Nur für das Trikot, fairsteht sich!

Seit Jahren ist es in der Liga üblich, das Trikot der Folgesaison am letzten Spieltag der aktuellen Spielzeit zu präsentieren. Der Hintergrund ist, wie könnte es anders sein, kommerzieller Natur. Wir Fans sollen zum Konsum animiert werden. Dass es auch anders geht, zeigt ausgerechnet ein Verein aus der Premier League. Der FC Brentford wird die Trikots der abgelaufenen Saison auch in den kommenden 12 Monaten tragen. In Zeiten knapper Kassen in den meisten Fanfamilien ist dies ein durchaus guter Move, soll aber in diesem Blogpost nicht wirklich Thema sein. Schließlich können wir selbst entscheiden, ob wir uns in diese Konsumspirale begeben oder nicht.

Vielmehr soll es hier um Inhalte gehen und Dinge, die bei unserem Verein mal wieder nicht so richtig zusammenpassen wollen. Da kreiert der Verein gemeinsam mit dem Trikotsponsor eine löbliche Friedensbotschaft und verbindet sie mit einer vergleichsweise großzügigen Spende in Höhe von 10 Euro, die vom Verkaufspreis in Höhe von fast 80 Euro an die „Better World Stiftung“ des Trikotsponsors geht. Gleichzeitig wird von limitierter Edition gesprochen, damit das oben angesprochene Konsumieren stimuliert wird. „Wer sich dieses ganz besondere Trikot sichern möchte, muss schnell sein“, ist in den Vereins News zu lesen. Warum die Auflage limitiert ist, und warum es nicht möglich ist, sich das Trikot nicht in aller Ruhe bis zum Verkaufsstart des „regulären“ Trikots Mitte Juli zu sichern, wird in den News nicht erklärt. Die Fans zu solchen Impulskäufen zu drängeln hat schon etwas von Kaffeefahrten-Charakter. Damit wird die Botschaft, Menschen zu helfen, ein wenig in den Hintergrund gedrängt.

Der Mainz 05 Kapitän Mousa Niakhaté trägt das Trikot der neuen Saison mit dem "You never walk alone" Schriftzug in den Farben der Ukraine und dem Schriftzug der Kömmerling Better World Stiftung
Screenshot von der Mainz 05-Webseite

Und genau darum geht es eigentlich in diesem Text. Denn leider wird im Rahmen der Aktion, die ja für eine bessere Welt einstehen möchte, nur die eine Seite der Medaille betrachtet: Die Friedensbotschaft auf dem Trikot symbolisiert die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, die völlig unverschuldet in einen Angriffskrieg hineingezogen wurden. Die 10 Euro pro Trikot sollen die Not der Menschen vor Ort lindern. Soweit so gut. Aber eine solche Aktion sollte meiner Meinung nach ganzheitlich angegangen werden. Es sollten also auch die Menschen einbezogen werden, die diese Trikots hergestellt haben. Und dazu gibt es leider überhaupt keine Information. Leider ist es als Verein bis heute extrem schwierig, fair gehandelte Trikots zu erwerben, insbesondere, wenn man an einen Ausrüstervertrag gebunden ist. Hat der Ausrüster mit Nachhaltigkeit, konkret mit der fairen Produktion seiner Textilien, nichts am Hut, bleibt einem Verein leider nur der Weg, alles selbst in die Hand zu nehmen.

Diesen Schritt ist der FC St. Pauli gegangen. Und dieser Schritt benötigt Zeit – im Falle des FC St. Pauli sage und schreibe fünf Jahre. Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Vertrieb auf der Vereinwebseite im Jahr 2021: „Auf der Mitgliederversammlung 2016 haben wir den Auftrag bekommen, unser Merchandising fair und nachhaltig zu produzieren. Diesem Anspruch möchten wir in möglichst vielen Bereichen gerecht werden. Mit unserer eigenen Marke ‚DIIY‘ möchten wir nun zeigen, dass sich Qualität, Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen auch für Performance-Kleidung überhaupt nicht ausschließen müssen. Darum haben wir die Messlatte mit unseren selbst formulierten Ansprüchen an die neue Teamsport-Kollektion auch bewusst hochgelegt. Wir sind überzeugt davon, dass auch unsere Fans diesen Anspruch teilen und möchten sie auf unseren Weg mitnehmen. Deswegen starten wir schon jetzt in den Vorverkauf für das Heimtrikot der Saison 2021/22 – denn nur gemeinsam mit unseren Fans schaffen wir unser anspruchsvolles Ziel, die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt zu produzieren.“

Vor mehr als zwei Jahren habe ich bereits zum damaligen neuen Ausrüster etwas geschrieben („Fair Fashion for Future„) und meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Wechsel auch das Thema faire Trikotproduktion angegangen wird. Getan hat sich allerdings wohl nichts:

„Großes Problem der Mainzer ist die aktuell noch fehlende Transparenz. Es können beispielsweise weder Hauptproduktionsstandorte noch Angaben zur Auswahl und Überprüfung der Lieferanten gefunden werden“, lautet das ernüchternde Ergebnis der Studie „Die Vereine im Ranking – so fair sind ihre Shops“ von cum ratione im Jahr 2021. Damals arbeitete der Verein laut dieser Studie gerade intensiv daran, diese Transparenz herzustellen. Allerdings habe zumindest ich hierzu noch nichts gelesen. Aber selbst wenn diese Transparenz existiert, ist natürlich noch nicht sichergestellt, dass die Menschen, die die Trikots hergestellt haben, auch davon leben können. Auch hier gilt der FC St. Pauli als Vorbild. Er ist 2021 als erster und bisher einziger Verein weltweit Mitglied bei „Fair Wear“ geworden. Diese Organisation stellt sicher, dass die Arbeitenden freiwillig ihren Dienst verrichten, sprich, Sklaverei wird ausgeschlossen. Die Arbeitenden können Gewerkschaften gründen und Kollektivverträge vereinbaren. Diskriminierung jeder Art ist ausgeschlossen, Kinderarbeit verboten und existenzsichernde Löhne (nicht zu verwechseln mit Mindestlöhnen) werden gezahlt. Es wird sich an eine Höchstarbeitszeit gehalten und die Arbeitsumgebung entspricht Mindest-Arbeitsschutzrichtlinien. Ferner existiert ein Arbeitsvertrag mit Rechten und Pflichten. Diese Kriterien gelten für uns meist als selbstverständlich. Dass dies in anderen Ländern alles andere als ein Standard ist, wird sicherlich deutlich, wenn man sich die Sportartikelhersteller anschaut, die Mitglied bei Fair Wear sind, wie z.B. Deuter, Haglöfs, Hess Natur, Jack Wolfskin, Odlo, Salewa, Schöffel, Vaude, engelbert strauss und Mammut. Alle bekannten Ausrüster der Liga sind hier leider noch kein Mitglied.

Um in Zukunft keine halben Sachen zu machen, sollte sich Mainz 05 langfristig anders aufstellen, wenn der Ansatz ernst gemeint ist, Menschen zu helfen und nicht darauf hoffen, dass ein Ausrüster endlich sicherstellt, dass die Textilien unter fairen Bedingungen hergestellt werden. Dann würde auch die Kehrseite der Medaille für eine „Better World“ stehen.    

Quellen:

Premier League – Nachhaltigkeit: Brentford trägt Trikots auch nächste Saison – t-online.de
1. FSV Mainz 05 – News Detailansicht: Neues Heimtrikot
DIIY – Alles muss man selber machen! – FC St. Pauli
FSV Mainz 05 – cum-ratione.org
Member Brands – Fair Wear Foundation

Spätlese Wolfsburg 2021/22

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Freitag abends halb neun in Wolfsburg ist sicherlich die denkbar unangenehmste Spielansetzung, seitdem die unsäglichen Montagsspiele abgeschafft wurden (aber leider am 2. Mai nochmals Auferstehung feiern). Nach 17 Jahren auswärts Fahren habe ich auch keine Lust mehr, um 3 oder 4 Uhr nachts zurück auf die richtige Rheinseite zu gelangen. Aber in Wolfsburg übernachten? Geht rein theoretisch, aber die Hotels sind vergleichsweise teuer. Also ging es für mich zunächst mit dem ICE nach Braunschweig, wo es für die Hälfte der Wolfsburger Preise ein gutes Hotel gab, das auch noch direkt gegenüber des dortigen Hauptbahnhofs liegt. Innerhalb einer Stunde schnell die Sachen ins Zimmer gebracht, ging es mit dem nächsten ICE weiter nach Wolfsburg. Dabei steht natürlich immer die bange Frage im Raum, ob die lokführende Person tatsächlich einen Halt auf dem Weg in die Hauptstadt einlegt. In der Vergangenheit hielten sich da einige nicht an den fahrplanmäßigen Stopp. Daher war ich natürlich froh, dass beim Vorbeirauschen an hunderten nagelneuer PKWs plötzlich die Bremensen quietschten und ich zwei Stunden vor Anpfiff am ausgestorbenen Bahnsteig aussteigen konnte.   

Im ICE278 kurz vor dem Wolfburger Hauptbahnhof.
Hält er oder hält er nicht, der Zug in Wolfsburg?

02 (N)immer nuff:

Da zwischen Hauptbahnhof – ja, es gibt wirklich einen Hauptbahnhof – und Stadion nur der Mittellandkanal zu überqueren ist, verzichete ich diesmal auf ein Klapprad. Eben dieses Gewässer sorgt beim VfL Wolfsburg dafür, dass der Club pro Jahr 11 Millionen Liter Trinkwasser spart, indem die Plätze mit Grauwasser bewässert werden. Anders als das Thema Energieeffizienz, das aktuell in aller Munde ist, wird im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit Wassereffizienz praktisch nie genannt. Hier geht der VfL Wolfsburg in der Liga wirklich vorbildlich voran. Auch auf anderen Gebieten ist der Club zugegebenermaßen in Sachen Nachhaltigkeit fast so gut wie sein Frauenteam im Fußball.

Der Mittellandkanal, der sich direkt neben dem Stadion befindet.
Der Mittellandkanal, der sich direkt neben dem Stadion befindet.

03 Kon-Trolle

Das „Wolfsburger Modell“, was das Bier angeht, hat auch die Pandemie überdauert. Vor dem Einlass gibt es richtigen Gerstensaft, der allerdings noch vor der Kontrolle geleert werden muss. Dahinter gibt es nur alkoholfreie Getränke, was angesichts des Spielverlaufs die eine oder den anderen vor eine große Herausforderung gestellt haben könnte. Das Spiel schön trinken oder Frustsaufen war im Gästeblock nicht möglich.

Becherspenden finden auch in Wolfsburg statt.
Becherspenden finden auch in Wolfsburg statt.

04 Kampf um den Mampf

Der Spieltag wurde vom VfL unter das Motto „Diversität“ gestellt. Es gab Pfandbecher, Banner und Logos in Regenbogenfarben. Der Mittelfeldkreis wurde vom Platzwart in ein Friedenssymbol umgewidmet und am Essensstand gab es eine große Enttäuschung. Während die Currywurst in der VW-Kantine mittlerweile durch eine vegane Variante ersetzt wurde, gab es im Gästeblock die altbekannte Version aus Fleisch. Es sei denn, es wurde nicht angegeben, dass sie vegan ist, was ich stark bezweifle. Dazu gab es Schnitzel und Bratwurst im Brötchen. Letztere war mit 3,20 Euro die günstigste Speise im Block. Alterantiv gab es eine Brezel für 3,50 Euro. So hält es also Wolfsburg mit der Verschiedenheit bei den Essgewohnheiten von Auswärtsfans. Es ist einfach immer wieder lustig bis peinlich, wie sich Fußballvereine eines Themas versuchen anzunehmen und dann bereits an den Basics scheitern. Wie immer geht es nicht darum, dass hier jemand auf seine Wurst aus Fleisch verzichten soll. Menschen, die entweder aus Gründen des Geschmacks, der Gesundheit, des Klimaschutzes und/oder des Tierwohls auf Fleisch als Nahrung verzichten nur eine trockene Brezel anzubieten, die auch noch teurer als die Wurst ist, ist an Ignoranz nicht zu überbieten. Dann lob ich mir am Ende ja fast lieber einen Präsidenten, wie den von Union, der das ganze Thema als Gedöns abtut und sich wenigstens ehrlich positioniert.   

Blick auf die Speisekarte im Gästeblock. Die Brezel ist teurer als die Bratwurst.
Die Brezel ist teurer als die Bratwurst.

05 Käfighaltung

Die Ankunft im Gästeblock hatte was von Dorfdisco um drei Uhr morgens. Die Auswahl der Musik war gut, sie war nur viel zu laut und auf der Tanzfläche aka Tribüne war nichts los. Der Vorteil des Wolfsburger Gästeblocks ist die breite Tanzfläche zwischen Wurstbude und Stehbereich. Dort wurde tatsächlich vorkicks klassisch getanzt, denn als Nullfünfer*in möchte man wenigstens bis zum Anpfiff ein Erlebnis haben, an das man sich auch nachkicks noch gerne erinnert. Ähnlich wie in Augsburg war schon nach einer Viertelstunde der Drops quasi gelutscht aber das war nur der Startschuss für die Meute im Block, so richtig loszulegen. „Nullfünf, Nullfünf, Nullfünf, Nullfünf“ hallte es minutenlang in die Halbzeitpause rein. Die zweiten 45 Minuten wurden mit einem netten „Aus…Aus…Auswärtssieg“ begonnen. Es folgte „Wir gewinnen, wir gewinnen, wir gewinnen sowieso!“, abgerundet durch „Mainz wird deutscher Meister, Mainz wird deutscher Meister, Mainz wird deutscher Meister nächstes Jahr!“. Genau dieser Humor holte mich so richtig ab. Zugegeben, ich hatte spätestens nach dem 4:0 zwischenzeitlich keine Lust mehr auf das Spiel. Ich tigerte oberhalb der Stehplätze hin und her und wurde wirklich durch die Gesänge wieder eingefangen. Dadurch, dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit nicht auseinander fiel und ein zweites Leipzig-Debakel verhinderte, erhöhte sich die Mitmachquote im Block von Minute zu Minute. Statt wie im Netz auf die Spieler einzuhauen, wurde im Stadion verbal munter weiter eingeheizt, weil wir alle einen an der Waffel ham‘. Und das „Auswärts fahren ist schön!“-Lied in der Dauerschleife mit Schaleinsatz war der Höhepunkt einer letztlich trotzdem gelungenen Auswärtsfahrt. Forza Moguntia!

Die Fans vom FSV
Die Fans vom FSV

Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 zeigt die Diversität zwischen Geschehen auf dem Platz und der positiven Eskalation im Block.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Köln 2021/2022

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Die dritte Auswärtsfahrt in sechs Tagen. Hat es das bei Nullfünf schon mal gegeben? Fast: in der Saison 2011/2012. Da waren es neun Tage und zwei der drei gegnerischen Mannschaften, auf die die rot-weißen Jungs auch diese Woche trafen, waren damals ebenfalls dabei. Zunächst ging es dienstags nach Köln (1 Punkt), dann sonntags nach Gladbach (0 Punkte) und mittwochs nach Kiel (Aus im DFB-Pokal-Viertelfinale) mit Champions-League-Gewinner TT. Von daher – schlimmer geht immer! Aber nicht mit der Bahn, denn die brachte mein Klapprad und mich wie die Woche zuvor zunächst rechtsrheinisch bis Koblenz in Richtung Köln. Da der Bahnübergang dieses Mal nicht gestört war, hatte ich größte Mühe die beiden ausstehenden Podcast-Folgen der „Hinterhofsänger“ zu hören, ehe ich die Domstadt erreichte.

Christoph sitzt mit Maske und Kopfhörern im ICE. Sein Klapprad liegt gut verstaut hinter ihm im Gepäckfach.
Das Klapprad gut verstaut geht es mit zwei Podcastfolgen der Hinterhofsänger Richtung Köln.

Schwerpunkt der ersten Folge war der „Aprilscherz“ von Mainz 05, sprich ausgerechnet am 1. April zu verkünden, als letzter Bundesligist überhaupt, in den Frauenfußball einzusteigen. Dass es über eine Kooperation mit Schott zunächst laufen würde, hatte Stefan Hofmann bereits vor Monaten auf einer Veranstaltung angekündigt. Gut, dass alle Beteiligten tatsächlich über die ganze Zeit Stillschweigen vereinbart und durchgezogen haben, um diesen Move vorzubereiten. Endlich sorgt Mainz 05 in Zukunft für ein stückweit mehr Chancengerechtigkeit, was das professionelle Fußballspielen in Mainz für alle Menschen angeht.  Diese Wende kann dem Verein nur guttun.

02 (N)immer nuff:

In Köln angekommen, wurde das Klapprad in wenigen Sekunden zusammengebaut und los ging’s in Richtung Müngersdorf durch die Stadt. Während der Pandemie haben zahlreiche Städte Maßnahmen ergriffen, um Radfahrenden das Leben auf der Straße zu erleichtern. Dazu zählt auch Köln, das auf vielen Straßen eine Fahrspur den Autofahrenden abgerungen hat und Radfahrenden nun die Möglichkeit gibt, auf ihrer sehr breiten Spur tatsächlich auch andere Radelnde zu überholen. Auch diese (Verkehrs-)Wende kann nur guttun.

Auf einer breiten Straße in Köln ist die rechte Spur Radfahrenden vorbehalten.
Verkehrswende in Köln: eine Fahrspur wurde den Radfahrenden überlassen.

Statt direkt die sechs Kilometer zum Stadion zu fahren, legte ich noch einen Zwischenstopp bei einer Burgerkette ein. Schließlich haben, im Gegensatz zu den meisten Bundesligisten, die Fast-Food-Konzerne erkannt, dass nicht alle Menschen auf Burger aus Rindfleisch stehen. Die Kette mit dem berühmten „Whopper“ bietet mittlerweile eine Vielzahl vegetarischer und veganer Burger an. Der vegane „Chicken“-Burger schmeckte wirklich gut. Das Patty bestand aus einem Soja-Weizen-Mix und war genauso wie das sonst übliche Hühnerfleisch paniert. So konnte ich keinen Geschmacksunterschied festzustellen. Es geht bei den aktuellen Diskussionen um Ernährung nie darum, dass wir alle komplett auf Fleisch verzichten müssen, um das Klima zu retten oder wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine Hungersnöte zu vermeiden, da die Weizenfelder in dem Land nicht bestellt werden können, viele Länder auf diese Weizenimporte angewiesen sind, um die Ernährung ihrer Bevölkerung zu gewährleisten. Aber bei vielen „traditionellen“ Essen, bei denen Fleisch eher eine untergeordnete Rolle spielt, wäre es wirklich leicht, den Burger, das Hackfleisch in der Soße oder den Speck im Eintopf durch eine vegane Variante zu ersetzen. Ob diese Ernährungswende gelingt?

03 Kon-Trolle

Wie in Köln üblich gab es wieder eine glasfreie Zone rund ums Stadion, die am Spieltag auch durch den Ordnungsdienst durchgesetzt wurde. So kam ich ohne Platten auch am dritten Stadion in sechs Tagen mit dem Klapprad ohne Probleme an. Fahrradständer gibt es wie in Gladbach zur Genüge direkt am Eingang zum Block. Anders als in Augsburg und Gladbach existierte aber keine Abgabemöglichkeit für Sachen, die nicht ins Stadion mitgenommen werden dürfen, wie beispielsweise Fahrradlampen.

Ein Klapprad parkt direkt vor dem Stadioneingang in Köln-Müngersdorf.
Radparkplatz direkt am Gästeblock des Müngersdorfer Stadions

Ähnlich wie bei den Corona-Regeln die Länder macht hier jeder Verein was er will. Daher sind die Infos für Auswärtsfahrende, die Mainz 05 vor jedem Gastspiel verschickt, auch so wichtig. Auf diesen Umstand wurde wie die Jahre zuvor hingewiesen. Glücklicherweise fand das Spiel um halb vier statt, so dass ich auch nachkicks ohne Licht bei Helligkeit wieder zum Bahnhof radeln konnte.

04 Kampf um den Mampf

Köln machte es, anders als Augsburg, wieder einfach. Bezahlung mit Kreditkarten oder Bankkarten war kein Problem. Eine sinnbefreite Bezahlkarte wie in Augsburg, die nur wieder Plastikmüll generiert, gab es erst gar nicht. Dafür gab es zum dritten Mal in Folge die Wurst vom selben Lieferanten aus dem Kölner Umland. Und obwohl der Fabrikant eine vegane Bratwurst im Angebot hat, gab es wie in Gladbach und Augsburg keine fleischlose Alternative, sondern nur eine überteuerte Brezel, die ein paar Cent günstiger war als eine Wurst.

Unzählige Würste und Wurstbrötchen liegen am Essensstand in der Auslage.
Wurst in allen Variationen – als vegetarische Alternative gibt es eine überteuerte Brezel

Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: Auf der einen Seite ein Produkt, für das ein Lebewesen mehrere Monate gegrast hat und die ähnlichen Zutaten wie für die Brezel tagaus tagein gefressen hat, bevor es auf der Schlachtbank landet und auf der anderen Seite ein Teigprodukt für das lediglich eine Ladung an Weizen geerntet werden musste, um es herzustellen. Am Ende beträgt der Preisunterschied läppische 30 Cent. Schon eine ziemlich verrückte Welt, in der wir leben und wir uns das Leben unnötig schwermachen. Schließlich werden rund 60 Prozent der Ackerfläche aktuell für Tierfutter verwendet, statt darauf direkt Brezeln, Brot und indirekt auch Burgerpattys herzustellen.

05 Käfighaltung

Anders als in Gladbach und in Augsburg war der Gästeblock diesmal proppevoll. Geht doch! Es gab zwar keine Maskenpflicht, aber dass Masken prinzipiell im Stadion eine gute Idee sind, zeigte sich während des Einmarsch der Spieler. Der rote Feinstaub, der sich dabei entwickelte wurde von der FFP2-Maske wunderbar gefiltert. Was wir danach zu sehen bekamen, sind wieder die zwei Gesichter von Mainz 05 – nur dass wir diesmal die besser Hälfte am Anfang sahen.

Eine FFP2-Maske ist mit rotem Feinstaub belegt.
Die Maske am Tag nach dem Stadionbesuch

Aber wer nach einer Zwei-zu-Null-Führung von Nullfünf auf fremden Platz in der 60. Minute „Auswärtssieg“ gröhlt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Ich erinnere mich noch an eine Zwei-zu-Null-Führung in Hannover in der 85. Minute, bei der ebenfalls „Auswärtssieg“ angestimmt wurde – das Spiel ging 2:2 aus. Auswärtsspiele von Mainz 05 sind mit Ausnahme der Aufstiegssaison 2008/2009 einfach Momente, an denen man wachsen kann. Meist gibt es einen auf den Deckel, aber man lernt unweigerlich, mit Niederlagen umzugehen. Solch ein Training haben Fans des FC Bayern zum Beispiel meist nur ein oder zweimal pro Saison – wir hingegen haben es gefühlt jetzt innerhalb von sechs Tagen dreimal erlebt (danke Yann Sommer). Das nennt man Lebenserfahrung.

Fußballfans im Müngersdorfer Stadion mit Fahnen und einer Choreographie mit dem Logo des 1. FC Köln.
Endlich wieder bunte Kurven auf beiden Seiten

Fazit: Der Jahrgang 2021/2022 bietet altbewährtes – in Köln mit Fans im Gästeblock gibt es keinen Auswärtssieg in Liga 1.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour