Spätlese Bayer 04 Leverkusen Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Ulrich Haberland-Stadions

01 Hin und weg:

Fahrten nach Leverkusen bieten wahrlich kein Feuerwerk an zu erwartenden Anekdoten. Trotzdem mag ich die Fahrt dorthin immer ganz gerne. Ich komme mit dem Zug gut hin und freitags sogar noch zurück nach Mainz – dem Nachtzug Amsterdam – Zürich sei Dank. Das war dann doch mal ein Novum für mich. Nicht mit dem IC oder ICE zu fahren, sondern mit einer niederländischen Lok, die Schweizer Großraum- und Österreichische Liegewagen zog.  Man könnte ja schon fast von „Mainz 05 International“ sprechen. Vielleicht sind das die gefühlten Ansprüche, die uns in der nächsten Zeit erwarten. Insbesondere wenn man es dienstags abends nicht zum Bruchweg nuff schafft.

02 (N)immer nuff:

Leverkusen wird vielleicht erstmals Deutscher Meister – einen Hauptbahnhof haben sie aber nicht. Den hat selbst Wolfsburg. Leverkusen hat erst recht keinen Fernverkehr zu bieten. Das höchste der Gefühle sind Regionalexpresse. Aber egal – der Spaziergang vom Bahnhof Leverkusen-Mitte zum Stadion durch einen Park ist wirklich nett, Er ist nicht zu lang. Er bietet auch die Möglichkeit, sogar noch das eine oder andere Kaltgetränk bei fliegenden Händler*innen zu erwerben. Das gibt es leider auf vielen anderen Fußwegen zu den Stadien der Republik überhaupt nicht mehr, z. B. wenn ich an Augsburg denke.

Mit dem Nachtzug von Köln zurück nach Mainz

03 Kon-Trolle

Wenn man wie ich freitags ins Büro muss, montags aber nicht, und dann freitagsabends auswärts fahre, dann steht und fällt vieles mit der Infrastruktur vor Ort. Zum Glück gibt es in Leverkusen eine Abgabestelle direkt vor dem Gästeblock. Die Abgabe kostet einen Euro. So ist die Arbeitstasche in guten Händen und der Preis dafür ist natürlich im Vergleich zum Schließfach wesentlich günstiger. Und natürlich gibt es in Leverkusen-Mitte gar kein Schließfach. Man muss halt als Fußballfan immer wieder vor einem Auswärtsspiel die Faninfos lesen. Denn jeder Verein hält es mit der Abgabe anders. Das ist auch eines dieser Mosaiksteinchen, die mir zeigen, dass man als DFL auf internationale dicke Hose machen möchte. Aber man bekommt es nicht mal gebacken, bei so einem simplen Thema in der Liga einen Standard einzuführen. Man darf halt nicht mit Sack und Pack ins Stadion – das ist wenigstens Konsens.

Daraus aber eine Handlung abzuleiten, dass den Stadionbesuchenden eine Abgabestelle zur Verfügung steht, ist natürlich zu viel verlangt. Zum Beispiel gibt es sie in Köln oder Bochum nicht. Die Print @ Home-Tickets mussten übrigens nicht ausgedruckt werden. Daher hier mal ein doppeltes meisterliches Lob an Lev. Das sieht ja in anderen Stadien auch wieder anders auch. Auch hier wäre eine Standardisierung angebracht. Ich erhalte immer wieder von Heimfans den Hinweis, doch einfach ein elektronisches Ticket zu erwerben. Blöd nur, dass Tickets für den Gästeblock mit Ausnahme der Bayern-Heimspiele ausschließlich als Print@Home angeboten werden. Ja ja, die Standardisierung bei der DFL…

Ankunft in Leverkusen-Mitte

04 Kampf um den Mampf

Theorie und Praxis klaffen auch beim fleischlosen Futter komplett auseinander. Leverkusen war eigentlich immer schon extravagant, was den Gästeblock anbetraf. Es gab schon mal Blattsalat – von daher wunderte ich mich über Bulgursalat mit Falafel nicht wirklich. Aber der war zwanzig Minuten nach Stadionöffnung schon ausverkauft. Auch hier bekomme ich häufig die Rückmeldung, dass das, was ich schreibe nicht stimmen kann. Schließlich können sie vegane Gerichte wählen oder der Bulgur-Salat war doch noch verfügbar… Ja, im Heimbereich vielleicht oder sogar im Gäste-Sitzbereich.

Daran erkennt man, dass auch innerhalb des Stadions keine Standardisierung erfolgt. Ist ja in Mainz genauso. Dass PETA Schalke 04 immer zum „Vegetarier-freundlichsten Stadion“ kürt ist auch so eine Sache. Denn im Gästeblock gibt es nur Brezeln. Nun gut, bei Bayer 04 gab es auch Pommes, Brezel und Süßkram – von daher kann man da nicht meckern.

„Fußball gehört den Fans“-Banner in der Nordkurve

05 Käfighaltung

Nach einer Spielminute habe ich verstanden, warum Nadiem Amiri beim ersten Spiel im Stadion am Europakreisel so „lost“ beim Einwurf wirkte. Im Ulrich Haberland-Stadion liegen alle fünf Meter Bälle für schnelle Einwürfe bereit. Bei uns in Mainz können wir uns gefühlt zwei Ballmenschen für das gesamte Stadionrund leisten.

Aber gut, Bayer 04 muss ja auch nicht auf`‘s Geld achten. Das wird alles schön vom Konzern ausgeglichen, wenn mal eine Pandemie dazwischenkommt oder man sich mit den Spielern verzockt hat. Daher war das Spruchband „Der Fußball gehört den Fans“, den die Levs am Anfang hochhielten ja schon ein bisschen putzig. Sie werden wohl dank der Pillenmillionen erstmals deutscher Meister. Sie profitieren von der Sonderrolle bei 50+1 und denken, sie wären ein normaler mitgliedergeführter Verein. Schlimmer geht natürlich immer. Denn Lev kann in der Regel ganz gut mit dem Geld umgehen, was sie aus der Konzernzentrale erhalten. Im Gegensatz zu Wolfsburg.

Aber dennoch wird im Zweifelsfall halt, wie auch in Leipzig, Geld einfach nachgeschossen. Dass diese drei Clubs einfach so Saison für Saison weiterwurschteln, ist einfach ein Unding. Eigentlich hätte dieser Umstand bei jedem Spiel viele Tennisbälle verdient, zumal Bayer gerade einen Stellenabbau angeht. Es ist schon sehr delikat, die Meisterschaft zu holen und gleichzeitig Leute vor die Tür zu setzen.

„Wenigstens“ war bei den Levs die Stimmung diesmal vergleichsweise gut. Es verließ niemand in der 80. Minute das Stadion – das war in den letzten Jahren ergebnisunabhängig immer der Fall gewesen. Da frage ich mich schon manchmal, was einen ins Stadion treibt. Wenn am Ende die Prio ist, möglichst schnell mit seinem Auto wieder auf dem Weg nach Hause zu sein – unfassbar.

„Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Bayer 04 Leverkusen-Boss Carro

So wird am Ende der Saison nach 2009 mal wieder ein Club Deutscher Meister, der auf 50+1 verzichten darf. Schließlich ist das ja Tradition. Und Tradition ist im Fußball ja wichtiger als Financial Fairplay. Das darf dann auch Bayer 04-Boss Carro behaupten: „Ich und die meisten anderen sehen uns nicht als Pillen- oder Plastikklub, sondern wir sind hundertprozentig ein Traditionsverein, der vielleicht eine Under-Governance hat beziehungsweise eine Ausnahme der 50+1-Regel ist, aber Tradition zu hundert Prozent“. Und weiter „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht.“

Ich denke, Bayer Leverkusen würde auch mit Einhaltung der 50+1-Regel gut dastehen. Daher verstehe ich solche Äußerungen nicht wirklich. Aber gut, man muss wohl ein Alphamännchen sein, um in gewisse Positionen zu kommen. Und sicherlich wurmt es gerade sehr viele Alphamännchen, dass sie auch wegen ein paar Tennisbällen ihren puren Machtwillen gerade nicht dursetzen konnten.

Financial Fairplay, richtig angewendet, würde hingegen dafür sorgen, dass die Clubs nicht mehr ausgeben können als sie einnehmen. Damit wäre es auch möglich, in die Digitalisierung und die Auslandsvermarktung selbst zu investieren. Aber da würden dann ja so sportlich tolle Entwicklungen wie die von Union, die alles auf Schulden aufgebaut haben, der Vergangenheit angehören. Und man könnte nicht mehr vom Fußballmärchen sprechen. Irgendwie haben wir da als Mainz 05 die Dauerkarte als Depp gebucht. Man hat den Boppes in der Hose und stellt einen Spieler frei, der sich mit den Werten des Vereins nicht identifizieren kann. Man wirtschaftet (zumindest bis 2022) seriös und steigt womöglich ab, weil man nicht mehr ausgibt als man einnimmt.

Aber, das war nach dem Schlusspfiff erstmal alles sekundär. Die Kurve ließ sich nicht hängen und baute Robin mit Sprechchören wieder auf. Und das ist gut so.

Unterstützung für Robin Zentner nach Abpfliff

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, wie meisterlich es Leverkusen hinbekommt, einem den Stadionbesuch angenehm zu gestalten. Wenn da nicht der Bruch von 50+1 wäre.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quellen:

WDR – „Bayer will zahlreiche Stellen in Deutschland streichen“

Transfermarkt: „Carro: Leverkusen zu 100 Prozent ein Traditionsklub – 50+1-Lockerung „würde guttun““

DAZN: Bayer CEO Carro exklusiv „Erfolg! Alles andere interessiert mich nicht“

Spätlese Hertha BSC Berlin Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans erlebten im Olympiastadion ihr blaues Wunder

01 Hin und weg:

Während in der ersten Runde des DFB-Pokals der Großteil der Auswärtsfahrenden sich für die Reise ins Saarland entschied, ging es für mich damals an dem August-Wochenende in die entgegengesetzte Richtung nach Erfurt zum Pokal-Auftritt der Nullfünferinnen zum ersten Spiel einer Frauenfußball-Mannschaft von Mainz 05 seit 50 Jahren. Während die Frauen schon die zweite Runde überstanden hatten (und später gegen den MSV rausflogen), stieg ich dieses Jahr erst jetzt in den Pokalwettbewerb der Männer ein. Über das Los freute ich sehr, denn ein Flutlichtspiel im Olympiastadion hatte ich noch nie mitgemacht und Berlin ist immer eine Reise wert – gerade auch, wenn die Bahn mitspielt und mich pünktlich in die Hauptstadt bringt.

Abfahrt am Berliner Hauptbahnhof mit dem Call-a-Bike-Radsharing der Deutschen Bahn

02 (N)immer nuff:

Somit hatte ich genügend Zeit, wieder mit dem Leihrad der Bahn durch das Berliner Stadtzentrum zu fahren und vor dem Spiel einen Moment innezuhalten. Es ist traurig zu sehen, dass anscheinend das Denkmal für die in Europa ermordeten Juden Polizeischutz benötigt. Und es zeigt, dass es wichtig ist, so ein Denkmal sichtbar mitten in die Hauptstadt zu setzen und ein entsprechendes Zeichen zu setzen, dass das, was damals geschehen ist, nie wieder passieren darf. Mit einem beklemmenden Gefühl radelte ich weiter durch den Berliner Westen, um an einer S-Bahnstation nochmal das Verkehrsmittel zu wechseln, um das Stadion zu erreichen.

Das Denkmal an die ermordeten Juden in Europa

03 Kon-Trolle

Während ich es in Bochum aufgrund der schieren Anzahl an Fans des FSV nicht testen wollte, ob das Print@Home-Ticket auch auf dem Smartphone funktioniert und entsprechend mehr Zeit beansprucht hätte, ging ich bei der Hertha wieder voll aufs Ganze und reiste ohne ausgedrucktes Ticket an – schließlich stand auf dem Ticket auch nicht drauf, dass man es ausdrucken musste. Und siehe da! Es funktionierte einwandfrei. Da frage ich mich dann schon, warum es bei manchen Clubs klappt und bei anderen nicht. Wenn man nachhaltiger unterwegs sein möchte, geht es nie darum, den einen großen Hebel umzulegen, sondern immer darum, kleine Schritte zu gehen. Gerade so sinnbefreites Ausdrucken von Eintrittskarten für ein Fußballspiel auf DIN A4 ist so ein kleiner Schritt, den wir theoretisch alle gehen könnten, wenn die Technik bei allen Clubs, die Print@Home anbieten, den papierlosen Zutritt ermöglichen würden beziehungsweise die Clubs den Willen aufbringen, papierlos zu arbeiten. Denn Papier ist alles andere als ein umweltfreundlicher Rohstoff, wenn es sich nicht um Recycling-Papier handelt. Im Vergleich zu Frischfaserpapier spart Recyclingpapier durchschnittlich: 78 Prozent Wasser, 68 Prozent Energie 15 Prozent CO2. Nur weiß das fast niemand und es ist einfach eine vollkommen sinnbefreite Ressourcenvergeudung, sein Ticket auf Papier auszudrucken, wenn es auch digital geht.

Blick in das weite Rund des Olympiastadions

04 Kampf um den Mampf

Dass die 4 €-Brezel von Bochum noch getoppt wird, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Im Olympiastadion wurden sogar 4,50 € aufgerufen. Die vegane Wurst, die es letzte Saison noch gab, hatte wohl nur einen gültigen Vertrag für Liga 1, denn sie war von der Speisekarte verschwunden. Dafür gab es im Außenrund des Stadions wenigstens Pommes für 4 €, was mich wieder mit der Hertha versöhnt hat.

05 Käfighaltung

Light-Shows gehören mittlerweile zum Fußball dazu. Das ist selbstverständlich Geschmackssache. Ich fand das bläuliche Licht, in das das Olympiastadion getaucht wurde, eigentlich ganz schick und es ist mir deutlich lieber als ein Investor oder ein zwielichtiger Sponsor oder sonstige Konstrukte, die der Fußball so anzieht.

Dass es das letzte Pflichtspiel für Bo sein würde, hätte ich an diesem Mittwochabend nicht gedacht. Einziges Zeichen, das für mich darauf hindeutete, war die Tatsache, dass er nach Spielschluss in die Kurve kam, wie vor ihm schon das gesamte Team. Da hätte es vielleicht klingeln müssen. Kurvengänge sah ich von Bo grundsätzlich wenige. An den einzigen vorher habe ich noch schöne Erinnerungen – damals in Fürth 2009 im orangenen Auswärtstrikot, als er mit dem noch jüngeren Niko Bungert auf dem Zaun saß, nach dem gefühlt ersten Auswärtssieg am Ronhof, der gleichbedeutend war, dass der Aufstieg zum Greifen nah war und auch eine Woche später am Bruchweg gegen Oberhausen gelang.

Ein letzter Gang von Bo in die Kurve nach dem Spiel gegen die Hertha

Und jetzt war es das mit der Ära Bo bei Mainz 05. Wie oft Bo in seiner Abschiedsrede allerdings das Wort „wir“ benutzt hat, sieht es für mich so aus, als würde er gar nicht wirklich aus dem Verein ausscheiden, sondern nur sein Traineramt aufgeben – eine Mitgliedschaft wäre tatsächlich davon ja nicht betroffen – und dass ehemalige Spieler und Trainer tatsächlich Mitglied beim eingetragenen Fußballsportverein wurden, ist ja kein Geheimnis. Freuen würde ich mich darüber auf jeden Fall sehr.

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt dass, der Besuch der alten Dame immer eine Reise wert ist – um innezuhalten oder auch, um Abschied zu nehmen.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Borussia Dortmund Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Westfalen-Stadions

01 Hin und weg:

Wie beim Köln-Spiel wurde auch dieses Mal die Zugbindung beim Sparpreis der Deutschen Bahn aufgehoben. Allerdings war kein Zug gestrichen. Die S-Bahn hatte lediglich zwei Minuten Verspätung. Da die Bahn bei jedem Bahnhof eine Mindestumsteigezeit einrechnet, wurde diese bei meiner Verbindung nach Dortmund schon bei zwei Minuten unterschritten. So konnte ich bereits ein wenig früher losfahren und kam entsprechend früher auch im Ruhrgebiet an.

02 (N)immer nuff:

Wir Menschen sind bequeme Wesen und mögen Routinen. Das konnte man mal wieder am Dortmunder Hauptbahnhof erleben. Schließlich gibt es dort zwei Möglichkeiten mit Öffis zum Westfalenstadion zu gelangen: mit der U-Bahn und der Regionalbahn. Letztere fährt nur stündlich und nach kurzem Halt am Stadion weiter ins Sauerland. Schon 5 Minuten vor der Abfahrt war es nicht mehr möglich, in den Zug einzusteigen. Er war allerdings gar nicht überfüllt. Lediglich die Eingänge waren komplett mit Fans und Pendelnden verstopft. Obwohl der Lokführer mitgeteilt hatte, dass auch alle in der 1. Klasse Platz nehmen durften, bewegte sich…nichts. Warum soll man sich denn auch bewegen, wenn man drin ist, und nach vier Minuten Zugfahrt wieder raus muss? Wenn die Menschheit schon an einer solchen banalen „Aufgabe“ scheitert, frage ich mich schon, wie wir für komplexere Themen überhaupt eine Lösung finden sollen.

Keine Internet-Held*innen weit und breit, die Mainz 05 Pest und Cholera wünschten, als der Manschaftsbus eintraf

Durch die großen Fenster waren die leeren Plätze im Zug von draußen zu sehen, während Leute genervt versucht haben, in den Zug zu gelangen. Ich stand schon halb im Zug drin und gab meinen Platz für einen Mann frei, der weiterfuhr, als die eine Station zum Stadion und machte mich zur U-Bahn auf. Dort musste man zwar ein paar Minuten eine Ebene oberhalb der Bahn warten und wurde dann schubweise zur Bahn geleitet. Das war unterm Strich die wesentlich intelligentere Variante, so viele Menschen in so kurzer Zeit zum Stadion zu bringen, als die Option mit dem Regionalzug.  

03 Kon-Trolle

Mittlerweile ist es in der Bundesliga Standard, dass die Eintrittskarten für Fußballspiele als „Print@Home“-Variante den Auswärtsfahrenden verkauft werden. Dass viele Vereine, wie beispielsweise Mainz 05 oder der VfL Bochum immer noch darauf bestehen, dass die Eintrittskarten ausgedruckt werden müssen, andere Vereine wie die Hertha, der Effzeh oder jetzt auch der BVB überhaupt kein Problem haben, dass man die Online-Version abscannt, um Zugang zum Stadion zu erhalten, habe ich ja bereits thematisiert. Ja, ja die Digitalisierung… Wahrscheinlich deshalb braucht die Liga einen Investor, damit sie das mal einheitlich hinbekommt.

Etwas unglücklicher Auftritt von Mo beim Pausenplausch

Ein weiterer bizarrer Punkt der Digitalisierung sind Kombi-Ticket für die Öffis. Waren es vor zirka 15 Jahren nur der FC Bayern und der SC Paderborn, die keine Nutzung des ÖPNV in ihren Eintrittskarten (aus Papier) inkludierten, so sind es mittlerweile wieder mehr Vereine. Durch die Einführung des Deutschland-Tickets haben tatsächlich viele Menschen, die regelmäßig mit Bus und Bahn fahren, die Möglichkeit, gratis zum Stadion zu fahren und sind auf ein solches Kombi-Tickets nicht angewiesen. Und der bequemste Teil der Spezies Homo Sapiens käme eh nie auf die Idee mit Öffis (einen Teil der Strecke) zu fahren.

Daher ist es nachvollziehbar, wenn Vereine wie Union Berlin darauf (mittlerweile) verzichten, um günstigere Eintrittskarten anzubieten. Schließlich müssen zirka 0,50 bis 1 Euro dafür seitens der Vereine hingeblättert werden.

Seit geraumer Zeit gibt es nun eine dritte Variante, die auf den ersten Blick vernünftig klingt. Aber da ich mittlerweile bei allen Handlungen der Vereine skeptisch bin, da es ja immer nur ums Geld geht, glaube ich eher, dass die Clubs mal wieder einen Weg gefunden haben, gut dazustehen gleichzeitig dabei aber einfach nur sparen möchten: Das Kombi-Ticket zum Download. Sprich, im Preis für die Print@Home-Tageskarte ist die Nutzung des ÖPNVs enthalten. Allerdings muss die nutzende Person das Ticket für die Öffis vor dem Fahrtantritt mit Hilfe der Ticketnummer herunterladen. Es ist anzunehmen, dass ein Großteil der Fans sich die Fahrkarte nicht herunterlädt, sei es, dass man zu Fuß, mit dem Rad oder dem PKW zum Stadion anreist, bereits eine Fahrtkarte hat oder, weil man schlicht zu bequem ist, sich die Mühe zu machen, weil man in einer überfüllten U-Bahn eh nicht kontrolliert wird.

Gut möglich, dass die Vereine nur für die Fahrkarten zahlen müssen, die tatsächlich heruntergeladen wurden. Wenn nun vorher rund 0,50 Euro für jede Tageskarte an die Verkehrsverbünde geflossen sind, wären das beispielsweise bei 20 000 Tageskarten 10 000 Euro. Wenn nun lediglich 10 Prozent der Leute die Fahrkarte herunterladen, wären wir bei 1 000 Euro. Die Ersparnis von 9 000 Euro multipliziert mit 17 ergibt 153 000 Euro.

Geprellt wären die Verkehrsverbünde, die ja unabhängig davon, wieviel Geld sie aus dem Ticketverkauf erhalten, die U-Bahnen bereitstellen „müssen“, um die Menschen zum Stadion zu bringen. Und genau zwei Vereine, die dieses Modell gewählt haben, trafen am Dienstag aufeinander. Borussia Dortmund und Mainz 05. Natürlich gilt hier erstmal die „Unschuldsvermutung“, sprich vielleicht wird ja unabhängig von der Downloadzahl ein Festbetrag überwiesen. Auf jeden Fall zeigt sich hier wieder, wie kompliziert die Digitalisierung in Deutschland Einzug hält. Warum ist es nicht möglich, mit jeder Eintrittskarte Öffis zu benutzen – egal ob Dauerkarte oder Tageskarte aus Papier, Print@Home beziehungsweise Online-Ticket, so wie es vor der Pandemie bei den meisten Vereinen üblich war? Auch damals haben nicht alle den ÖPNV genutzt. So etwas nannte man mal Solidaritätsprinzip in einer Gesellschaft. Scheint irgendwie während der Pandemie im Demut-Getue der DFL abhandengekommen zu sein.

04 Kampf um den Mampf

Die letzten Auswärtsfahrten zeigten, dass sich im Fußball sehr wohl Dinge zurückdrehen lassen. Die Hertha bietet zum Beispiel keine vegane Wurst mehr an. Gut, dass einer der Sponsoren des BVBs die Rügenwalder Mühle ist. Dieses Unternehmen setzt bereits seit Mitte 2022 mehr mit vegetarischen und veganen Produkten um, als mit Fleischprodukten. Und so gab es tatsächlich eine vegane Wurst mit Brötchen und dazu noch in der Currywurst-Variante. Beide Produkte waren zudem günstiger als die Fleischvariante. Anzunehmen, dass die veganen Würste in der Produktion allerdings teurer sind, als die „normalen“ Würste. Das liegt schlicht und einfach an der Massenproduktion der konventionellen Variante,

Vegane Currywurst im Stadion – Alleinstellungsmerkmal des BVB in der Bundesliga

Gut, dass hier beim BVB über den Preis entgegengesteuert wird. Schließlich kostet die vegane Wurst, wenn sie denn sonst angeboten wird, anderswo oft mehr als die konventionelle Wurst. Natürlich sollen alle essen, was sie wollen. Es schadet sicherlich niemandem, sich mal Gedanken über Routinen zu machen. Und beim lieben Geld fängt der bequeme Mensch dann doch mal an nachzudenken.

Dass die vegane Wurst nicht mit einer Kreditkarte oder bar, sondern nur mit der BVB-Karte „Stadiondecke“ bezahlt werden kann, das Bier allerdings schon mit Visa, MasterCard und Co., ist eine der Logiken im Profifußball, die sich mir nicht wirklich erschließen.     

05 Käfighaltung

Um ein Fußballspiel zu einem Event zu machen, lädt der gastgebende Verein gerne altgediente Spieler für einen Plausch vor dem Kick oder für die Halbzeitpause ein. Mo Zidan tauchte plötzlich neben Norbert Dickel auf der riesigen Leinwand auf. Mo redete sich mit der Zeit um Kopf und Kragen, da er einerseits keinen Sieg für den BVB tippte, es sich so mit Schwarz-Gelb ein wenig verscherzte und sozusagen als Kompensation später erklärte, dass er es doch ein wenig mehr mit dem BVB als mit Mainz halte. Damit war er auch beim Gästeanhang teilweise unten durch. Tags drauf zeigte Mainz 05 wie herzlich Mo Walter Notter begrüßte und ich bekam den Eindruck, dass eine Geste doch so viel mehr zählt, als tausend Worte. Vielleicht sollten die Clubs in Zukunft mal drauf achten, keine Gäste einzuladen, die eine Vergangenheit bei beiden Vereinen haben. Denn dieser Ritt auf der Rasierklinge geht für die ehemaligen Spieler meist nicht gut aus und muss wirklich nicht sein.

Was sein muss, ist auf Missstände hinzuweisen. Das ist der aktiven Szene mit dem Banner „Justice for Mouhamed“ gelungen, da am selben Tag der Prozessauftakt in Dortmund stattfand. Auch eine tolle Geste war es, an Abderrahim Ouakili zu erinnern, der für Mainz 05 185 Spiele absolvierte und viel zu früh mit 53 Jahren letzte Woche verstarb.

Wie sehr sich Internet und Wirklichkeit unterscheiden, zeigte sich an diesem Abend auf besondere Art und Weise. Was haben Internetheld*innen nach dem Abpfiff am 27. Mai 2023 Mainz 05 an den Kopf geworfen, als der BVB es nicht schaffte, gegen 05 zu gewinnen und damit die Meisterschaft verpasste. Demensprechend neugierig war ich auf die Reaktion des Dortmunder Publikums vor der Partie. Der Mannschaftsbus wurde komplett ignoriert und auch sonst hielt sich die Abneigung gegen den Gastverein in den üblichen Grenzen.

„Jan Siewert“-Sprechchöre nach dem Abpfiff

Nach dem Abpfiff war es schließlich schön zu sehen, wie Jan Siewert mit Sprechchören Dank gezollt wurde für die letzten sieben Partien. Die Spieler klatschten dazu und man hatte das Gefühl, dass hier eine Einheit entstanden ist. Und es keimte die Hoffnung auf, dass diese Einheit auch 2024 Bestand hat und sie in das große Abenteuer Abstiegskampf einsteigen darf. Dass dieser Wunsch bereits vor Weihnachten erfüllt wurde, ist eine schöne Botschaft, um nun ein paar Tage unterm Weihnachtsbaum durchzuatmen.  

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, dass ein Fußballballspiel kurz vor Weihnachten auch ohne „Last Christmas“ auskommen kann.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quellen:

Rügenwalder Mühle verkauft mehr Veggie als Fleisch – faz.net
Dortmund: Prozessauftakt nach Polizeischüssen auf 16-jährigen – Deutschlandfunk Nova
Bilder Borussia Dortmund – 1. FSV Mainz 05 – Rheinhessen on Tour