„Wolfgang Frank – der Fußball-Revolutionär“ von Mara Pfeiffer

Warum hatte ich eigentlich nie ein Panini-Bild von Wolfgang Frank gehabt, fragte ich mich beim Lesen von Mara Pfeiffers Wolfgang-Frank-Biographie des Öfteren. Schließlich ließ die Autorin immer wieder ehemalige Mitspieler von Profifußballer und -trainer Wolfgang Frank wie zum Beispiel Reiner Hollmann, Rudi Kargus oder Thomas Brunner zu Wort kommen. Das waren allesamt Spieler, die ich nie live im Stadion sah, da Mainz 05 damals mit dem BTSV und dem FCN nicht mithalten konnte – aber deren Namen ich wegen meines Panini-Albums bis heute im Kopf habe.

„Wolfgang Frank – Der Fußball-Revolutionär“ ist eine perfekte Lektüre für lange Fußballreisen mit der Bahn

Das Buch ist gerade durch diese Erinnerungen von Zeitzeugen ein wunderbares Werk geworden. Zum einen wird dem fußballerischen Schaffen von Wolfgang Frank ein Denkmal gesetzt, zum anderen können wir Lesenden nochmals einen Blick in die „gute alte Zeit“ des Fußballs werfen, in der es aber auch schon damals spendable Mäzene gab, wie das Beispiel FSV Bad Windsheim zeigt. Sprich wir lernen nebenher, dass es auch damals schon oft ums liebe Geld ging – weniger bei Wolfgang Frank als bei vielen anderen Protagonisten des Fußballs der damaligen Zeit.

Der Untertitel des Werks „der Fußball-Revolutionär“ klingt vielleicht ein wenig abgegriffen. Neudeutsch würde wohl eher der Begriff „Fußball-Influencer“ passen. Schließlich ist es wirklich fast unglaublich, wieviele aktuelle Übungsleiter Frank mit seiner Art Fußballspielen zu lassen, aber auch Fußball zu leben, beeinflusst hat. Klopp, Wache, Schwarz, Lieberknecht – alleine diese Namen sollten Menschen, die es mit dem 1. FSV Mainz 05 halten, überzeugen, dieses Buch zu lesen. Schließlich kommen diese heute so erfolgreichen Trainer genauso zu Wort wie ehemalige Spieler wie Gustav Policella und Adrian Spyrka, die Frank darüber hinaus auch bei anderen Vereinen begegneten.  Deswegen kommen auch Fußballbegeisterte aus vielen weiteren Teilen des deutschsprachigen Mitteleuropas auf ihre Kosten, zum Beispiel aus dem Ruhrgebiet (Essen, Dortmund, Duisburg), Eupen in Belgien, der Deutsch-Schweiz und Wien. Es werden jeweils Facetten der Geschichte zahlreicher Traditionsvereine thematisiert. Und dass es in Leipzig durchaus möglich ist, etwas über Fußballtradition im Zentralsstadion zu erfahren, wird aufgrund von Franks Trainerstation beim FC Sachsen ebenfalls möglich.

Das Buch erzählt Geschichten aus 45 Jahren Männer-Profifußball von 1968 bis 2013. Auch seine beiden Trainerzeiten in der goldenen Stadt werden ausführlich thematisiert. Alleine Christian Heidel weiß von zahlreichen Anekdoten anschaulich zu berichten. Frank hat uns Mainz 05-Fans um 1996 herum die Augen geöffnet, dass es durchaus möglich sein könnte, mal 1. Liga zu spielen. Für mich als Fan damals ein Traum, der ziemlich illusorisch war. Aber Wolfgang Frank sollte Recht behalten. Der Werdegang von Mainz 05 ist allen bekannt – vielleicht aber nicht die Tatsache, dass es Frank leider verwehrt blieb, je ein Erstliga-Team zu trainieren. Jürgen Klopp sagte in seiner Trauerrede „Wolfgang war ein Bundesliga-Trainer. Er hat nur nie dort gearbeitet“. Von daher ist alles gesagt.

Über das Buch:

  • Titel: Wolfgang Frank – Der Fußball-Revolutionär
  • Autorin: Mara Pfeiffer
  • Verlag: Die Werkstatt GmbH
  • Hardcover / Softcover / Karten: 26,00 €
  • 255 Seiten
  • ISBN: 978-3730706022
  • Erscheinungstermin: 11. Mai 2022

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“Thomas Tuchel” von Daniel Meuren und Tobias Schächter

Viele Fußballfans, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind, tendieren gerne dazu die Vergangenheit hochleben zu lassen, gerade wenn es mit dem eigenen Verein bergab geht. Man könnte daher meinen, dass “Thomas Tuchel – die Biografie” der beiden Journalisten Daniel Meuren und Tobias Schächter aktuell dazu prädestiniert wäre, das Schwelgen in der Vergangenheit zu verstärken. 

Lesenswertes Buch "Thomas Tuchel - Die Biografie"
Lesenswertes Buch „Thomas Tuchel – Die Biografie“

Selbstverständlich war Thomas Tuchel ein Glücksfall für den FSV Mainz 05 – genauso wie es Jürgen Klopp war, auf den in diesem Buch ebenfalls an einigen Stellen ausführlich eingegangen wird. Schließlich folgte Tuchel indirekt auf Klopp in Mainz und direkt in Dortmund. Selbst als Trainer von Paris St. Germain und Liverpool begegneten sich beide bereits in der Champions League. Beide eint zudem der  Karrierestart als Bundesliga-Trainer bei unserem FSV.  

Die Vorzeichen beim Lesen dieses Buch standen folglich auch bei mir auf “Früher war alles besser”, doch ich wurde eines besseren belehrt. Natürlich geht es Mainz 05 derzeit tabellarisch schlecht und bei Thomas Tuchel denke ich in erster Linie an den famosen Bundesliga-Auftakt 2010 mit sieben Siegen in Folge. Bei Klopp denke ich natürlich erstmal an den ersten Bundesliga-Aufstieg überhaupt von Mainz 05. Ich denke umgekehrt bei ihm weniger an den Start in die Bundesliga-Saison 2005/06 mit fünf Niederlagen oder an den Abstieg mit ihm 2007. Dieses Alleinstellungsmerkmal hat er bis dato für sich alleine – das schaffte bisher weder Martin Schmidt, noch Sandro Schwarz oder Achim Beierlorzer; Kasper Hjulmand sowieso nicht, da er als einziger Bundesliga-Trainer von Mainz 05 gar nicht am letzten Spieltag auf der Bank saß. Und bei Tuchel denke ich eher nicht an das bittere Aus im Elfmeterschießen  in Medias, das in dem Buch ebenfalls ausführlich Erwähnung findet,  oder die Pleite im Viertelfinale des DFB-Pokals in Kiel – beides im Jahr 2011. 

Tuchel nach dem 34. Spieltag der Saison 2013/14 und seinem letzten Tag als Trainer bei Mainz 05.
Tuchel nach dem 34. Spieltag der Saison 2013/14 und seinem letzten Tag als Trainer bei Mainz 05.

Je mehr Kapitel ich aufsog, desto mehr zog mich dieses Buch, was Mainz 05 betrifft, wieder hinauf. Zum einen, weil so viele Weggefährten von Tuchel zu Mainzer Zeiten zu Worte kamen und ihre reflektierte Sicht auf den Trainer gerne zu Papier bringen ließen, zum anderen weil ich für mich ein klareres Bild malen konnte, wieso Tuchel 2014 seinen Job bei Mainz 05 an den Nagel hängte – so alles andere als spontan übrigens.  

Dass Mainz 05 mit dem Menschen Thomas Tuchel ab und an viel zu knabbern hatte, wird in dem Buch mehr als deutlich. Und so kommen auch Personen zu Wort, die nicht mit dem eigenen Namen in der Danksagung am Ende des Buchs stehen möchten. Für mich als Fan zeigt das Buch, dass es auch damals nicht die schöne heile Mainz 05-Welt gab. Wie so oft ist das alles keine Schwarz-Weiß-Malerei gewesen. Christian Heidel hat diesbezüglich da große Arbeit geleistet – aber auch Heidel war nicht der personalisierte Jesus vom Rhein, wie ihn viele Fans in der Nachbetrachtung vergöttern. 

Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Post-Heidel-Strutz-Strukturen dem Verein tatsächlich gut tun. Ein Rouven Schröder steht heute unter viel größerer Beobachtung als es bei Heidel je der Fall war. Auch das kann ich aus dem Buch herauslesen. Ähnliches gilt natürlich für Jan Lehmann und in gewisser Weise auch für Stefan Hofmann – schließlich gibt es mittlerweile einen Aufsichtsrat beim Fußballsportverein.  

Ich habe durch das Buch den Eindruck gewonnen, dass zu dieser Zeit die damalige Konstellation einfach optimal war: Ein Christian Heidel, der in der Lage war, einen Thomas Tuchel so zu behandeln, dass dieser von 2009 bis 2014 für den Verein tatsächlich das Optimum herausholte, ohne dass Heidel sich vor irgendjemandem rechtfertigen musste. Aber ich merkte beim Lesen auch, wie wenig Lust bei Tuchel vorhanden war, sich auf den Verein mit seinen Menschen einzulassen – das kam noch stärker bei seinem Wirken in Dortmund zum Vorschein und da freue ich mich tatsächlich auf die nächste Zeit mit Jan-Moritz Lichte, dem ich es abnehme, sich mit dem Verein zu identifizieren und mit der Mannschaft das Ziel Klassenerhalt anzugehen. Und was die Fußballkompetenz von Lichte angeht, sehe ich da angenehme Parallelen zum perfekt portraitierten Thomas Tuchel, der leider selbst zum Buch nichts beitragen wollte.

Über das Buch:

  • Titel: Thomas Tuchel – Die Biografie
  • Autoren: Daniel Meuren, Tobias Schächter
  • Verlag: Die Werkstatt GmbH
  • Softcover-Buch: 19,90 € bzw. e-book: 14,99 €
  • 192Seiten
  • ISBN: 978-3730704660 (Print)
  • Erscheinungstermin: 16. April 2020

Bestellbar überall wo es Bücher gibt und online zum Beispiel bei „buch7“, dem sozialen Buchhandel. Durch den Kauf bei „buch7″ spendet das Unternehmen zwischen 0,70 € und 1,29 € – abhängig von der aktuellen Geschäftsentwicklung – an soziale Projekte.

„Fräulein Draußen“ von Kathrin Heckmann

„Back to the roots“ liegt gerade in der Pandemie voll im Trend. Das trifft auf das erste Werk der Autorin Kathrin Heckmann doppelt zu. Heckmann kennen bereits viele Internet-affine Outdoorliebende seit Jahren durch ihren gleichnamigen Wanderblog „Fräulein Draußen“. Als Bloggerin begab sie sich quasi zurück zu den Wurzeln des Schreibens also von der Webseite zurück zum gedruckten Werk. Inhaltlich dreht sich bei Heckmann ohnehin alles um Wurzeln, über die sie zwangsläufig marschiert, wenn sie irgendwo in der Welt ihre Schuhe schnürt und zur nächsten Wanderung aufbricht.

Jedes Projekt beginnt mit dem ersten Schritt und wenn es ums Draußen sein geht, eignet sich dafür auch der eigene Balkon.

Nun könnte man meinen, dass das Werk „Fräulein Draußen“ nur so wimmelt von gefährlichen, risikoreichen Anekdoten, schließlich berichtet sie unter anderem von ihren Wanderungen in Alaska und Australien – Regionen, in denen sie sicherlich genug Stoff gefunden hat, um spannende Abenteuergeschichten aufs Papier zu bringen. Wer so etwas in ihrem Werk sucht, wird sicherlich enttäuscht sein. Die Sucht nach Anerkennung als Frau alleine in der Wildnis unterwegs zu sein, findet sich an keiner Stelle in diesem Buch. Vielmehr verrät der Untertitel „Wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand“, wohin diese wunderbare Reise geht.

Heckmann schreibt offen und ehrlich über ihre Anfänge des Wanderns in der Natur. Sei es über ihre Neugierde einen Vogellaut zu folgen, der sie dazu gebracht hat, sich aus dem wohligen Schlafsack herauszuschälen, sei es über die allererste Nacht alleine in einem Zelt in den Highlands von Schottland mit Blick auf den Mietwagen in Sichtweite. Sie schreibt so angenehm unaufgeregt über diese Anfänge und hat es nicht nötig, sich für diese kleinen ersten Schritte selbst abzufeiern.

Dafür feiert sie die kleinen Dinge, die ihr beim Wandern auffallen, groß ab. „Der Weg ist das Ziel“ könnte ein Lebensmotto sein, wenn sie denn überhaupt eines bräuchte. Ziele an sich sind für sie sekundär. Das glaube ich gerne, wenn man sich wie Heckmann beispielsweise vornimmt, einmal quer durch Großbritannien zu wandern. Schließlich ist es bei so einem Projekt alles andere als sicher, dass man tatsäch am Zielort ankommt. Viel wichtiger sind für Heckmann die Erlebnisse, die sie Tag für Tag auf ihren Wanderungen sammelt. Sie hat ein Talent dafür, die schönen Situationen so zu beschreiben, dass ich als Leser das Gefühl habe, mitzuwandern, obwohl ich gemütlich im Gartenstuhl meinen Corona-Sommer 2020 auf dem Balkon verbringe oder auf einer bequemen Holzliege auf dem Mainradweg eine Pause vom Radeln mit dem Buch einlege.

Statt die Lesenden mit unzähligen Details zu überfrachten, konzentriert sich Heckmann auf wenige Aspekte, die ihr auf der jeweiligen Wanderung groß vorkamen. Sie liefert darüber hinaus zahlreiche Zusatzinformationen und gibt uns Lesenden die Möglichkeit, mit Hilfe des mehrseitigen Quellen-Verzeichnises, selbst weiter zu recherchieren. Auch die Wanderungen lassen sich anhand ihrer Angaben im Anhang nachlaufen. Die Natur ist Heckmanns Fachgebiet. Da wirkt es umso sympathischer, dass sie sich bei zwei Angaben zu Städten vertan hat, schließlich ist Juneau und nicht  das bereiste Anchorage die Hauptstadt Alaskas und Ushuaia gilt statt dem passierten Punta Arenas als die südlichste Stadt der Welt. Das sind Nebensächlichkeiten, mit denen sich Heckmann zum Glück nicht weiter aufhält. Vielmehr gibt sie an den Stellen, die für die Handlung wichtig sind, sehr persönliche Einblicke, zum Beispiel zu ihrer Motivation, ihre gut bezahlte Festanstellung gegen den Status der wandernden Freiberuflerin einzutauschen.

Auch wenn ihr Buch sicherlich kein Ratgeber sein soll, nehme ich als Leser ein paar Tipps mit. Ich fühle mich auch in manchen meiner Wege, die ich eingeschlagen habe, bestätigt. Würden wir uns im Internet befinden, würde man von einer Echokammer sprechen. Das Gefühl zu bekommen, dass es noch andere Menschen gibt, die abseits der ausgetrampelten Pfade unterwegs durchs Leben ziehen, ist sicherlich nicht das schlechteste.

Teile des Buchs habe ich auf dem Mainradweg zwischen Mainz und Würzburg gelesen.

Gerade das Kapitel „Reisen und Naturschutz“, das sich ebenfalls im Anhang des Buchs befindet ist, ein tolles Statement Heckmanns. Ihre nachdenklichen Ausführungen zu den Themen Fliegen und Tourismus unterschreibe ich gerne und erinnern mich sehr an die Nachbetrachtung, die ich in meinem Werk „Mit Bedacht fliegen“ angestellt habe. Obwohl Heckmanns Blog und Social Media-Auftritt einer der beliebtesten in Deutschland im Bereich Outdoor ist, sieht sie die Welt von Instagram und Co. an vielen Stellen des Buchs sehr kritisch. Ich nehme es ihr ab, dass es ihr bei vielen Motiven und Erlebnissen, die sie einfängt und im Netz mit ihrer Gemeinde teilt, weniger um Klicks und Likes geht, sondern eher darum, zu zeigen in welch schöner Welt wir leben – gerade auch in Deutschland. Denn auch ein Trip nach Brandenburg kann eine Reise wert sein kann – und das nicht nur „notgedrungen mangels Alternativen“ in Zeiten der Pandemie.

Ich empfehle dieses Buch gerne weiter. Gleiches gilt auch für ihren Blog und ihre Social Media-Auftritte. Aber natürlich empfehle ich auch, jetzt den Computer, das Tablet oder das Smartphone auszuschalten und die Welt da draußen zu entdecken, am besten zu Fuß und mit offenen Augen für die kleinen Dinge am Wegrand, die ganz groß sein können.

Über das Buch:

  • Titel: Fräulein Draußen – Wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand
  • Autorin: Kathrin Heckmann (https://fraeulein-draussen.de/)
  • Verlag: Ullstein Paperback
  • Softcover-Buch: 14,99 € bzw. e-book: 12,99 €
  • 256 Seiten
  • ISBN: 978-3864931055 (Print)
  • Erscheinungstermin: Juni 2020

Bestellbar überall wo es Bücher gibt und online zum Beispiel bei „buch7“, dem sozialen Buchhandel. Durch den Kauf bei „buch7″ spendet das Unternehmen zwischen 0,52 € und 0,97 € – abhängig von der aktuellen Geschäftsentwicklung – an soziale Projekte.

Transparenz:

Ich habe das Buch selbst bezahlt. Die Rezension erfolgt unbeauftragt.