„Früher war die Welt noch in Ordnung.“ Diesen Satz hört man immer mal wieder durch die Gegend geistern. Aber tatsächlich kann man unsere moderne, globalisierte Welt in zwei Hälften teilen, was die Bedrohungslage angeht. Naturkatastrophen gab es schon immer und vielleicht nehmen diese aktuell sogar zu. Auch Anschläge durch Terroristen gibt es seit Menschengedenken. Trotzdem ist der 11. September 2001 eine Zäsur. Erstens sah damals die halbe Welt live zu, wie die Flugzeuge in New York in die Zwillingstürme gekracht sind. Diese mediale Wirkung ist sicherlich der Ursprung für viele Taten, die seither weltweit verübt wurden. Gleichzeitig gibt es seit diesem Tag einen weltweiten Sicherheitshinweis auf eine terroristische Bedrohungslage.
Zur einer guten Reisevorbereitung gehört meiner Meinung nach auch das Studieren der aktuellen Sicherheitslage. Vor dem Internetzeitalter war diese Informationsbeschaffung relativ schwierig. Letztlich klappte dies mit guten Reiseführern einigermaßen. Jedoch waren diese Quellen teilweise veraltet. Aber die Zeiten waren damals auch noch nicht so schnelllebig. Heute werden wir von Behörden, Medien, Bloggern etc. förmlich mit Infos, Links und Webseiten überflutet – teilweise in Echtzeit. Traditionell gute Informationsquellen sind Regierungsseiten von demokratischen Ländern. Bei uns in Deutschland gibt das Auswärtige Amt Informationen zu allen Ländern der Welt aus. Diese werden regelmäßig aktualisiert und spiegeln meiner Meinung nach in den meisten Ländern die Welt die tatsächliche Sicherheitslage objektiv wieder. Im Zweifelsfall sind die Informationen eher zu „defensiv“ sprich, es wird eher gewarnt als nicht gewarnt – was durchaus nachvollziehbar ist. Man kann gegebenenfalls eine Zweitmeinung einholen, z.B. bei den entsprechenden Seiten aus den USA, Großbritanniens, Australiens, Frankreichs oder Neuseelands.
Die heftigste Note, die das Auswärtige Amt aussprechen kann, ist eine Reisewarnung. Diese gilt aktuell für 25 von 195 Staaten der Erde. Stand heute zählt z.B. Sri Lanka nicht zu dieser Liste, aber die Ukraine und Japan. Der Westen der Ukraine ist vollkommen risikolos zu bereisen. Im Osten des Landes finden seit 2014 bewaffnete Konflikte statt. In Japan wird vor einer Reise in die Gegend des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi gewarnt, da dort die Strahlenmenge nach der Reaktorkatastrophe 2011 immer noch lebensgefährlich ist. Der Rest von Japan ist ebenfalls ohne Bedenken zu bereisen. Daher existieren in beiden Ländern ein so genannte Teilreisewarnung. Von den 25 Ländern mit Reisewarnung wird in 18 Ländern nur bei Reisen in einen gewissen Landesteil gewarnt. Lediglich für Syrien, Jemen, den Südsudan, Libyen, Somalia, Afghanistan und die Zentralafrikanische Republik existiert eine Reisewarnung, die für das ganze Land gilt.
Laut Auswärtigem Amt enthalten Reisewarnungen „einen dringenden Appell“, Reisen in ein Land zu unterlassen, „wenn aufgrund einer aktuten Gefahr für Leib und Leben“…“gewarnt werden muss“.
Ferner spricht das Auswärtige Amt Sicherheitshinweise aus. Seit dem 11. September 2001 gilt, wie bereits erwähnt, ein weltweiter Sicherheitshinweis. Vorher gab es einen solchen weltweiten Hinweis tatsächlich nicht. Es gab vor 2001 schlicht keine globale terroristische Gefahr. Der weltweite Sicherheitshinweis gilt abstrakt, da es ja das Ziel von Terroristen ist, Unsicherheit zu verbreiten. Niemand weiß, wann und wo der nächste Anschlag stattfindet. Als „beliebte“ Anschlagsziele gelten laut Auswärtigem Amt „Orte mit Symbolcharakter“, wie dies auch in Sri Lanka der Fall war: Obwohl weniger als 10% der Menschen auf der Insel Christen sind, wurden Kirchen ausgewählt, genauso wie 5-Sterne-Hotels. Das Christentum und Luxushotels gelten als Symbole der westlichen Gesellschaft. Kirchen an Ostern in die Luft zu sprengen, hat natürlich einen noch größeren Symbolcharakter. Daher sind religiöse Feiertage Zeitpunkte, an denen man immer ein bisschen aufpassen sollte, wenn man in einem fremden Land unterwegs ist. Der wichtigste Satz steht allerdings am Ende des weltweiten Sicherheitshinweises: „Die Gefahr, Opfer eines Anschlages zu werden ist im Vergleich zu anderen Risiken, die Reisen ins Ausland mit sich bringen, wie Unfällen, Erkrankungen oder gewöhnlicher Kriminalität, vergleichsweise gering.“.
Neben Reisewarnungen und dem weltweiten Sicherheitshinweis gibt es auch Sicherheitshinweise für einzelne Länder. Diese weisen „auf besondere Risiken“ hin. Sie können eine Empfehlung auf einen Verzicht auf die Reise enthalten oder es wird abgeraten, dorthin zu reisen. Aktuell existiert z.B. für Sri Lanka ein Sicherheitshinweis. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass eine akute Gefahr für Leib und Leben bis dato nicht existiert.
Fazit: Man kann bei der Reisevorbereitung das ganze wie eine
Ampel betrachten:
Rot – Reisewarnung
Gelb – Sicherheitshinweis
Grün – keine Gefahr -> gibt es seit dem 11. September 2001 aber nicht mehr, da es einen weltweiten Sicherheitshinweis gibt. Vielleicht gilt „Grün“ in der Antarktis, der Arktis etc. – sprich Gebiete, in denen wenig bis gar keine Menschen leben
Bevor man also eine Kurzschlusshandlung vornimmt und eine direkt Reise storniert, sobald im geplanten Reiseland etwas passiert ist, ist es vielleicht doch eher empfehlenswert, die Seite des Auswärtigen Amts regelmäßig zu konsultieren und vielleicht auch noch ein paar Tage/Wochen abzuwarten, bevor man seine Reisepläne gegebenenfalls ändert.
Bali, Berlin, Nairobi, New York, Paris… was sich wie eine Tournee-Auflistung liest, ist leider die Anreihung der Orte, die ich besucht habe, nachdem dort ein Terroranschlag stattgefunden hatte. Berlin und Paris haben sicherlich viele von Euch auch nach 2015 bzw. 2016 aufgesucht. Vielleicht wohnt die eine oder der andere ja auch in einem dieser Orte. Gemeinsam mit New York sind diese Plätze nicht unbedingt auf den Tourismus angewiesen. Nairobi selbst ist auch nicht wirklich ein Touristenmagnet und eher wegen der seit Jahrzehnten vergleichsweise hohen Kriminalitätsrate unter Reisenden ohnehin nicht sonderlich beliebt, aber der Ausgangspunkt zu vielen Naturschönheiten Kenias.
Bei Bali sieht die Sache hingegen vollkommen anders aus. Nachdem im Oktober 2002 ein Bombenanschlag im von (Party)-Touristen besonders beliebten Kuta verübt worden war, trauten sich die Massen plötzlich nicht mehr in das „Malle“ der Australier. Als ich im Rahmen meiner Weltreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Mai 2003 erstmals nach Bali kam, war die Insel nicht ausgestorben, denn übervölkert war sie auch damals schon. Aber Fremde gab es fast keine. „Come back to Bali – don’t let the terrorists win“ stand auf vielen Schildern geschrieben. Ich hatte 2003 eine gute Zeit auf Bali, fühlte mich sicher und die Menschen waren dankbar, dass ich ein wenig Geld bei ihnen ließ. Ganze Familienexistenzen standen damals auf dem Spiel.
Aktuell wird auf Touristen sehr viel geschimpft. Es kommt zum so genanntem „Overtourism“, z.B. an den Grachten von Amsterdam oder an der Lagune von Venedig. Globale Ferienwohnungsvermietungsplattformen wird vorgeworfen, Mietwohnungen den Einheimischen wegzunehmen. Aber Touristen können auch Zeichen setzen, z.B. in dem sie gerade jetzt ihre nächste Fernreise nach Sri Lanka statt ins mittlerweile wieder recht populäre Bali planen. Sri Lanka machte bis 2009 einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen hinduistischen Tamilen und buddhistischen Singalesen mit. Die letzten 10 Jahre ging es in Sir Lanka bergauf und Probleme zwischen Christen und Moslems, die jeweils weit unter 10 % der Bevölkerung stellen, gab es nicht. In meinem Buch „Zu Gast – In vielen Ecken dieser Welt“ setze ich das Land mit einer Trauminsel gleich. Dies galt bis zum Ostersonntag. Ich bin mir sicher, dass dies, wie auf Bali auch, in Zukunft auch wieder der Fall ist. Selbst das Auswärtige Amt hat keine Reisewarnung für das Land ausgesprochen. Ich denke, wir müssen einfach akzeptieren, dass wir nirgends auf diesem eigentlich wunderschönen Planeten sicher sind.
Den Menschen in Sri Lanka wäre es auf jeden Fall zu
wünschen, wenn im Herbst, wenn die Hauptsaison wieder beginnt, möglichst wieder
viele Fremde ihre Insel besuchen, eine
gute Zeit dort haben und die Einheimischen durch ihre Präsenz unterstützen.
Lieber spät als nie – so lässt sich vielleicht dieser Reisebericht zu unserem Trip nach Sri Lanka im Februar kurz nach Fastnacht idealerweise starten. Denn schließlich haben es diese Insel und ihre Bewohner verdient, dass ich für Ihr Land ein wenig Werbung mache (wofür ich lediglich einen Kaffee auf der ITB in Berlin im März als Gegenleistung erhalten habe). Ich habe ja mittlerweile schon das eine oder andere Land auf unserem Planeten entdecken dürfen und tatsächlich würde ich wahrscheinlich in jedes der bereisten Länder auch nochmals fahren, soweit das bei Ländern wie Syrien oder Eritrea aktuell überhaupt möglich ist. Aber wenn sich mir eine Möglichkeit bieten würde, Sri Lanka wieder zu besuchen – ich wäre begeistert.
Aber vielleicht ist es auch einfach ein guter Wink des Schicksals gewesen, um dieses Land jahrelang einen Bogen zu machen und bspw. andere buddhistische Länder wie Myanmar oder Thailand zuvor zu besuchen oder auch den großen Nachbarn im Norden – das Incredible India. Schließlich liegt der Schluss nahe, dass Sri Lanka ja irgendwie eine Mischung aus Indien und Thailand sein „muss“. Im positiven Sinne ist diese Annahme auch gar nicht so verkehrt. Nur dass Sri Lanka halt schon sein eigenes Ding dreht. Bei der Ankunft am Flughafen in Colombo deutete noch nicht viel darauf hin, dass es den Umweltschutz vielleicht einen Tick weit ernster nimmt als andere Länder. Aber die Taxifahrt einmal quer durch die Stadt um Mitternacht war bereits ein recht angenehmes Vergnügen: nichts los auf der Straße der Hauptstadt. In Indien wäre so etwas undenkbar. Da ist im urbanen Teil des Subkontinents immer „high life“ und immer jemand wach. Diese Ruhe fanden wir direkt sehr sympathisch, da man dadurch auch bei schlecht isolierten Hotelfenstern tatsächlich die Chance hat, erholsamen Schlaf zu finden statt wegen Dauergehupe nachts wach zu liegen.
Morgens wurden wir schließlich doch durch den Lärm der Stadt irgendwann geweckt, denn Colombo ist tagsüber natürlich alles anderes als ein verschlafenes Kaff. Wir hielten uns endlich mal an den Rat, den man Tropenreisenden ja immer gibt: einen Tag zur Akklimatisierung im Schongang zu verbringen. So ging es nur mal kurz von unserem Boutique-Hotel im südlichen Nobelvorort Mount Lavinia die paar Meter durch die Straßen zum alt ehrwürdigen Mount Lavinia Kolonialhotel und rüber zum Strand. Wir konnten tatsächlich auf den Straßen laufen und wurden nicht zur Seite gehupt. Der Stadtstrand war sauber und alles war ziemlich entspannt – vor allem was das Überqueren der Gleise auf dem Weg zum Strand angeht. Der Zug zuckelt zwar regelmäßig die Küste entlang, hupt aber so laut und fährt so langsam, dass man genug Zeit hat, die Schienen zu queren, denn der baufällige Übergang über die Gleise sah nicht wirklich sehr vertrauensbildend aus. Südlich des Mount Lavinia Hotels hat dieses eine Strandbar mit strohgedeckten Plätzen eingerichtet, um vor der omnipräsenten Sonne zu flüchten und gleichzeitig direkt mal auf „Safari“ zu gehen, da dort kleine Palmhörnchen im Gebälk umherhuschten. Da die Preise relativ modereat waren, gelang hier wunderbar der Einstieg in diese Reise.
Am nächsten Morgen staunten wir nicht schlecht, als unser Taxifahrer mit einem Hybridwagen uns abholte. Während wir in Deutschland mit dem Dieselskandal beschäftigt sind, fährt man in Sri Lanka schon längt umweltfreundlicher. Und im Verlauf der Reise haben wir immer wieder japanische oder koreanische Hybridmodelle entdeckt. Die Fahrweise der Einheimischen würde ich kurz und knapp als sehr zivilisiert beschreiben und falls wir mal wieder auf dieser Insel vielleicht im Norden unterwegs sind, wäre es durchaus eine Überlegung wert, einen Mietwagen zu nehmen. Anders als auf Bali, wo das Autofahren schon eine Herausforderung sein kann, gibt es hier Ampeln und gerast wird glücklicherweise auch nicht. Trotzdem bietet eine Fahrt mit Fahrer natürlich viele Vorteile, so z.B. dass dieser einfach auf halben Weg abbiegt und mit uns einen buddhistischen Tempel besichtigt. Taxifahrern kommen auf unseren Reisen immer auf solche „spontanen“ Ideen. Als wir z.B. durch Nepal fuhren, machten wir einen Abstecher zu einer Zementfabrik – der Sinn dieses Besuchs hat sich mir nie erschlossen, aber sei’s drum.
Tempel mit Einheimischen zu besuchen ist für mich immer ein Glücksfall, denn diese wissen, wie man sich an religiösen Orten richtig verhält und so kann man da schon mal nicht ins Fettnäpfchen treten. Umgekehrt bekommt man aber auch viel mehr mit, da er uns manche Bräuche erklärt und uns in Bereiche mitgenommen hat, die wir aufgrund der vielen meditierenden Menschen sicherlich gar nicht erst alleine betreten hätten. Zum Schluss durften wir dann noch Tee probieren, der an alle Pilgerinnen und Pilger ausgeschenkt wurde – Geld wollte von uns für dieses Erlebnis auch niemand. Selbst die Bezahlung für die Blüten, die wir als Opfergaben erstanden, übernahm unser Fahrer. Er wollte partout kein Geld dafür annehmen. Ein weiterer Pluspunkt eines guten Fahrers ist seine kulinarische Kenntnis. Da wir nach dem Tempelbesuch so langsam Hunger hatten, schlugen wir ihm vor, dass wir Mittagessen gehen sollten (und ihn natürlich einluden). So hielten wir an einem typischen kleinen Rasthaus an der Bergstraße nach Haputale an. Sämtliche Speisen wurden als Buffet angeboten. Es gab viele Variationen an Gemüse, Reis und Papadam Chips. Fleisch hätte es extra gegeben und so war das dann ziemlich praktisch, dass diejenigen die Fleisch wollten, etwas mehr zahlten als die Vegetarier. Und Nachschlag war im Preis inbegriffen. Wir waren von der Küche sehr angetan, was natürlich unsere Lust, hierher zu fahren gleich nochmal steigerte.
Erstes Ziel unserer Reise durch den Süden Sri Lankas war das Bergdorf Haputale. Dieses liegt auf einem Grat inmitten von Teeplantagen, wo im 19. Jahrhundert ein gewisser Sir Thomas Lipton auf die Idee kam, Tee anzubauen. Von einem kleinen Gipfel in den Bergen überwachte er sein Imperium. Die kurze Bergwanderung von der Teefabrik hinaus durch die grünen Teeplantagen und den Wolkenteppich zum so genannten „Lipton’s Seat“, wo heute ihm zu Ehren eine Bronzefigur steht, war ein prima Einstieg in die kommenden Tage – schließlich wollten wir eine 3-Tagestour zu Fuß durch diese Kulturlandschaft unternehmen. Treffpunkt am nächsten Morgen mit Rian, unserem Guide, war der Mini-Bahnhof von Haputale. Zunächst führte der Weg oberhalb der Bahngleise durch den wenigen Wald, der oberhalb der Teeplantagen noch existierte. Später neigte sich der Pfad bergab bis auf die Gleise und die Wanderung wurde nun die nächsten Kilometer auf den Schwellen fortgesetzt. Zum Glück hupte auch hier der Zug lange bevor er uns genau an einem Tunnel passierte. Zwischen Gleisen und Felswand war genügend Platz, den Zuckelzug abzuwarten, um dann geschwind durch den Tunnel zu laufen. Das Laufen zwischen den Schienen war gar nicht so einfach, da meine Schrittlänge mit dem Abstand der Schwellen nicht sonderlich harmonierte und ich immer wieder Trippelschritte machen musste oder gleich aufgab und neben dem Gleisbett lief.
Die Aussicht auf die umgebenden Berge, die ein wenig Mittelgebirgscharakter hatten, war aufgrund der Teeplantagen und der entsprechend freien Sicht grandios. Zudem spielte das Wetter auch mit. Morgens sah das alles noch ganz anders aus. Haputale lag in den Wolken auf knapp 2.000 Metern und es war richtig kalt. In einem Nachbarort gab es tatsächlich Bodenfrost, denn nachts war es sternenklar. Später passierten wir zerfallene Häuser, da ein Erdrutsch nach tagelangem Regen ein paar Wochen zuvor abging. Das Problem der Abholzung sahen wir ja bereits im Dezember in Sierra Leone und jetzt wieder in Sri Lanka. Wo kein Wald mehr existiert, hat die Erde keinen Halt mehr und es besteht dann insbesondere nach heftigem Regen immer die Gefahr von Schlammlawinen. Wir hatten Glück, die Regenzeit war bereits vorbei und es ging weiter trockenen Fußes durch die Teeplantagen, wo wir an einer Sammelstation auf die Teepflückerinnen trafen. Pflücker gab es keine, da diese in der Teefabrik arbeiten, wohin gegen das Pflücken Frauenarbeit ist. Eine Teepflückerin muss täglich 18 kg Tee pflücken – 6 Tage die Woche. Der Sonntag ist frei, genauso wie der Tag, der dem Vollmond folgt, da dann nachts immer religöse Feste gefeiert werden. Wer dennoch am Vollmond-Tag arbeitet erhält 100% Zuschlag, da sich die Nachfrage nach Tee weltweit auf hohem Niveau befindet. Die Pflückerinnen fangen am frühen Morgen mit dem Pflücken an, haben dann eine Frühstückspause und später eine Mittagspause. Ihre Säcke werden an der Sammelstation gewogen und dann geht es wieder zurück in die Plantage.
Viele Pflückerinnen sind Tamilen, die vor vielen Generationen von den Engländern zum Teepflücken aus Indien nach Sri Lanka gebracht wurden. Diese indischen Tamilen haben mit den einheimischen Tamilen oft nicht viel gemein, außer der gemeinsamen Hindu-Religion. Die Singhalesen, die zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe, ist buddhistischen Glaubens. Leider gab es in Sri Lanka in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen Tamilen und Singhalesen, wovon allerdings der Süden Sri Lankas weitgehend verschont blieb, so dass Touristen in dieser Region seit Jahrzehnten anzutreffen sind – allerdings praktisch niemand auf den alten Trampelpfaden in den Bergen. Dieses Bild änderte sich erst, als wir am nächsten Tag die Horton Plains besuchten, ein Weltnaturerbe der UNESCO. Dort trafen wir dann wieder auf die globalisierte Welt des Tourismus. Hauptbesucher waren Chinesen, für die es ja ein relativer Katzensprung vom Reich der Mitte nach Sri Lanka ist. Aber das tolle an den Horton Plains ist die Sauberkeit dieser Hochebene. Das liegt ganz eindeutig an den Maßnahmen, die hier die Parkverwaltung getroffen hat. Wie an einem Flughafen wurden die BesucherInnen kontrolliert: Nicht nach Waffen, sondern nach Plastik!
Plastikflaschen waren zwar ok, aber die Banderole und sämtlich Tüten wurden konfisziert. Die Folge: es lag wirklich kein Müll in der Gegend herum und es war herrlich, zumindest immer mal wieder ein paar Minuten Ruhe zu haben, bevor der nächste Trupp an Touristengruppen lärmend sich seinen Weg nach World’s End, einen Aussichtsfelsen mit grandiosem Ausblick auf die Bergwelt Sri Lankas bot. Der Rundweg über das Hochplateau war wirklich beeindruckend. Auf dem ersten Teil des Weges ging es durch Wald, in dem wir immer wieder auf neue Vogelarten trafen. Nachdem es am Felsabhang von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt ging, führte der Weg über Sumpflandschaften an Wasserfällen wieder zurück zum Ausgangspunkt, wo bereits Sambar-Hirsche auf die Ausflügler warteten bzw. auf die Essensreste, die es womöglich gab. Allerdings wussten zumindest die Einheimischen an diesem Nachmittag, das sri lankische Curries vielleicht nicht die beste Mahlzeit für diese Tiere waren. So chillten die Tiere lieber im Gras und wir nahmen ein Tuk-Tuk, um in unser Bergdorf zur Übernachtung zurückzudüsen. In die Berghütte hatte es noch ein paar wenige andere Wanderer verschlagen, aber das war kein Vergleich zu den Horden in den Horton Plains.
Abends kamen wir mit Rian, unserem Guide, ins Gespräch, da er perfekt Englisch sprach. Wir waren seine letzte Tour, da er einige Tage später nach Dubai fliegen würde, um bei Pizza Hut anzufangen. Seine Eltern waren schon um die sechzig und eine Rentenversicherung gibt es in Sri Lanka nicht. Arbeiten konnten die Eltern aber auch nicht mehr richtig, da sie krank waren. Und seine Geschwister befanden sich noch in der Schul- bzw. Uniausbildung. Das Einkommen als Guide war für die Familie leider nicht ausreichend bzw. nicht regelmäßig, da Touristen meist nur in der Hauptreisezeit in unserem Winter kommen. Bei Pizza Hut in Dubai ist das ganze Jahr „Saison“, so dass Rian keine andere Wahl hatte, um die Familie durchzubringen. Anders als in vielen anderen asiatischen Ländern hatte Rian ein großes Fachwissen, was Fauna und Flora anging. Das machte die Sache noch trauriger, denn Touristen weiter seine Heimat zu zeigen, wäre eine so viel sinnvollere Aufgabe, als Touristen in Dubai Pizzen an den Tisch zu bringen. In diesen Momenten wird mir immer wieder bewusst, was für ein Glück wir im Geburtslotto hatten. Auch wenn wir in Deutschland unsere täglichen Probleme haben – so fremdbestimmt wie bei Rian ist unsere Situation wohl in den seltensten Fällen.
Am letzten Wandertag kamen wir an einem Plumpsklo vorbei. Auf diesem war ein großes „Fairtrade“ Symbol aufgemalt. Das Fairtrade-Label steht für eine bessere Entlohnung der Einheimischen. Dafür zahlen wir in Deutschland bei vielen Produkten wie Bananen, Kaffee, Schokolade, Wein oder Tee ein paar Cent mehr. Dass auch die Arbeitsbedingungen, die bei uns als selbstverständlich angesehen werden, besser sind, als bei herkömmlichen Plantagen, war mir neu. Auf konventionellen Plantagen gehört es nach Rückfrage bei Rian noch nicht einmal zum Standard, eine Toilette für die Teepflückerinnen bereit zu stellen. Nach einem Besuch zweier weiterer Wasserfälle endete unsere Wandertour an der Bergstraße nach Haputale. Mit dem Bus, der alle paar Minuten kam, ging es wieder zurück zum Ausgangspunkt und wir mussten von Rian Abschied nehmen. Es bleibt zu hoffen, dass er in wenigen Jahren nach Sri Lanka zurückkommmen und sein eigenes Wanderunternehmen in den Bergen Sri Lankas starten kann. Zuzutrauen wäre es ihm auf jeden Fall. Diese Wanderung kann ich jedem empfehlen, der gerne per Pedes fremde Regionen kennen lernen möchte – auch abseits der platt getrampelten Touristenpfade.
Am folgenden Tag fuhren wir nach Udawalawe, in das Dorf, das direkt neben dem gleichnamigen Nationalpark liegt. Dieser ist berühmt für seine Elefanten und für eine immense Vielfalt an fliegenden Zeitgenossen. Dieser Park gehört zu den „Must sees“ von fast jedem Reisenden, der sich im Süden Sri Lankas aufhält – und das zurecht. Dadurch gibt es eine große Vielfalt an Unterkunftsmöglichkeiten zu sehr fairen Preisen auch zur Hauptsaison. Viele Reisende geben sich nur einen Ausflug in den Nationalpark, zum einen weil die Gebühren mittlerweile vergleichsweise hoch sind (ca. 20 € p.P.), was natürlich nichts im Vergleich zu Nationalparksgebühren in Ostafrika ist. Zum anderen basteln viele Reisende ein sehr ambitioniertes Programm vor der Abreise auf die Insel zusammen, so dass die Reise eher ein Abhaken an Sehenswürdigkeiten als eine Erholungsmöglichkeit darstellt. Diesen Fehler habe ich auch knapp zehn Jahre lang bis zu meiner Weltreise 2002/2003 gemacht. Dort kam ich nach sieben Monaten Reise in Australien endlich auf den Trichter, dass weniger meist mehr ist. Ich nahm ein Lineal auf einer Weltkarte, zog einen Strich von Sydney nach Mainz und versuchte fortan in den letzten fünf Monaten der Reise möglichst keine großen Umwege mehr zu machen und einem Ort möglichst lange zu bleiben, mindestens aber drei Nächte.
Wir ignorierten die Kosten für den Eintritt nach Udawalawe und wir hatten auch keine Lust auf die frühmorgendliche Exkursion. So buchten wir lieber eine 3- und eine 4-Stunden-Tour jeweils für den Nachmittag. Da wir über unser Guesthouse an beiden Nachmittagen den selben Fahrer zugeteilt bekamen, wusste dieser natürlich, welche Tiere wir bereits gesehen haben und welche Route wir am Vortag nahmen. So sahen wir neben zahlreichen Elefantenherden, viele kunterbunte Vögel, Axis-Hirsche, Nashornvögel, Krokodile, Affen und Wasserbüffel teilweise aus nächster Nähe. Dadurch, dass wir immer einen Tick früher als die anderen Touristen dank unseres Fahrers unterwegs waren, hatten wir an beiden Nachmittagen fast immer das Gefühl, uns alleine im Park zu bewegen. Erst kurz vor Sonnenuntergang vor dem Parkausgang erkannten wir, wieviele Autos auf Safari waren. Man kann diese Art von Tourismus natürlich schlecht finden, da es nicht sehr nachhaltig ist, mit dem stinkenden Safari-Jeep in die Natur aufzubrechen. Aber diese Möglichkeit, Menschen die Schönheit der Natur näherzubringen darf meiner Meinung nach nicht unterschätzt werden. Die Leute lernen auch durch die Fahrer, dass es sich lohnt, Plastikflaschen bspw. nicht aus dem Auto zu schmeißen – ein Umstand, der in vielen Teilen der Welt noch das natürlichste der Welt darstellt. Gerade Plastikflaschen sind die reinste Umweltverschmutzung. Leider ist das Trinkwasser in vielen Ländern der Welt für unseren Magen ungekocht unverträglich. Daher hat man die Wahl, das Wasser trotzdem zu trinken und damit Gefahr zu laufen, sich Tropenkrankheiten einzufangen oder das Wasser abzukochen bzw. zu filtern oder die bequemste und umweltunfreundlichste Möglichkeit zu wählen und Plastikflaschen im Supermarkt zu kaufen. Auch wir waren keine Umweltengel, versuchten aber wenigstens möglichst große Flaschen zu kaufen (z.B. 5 Liter oder 10 Liter). Konterkariert wurde diese Strategie dann wieder durch 0,5 Liter Flaschen, die im Guesthouse gratis angeboten wurden (die wir meistens dann stehen ließen).
Ein weiteres Argument sich für einen Besuch von Udawalawe zu entscheiden, ist das Elephant Transit Home. Eine Aufzuchtstation von Waisenkindern mit Rüssel. Die kleinen werden viermal am Tag mit Milch bzw. mit Milchpulver angerührtem Wasser versorgt und man kann gegen einen kleinen Obolus diesem Spektakel beiwohnen. Dass man dafür allerdings fast so lange anstehen muss, wie die eigentliche Fütterung dauert, ist der überbordenden Bürokratie zu verdanken. Jede Eintrittskarte wurde handgeschrieben und entsprechend buchhalterisch vermerkt. Wahrscheinlich eine Möglichkeit, Korruption einzudämmen – eine andere Antwort fällt mir nicht ein.
Der letzte Stopp der Reise durch Sri Lanka brachte uns nach Tangalle an die Südküste und in eine richtige Traumregion. Unsere Unterkunft bestand aus mehrern kleinen Häuschen, von deren Balkon man tlw. einen Blick auf die Mangrovenwäldchen werfen konnte. Außerdem konnten wir frühmorgens und abends auch wieder exotische Vögel beobachten und in der Hängematte während der Mittagshitze Siesta halten und dem Rauschen des Meeres zuhören. Endlose Strandspaziergänge nach Osten oder ein kleiner Walk nach Westen in die Stadt machten die Lage unserer Unterkunft wirklich einzigartig, wie eigentlich der gesamte Urlaub auf dieser Insel. Denn trotz des Massentourismus auf der Insel sind die Menschen immer noch freundlich und geben einem das wunderbare Gefühl, willkommen zu sein – und das nicht nur wegen des Geldes, was wir auf ihre Insel bringen. Denn an vielen Plätzen dieser Welt komme ich mir als Tourist mittlerweile wirklich ein wenig wie ein Sparschwein vor, das man möglichst komplett schlachtet. Neben der Freundlichkeit der Menschen ist das Preis/Leistungsverhältnis auf der Insel an vielen Flecken sehr sehr gut. Bewusst abgezockt wird man überhaupt nicht und auch das Gefühl, dass man abends am Strand oder tagsüber in den Teeplantagen einfach mal spazieren kann, ohne gleich ausgeraubt zu werden, ist nicht zu unterschätzen. Daher können wir diese Insel Euch wirklich nur an Herz legen.
Hoteltipps (alles selber bezahlt):
Colombo – Anarva Mount Lavinia: neues, modernes Hotel im Nobelvorort Mount Lavinia
Haputale – Leisure Mount View Holiday Inn, wenn möglich beste Zimmerkatgorie buchen, tolle Ausblicke, gutes Abendbüffet (vegetarisch)
Udawalawe – Silent Bungalow, sehr preiswert, bietet Touren zum nahen Park an, gutes Abendbüffet (vegetarisch)
Tangalle – Cinnabar Resort, tolle Lage direkt am Strand, 15 Minuten zu Fuß über den Strand in die Stadt, nach Osten hin weite Strandspaziergänge möglich, Chalets teilweise mit Balkon auf die Mangroven