Auswärtsfahrt, die alle Beteiligten sicherlich so schnell nicht vergessen werden und die die Lust auf das nächste Auswärtsspiel mit unserer U23 natürlich schon wieder wachsen lässt. Und Erfurt nächstes Jahr, sollte eigentlich wieder drin sein – wenn denn beide Mannschaften in der Liga bleiben.
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