„Fans“ of Alcohol

Am Aschermittwoch ist alles vorbei, wie wir alle wissen. Manche von uns nehmen den Spruch wörtlich und verzichten in der sich an Fastnacht anschließenden Fastenzeit auf Süßigkeiten oder Chips. Mittlerweile propagieren auch Menschen das Klimafasten. Sie versuchen, die etwas mehr als 40 Tage bis Ostern klimaschonender zu gestalten. Dafür wird auf das Auto oder auf Fleisch verzichtet. Innerhalb der Union (also der aus der Politik) empfiehlt ein Ministerpräsident einem anderen Beleidigungsfasten. Da besteht gerade in Bayern tatsächlich großer Bedarf.

Bier gehört für viele Fans zum Stadionbesuch dazu

Die meisten Erwachsenen, die die Fastenzeit leben, versuchen allerdings auf Alkohol zu verzichten. Wer es nicht so mit dem Christentum hält, aber trotzdem Verzicht auf Promille üben möchte, der begeht mittlerweile den „Dry January“, also die Alkohol-Abstinenz im ersten Monat des Jahres. Es gibt auch Menschen, die das ganze Jahr über keinen Alkohol konsumieren, sei es, dass sie ihre Gesundheit schützen möchten, aus religiösen Gründen, er ihnen nicht schmeckt oder sie es als trockene Alkoholiker*innen geschafft haben, die Sucht zu bekämpfen oder gar zu überwinden.

Viele Menschen verzichten zeitweise auf Alkohol

Für viele Fans gehören zum Stadionbesuch Wurst und Bier dazu. Dass die Wurst nicht unbedingt aus Fleisch hergestellt sein muss, finden immer mehr Leute gar keine so schlechte Idee. Genauso muss das Bier nicht (immer) Alkohol enthalten. Mittlerweile gibt es alkoholfreies Bier in allen Stadien der Bundesliga.

Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede, was die Preisgestaltung und die Abgrenzung zum alkoholischen Angebot angeht. Letzteres ist gerade für Suchtkranke eine große Herausforderung beim Stadionbesuch und schreckt sie womöglich ab, ins Stadion zu gehen.

Alkohol ist in deutschen Fußballstadien omnipräsent: vor dem Eingang, an den Catering-Ständen sowieso und teilweise sogar im Block . Dort bieten fliegende Händler*innen ausschließlich Bier an – eine alkoholfreie Alternative sucht man in allen Blöcken der Bundesliga vergeblich.

Wie bei veganen Speisen käme niemand auf die Idee, Verbote auszusprechen. Natürlich sollen alle essen und trinken, was sie wollen. Allerdings sollte der Verein mit dem Caterer die Preisgestaltung und die Verfügbarkeit überdenken. Gerade bei uns in Mainz, wo Stadt und Schorle gefühlt quasi eins sind, sollten die handelenden Personen vielleicht mal den Status Quo in Frage stellen. Denn gerade bei Mainz 05 muss man sich die Fastenzeit erst einmal leisten können.

Alkoholfreies Bier kostet 25 Prozent mehr als herkömmliches Bier

Während die Weinschorle auf den Liter hochgerechnet 10 Euro kostet und das Fassbier 10,80 Euro, fallen aktuell für den Liter alkoholfreies Bier 13,20 Euro an. Ein Gegenargument, das bei der Kritik an Preisen für Catering immer fällt: Es wird ohnehin alles teurer. Oder die genannten Preise sind halt mal so sind wie sie sind. Beide Argumente können getrost vernachlässigt werden.

Anders als bei der Diskussion um den Wasserpreis (7 Euro pro Liter) geht es nicht um das Preisniveau . Es geht um das Verhältnis der Getränkepreise zueinander. Dass das alkoholfreie Bier fast ein Viertel teurer ist als das Bier mit Alkohol ist einfach ein No Go für einen Verein „mit ausgeprägtem Wertebewusstsein“, wie es im Mainz-05-Leitbild heißt.

Dort steht die soziale Verantwortung drin. Es ist allerdings alles andere als sozial verantwortlich, dass der Verein solche Diskrepanzen beim Getränkeangebot gelten lässt. Sich die Fastenzeit beim Mainz-05-Stadion-Besuch leisten zu können hört auch nicht beim Preis für das einzelne Getränk auf. Es geht noch weiter. Schließlich gibt es das Kombi-Angebot Bier und (vegane) Wurst nur für richtiges Bier.

Für alkoholfreies Bier macht es schließlich keinen Sinn: Es wird in Drittelliter-Flaschen umgefüllt und mit sehr viel Schaum und wenig Flüssigkeit im Pfandbecher gereicht. Durch den Ausschank von 0,33 Litern statt 0,5 Litern liegt der absolute Preis pro Getränk mit 4,40 Euro gegenüber 5,40 Euro natürlich niedriger.

Innovative Weinprodukte fehlen

Warum es nicht möglich ist, das alkoholfreie Bier als Halbliter-Variante zum selben Preis wie das Fassbier anzubieten, ist nicht nachvollziehbar. Bei anderen Vereinen wie bei Borussia Mönchengladbach oder dem BVB geht es schließlich auch. Apropos andere Vereine. In St. Pauli gibt es mittlerweile das „Trockendock“ – ein Kiosk, an dem ausschließlich alkoholfreie Getränke angeboten werden. Das ist ein Segen für suchtkranke Menschen und sicherlich im Bereich des Familienblocks für unser Stadion denkbar. Für einen Verein, der Wert auf Inklusion legt, sollte das eigentlich ein Muss sein. Suchtprävention bei Kindern und Jugendlichen im 05er Kids Club wäre ebenfalls keine schlechte Idee. Auf Schalke hat sich die Initative „Schalke Null Bier“ gegründet. In Köpenick gibt es die Selbsthilfegruppe Suchtkranker namens „Nüchtern betrachtet, mehr vom Spiel“. Andere Clubs sind da mal wieder wesentlich weiter als der 1. FSV Habbemerimmerschonsogemacht 05.

Als bekanntes Aushängeschilder der Weinstadt Mainz könnte das 05-Catering vorangehen. Wieso nimmt man nicht eine alkoholfreie Wein- oder Secco-Variante oder Traubensaft ins Sortiment auf? Schließlich bietet der Weinkooperationspartner des Vereins sogar beides auf seiner Webseite an. Stattdessen gibt es im Stadion am Europakreisel mittlerweile Cocktails. Im aktuellen Mitgliedermonat besucht man eine Destillerie. Außerdem wird eine Funzelfahrt in Zusammenarbeit mit dem 05-Weingut mit Weinverkostung angeboten. Dort geht man aber auf die alkoholfreien Angebote des Winzers nicht ein. Jährlich im Oktober wird Bier im Ein-Liter-Gebinde in der Schobbeschachtel angeboten, damit man noch schneller mehr Promille intus hat – „Fans“ of Alcohol…

Spätlese Dortmund Saison 2024/2025

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Erst kurz nach Anpfiff war der Gästeblock in ein rot-weiß-goldenes Fahnenmeer getaucht

01 Hin und weg:

Beim Lotterie-Spiel der Deutschen Bahn am letzten Sonntag war mir das Glück mal wieder hold. Schließlich stellt sich bei Planungen von Auswärtsfahrten nach Nordrhein-Westfalen immer die Frage, ob man sich ein Zugticket für die Rheinstrecke kauft, damit Geld spart aber eine Stunde länger unterwegs ist, oder ob man sich ein Ticket für die Schnellbahnstrecke Frankfurt-Flughafen – Köln leistet. Da der Anpfiff in Dortmund erst um 17.30 Uhr war, sparte ich mir das Geld für die Hochgeschwindigkeitsstrecke, wohlwissend, dass bei der Deutschen Bahn immer die Chance besteht, dass die Zugbindung aufgehoben wird.

Das war tatsächlich bereits eine Woche vor der Abfahrt der Fall, da einer der gebuchten Züge ausfiel, und so konnte ich für sehr wenig Geld sehr schnell ins Ruhrgebiet reisen. Schließlich erlaubt das Aufheben der Zugbindung auch eine Änderung der zu fahrenden Route nach Dortmund.  

Mit dem Mietrad lässt sich die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Westfalenstadion bequem zurücklegen

02 (N)immer nuff:

Ähnlich wie in Mönchengladbach vor drei Wochen, gilt das Fahren mit den Öffis ins Stadion in Dortmund eher als Horrortrip – vor allem auf der Rückfahrt, auf der man ziemlich lange in Menschenmengen feststeckt, ehe man sich in die Stadtbahn quetschen darf. Daher ging es für mich zu Fuß zum Stadion – schließlich war ich dank der Sache mit der entfallenen Zugbindung sehr früh in der Stadt. Auf dem Rückweg hatte ich nur 45 Minuten zur Abfahrt des Zuges, bei einer Laufzeit von zirka 45 Minuten etwas knapp. Aber es gibt ja mittlerweile Mieträder in den meisten Städten und so war die rund 10-minütige abschüssige Fahrt vom Westfalenstadion zum Hauptbahnhof für 1 Euro eine sehr gute Investition.  

Zwischen Hauptbahnhof und Stadion liegt das Kreuzviertel, das auch vegane Restaurants zu bieten hat.

03 Kon-Trolle

Dass der BVB gefühlt jedes Jahr international spielt erkennt man an der Logistik und Beschilderung für Gästefans. Alles war zweisprachig auf Deutsch und Englisch verfasst. Dazu gibt es eine Abgabestelle nur für Gästefans. Das ist wirklich ein fanfreundlicher Service, der es leider bisher nicht in die Statuten der DFL geschafft hat. So ist es möglich, zum Beispiel Fahrradbeleuchtung oder Essen und Trinken in Rucksäcke zu packen und dort problemlos abzugeben. Der Traum eines jedes auswärts Reisenden ohne privaten PKW – zumal die Abgabestelle direkt gegenüber des Eingangs zum Gästeblock liegt.

04 Kampf um den Mampf

Zeitenwende – das umschreibt das Angebot des BVBs an Speis und Trank in dieser Saison ganz gut. Teilweise gibt es (noch) Pfandbecher, teilweise (wieder) Einwegbecher. Wurst gibt es überall – Gerüchten zufolge soll es sie auch vegan gegeben haben. Letztere war allerdings so gut versteckt, dass ich sie nirgends gefunden habe. Unentwegte berichteten mir aber glaubhaft davon, dass es welche gab. Beim letzten Besuch im Westfalenstadion gab es noch einen extra Stand des Sponsors Rügenwalder Mühle, der dort seine vegane Bundesliga-Bratwurst, die es landauf landab auch in den Kühlregalgen der Supermärkte gibt, angeboten hatte.

 Es entsteht der Eindruck, dass man wegen des Sponsors die vegane Wurst wohl verkaufen muss – aber möglichst so, dass sie niemand findet. Dann kann man gut argumentieren, dass sich die pflanzenbasierte Wurst nicht verkauft, sobald der Sponsor weg ist, und man wieder ganz auf die gute alte Wurst aus Fleisch umstellen kann. Diese Zeitenwende, weg vom linksgrün-versifften veganen Angebot, zurück zur sauerländischen Tradition aus Billigfleisch – Echte Liebe eben. Und wer nicht die Wurst für 4,10 € fressen möchte, der soll halt die Brezel für 4,30 € konsumieren. Tierverwertung ist halt billiger als Teigausrollen in Deutschland.

Mit dem Einlauf der Mannschaften schafften die aktiven Fans auch ins Stadion

Diese Zeitenwende hat der BVB auch beim Pfandbecher hinbekommen. Denn eigentlich gab es fast nur noch Einwegbecher im Gästestehblock, nachdem in den Jahren zuvor Pfandbecher für alle genutzt wurden. Es wurden noch einige Pfandbecher im Steher gesichtet. Wahrscheinlich werden die in der nächsten Saison dann komplett verschwunden sein und die sauerländische Aki-Fritze-Fraktion kann wieder genüsslich aus dem Einwegbecher schlürfen und sinnlos Müll produzieren  – hinter der Werbebande eines Rüstungskonzerns. Zeitenwende eben.

05 Käfighaltung

Am Sonntagnachmittag ist schon vor Anpfiff aus Mainzer Sicht nicht alles so gelaufen wie erhofft. Warum es die aktiven Fans erst mit dem Anpfiff in den Block geschafft haben, weiß ich nicht. Allerdings ist die An- und Abreise mit dem Bus und/oder Auto in Dortmund ebenfalls eine Katastrophe, so dass die Vermutung naheliegt, dass die Jungs und Mädels im Stau standen. Jedenfalls erkannte man, wie hilflos ein voller Gästeblock agiert, wenn die Szene den Support nicht koordiniert. Vor deren Eintreffen wehte eine einzige Fahne im Block und bis auf ein paar „Mainzaaa“-Rufe gab es keine wirkliche verbale Unterstützung der Mannschaft. Das erinnerte mich an meine ersten Stadionbesuche Ender der 1990er, Anfang der 2000er-Jahre, in denen sich der verbale Support auf kurze Anfeuerungsrufe beschränkte.  

Werbung für einen Rüstungskonzern in einem Fußballstadion – Zeitenwende halt

Der Stehblock in Dortmund ist wohl der nervigste in der ganzen Liga. Ich bin ein großer Freund der Völkerverständigung. Dass aber zumindest der obere Teil des Stehblocks mehrheitlich mit Menschen gefüllt war, die wahrscheinlich bis kurz vor Anpfiff überhaupt nicht wussten, gegen wen der BVB spielt, weil sie einfach nur geil darauf waren, auf die gelbe Wand zu glotzen, ist jede Saison einfach nur anstrengend. Stimmung kam im Block nur semi auf – und wenn man dann noch 3 Buden fängt, dann ist der Sonntagabend natürlich gelaufen, obwohl ich persönlich noch nie eine Mainzer Mannschaft im Westfalenstadion sah, die so selbstsicher und fast dominant aufgetreten war – bis zu den ersten beiden Gegentoren.

Nette Schalparade zu Beginn der zweiten Halbzeit

Schön, dass auf dem Papier 4 500 05er*innen an einem Sonntagnachmittag dabei waren – aber ich frage mich, wie diese Menschen aus Großbritannien, den Niederlanden und Skandinavien an Karten aus Block 61 kommen. Die Karten als 05er*in kaufen und dann im Netz verticken ist einfach komplett daneben. Aber gut, wir Menschen haben halt den Drang, unseren Reibach zu machen, das ist bei uns in Mainz leider nicht anders.

Fazit: Der Jahrgang 2024/2025 zeigt, dass die Zeitenwende beim BVB bereits in vollem Gange ist.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Meine Mainz-05-Momente 2024

Die „Das darf in keinem Jahresrückblick fehlen“-Momente häuften sich in diesem nun zu Ende gehenden Jahr 2024, wenn ich an Mainz 05 denke, ziemlich an. Allerdings ist die Social Media-Abteilung des FSV gerade dabei, sie so viel besser aufzubereiten als ich es je könnte. Daher fokussiere ich mich lieber auf meine 2024er-Momente mit unserem Fußballsportverein, die es sicherlich zum größten Teil in keine offizielle Vereinschronik schaffen werden.

Der Januar ließ sich für mich als Fan des FSV eigentlich nur im „Winterschlaf“ ertragen. Draußen war es kalt in Mainz, meistens dunkel und der Blick auf die Tabelle der Männerprofimannschaft ließ für das Frühjahr nichts Gutes erahnen. Gut war eigentlich nur, dass ich mehrere Spieltage lang auf Reisen war – am anderen Ende der Welt, fernab vom Abstiegskampf bei trostlosen Partien gegen Wolfsburg oder Union.

Zurück in Deutschland, rechtzeitig zur Straßenfastnacht im Februar, ging das Fastnachtsspiel in Stuttgart in die Hose – dieser Umstand hat mehr Tradition als das Dosengedöns, das in der zweiten Jahreshälfte indirekt noch viele Gemüter erregen sollte. Dass das Fastnachtsspiel aber das Letzte ohne Bo II in diesem Jahr sein würde, wussten wir zu dieser Zeit noch nicht. Ja seine pure Existenz war uns noch nicht mal bewusst. Während wir uns mit „Heile heile Gänsje“ uff de Gass trösteten, tüteten die handelnden Personen bei Mainz 05 das nächste Trainer-Wunder am Bruchweg ein. Und es wurde bald wieder (fast) alles gut!

Augsburg war der Game Changer, den wir alle nötig hatten. Es lief da an der Seitenlinie plötzlich ein Duracell-Häschen mit wehenden Haaren entlang – dem viele spätestens nach der Klatsche bei den Bayern Strohfeuer-Mentalität unterstellten. Dass Bo Henriksens Art langfristig gut gehen würde, war mir natürlich zu diesem Zeitpunkt auch nicht bewusst. Langfristig heißt, über mehr als ein paar Monate, wenn man sieht, was Union mit Bo I und Babak und ihrem Trainerteam gerade wieder angestellt hat. Denn wir befinden uns schließlich im Fußballgeschäft – einer ganz speziellen Bubble mit Protagonist*innen, die außerhalb dieser Branche wahrscheinlich gar nicht die Gelegenheit hätten, so viel Mist zu produzieren. Während es mit dem FSV langsam bergauf ging, ging es mit den Investorenplänen der DFL langsam bergab. Ich schaue sehr selten bis gar nicht „Hart aber fair“ – wie die beiden Kritiker*innen des Investoren-Deals, die Sportjournalistin Mia Guethe und der „Unsere Kurve“-Sprecher Thomas Kessen die Argumente, insbesondere vom Investoren-Fan Martin Kind, für den Deal, in der Sendung vom 19. Februar zerbröselten, war jedoch wirklich sehenswert. Gemeinsam mit sehr vielen Tennisbällen wurde der Deal schließlich im wahrsten Sinne des Wortes weggeworfen. Wie sich unser Verein in der Causa Investoren-Deal positionierte, war allerdings befremdlich. Fast der gesamte Aufsichtsrat sprach sich gegen den Deal aus – die operativ handelnden Personen votierten trotzdem dafür. Dass das Thema Aufsichtsrat in diesem Jahr noch höhere Wellen schlagen würde, haben wir damals nicht geahnt.

Während das Männerprofiteam bei den Bayern unterging und damit im März den letzten richtigen Dämpfer im gesamten Jahr erhielt, sorgten zwei Teams im Frühjahr für ein Dauerlächeln auf meinem Gesicht. In der U19 Youth League nahmen die Nullfünfer Barca und ManCity auseinander und das 05-Frauenteam schoss am gleichen Wochenende als es 1:8 gegen die Bayern hieß, Ober-Olm mit 8:0 vom Platz. Unser FSV besticht als Gesamtverein – dabei dürfen wir auch nicht die Handball- und die Tischtennisabteilung vergessen. Was für ein Privileg es ist, als eingetragener Verein 2024 durch das Jahr zu reisen, ist uns in diesen März-Tagen vielleicht bewusst geworden – dem 05-Nachwuchs und dem Frauenteam sei Dank.

Dass unser Verein noch nahbar sein kann, zeigte sich im April mal wieder, als es darum ging, die Ballfangnetze am Wolfgang-Frank-Campus zu begrünen, um die Biodiversität dort mit insektenfreundlichen Rankpflanzen zu sichern. Jonny und Batzi halfen selbstverständlich mit, für die Pflanzen Löcher zu graben und die Stauden einzupflanzen. Dass wir schließlich einen netten Plausch unter anderem mit dem besten deutschen Stürmer der zweiten Jahreshälfte führen würden, hatten wir zu diesem Zeitpunkt nicht erahnt.

Während der Klassenerhalt immer greifbarer wurde und sich der Verein eigentlich wunderbar als Einheit präsentierte, waren es im Mai wieder die Personen im operativen Bereich, die unnötig Unruhe reinbrachten. Die Dauerkarte sollte standardmäßig ab der nächsten Saison digital angeboten werden – wer eine Plastikkarte haben wollte, müsse dafür 10 Euro Gebühr bezahlen. Ich persönlich mag die digitale Dauerkarte sehr. Das ist allerdings unwichtig. Es gibt Menschen, die kein Smartphone haben oder die es nicht so bedienen können, dass sie die Dauerkarte darin laden können. Dass man diese mit einer Gebühr bestrafen wollte, und das in einem Moment, wo man solche Nebenkriegsschauplätze überhaupt nicht gebrauchen konnte, ist einfach 05-Welt-fremd. Dabei gibt es die entsprechenden Austauschformate in unserem Verein. Nur wenn man die eine Seite vor vollendete Tatsachen stellt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es massiven Gegenwind im Stadion von der anderen Seite gibt. Gut, dass die Gebühr eingemottet wurde – sie wird sicherlich irgendwann kommen, aber es kommt halt immer auf das Timing an. Menschen mitnehmen – da sollten einige im Verein 2025 bitte an ihrer Performance arbeiten.

Während sich die Männerprofimannschaft in Wolfsburg Ende Mai selbst belohnte und den Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffte, blieb ein ähnliches Erfolgserlebnis den Frauen verwehrt. „Meisterinnen müssen aufsteigen“ –lautete das Banner, das sowohl 05- als auch Bochum-Fans auf dem Schott-Kunstrasenplatz beim ersten Aufstiegsrelegationsspiel im Juni präsentierten. Schließlich wurden die Teams des VfL Bochum und von Mainz 05 Meisterinnen in ihrer jeweiligen Liga – aufsteigen durfte allerdings nur einer von beiden Vereinen. Dies ist wieder so eine „Lösung“ eines Fußballverbands, der einfach komplett ignorant ist und den Wettkampfcharakter in einem Ligen-System ad absurdum führt. Aber was will man von einem Verband erwarten, der für eine WM in einem Land votiert, in dem das Wort „Menschenrecht“ ein Fremdwort ist?

Nach einer grandiosen Saison mit zwei Titeln (Landespokalsiegerinnen und Meisterinnen) standen die Nullfünferinnen im Schatten des Ruhrstadions am Ende doch mit leeren Händen da. Wir Fans verabschiedeten uns nach dem Spiel vom Team in die Sommerpause und wussten damals nicht, dass so viele Spielerinnen in den Wochen danach sang- und klanglos den Verein verlassen würden. Es ist einfach schade, wenn Spielerinnen mit einem Satz in einer Vereinsnachricht mehr oder weniger wegmoderiert und „verabschiedet“ werden. Ein bisschen mehr „Sepp-van-den-Berg“-Hype und „Bo I-Abschiedsvideo“ Stil würde auch unserem Verein gut zu Gesicht stehen, wenn es darum geht, verdiente Spielerinnen würdig zu verabschieden. Dass diese teilweise als Zuschauerinnen wenige Monate später im Bruchwegstadion und auf dem Nebenplatz ihr ehemaliges Team anfeuern würden – das war für mich eines der Highlights des Jahres schlechthin. Nie passte der Slogan „Einmal 05er*in, immer 05er*in“ besser.

Im Juli schaute ich mir wie jedes Jahr die Finanzkennzahlen der Erstligisten im Männerprofifußball an. Wie in praktisch jedem Jahr der jüngeren Vereinsgeschichte steht Mainz 05 sehr solide da – neben dem SC Freiburg, den Bayern und Ho$$enheim. Da zolle ich gerne meine Anerkennung, wenn es darum geht, wie die handelnden Personen bei Mainz 05 mit dem lieben Geld umgehen. Dies ist die Basis dafür, dass wir seit 15 Jahren am Stück im Männerprofifußball erstklassig spielen und dass die 05-Frauen die Chance erhalten, in der kommenden Saison aufzusteigen. Als Meisterinnen würden sie diesmal tatsächlich aufsteigen, da die Frauenfußball-Bundesliga um zwei Teams aufgestockt wird und damit diese unsäglichen Aufstiegsrelegationsspiele 2025 ausbleiben werden.

Und so fing sie an – die Saison 2024/2025! In Wiesbaden schoss das Männerprofiteam das erste von sechs Malen auswärts drei Tore – einmalig in Europas Top-Ligen! Von wegen, „in Europa kennt euch keine Sau!“… Statt großmäulig aufzutreten, brachte ein simples „Mainzaaa“ die tolle Leistung auf den Punkt – und einige am Nebenfluss im Stadtwald zum Jahresende auf die Palme. Die erste Pokalrunde in Wiesbaden war der Beginn einer Hinrunde bei den Männern, die mit dem Auswärtssieg im Waldstadion vor wenigen Tagen ihren grandiosen Abschluss gefunden hatte. Die Frauen mussten an jenem August-Pokalwochenende in Stuttgart antreten und kickten den ambitionierten VfB in der ersten Runde raus – ein ähnlich dreckiger Sieg wie er den Männern bei der SGE unlängst gelungen war – mit jeweils grandiosen Paraden durch die Torhüter*innen Mamiko Matsumoto bzw. Robin Zentner. Die zwei weiteren Pokalspiele der Frauen wurden zu wahren Highlights im Frauenfußball dieser Stadt. Bei beiden Partien gegen die Kickers aus Offenbach (3:0) und den VfL Wolfsburg (1:4) zeigten Fanaktionen wie Luftballon-Choreos oder Chaos-Intros, dass der Frauenfußball im Verein angekommen ist und die Menschen (wieder) nuff gehen – mehr als 2 500 beim Spiel gegen das Team aus der Autostadt! Der Frauenfußball findet in der aktuellen Saison auch durch die Social Media-Abteilung von 05 seine Anerkennung. Dass es am Ende gegen die Dauerpokalsiegerinnen rund um Alex Popp und Svenja Huth nicht ganz zur Sensation gereicht hat, ist ein Wehrmutstropfen – aber dieses Flutlichtspiel war, wie der Auftritt der U19 in der Youth League, ein absolutes Highlight, das ich nach der offiziellen Verabschiedung der Südtribüne im Spätsommer 2023 dort nie und nimmer mehr erwartet hätte.

War das Erstrunden-Pokalwochenende noch ziemlich verregnet und kühl, wurde es Ende August nochmal richtig heiß. Und damit gab es die nächste Gelegenheit für unseren Verein sich alles andere als Menschen mitnehmend, sondern eher unterkühlt zu zeigen: Während in einigen Stadien an diesem Wochenende die Preise für Wasser gesenkt wurden, in Freiburg sogar beim Stadionbau Trinkwasserspender installiert wurden, blieben im Stadion am Europakreisel bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius-Marke die Preise stabil. 32 Grad im Schatten hält der Verein für „nicht außergewöhnlich“ und „planbar“. 3,50 Euro für 0,5 Liter Wasser seien auch „moderat“. Dass in der Stadionordnung zwischen Heim- und Gästefans unterschieden wird, was die Mitnahme von Getränkekartons angeht, machte die Sache noch abstruser. Und dass die Supporters Mainz darauf hinwiesen, dass sie gerne Trinkwasserspender im Stadion finanziert hätten, zeigt wieder eine gewisse Abgehobenheit der handelnden Personen den gewöhnlichen Fans gegenüber. Beeindruckende Choreos dürfen sie aber natürlich trotzdem gerne weiter durchführen und tatsächlich hat die aktive Fanszene auch in diesem Jahr wieder für visuell grandiose Intros gesorgt – danke dafür! Die Choreos kann man als Verein perfekt vermarkten und damit den Umsatz steigern – vielleicht bleibt ja 2025 der eine oder andere Euro für eine Subvention des Wasserpreises bei Spielen über 30 Grad Celsius übrig?

Was im Oktober 2022 seinen Anfang nahm, wurde im September nach fast zwei Jahren zu Ende gebracht: nach einer Wohnungsdurchsuchung früh morgens, bei der nichts Verdächtiges gefunden wurde, einem Stadionverbot, das im Raum stand, aber letztlich abgewendet wurde und einem nicht akzeptierten Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen – damit wäre ich vorbestraft gewesen – „wegen gefährlicher Körperverletzung“ ging es zum Amtsgericht! Ich stand wegen eines Becherwurfs vor Gericht, mit dem ich gar nichts zu tun hatte. Der Wurf fand am 21. Oktober 2022 beim Spiel gegen den 1. FC Köln im Q-Bock statt – ich befand mich mit meiner Dauerkarte an diesem Abend aber wie bei jedem besuchten Heimspiel seit 2011 im M-Block, was zwei Zeugen vor Gericht bestätigten. Während der Werfer Vollbart trug, wie Videos zeigten, konnten wir mit Hilfe von Bildern vom Pokalspielaufenthalt in Lübeck zeigen, dass ich zwei Tage vor dem Köln-Spiel noch glatt rasiert war. Zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat mit einer unabhängigen Justiz. Am Ende des Verfahrens forderte selbst die Staatsanwaltschaft einen Freispruch für mich. Die Verfahrenskosten von mehreren tausend Euro trägt nun die Staatskasse, nachdem mich der Richter freigesprochen hatte. Ein Dank geht raus an die Stadionverbotskommission von Mainz 05, die meiner Argumentation, dass ich nicht der Werfer sein konnte, folgte, meinen Anwalt René Lau und an die Mainzer Fanhilfe, die im Umgang bei Problemen mit Verwaltungsbehörden, Polizei oder Justiz hilft, genauso wie bei der Vermittlung von erfahrenen, mit der Fußballfanszene vertrauten Rechtsanwält:innen. Eine Fanhilfe-Mitgliedschaft kann ich allen empfehlen, die zum Männer-Fußball gehen – insbesondere, wenn man Fotos von sich in den sozialen Netzwerken teilt. So ist leider diese Verwechselung entstanden und das oben beschriebene Szenario ins Rollen gekommen.

Emotional ging es auch im Oktober weiter, als Mainz 05 wieder zum Klimaverteidiger-Spieltag mobilisierte. Gemeinsam mit drei anderen Fans des FSV verfassen wir wöchentlich abwechselnd eine Fan-Kolumne in der Allgemeinen Zeitung. Hoch her ging es besonders auf Facebook, nachdem meine Kolumne mit dem Titel „Mainz 05 sollte am nächsten Spieltag kein Fleisch anbieten“ publiziert wurde. Dass pflanzenbasierte Kost eine wesentlich bessere Klimabilanz als Fleisch aufweist, ist Fakt. Daher meine Idee, am Klimaverteidiger-Spieltag diesen zugegebenermaßen sehr mutigen Schritt zu gehen. Das ist natürlich alles andere als „Menschen mitnehmen“ und mir war bewusst, dass dieser Schritt aktuell zu früh kommen würde. Aber der Sinn einer Kolumne besteht darin, Menschen aufzurütteln, damit sie über konkrete Dinge nachdenken und ihr Verhalten reflektieren. Das war für manche User*innen bereits zu viel. Eine Person betrieb besonders viel Aufwand und recherchierte meinen privaten Facebook-Account. Sie schickte mir eine besonders „nette“ persönliche Nachricht. Tenor war in ihrer Nachricht und in den abwertenden Kommentaren auf Facebook, dass ich mit einem solchen nicht so tollen Text mein Geld verdienen würde. Dem Absender der persönlichen Nachricht erklärte ich gerne, dass wir vier Fans allesamt unser Geld jenseits der Fußball-Branche verdienen und das Geld, das wir von der AZ erhalten, spenden.

Schließlich ist das eine Art von Ehrenamt. Das gilt nicht nur für mich, sondern auch für die anderen Fan-Kolumnist*innen, die Choreo-Macher*innen, die Podcaster*innen, die Blogger*innen, die Fanfotograf*innen, die Aktiven in der Fanhilfe, bei den Supporters und im Förderverein des Fanprojekts und die Spenden-Sammler*innen für Choreos und gute Zwecke. Wir alle stecken sehr viel Zeit und Geld in unsere Leidenschaft. Ich denke, wir alle wollen in einem Umfeld, in dem es nur um Geld geht, gerade keinen Reibach machen, keine VIP-Karten erhalten oder sonst wie von dem profitieren, was wir mit großer Lust tagtäglich machen, um Mainz 05 voranzubringen. Dementsprechend habe ich mich persönlich auch sehr gefreut, dass der Erlös des Q-Block-Weihnachtsmarkts im Dezember an zwei andere eingetragene Vereine ging, darunter auch an das Tierheim Mainz. Anders als dem Fußball fehlt dem Tierschutz dauernd Geld – daher ist eine Spende dort natürlich auch in allen anderen Monaten des Jahres sehr willkommen – und wenn es nur alte Zeitungen sind.

Am Klimaverteidiger-Spieltag gab es wie immer Fleisch und (veganes) Bier. Zuvor fand jedoch eine interessante Führung des Nabu zum Thema Biodiversität rund ums Stadion statt – sie war ausgebucht! Das zeigt, dass das Thema Umweltschutz und Fußball gut miteinander harmonieren können. Es wurden auch Taschenaschenbecher vor dem Spiel von der CSR-Abteilung des Vereins ausgegeben. Nur hat davon leider kaum jemand etwas mitbekommen, weil so viele Vereinsnews auf uns einprasseln, dass zumindest ich einfach irgendwann abschalte. Wer noch einen Ascher möchte, meldet sich einfach bei mir, denn das CSR-Team hat mir einige zum Verteilen mitgegeben.

Wer glaubte, dass so langsam das Jahr genug an Emotionen abseits des Platzes ausgelöst hatte, hatte die Rechnung natürlich ohne Klopp und ohne die Wahlkommission von Mainz 05 gemacht. Wir Menschen neigen wohl dazu – jeweils auf einem unterschiedlichen Level versteht sich – Macht auszukosten und stur an Dingen festzuhalten. Dieses Gefühl hat mich schon das ganze Jahr beschlichen. Bei den großen Themen dieser Welt sowieso – aber auch in unserer 05-Welt. Was zum Beispiel stört jemanden an einen * in einem Text, dass er mir schreiben muss, dass ich das mit dem Gendern gefälligst lassen soll? Warum halten es Menschen nicht aus, an einem einzigen Spieltag mal auf eine Wurst aus Fleisch zu verzichten, um einmal klimaschonender 90 Minuten lang ein Fußballspiel bei den selbst ernannten Klimaverteidigern zu verfolgen? Und warum setzt man sich nicht mal für ein paar Minuten mit dem Dosenkonstrukt auseinander, ehe man wegen eines Spruchbands auf die Verfasser*innen losgeht?

Vielleicht sollten wir uns gerade jetzt zwischen den Jahren einmal besinnen und uns fragen, ob wir die Macht, die wir haben, jederzeit immer ausschöpfen müssen – im Privaten, aber auch, wenn wir uns in den Dienst einer Sache stellen, zum Beispiel der Prüfung von Aufsichtsratskandidat*innen bei Mainz 05. Damit zumindest bei Mainz 05 diese Machtfülle angepasst wird, um solche Situationen wie im November bei der Zulassung der Kandidat*innen zur Wahl des Aufsichtsrats zu vermeiden, sollten wir in 2025 als Mitglieder alles daransetzen, die Rechte und Pflichten der Wahlkommission für die Zukunft so zu gestalten, dass es am Ende die Mitglieder sind, die bestimmen, wer von den Kandidat*innen, die die formalen (und nicht gefühlten) Voraussetzungen für die Kandidatur erfüllen, in das Gremium im Rahmen der Mitgliederversammlung 2027 gewählt wird – ohne intransparente Vorauswahl im Hinterzimmer. Denn als Mitglieder des FSV haben wir ein Privileg, das nicht mehr viele Fußballfans in Deutschland haben: Direkt Einfluss auf den Verein nehmen. In diesem Sinne: Alles für den FSV – auch in 2025!

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour