Finanzielle Nachhaltigkeit FC Heidenheim Saison 2023/2024

Im Profifußball spielt Geld eine immer größere Rolle. Daher geht es in diesem Blogplost um die finanzielle Nachhaltigkeit des Gasts von Mainz 05 heute Nachmittag: FC Heidenheim*.

Einleitung
Vergleich der KPIs vom FC Heidenheim und Mainz 05
Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom FC Heidenheim
Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom FC Heidenheim

Mainz 05-Fans unterwegs in Baden-Würtemberg

Einleitung

Im Mai 2019 veröffentlichte die Deutsche Fußball Liga (DFL) erstmals die Finanzkennzahlen der Bundesliga-Vereine. Seither erstelle ich jährlich eine „Finanz-Bundesliga-Tabelle“. Mit Hilfe dieser Kennzahlen lassen sich so genannte Key Performance Indicators, kurz KPIs, ermitteln, die klar herausstellen, welche Vereine finanziell nachhaltig agieren.

Die DFL hat in ihren Lizenzierungskriterien zum Thema Finanzen leider keine dieser KPIs verankert. Würde man die KPIs:

  • Anlagendeckungsgrad (> 60 Prozent)
  • Eigenkapitalquote (> 20 Prozent)
  • Personalaufwandsquote (< 70 Prozent)
  • Verschuldungsgrad (< 200 Prozent)

als Lizenz-Kriterien einführen, wäre es ein großer Schritt in Richtung Financial Fairplay getan, wenn gleichzeitig die jährliche Alimentierung bei der TSG Hoffenheim, bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg beendet werden würde – genauso wie die österreichische Brause-Alimentierung in Leipzig.

Vergleich der KPIs vom FC Heidenheim und Mainz 05

Anlagendeckungsgrad (Eigenkapital zu Anlagevermögen)

Je höher der Deckungsgrad, desto besser steht es um die Finanzierung des Clubs:

20182019202020212022
FC Heidenheim6%6%2%7%7%
Mainz 0586%79%74%88%127%
Entwicklung des Anlagendeckungsgrads 2018-2022

Eigenkapitalquote (Eigenkapital zu Bilanzsumme)

Je höher die Eigenkapitalquote desto mehr finanzielles Engagement bringt der eigene Club auf, sprich desto mehr finanziert sich der Verein selber und desto geringer ist die Chance, dass der Verein pleite geht.

20182019202020212022
FC Heidenheim6%5%1%5%6%
Mainz 0544%50%45%51%60%
Entwicktlung der Eigenkapitalquote 2018-2022

Personalaufwandsquote (Personalaufwand/Umsatz)

Je niedriger die Personalaufwandsquote, desto besser wirtschaftet der Club.

20182019202020212022
FC Heidenheim48%40%47%42%47%
Mainz 0539%34%46%50%46%
Entwicklung der Personalaufwandsquote 2018-2022

Verschuldungsgrad (Fremdkapital zu Eigenkapital)

Je höher der Verschuldungsgrad ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und desto riskanter agiert dieses Unternehmen.

20182019202020212022
FC Heidenheim1400%1710%5984%1441%1358%
Mainz 0598%84%97%64%41%
Entwicklung des Verschuldungsgrads 2018-2022

* Der 1. FC Heidenheim bilanziert zum 31. Dezember statt wie die meisten Clubs zum 30. Juni, daher beziehen sich die Zahlen auf den Bilanzstichtag 31. Dezember 2022.

Quelle: DFL

Weitere Finanzkennzahlen können bei der DFL eingesehen werden. Mit Hilfe dieser lassen sich Leistungskennzahlen ermitteln, die in die Finanz-Bundesliga-Tabelle 2022/2023 einfließen. Pro Leistungskennzahl ist die jeweilige Platzierung im 18er-Feld der Clubs der Saison 2022/2023 angegeben.

Analyse: Finanzielle Nachhaltigkeit vom FC Heidenheim

Der FC Heidenheim würde eines von vier Kriterien erfüllen, wenn die DFL ihr Nachhaltigkeitsbekenntnis ernst nehmen würde und dieses auf die finanzielle Nachhaltigkeit anwenden würde. Allerdings muss man wissen, dass Heidenheim bisher in der 2. Liga gespielt hat und die finanziellen Voraussetzung dort andere sind, als im Fußball-Oberhaus. Dennoch spricht natürlich nichts dagegen, dass auch in der 2. Liga, finanziell nachhaltig agiert wird.

Die Personalaufwandsquote des FC Heidenheim liegt mit zuletzt 47 Prozent deutlich unter der geforderten maximalen Quote von 70 Prozent. Und diese lag während des gesamten Betrachtungszeitraums zwischen 2018 und 2022 immer deutlich darunter, sprich Personalaufwand und Umsatz stehen in Heidenheim in einem gesunden Verhältnis zueinander.

Der Anlagendeckungsgrad in Höhe von 7 Prozent liegt deutlich unter den geforderten 60 Prozent. Das bedeutet, dass die Finanzierung des FC Heidenheim etwas wackelig ist. Allerdings hatte Heidenheim in jedem Jahr positives Eigenkapital vorzuweisen. Dies ist weder in der 1. noch in der 2. Liga alles andere als selbstverständlich. Zwischenzeitlich war der Anlagendeckungsgrad sogar während der Pandemie auf 2 Prozent gesunken, sprich der FC Heidenheim versucht sich aus der Corona-Depression langsam aber sicher rauszuwinden.

Die Eigenkapitalquote liegt mit 6 Prozent deutlich unter den geforderten 20 Prozent. Sie war aber auch während der Pandemie mit 1 Prozent 2020 noch schlechter. Auch hier gilt die Devise, dass der Club auf einem guten Weg ist.

Der Verschuldungsgrad in Höhe von 1358 Prozent liegt über dem vertretbaren Level von 200 Prozent. Verglichen mit dem Seuchenjahr 2020, als sie bei fast 6000 Prozent lag, bekommt Heidenheim nach der Pandemie seine finanzielle Lage langsam wieder in den Griff.

Fazit: Finanzielle Nachhaltigkeit vom FC Heidenheim

Der Vorteil von KPIs ist die Tatsache, dass sie absolute Größen vernachlässigen und verschiedene Parameter in Relation setzen. Vergleicht man die Zahlen vom FC Heidenheim und vom FC Bayern oder auch „nur“ von Mainz 05, wird in absoluten Zahlen immer eine verzerrte Relation herauskommen. Setzt man aber jeweils verschiedene Zahlen des selben Clubs in Relation und vergleicht sie mit anderen Clubs, wird leicht erkennbar, wer von beiden innerhalb der jeweiligen Möglichkeiten finanziell nachhaltiger agiert.

Mit einem Anlagendeckungsgrad von 7 Prozent liegt der FC Heidenheim gleichauf mit dem VfL Bochum, aber zum Beispiel einen Tick besser als der 1. FC Köln – von Werder und Union ganz zu schweigen, da diese beiden Clubs zum Bilanzstichtag 2022 komplett überschuldet waren.

Bei der Eigenkapitalquote liegt der FC Heidenheim mit 6 Prozent nur einen Punkt hinter dem VfB Stuttgart, aber deutlich vor Köln (4 Prozent) und Bochum (3 Prozent).

Bei der Personalaufwandsquote liegt Heidenheim mit 47 Prozent (in der 2. Liga) extrem gut im Vergleich zu den Erstligisten. Sprich Heidenheim hat wirklich mit einem sehr günstigen Kader das Maximum (den Aufstieg) erreicht.

Allerdings ist der Verschuldungsgrad extrem hoch. Wenn man mal von den überschuldeten Clubs Werder und Union absieht, haben nur Bochum und Köln einen höheren Verschuldungsgrad. Da jährlich mindestens zwei Clubs aufsteigen, ist ein Blick rüber nach Darmstadt an dieser Stelle auch mal angebracht. Deren Verschuldungsgrad liegt bei 93 Prozent (Heidenheim 1358 Prozent). Daran erkennt man, dass zwar beide Aufsteiger es verstehen, mit Geld umzugehen, aber bei Heidenheim fast alles fremd finanziert ist.

Fazit: In Heidenheim macht man aus wenig eigenem Geld sehr viel. Der Verein hat zwar kaum Eigenkapital, der Großteil ist fremdfinanziert. Aber man ist nicht überschuldet und weiß mit dem Geld etwas anzufangen. Denn die Personalaufwandsquote von 47 Prozent in der 2. Liga ist für den Ertrag (Aufstieg) schon sehr gut. Wenn Heidenheim in diesem Geschäftsjahr, was auf der Alb am 31. Dezember (statt wie bei den meisten Clubs am 30. Juni) endet, nicht massiv Geld in den Kader gesteckt haben sollte, wird sich der Verein in seinem ersten Jahr 1. Liga finanziell weiterhin nachhaltig verbessern. Das wird die spannende Frage bleiben, die bei der Vorstellung der nächsten Bilanz in ein paar Monaten beantwortet wird.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese 1. FC Köln Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Müngersdorfer Stadion

01 Hin und weg:

Die Sparpreise der Deutschen Bahn schreiben eine Zugbindung vor. Dadurch ist man als zugreisende Person etwas unflexibel unterwegs, da man nicht einfach in den nächsten Zug springen kann (es sei denn der gebuchte Zug ist mindestens 20 Minuten verspätet). Daher bietet es sich immer an, noch einen Regionalzug oder eine S-Bahn an die Fahrt dranzuhängen. Schließlich soll es durchaus vorkommen, dass diese mal kurzfristig gestrichen werden. So auch am Sonntag. Der Regionalexpress von Köln Messe/Deutz zum Kölner Hauptbahnhof war bereits am Sonntagmorgen gestrichen. Aufgrund dieser nicht stattfindenden 2-Minuten-Fahrt war die Zugbindung für die komplette Fahrt von Mainz bis Köln aufgehoben. Dies macht das Reisen mit der Bahn gleich einen Deut entspannter – zumal es auf der Strecke Mainz-Köln doch relativ viele Züge zur Auswahl gibt. Ich nutzte am Ende dennoch geplanten Zug und kam pünktlich am rechtsrheinischen Bahnhof in Deutz an.

Der Wegfall der Zugbindung bringt zusätzliche Flexibilität

02 (N)immer nuff:

Da ich mit dem eigenen Klapprad unterwegs war und die Bahn dieses als Gepäckstück akzeptiert, konnte ich erstmal ein kleines Weihnachtsmarkt-Hopping einlegen. Mit dem Rad von der falschen auf die richtige Rheinseite gestrampelt, landete ich direkt neben dem Autostau am Heumarkt. Der dortige Weihnachtsmarkt war so dermaßen überfüllt, so dass es gleich zum zweiten Weihnachtsmarkt auf den Neumarkt ging. Dieser lies noch Platz zum Luftholen. Wie auf Weihnachtsmarkt #1 waren auch bei #2 die Standard-Sprachen eher Englisch und Niederländisch. Scheinbar sind Weihnachtsmärkte ein Touristenmagnet Deutschlands – wie aktuell auch noch die Fankultur in unseren Stadien. Ist die irgendwann wegen dubioser Investoren-Deals kaputt gemacht worden, gibt es ja mit dem Oktoberfest und den Weihnachtsmärkten wenigstens noch die Möglichkeit, sich in Deutschland die Lichter auszuschießen, während in Ho$$enheim am Stadion an der Autobahn vielleicht noch weniger als 16 000 Nasen den Kraichgau-Kick geben als letzten Freitag. Über Weihnachtsmarkt #3 am Rudolfsplatz radelte ich weiter in Richtung Müngersdorfer Stadion.

Weihnachtsmarkt #3 am Rudolfsplatz

03 Kon-Trolle

Leider gibt es in Köln keine Abgabestelle für Dinge, die man nicht mit ins Stadion nehmen darf. Fahrradbeleuchtung gehört jedoch genau zu jenen Dingen, die einem an der Kontrolle garantiert abgenommen werden, da sie als Wurfgeschosse gelten. Also musste ich kreativ werden und die Beleuchtung so verstecken, dass sie vor Gelegenheitsdieben geschützt war. Schließlich gibt es wenigstens in unmittelbarer Nähe des Gästeblocks genügend Abstellmöglichkeiten für Räder. Da ist das Waldstadion am Nebenfluss mit seinem bewachten Fahrradparkplatz tatsächlich Pionier in der Liga. Ob etwas von der Kohle, die die DFL mit ihrem Investoren-Deal einnimmt, in die Infrastruktur in Form von Abgabestellen oder bewachten Radparkplätzen fließt? Fraglich…sie möchte ja mit dem Geld eigentlich nur das Angebot für Sofafans digitalisieren. Wer würde denn auf die Idee kommen, noch Geld in diejenigen zu investieren, die ins Stadion gehen?

Fahrradparkplatz direkt vor dem Gästeblock

04 Kampf um den Mampf

Während im Rest des Landes pflanzenbasierte Optionen wie Pilze aus dem Boden schießen, gibt es auch in Köln wieder nur Brezeln als Alternative zur Wurst. Und auf die Idee eine vegane Wurst anzubieten, kommt man in Köln halt nicht. In Fans zu investieren, die sich vegan ernähren? Voll aus der Mode gekommen. Sollen sie doch das zukünftige tolle digitale Angebot der DFL reinziehen und dazu Tofu-Burger in einem pflanzenbasierten Restaurant futtern.   

In den Farben getrennt, in der Sache vereint, gegen Investoren in der DFL

05 Käfighaltung

Wie wenige Vereine in der Liga vermittelt der Effzeh Werte. Zum internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember setzte der Club unter dem #ZesammenFürMenschen  ein Zeichen, dass Menschenrechte weltweit geachtet und geschützt werden müssen. Der Musiker Stephan Brings spielte vor dem Anpfiff das Lied „Liebe gewinnt“ und die Stadionbesuchenden setzten mit ihren Handykameras ein leuchtendes Zeichen in diesen dunklen Zeiten. Ich stelle mir das jetzt schwierig vor, wie sich der digitalisierte Fan an so etwas am anderen Ende der Welt beteiligen soll.

#ZesammenFürMenschen – im Stadion wird am Tag der Menschenrechte an eben diese erinnert

Wie in der letzten Woche die Fans des FSV und des SC Freiburg, positionierten sich auch die Fans des Effzeh klar gegen einen Einstieg von Investoren bei der DFL. Und ihre Clubverantwortlichen votierten, wie Freiburg, am Montag dagegen. Und was machte Mainz 05 als eingetragener Verein? Setzte keine außerordentliche Mitgliederversammlung an, votierte dafür und rechtfertigte das Votum noch mit einem „gemeinschaftlichen Willen, dieses Geschäftsmodell zu entwickeln und zukunftsfähig aufzustellen.“ Bei mindestens 10 Gegenstimmen und Enthaltungen (bei 36 Stimmen) ist das schon eine sehr gewagte Aussage mit dem gemeinschaftlichen Willen. Daher heißt es auch abseits des Platzes: Weiter kämpfen für das, was Mainz 05 ausmacht. Eine fehlende Mitnahme der Mitglieder bei einer Entscheidung, die Auswirkungen auf die DFL in den nächsten 20 Jahren hat, gehört sicherlich nicht dazu.

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt dass man durchaus den Eindruck gewinnen kann, dass ein Stadionbesuch anscheinend zum Auslaufmodell der DFL-Oberen gehört und unser Vereinsverantwortlichen das auch noch richtig toll finden.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Krasser Rabatt auf die 05-Nachhaltigkeit

Das Verhalten von Mainz 05 in der Black Week

Viele von uns treibt nach den vergangenen turbulenten Wochen die Frage um, wofür Mainz 05 (noch) steht. Das Sportliche blende ich, wie meistens, komplett aus, da es für diese Fragen sicherlich Profis gibt, die das beantworten können. Als Verein steht Mainz 05 seit der letzten Mitgliederversammlung für Nachhaltigkeit. Sie wurde in den Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales als Vereinszweck (!) §1 der Vereinssatzung aufgenommen. Doch was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit und wie wird sie gerade in der Black Week gelebt?

Tweet von Mainz 05 zum Thema Black Week

Die Bundesumweltministerium definiert Nachhaltigkeit folgendermaßen: „Wir sollten mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgsam umgehen und nicht auf Kosten der Menschen in anderen Regionen der Erde und auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Nachhaltigkeit betrifft unsere Umwelt, alle Bereiche unseres Lebens und Wirtschaftens. Nachhaltiges Handeln ist also eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft – national und international. Wir müssen unsere Erde für alle und auf Dauer bewohnbar erhalten.“

Kurz gesagt, unser Verein sollte Ressourcen schonen. Wie er von A nach B kommt, kann man kritisch hinterfragen, aber bei der Zuverlässigkeit der Bahn und Dauerstaus aufgrund maroder Brücken kann man das innerdeutsche Fliegen immerhin noch nachvollziehen. Es verlangt auch niemand, dass jetzt nur noch vegan gefuttert wird, da die pflanzliche Ernährung am klimaschonendsten ist und Tierleid erspart. Aber was man schon verlangen kann, ist, dass der Verein seine Außenwirkung bei manchen Aktionen hinterfragt – gerade nach der Satzungsänderung vor einem Monat.

Flock erneuern, statt ein neues Trikot - eine Idee, nachhaltig den Black Friday zu begehen
Flock erneuern, statt ein neues Trikot – eine Idee, nachhaltig den Black Friday zu begehen

Letztes Jahr habe ich das Einsteigen in die Rabattschlacht in der so genannten „Black Week“ bereits kritisiert. Dieser Blogpost ist bei manchen meinungsstarken Menschen auf Kritik gestoßen. Schließlich ist es tatsächlich ein Privileg, wenn man aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten auf Rabattaktionen verzichten kann. Diesen Punkt sehe ich und er hat in diesem Jahr sogar einen eigenen Hashtag erhalten: #BuyNothingIfYouCan Den „Buy Nothing Day“, der am heutigen Samstag begangen wird, gibt es sogar schon seit mehr als 30 Jahren. Er folgt auf den Black Friday, den mittlerweile auch in Deutschland wohl umsatzstärksten Tag des Jahres.

Natürlich soll niemand dafür kritisiert werden, dass er mit seinem begrenzten Budget sich am Black Friday rabattierte Dinge zulegt, für die das Geld normalerweise nicht reicht. Daher zielte meine letztjährige Kritik auch nicht auf die, die sich Dinge aufgrund von Sonderangeboten leisten können.

Vielmehr zielte die Kritik auf die Marketingverantwortlichen des Vereins, die es für notwendig hielten, in die Rabattschlacht in der Black Week einzusteigen. Letztes Jahr waren einzelne Posten um bis zu 70 Prozent reduziert. Dieses Jahr gibt es Eintrittskarten zu reduzierten Preisen. Gegen diese Aktion der reduzierten Eintrittspreise ist auch nichts einzuwenden, bietet sie tatsächlich Menschen mit geringerem Einkommen die Möglichkeit, Spiele der Männer-Profi-Mannschaft im Stadion zu sehen.

Wäre dies die einzige Rabattaktion gewesen, hätte man meinen können, der Verein hätte sein Agieren, der Vereinssatzung angepasst. Doch leider gibt es auch Rabatte im Merchandising-Bereich. Anders als letztes Jahr, als es starke Rabatte für einzelne Artikel gab, werden diesmal „Boxen“ angeboten. Das ist der neue Marketing-Trend und nennt sich „Bundling“, also das Bündeln von Artikeln, die dann in ihrer Gesamtheit günstiger zu erwerben sind, als die Produkte im Einzelverkauf. Durch diese gewählte Strategie wird der Überkonsum noch weiter angeheizt. Denn für uns Menschen gilt nun mal grundsätzlich erstmal die Devise „Geiz ist geil“, mussten wir vor Jahrtausenden ja noch sammeln, was wir außerhalb unserer Höhle bekommen konnten – so viel hat sich da bei uns in der Evolution noch nicht im Hirn geändert. Wenn man nun sieht, dass es im Bündel Rabatte gibt und im Einzelverkauf nicht, dann nimmt man halt den Pulli und die Mütze, obwohl man vielleicht für das eine oder andere Teil gar keine Verwendung hat.

Und wie war das nochmal mit der Schonung der Ressourcen, die sich nun in der Satzung des Vereins findet?

Und wie war das nochmal mit dem Argument, dass zahlungsschwächere Menschen die Möglichkeit bekommen, etwas zu kaufen, was sie sich zum Normalpreis nicht leisten können?

Durch diese Bundling-Strategie werden Ressourcen vergeudet, weil nicht nur das gekauft wird, was man vielleicht wirklich mag oder braucht, sondern auch das, was man halt nimmt, weil es im Bündel günstiger ist. So wird am Ende Mainz 05 mehr verkaufen, Menschen mehr kaufen, mehr Ressourcen verbraucht und womöglich Menschen mit weniger Budget mehr ausgegeben haben, als sie eigentlich eingeplant hatten.

Natürlich kann man auf den Black Week-Zug aufspringen und das Thema Nachhaltigkeit trotzdem hochhalten. Firmen wie Globetrotter, die gebrauchtes Equipment aufkaufen und einen Second Hand-Markt etablieren oder Maier Sports, die eine Spendenwanderung initiierten, zeigen, dass gewinnorientiere Unternehmen sich gegen den Konsumwahn kreativ positionieren. Und natürlich gibt es bei diesen Unternehmen auch mal Angebote. So ist auch an den Spieltagsangeboten bei Mainz 05 nichts auszusetzen.

Auf Mainz 05 umgemünzt wäre es doch eine tolle Möglichkeit, sich hier als Verein, der dem Gemeinwohl und nicht den Aktionären einer Kapitalgesellschaft verpflichtet ist, entsprechend abzuheben:

  • Eine Trikottauschböre oder ein Second Hand Markt für Trikots – damit diese nicht nur im Schrank herumliegen, sondern ihrem eigentlichen Bestimmungszweck, Rot und Weiß in die Welt zu tragen, wieder gerecht zu werden.
  • Eine Kooperation mit Mainzer Schneidereien, die kaputten Merch wieder reparieren, damit man um eine Neuanschaffung herumkommt.
  • Und eine transparente Berichterstattung, wer die 05-Klamotten zu welchen Bedingungen mit welchen Materialien herstellt. Statt prozentualen Rabatt könnte man auch eine temporäre Erhöhung der Gelder denjenigen zukommen lassen, die die Teile hergestellt haben.
  • Und warum nicht auch einen Spendenlauf initiieren, bei dem Geld für Mainz 05 hilft e.V. generiert wird?

Gutes Marketing besteht darin, zu besonderen Anlässen einzigartige Aktionen anzustoßen. Die Black Week zu einer „Konsumbildung“ zu nutzen und darüber aufzuklären, warum Überkonsum alles andere als nachhaltig ist, würde der umformulierten Satzung gerecht.

Dann könnten wir tatsächlich sagen, Mainz 05 steht für Nachhaltigkeit – in der Black Week besonders!