Spätlese Borussia Dortmund Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg
02 (N)immer nuff
03 Kon-Trolle
04 Kampf um den Mampf
05 Käfighaltung

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Westfalen-Stadions

01 Hin und weg:

Wie beim Köln-Spiel wurde auch dieses Mal die Zugbindung beim Sparpreis der Deutschen Bahn aufgehoben. Allerdings war kein Zug gestrichen. Die S-Bahn hatte lediglich zwei Minuten Verspätung. Da die Bahn bei jedem Bahnhof eine Mindestumsteigezeit einrechnet, wurde diese bei meiner Verbindung nach Dortmund schon bei zwei Minuten unterschritten. So konnte ich bereits ein wenig früher losfahren und kam entsprechend früher auch im Ruhrgebiet an.

02 (N)immer nuff:

Wir Menschen sind bequeme Wesen und mögen Routinen. Das konnte man mal wieder am Dortmunder Hauptbahnhof erleben. Schließlich gibt es dort zwei Möglichkeiten mit Öffis zum Westfalenstadion zu gelangen: mit der U-Bahn und der Regionalbahn. Letztere fährt nur stündlich und nach kurzem Halt am Stadion weiter ins Sauerland. Schon 5 Minuten vor der Abfahrt war es nicht mehr möglich, in den Zug einzusteigen. Er war allerdings gar nicht überfüllt. Lediglich die Eingänge waren komplett mit Fans und Pendelnden verstopft. Obwohl der Lokführer mitgeteilt hatte, dass auch alle in der 1. Klasse Platz nehmen durften, bewegte sich…nichts. Warum soll man sich denn auch bewegen, wenn man drin ist, und nach vier Minuten Zugfahrt wieder raus muss? Wenn die Menschheit schon an einer solchen banalen „Aufgabe“ scheitert, frage ich mich schon, wie wir für komplexere Themen überhaupt eine Lösung finden sollen.

Keine Internet-Held*innen weit und breit, die Mainz 05 Pest und Cholera wünschten, als der Manschaftsbus eintraf

Durch die großen Fenster waren die leeren Plätze im Zug von draußen zu sehen, während Leute genervt versucht haben, in den Zug zu gelangen. Ich stand schon halb im Zug drin und gab meinen Platz für einen Mann frei, der weiterfuhr, als die eine Station zum Stadion und machte mich zur U-Bahn auf. Dort musste man zwar ein paar Minuten eine Ebene oberhalb der Bahn warten und wurde dann schubweise zur Bahn geleitet. Das war unterm Strich die wesentlich intelligentere Variante, so viele Menschen in so kurzer Zeit zum Stadion zu bringen, als die Option mit dem Regionalzug.  

03 Kon-Trolle

Mittlerweile ist es in der Bundesliga Standard, dass die Eintrittskarten für Fußballspiele als „Print@Home“-Variante den Auswärtsfahrenden verkauft werden. Dass viele Vereine, wie beispielsweise Mainz 05 oder der VfL Bochum immer noch darauf bestehen, dass die Eintrittskarten ausgedruckt werden müssen, andere Vereine wie die Hertha, der Effzeh oder jetzt auch der BVB überhaupt kein Problem haben, dass man die Online-Version abscannt, um Zugang zum Stadion zu erhalten, habe ich ja bereits thematisiert. Ja, ja die Digitalisierung… Wahrscheinlich deshalb braucht die Liga einen Investor, damit sie das mal einheitlich hinbekommt.

Etwas unglücklicher Auftritt von Mo beim Pausenplausch

Ein weiterer bizarrer Punkt der Digitalisierung sind Kombi-Ticket für die Öffis. Waren es vor zirka 15 Jahren nur der FC Bayern und der SC Paderborn, die keine Nutzung des ÖPNV in ihren Eintrittskarten (aus Papier) inkludierten, so sind es mittlerweile wieder mehr Vereine. Durch die Einführung des Deutschland-Tickets haben tatsächlich viele Menschen, die regelmäßig mit Bus und Bahn fahren, die Möglichkeit, gratis zum Stadion zu fahren und sind auf ein solches Kombi-Tickets nicht angewiesen. Und der bequemste Teil der Spezies Homo Sapiens käme eh nie auf die Idee mit Öffis (einen Teil der Strecke) zu fahren.

Daher ist es nachvollziehbar, wenn Vereine wie Union Berlin darauf (mittlerweile) verzichten, um günstigere Eintrittskarten anzubieten. Schließlich müssen zirka 0,50 bis 1 Euro dafür seitens der Vereine hingeblättert werden.

Seit geraumer Zeit gibt es nun eine dritte Variante, die auf den ersten Blick vernünftig klingt. Aber da ich mittlerweile bei allen Handlungen der Vereine skeptisch bin, da es ja immer nur ums Geld geht, glaube ich eher, dass die Clubs mal wieder einen Weg gefunden haben, gut dazustehen gleichzeitig dabei aber einfach nur sparen möchten: Das Kombi-Ticket zum Download. Sprich, im Preis für die Print@Home-Tageskarte ist die Nutzung des ÖPNVs enthalten. Allerdings muss die nutzende Person das Ticket für die Öffis vor dem Fahrtantritt mit Hilfe der Ticketnummer herunterladen. Es ist anzunehmen, dass ein Großteil der Fans sich die Fahrkarte nicht herunterlädt, sei es, dass man zu Fuß, mit dem Rad oder dem PKW zum Stadion anreist, bereits eine Fahrtkarte hat oder, weil man schlicht zu bequem ist, sich die Mühe zu machen, weil man in einer überfüllten U-Bahn eh nicht kontrolliert wird.

Gut möglich, dass die Vereine nur für die Fahrkarten zahlen müssen, die tatsächlich heruntergeladen wurden. Wenn nun vorher rund 0,50 Euro für jede Tageskarte an die Verkehrsverbünde geflossen sind, wären das beispielsweise bei 20 000 Tageskarten 10 000 Euro. Wenn nun lediglich 10 Prozent der Leute die Fahrkarte herunterladen, wären wir bei 1 000 Euro. Die Ersparnis von 9 000 Euro multipliziert mit 17 ergibt 153 000 Euro.

Geprellt wären die Verkehrsverbünde, die ja unabhängig davon, wieviel Geld sie aus dem Ticketverkauf erhalten, die U-Bahnen bereitstellen „müssen“, um die Menschen zum Stadion zu bringen. Und genau zwei Vereine, die dieses Modell gewählt haben, trafen am Dienstag aufeinander. Borussia Dortmund und Mainz 05. Natürlich gilt hier erstmal die „Unschuldsvermutung“, sprich vielleicht wird ja unabhängig von der Downloadzahl ein Festbetrag überwiesen. Auf jeden Fall zeigt sich hier wieder, wie kompliziert die Digitalisierung in Deutschland Einzug hält. Warum ist es nicht möglich, mit jeder Eintrittskarte Öffis zu benutzen – egal ob Dauerkarte oder Tageskarte aus Papier, Print@Home beziehungsweise Online-Ticket, so wie es vor der Pandemie bei den meisten Vereinen üblich war? Auch damals haben nicht alle den ÖPNV genutzt. So etwas nannte man mal Solidaritätsprinzip in einer Gesellschaft. Scheint irgendwie während der Pandemie im Demut-Getue der DFL abhandengekommen zu sein.

04 Kampf um den Mampf

Die letzten Auswärtsfahrten zeigten, dass sich im Fußball sehr wohl Dinge zurückdrehen lassen. Die Hertha bietet zum Beispiel keine vegane Wurst mehr an. Gut, dass einer der Sponsoren des BVBs die Rügenwalder Mühle ist. Dieses Unternehmen setzt bereits seit Mitte 2022 mehr mit vegetarischen und veganen Produkten um, als mit Fleischprodukten. Und so gab es tatsächlich eine vegane Wurst mit Brötchen und dazu noch in der Currywurst-Variante. Beide Produkte waren zudem günstiger als die Fleischvariante. Anzunehmen, dass die veganen Würste in der Produktion allerdings teurer sind, als die „normalen“ Würste. Das liegt schlicht und einfach an der Massenproduktion der konventionellen Variante,

Vegane Currywurst im Stadion – Alleinstellungsmerkmal des BVB in der Bundesliga

Gut, dass hier beim BVB über den Preis entgegengesteuert wird. Schließlich kostet die vegane Wurst, wenn sie denn sonst angeboten wird, anderswo oft mehr als die konventionelle Wurst. Natürlich sollen alle essen, was sie wollen. Es schadet sicherlich niemandem, sich mal Gedanken über Routinen zu machen. Und beim lieben Geld fängt der bequeme Mensch dann doch mal an nachzudenken.

Dass die vegane Wurst nicht mit einer Kreditkarte oder bar, sondern nur mit der BVB-Karte „Stadiondecke“ bezahlt werden kann, das Bier allerdings schon mit Visa, MasterCard und Co., ist eine der Logiken im Profifußball, die sich mir nicht wirklich erschließen.     

05 Käfighaltung

Um ein Fußballspiel zu einem Event zu machen, lädt der gastgebende Verein gerne altgediente Spieler für einen Plausch vor dem Kick oder für die Halbzeitpause ein. Mo Zidan tauchte plötzlich neben Norbert Dickel auf der riesigen Leinwand auf. Mo redete sich mit der Zeit um Kopf und Kragen, da er einerseits keinen Sieg für den BVB tippte, es sich so mit Schwarz-Gelb ein wenig verscherzte und sozusagen als Kompensation später erklärte, dass er es doch ein wenig mehr mit dem BVB als mit Mainz halte. Damit war er auch beim Gästeanhang teilweise unten durch. Tags drauf zeigte Mainz 05 wie herzlich Mo Walter Notter begrüßte und ich bekam den Eindruck, dass eine Geste doch so viel mehr zählt, als tausend Worte. Vielleicht sollten die Clubs in Zukunft mal drauf achten, keine Gäste einzuladen, die eine Vergangenheit bei beiden Vereinen haben. Denn dieser Ritt auf der Rasierklinge geht für die ehemaligen Spieler meist nicht gut aus und muss wirklich nicht sein.

Was sein muss, ist auf Missstände hinzuweisen. Das ist der aktiven Szene mit dem Banner „Justice for Mouhamed“ gelungen, da am selben Tag der Prozessauftakt in Dortmund stattfand. Auch eine tolle Geste war es, an Abderrahim Ouakili zu erinnern, der für Mainz 05 185 Spiele absolvierte und viel zu früh mit 53 Jahren letzte Woche verstarb.

Wie sehr sich Internet und Wirklichkeit unterscheiden, zeigte sich an diesem Abend auf besondere Art und Weise. Was haben Internetheld*innen nach dem Abpfiff am 27. Mai 2023 Mainz 05 an den Kopf geworfen, als der BVB es nicht schaffte, gegen 05 zu gewinnen und damit die Meisterschaft verpasste. Demensprechend neugierig war ich auf die Reaktion des Dortmunder Publikums vor der Partie. Der Mannschaftsbus wurde komplett ignoriert und auch sonst hielt sich die Abneigung gegen den Gastverein in den üblichen Grenzen.

„Jan Siewert“-Sprechchöre nach dem Abpfiff

Nach dem Abpfiff war es schließlich schön zu sehen, wie Jan Siewert mit Sprechchören Dank gezollt wurde für die letzten sieben Partien. Die Spieler klatschten dazu und man hatte das Gefühl, dass hier eine Einheit entstanden ist. Und es keimte die Hoffnung auf, dass diese Einheit auch 2024 Bestand hat und sie in das große Abenteuer Abstiegskampf einsteigen darf. Dass dieser Wunsch bereits vor Weihnachten erfüllt wurde, ist eine schöne Botschaft, um nun ein paar Tage unterm Weihnachtsbaum durchzuatmen.  

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt, dass ein Fußballballspiel kurz vor Weihnachten auch ohne „Last Christmas“ auskommen kann.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Quellen:

Rügenwalder Mühle verkauft mehr Veggie als Fleisch – faz.net
Dortmund: Prozessauftakt nach Polizeischüssen auf 16-jährigen – Deutschlandfunk Nova
Bilder Borussia Dortmund – 1. FSV Mainz 05 – Rheinhessen on Tour

Auseinandergelebt zusammenhalten

Wie immer geht es auch in diesem Text nicht um die aktuelle sportliche Situation der Männer-Profifußballmannschaft von Mainz 05. Bei Scrabble würde der eben genannte Begriff der „Männerprofifußballmannschaft“ 59 Punkte einbringen, im wahren Leben zeigt er, dass der eingetragene Verein vielfältiger ist, als das Team, das gegenwärtig in der 1. Männer-Fußballbundesliga gegen den Ball tritt und weit davon entfernt ist, in der aktuellen Saison 59 Punkte einzufahren (58 Punkte ist der Rekord in der Saison 2010/2011).

Zahlreiche Spruchbänder drehten sich beim Spiel gegen Heidenheim um das Votum des 05-Vorstands bei der DFL-Mitgliederversammlung am 11. Dezember 2023

Gestern im Stadion am Europakreisel war auf einem Plakat die „Den-Fan-zum-Obst-machen“-Stempelkarte zu sehen. Darauf waren verschiedene Felder abgebildet und der Vermerk „Alle 05 Stempelfelder voll = 1 Obstkorb“. In jedem Stempelfeld wurde eine Handlung des aktuellen Vorstands der letzten Jahre beschrieben, die wohl der großen Mehrheit der Fans übel aufstößt. Die Ansetzung des Testspiels gegen Newcastle (deren Eigentümer aus Saudi-Arabien stammen), das „Heimspiel“ in Hoffenheim, das einfach ein deplatzierter Slogan war, das Abtun von Kritik als Ideologie – immer wenn es um die noch weitere Kommerzialisierung des Fußballs geht, das Ja zu Investoren in der DFL, das sogar zweimal gegeben wurde und das Übergehen der Vereinsstrukturen, da so ein Votum bezüglich Investoreneinstieg über eine Mitgliederversammlung eingeholt hätte werden können.

Gründe, warum man mit Mainz 05 sympathisiert, können vielfältig sein. Anzunehmen ist, dass die bereits genannte Männer-Profifußballmannschaft sicherlich bei den meisten von uns einen entscheidenden Teil dazu beiträgt. Ein Teil derjenigen, die es mit Mainz 05 halten, wird einzig und allein wegen der Männer-Profifußballmannschaft den Club toll finden. Dieser Teil ist mal größer mal kleiner und steht und fällt sicherlich mit dem sportlichen Erfolg. Es ist anzunehmen, dass eine stärkere Bindung an Mainz 05 mehr braucht als den sportlichen Erfolg. Wenn diese Bindung existiert, dann engagiert man sich im besten Fall auch mehr für den Verein. Man wird Mitglied, zum Beispiel in einem Fanclub, man stößt zu den Supporters und im besten Fall wird man auch Vereinsmitglied. Innerhalb des Vereins wendet man sich der Fanabteilung zu und hilft in einer der vielen AGs Mainz 05 zu leben – nicht nur am Spieltag für 93 Minuten.

Wenn es einmal sportlich nicht so dolle läuft, dann ist es für Vereine wie Mainz 05 wichtig, dass sie Rückhalt haben – eben durch jene Menschen, die sich natürlich auch am sportlichen Erfolg erfreuen, für die aber Mainz 05 so viel mehr bedeutet und für die Mainz 05 wie eine (zweite) Familie ist.

Vielleicht ergeht es manchen Menschen so wie mir. Ich bin 05er, weil es sich um einen eingetragenen Verein handelt, in dem die Mitglieder das Sagen haben. Natürlich können die Mitglieder nicht bei jeder Entscheidung eingebunden werden. Daher wählen Mitglieder eines Vereins einen Vorstand, der demokratisch legitimiert, das Tagesgeschäft übernimmt. Die Entscheidung, dass zum Beispiel gestern das Fleischkäsebrötchen für 2,50 € nicht mehr angeboten wurde, bedarf sicherlich keiner außerordentlichen Mitgliederversammlung. So ähnlich lief dies auch mit dem Newcastle-Fauxpas und dem Heimspiel-in-Hoffenheim-Debakel. Das sind Aktionen, die passieren, die Emotionen hervorrufen aber die zu „heilen“ sind. Man lernt daraus und das nächste Mal läuft es anders, im besten Fall besser.

Allerdings wird an dem Hoffenheim-Debakel erkennbar, dass sich die handelnden Personen schon ziemlich sicher sind, was gut für 05er*innen ist: Hier zum Beispiel Hauptsache billig und prägnant – zum Spiel samt „dazugehörigen“ Motto-Shirt und dazu ein etwas abgehobener, wenn nicht sogar arroganter Slogan – wenn man bedenkt, dass Mainz 05 nicht gerade berühmt dafür ist, auswärts in übermäßig großer Zahl aufzulaufen.

Mit dieser Abgehobenheit beschäftigt man sich anscheinend auch bei strategischen Entscheidungen, die nicht zum Tagesgeschäft gehören. Wenn man sich die Kommunikation der Supporters bereits im Mai 2023 zu dem Thema durchliest, wird ersichtlich, dass im kleinen Zirkel bei Mainz 05 vorab eine Entscheidung gefällt wird. Man trifft sich zwar pro forma mit Fanvertretenden, um am Ende von Ideologien zu sprechen und die vorab getroffene Entscheidung keinesfalls zu revidieren.

Was bedeutet eigentlich Ideologie? „Der Begriff steht für sogenannte Weltanschauungen, die vorgeben, für alle gesellschaftlichen Probleme die richtige Lösung zu haben. Menschen, die solche weltanschaulichen Ideen oftmals starr und einseitig vertreten, nennt man „Ideologen“. Das sagt die Bundeszentrale für politische Bildung. Und ich denke, dass im Männer-Profifußball dieser Begriff eher Verbände und Institutionen gilt: Denn es geht immer nur ums Geld. Das Geld ist die richtige Lösung. Allerdings würde von den Fans nie jemand auf die Idee kommen, den Verbänden eine Ideologie vorzuhalten.

Den Fans Ideologie vorzuwerfen, wenn man eigentlich selbst ideologisch eingestellt ist, ist komplett fehl am Platz. Damit werden genau jene Fans diskreditiert, mit denen sich Mainz 05 ansonsten schmückt, wenn sich Fans aktiv gegen Diskriminierungen jeder Art und für Minderheiten einsetzen.

Der am Montag von der DFL-Mitgliederversammlung beschlossene Weg, diesen für einen Investor freizumachen, hat im schlimmsten Fall, Einfluss auf die Ein- und Ausgabenseite des Vereins Mainz 05 für die nächsten 20 Jahre. Eine solche Entscheidung, ohne eine außerordentliche Mitgliederversammlung im kleinen Kreis zu fällen, wirkt schon arg abgehoben. Dabei hat Mainz 05 gerade erst im letzten Jahr seine Satzung dahingehend geändert, dass Mitgliederversammlungen im Hybrid-Verfahren durchgeführt werden können. So hätte man zum Beispiel zwei oder drei Tage vor der DFL-Entscheidung eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen können, bei der man auch online hätte votieren können.

Warum dies nicht gemacht wurde, dürfte klar sein, denn schließlich weiß der Vorstand, was gut für 05er*innen in der Adventszeit ist. Sollen sie doch lieber ihren Glühwein in kuscheliger Atmosphäre auf dem Weihnachtsmarkt im Schatten des Doms trinken, als in die Kaltluftschneise zu ziehen, um über gerade mal einen Punkt zu entscheiden. Denn sie wissen genau, dass wohl nur engagierte Mitglieder an dieser Versammlung teilgenommen hätten. Und da der WLAN auf dem Weihnachtsmarkt ja grottig ist, hätte wohl keiner von dort online mitgestimmt. Gut möglich, dass am Ende die stimmberechtigten Mitglieder sich für ein Nein entschieden hätten. Und wenn es vom Timing her nicht gepasst hätte, fragt man sich, warum so eine gravierende Entscheidung übers Knie gebrochen werden muss?

Ein Nein von Mainz 05 hätte am Montag den Weg versperrt für einen Investoren-Deal – fürs Erste. Denn dann hätten nur 23 von 36 DFL-Mitgliedern dafür gestimmt und die notwendige Zweidrittelmehrheit wäre verpasst worden. Ein Nein von Mainz 05 hätte eine dritte Möglichkeit ergeben, für einen Investor zu werben, nachdem der erste Versuch im Mai gescheitert war. Man hätte die berechtigte Kritik an dieser zweiten Variante in Ruhe durchgehen können und vielleicht eine tragbarere dritte Variante entworfen oder diese Pläne verworfen, eben weil fast ein Drittel der Clubs dagegen gestimmt hat, darunter Multi-Ownership-Konstrukte wie der FCK. Mainz 05 erklärte derweil „Durch das Votum demonstrieren auch wir unseren gemeinsamen Willen, dieses Geschäftsmodell zu entwickeln und zukunftsfähig aufzustellen“.  Bei zwölf Gegenstimmen/Enthaltungen ist das eine sehr gewagte Prognose mit dem gemeinsamen Willen. Der einzige Wille, der die Clubs eint, ist der Egoismus noch mehr Geld in die immer klammen eigenen Kassen zu spülen. Wird die DFL Mainz 05 im Falle einer Niederlage vor dem Arbeitsgericht in der Causa El Ghazi monetär unterstützen? Sicherlich nicht. Pech gehabt FSV. Warum man als Mainz 05 den Großen der Liga mit dem Ja noch mehr Geld in die Kasse spült, ist mir schleierhaft. Und das Geschäftsmodell mancher Clubs, komplett überschuldet durch die beiden Ligen zu dümpeln, wird mit mehr Geld auch nicht besser. Denn wer mit dem aktuellen Budget nicht haushalten kann, wird es auch mit mehr Geld nicht hinbekommen. Es ist eigentlich ein Unding, dass im Profifußball so viel Geld im Umlauf ist, aber die meisten Clubs kaum Eigenkapital vorzuweisen haben. Verbindliche Kriterien zum nachhaltigen finanziellen Agieren wären aktuell wesentlich angebrachter als dieser Investoren-Deal.

Man bekommt aktuell den Eindruck, dass wir uns bei Mainz 05 auseinandergelebt haben. Der Vorstand handelt, wie man es von einem Konstrukt in Leipzig erwarten könnte. Dort gibt es nur eine geringe Zahl handverlesener Vereinsmitglieder – wie praktisch… umgekehrt kann man fast neidisch nach Freiburg blicken, wo es ein eingetragener Verein hinbekommt, Mitglieder mitzunehmen, mit Nein stimmt und ähnlich seriös wirtschaftet wie Mainz 05. Sind in Freiburg etwa Ideologen am Werk?  

Die Entscheidung gestern 12 Minuten zu schweigen und eben in der Sekunde den entscheidenden Treffer eingeschenkt zu bekommen, in dem begonnen wurde, das Team wieder anzufeuern, ist mal wieder eine der Geschichten, die nur der (Fußball-) Sport schreibt.

Da die Entscheidung vom Montag nicht revidierbar ist, ist tatsächlich viel kaputt gegangen – zwischen Fans und Vorstand. Uns eint wohl aktuell nur das Ziel, das Team weiter zu unterstützen. Das sollte Basis genug sein, um am Dienstag die Jungs in Rot-Weiß zu supporten. Dies sollte vom Vorstand allerdings nicht missverstanden werden – ob das bei der aktuell gezeigten Abgehobenheit gelingt, sei dahingestellt.

Quelle:

DFL-Investor 2/3 Mehrheit für einen Einstieg in Verhandlungen wird verfehlt – Supporters Mainz

Spätlese 1. FC Köln Saison 2023/2024

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

Mainz 05-Fans im Gästeblock des Müngersdorfer Stadion

01 Hin und weg:

Die Sparpreise der Deutschen Bahn schreiben eine Zugbindung vor. Dadurch ist man als zugreisende Person etwas unflexibel unterwegs, da man nicht einfach in den nächsten Zug springen kann (es sei denn der gebuchte Zug ist mindestens 20 Minuten verspätet). Daher bietet es sich immer an, noch einen Regionalzug oder eine S-Bahn an die Fahrt dranzuhängen. Schließlich soll es durchaus vorkommen, dass diese mal kurzfristig gestrichen werden. So auch am Sonntag. Der Regionalexpress von Köln Messe/Deutz zum Kölner Hauptbahnhof war bereits am Sonntagmorgen gestrichen. Aufgrund dieser nicht stattfindenden 2-Minuten-Fahrt war die Zugbindung für die komplette Fahrt von Mainz bis Köln aufgehoben. Dies macht das Reisen mit der Bahn gleich einen Deut entspannter – zumal es auf der Strecke Mainz-Köln doch relativ viele Züge zur Auswahl gibt. Ich nutzte am Ende dennoch geplanten Zug und kam pünktlich am rechtsrheinischen Bahnhof in Deutz an.

Der Wegfall der Zugbindung bringt zusätzliche Flexibilität

02 (N)immer nuff:

Da ich mit dem eigenen Klapprad unterwegs war und die Bahn dieses als Gepäckstück akzeptiert, konnte ich erstmal ein kleines Weihnachtsmarkt-Hopping einlegen. Mit dem Rad von der falschen auf die richtige Rheinseite gestrampelt, landete ich direkt neben dem Autostau am Heumarkt. Der dortige Weihnachtsmarkt war so dermaßen überfüllt, so dass es gleich zum zweiten Weihnachtsmarkt auf den Neumarkt ging. Dieser lies noch Platz zum Luftholen. Wie auf Weihnachtsmarkt #1 waren auch bei #2 die Standard-Sprachen eher Englisch und Niederländisch. Scheinbar sind Weihnachtsmärkte ein Touristenmagnet Deutschlands – wie aktuell auch noch die Fankultur in unseren Stadien. Ist die irgendwann wegen dubioser Investoren-Deals kaputt gemacht worden, gibt es ja mit dem Oktoberfest und den Weihnachtsmärkten wenigstens noch die Möglichkeit, sich in Deutschland die Lichter auszuschießen, während in Ho$$enheim am Stadion an der Autobahn vielleicht noch weniger als 16 000 Nasen den Kraichgau-Kick geben als letzten Freitag. Über Weihnachtsmarkt #3 am Rudolfsplatz radelte ich weiter in Richtung Müngersdorfer Stadion.

Weihnachtsmarkt #3 am Rudolfsplatz

03 Kon-Trolle

Leider gibt es in Köln keine Abgabestelle für Dinge, die man nicht mit ins Stadion nehmen darf. Fahrradbeleuchtung gehört jedoch genau zu jenen Dingen, die einem an der Kontrolle garantiert abgenommen werden, da sie als Wurfgeschosse gelten. Also musste ich kreativ werden und die Beleuchtung so verstecken, dass sie vor Gelegenheitsdieben geschützt war. Schließlich gibt es wenigstens in unmittelbarer Nähe des Gästeblocks genügend Abstellmöglichkeiten für Räder. Da ist das Waldstadion am Nebenfluss mit seinem bewachten Fahrradparkplatz tatsächlich Pionier in der Liga. Ob etwas von der Kohle, die die DFL mit ihrem Investoren-Deal einnimmt, in die Infrastruktur in Form von Abgabestellen oder bewachten Radparkplätzen fließt? Fraglich…sie möchte ja mit dem Geld eigentlich nur das Angebot für Sofafans digitalisieren. Wer würde denn auf die Idee kommen, noch Geld in diejenigen zu investieren, die ins Stadion gehen?

Fahrradparkplatz direkt vor dem Gästeblock

04 Kampf um den Mampf

Während im Rest des Landes pflanzenbasierte Optionen wie Pilze aus dem Boden schießen, gibt es auch in Köln wieder nur Brezeln als Alternative zur Wurst. Und auf die Idee eine vegane Wurst anzubieten, kommt man in Köln halt nicht. In Fans zu investieren, die sich vegan ernähren? Voll aus der Mode gekommen. Sollen sie doch das zukünftige tolle digitale Angebot der DFL reinziehen und dazu Tofu-Burger in einem pflanzenbasierten Restaurant futtern.   

In den Farben getrennt, in der Sache vereint, gegen Investoren in der DFL

05 Käfighaltung

Wie wenige Vereine in der Liga vermittelt der Effzeh Werte. Zum internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember setzte der Club unter dem #ZesammenFürMenschen  ein Zeichen, dass Menschenrechte weltweit geachtet und geschützt werden müssen. Der Musiker Stephan Brings spielte vor dem Anpfiff das Lied „Liebe gewinnt“ und die Stadionbesuchenden setzten mit ihren Handykameras ein leuchtendes Zeichen in diesen dunklen Zeiten. Ich stelle mir das jetzt schwierig vor, wie sich der digitalisierte Fan an so etwas am anderen Ende der Welt beteiligen soll.

#ZesammenFürMenschen – im Stadion wird am Tag der Menschenrechte an eben diese erinnert

Wie in der letzten Woche die Fans des FSV und des SC Freiburg, positionierten sich auch die Fans des Effzeh klar gegen einen Einstieg von Investoren bei der DFL. Und ihre Clubverantwortlichen votierten, wie Freiburg, am Montag dagegen. Und was machte Mainz 05 als eingetragener Verein? Setzte keine außerordentliche Mitgliederversammlung an, votierte dafür und rechtfertigte das Votum noch mit einem „gemeinschaftlichen Willen, dieses Geschäftsmodell zu entwickeln und zukunftsfähig aufzustellen.“ Bei mindestens 10 Gegenstimmen und Enthaltungen (bei 36 Stimmen) ist das schon eine sehr gewagte Aussage mit dem gemeinschaftlichen Willen. Daher heißt es auch abseits des Platzes: Weiter kämpfen für das, was Mainz 05 ausmacht. Eine fehlende Mitnahme der Mitglieder bei einer Entscheidung, die Auswirkungen auf die DFL in den nächsten 20 Jahren hat, gehört sicherlich nicht dazu.

Fazit: Der Jahrgang 2023/2024 zeigt dass man durchaus den Eindruck gewinnen kann, dass ein Stadionbesuch anscheinend zum Auslaufmodell der DFL-Oberen gehört und unser Vereinsverantwortlichen das auch noch richtig toll finden.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour