Ich denke, nachdem nun auch noch die Schweine bei Euch nicht mehr genießbar sind werdet Ihr sicherlich nun endgültig zu Vegetariern mutieren. Obwohl hier anscheinend die Viecher noch nicht total behämmert sind, außer dass es hier Kühe im tropischen Regenwald gibt, ist Fleisch dank des schwachen Euros total unbezahlbar. Aber das kulinarische Vergnügen kommt trotzdem nicht zu kurz. Zum Frühstück gibt es Bananenbrot und Kokosnussbrötchen, was meistens dermaßen satt macht, dass mittags nur Papaya, Banänchen usw. angesagt sind. Das beste Naturprodukt, das sowohl satt macht als auch den Durst löscht, sind allerdings die Kokosnüsse. Diese sind nicht vom Typ „harte Schale und dann nix drin“, wie sooft in Deutschland. Die Kokosnüsse in der Karibik sind große unförmige grünlich bis gelbe Klumpen. Der Verkäufer hat solange mit der Machete die Schale ab, bis ein Loch entstanden ist und man die Flüssigkeit trinken kann. Dies ist meist mehr als ein halber Liter und schmeckt nur leicht nach Kokosnuss. Ist die Nuss dann leer, haut der Verkäufer sie in zwei Hälften und macht noch eine Kerbe hinein. Die Kerbe reißt man dann heraus und löffelt danach das Kobra aus der Nuss heraus. Die ganze Prozedur dauert natürlich seine Zeit, aber die hat man ja zur Genüge. Abends gibt’s dann wenn schon Fleisch, dann Chicken mit Chips (Brotfruchtchips oder French Fries) oder frittierte Kochbananen, deren Schalen nicht gelb sondern rot sind.
Von Dominica bin ich mit dem Boot nach Fort-de-France, der Hauptstadt Martiniques getuckert. Damit war ich wieder in der EU, da Martinique ein französischens Überseedepartement ist. Den kurzen Aufenthalt von 2 Tagen habe ich auch kulinarisch genossen. Da die nördlicheren Inseln die oben erwähnten Genüsse nicht boten, befand ich mich auf Martinique natürlich im Paradies, da hier die franz. Küche mit den Annehmlichkeiten eines europäischen Supermarkts (Käse, Südmilch Joghurt) kombiniert wurde. Auf Martinique besuchte ich das „Pompeji der Karibik“ die alte Hauptstadt St. Pierre, die 1902 durch den Vulkan Mont Pelée verschüttet wurde. Es war schon ein komisches Gefühl, in den Häuserruinen herumzulaufen und im Hintergrund den immer noch aktiven Vulkan lauern zu sehen. Allerdings wurde, anders als auf Montserrat, die Zone um den Vulkan nicht gesperrt. Vielmehr fing 1904 schon wieder die Besiedlung an. Dadurch stehen die Ruinen nun mitten in der neuen Stadt, die einem Mittelmeerstädtchen ähnelt. Dieses Bild war wirklich sehr bizarr.
Von Martinique hüpfte ich per Fähre weiter nach St. Lucia. Dort versucht man ein bisschen Dominica mit dem Ecotourismus nachzuahmen. Allerdings ist es ein bisschen überbürokratisch durchgeführt worden. Man legte im Gebirge Wanderwege an, auf die auch überall aufmerksam gemacht wird. Nun kommt der teutonische Touri Christoph K. dummerweise sonntags morgens auf die Idee, dort wandern zu gehen. Aber der Weg war abgeschlossen, da er ja 10 US-Dollar Eintritt kosten sollte. Am Anfang des Weges baute man einfach ein Tor, das man freitags nach 4 Uhr nachmittags einfach abschließt, egal ob da noch jemand drin ist oder nicht. Ich dachte mir, die kommen erst morgen wieder und kletterte um das Tor herum auf den Weg. Danach genoss ich in aller Ruhe die Aussicht, denn der Pfad führte auf einem Grat entlang. Auf dem Rückweg kurz vor Ende des Weges hörte ich plötzlich Stimmen und erinnerte mich daran, dass es ein „Verbrechen“ war unerlaubt hier einzutreten. Also flüchtete ich, in Indianer Jones Manier einen 10-Meter-Hang hinunter durch Lianen auf die Straße. Unten angekommen schauten mich die Einheimischen etwas verdutzt an, denn ich sah aus, als ob ich mich im Schlamm gesuhlt hätte.
St. Lucia hat dank des Ecotrips seiner Regierung wirklich schöne Wege zu bieten, die sogar manches Mal nicht abgeschlossen sind. Doch das Positivste an St. Lucia sind seine Menschen. Die Leute gehen schon untereinander sehr nett miteinander um. Im Straßenverkehr lassen die Autofahrer andere an sich vorbei oder gewähren unerwartet Vorfahrt. Auf Straßen auf denen kaum Busse fuhren wurde ich immer gefragt: „Do you want to have a ride?“ Dieser Ride war immer kostenlos. Die Menschen und ihre Lebensweise erinnern mich sehr stark an Afrika und die afroamerikansichen Bewohner sind immer sehr stolz auf ihre Wurzeln. Überall sind die Farben des schwarzen Kontinents grün, gelb, rot zu sehen, und die Umrisse des Kontinents sind als Aufkleber auf den Autos zu sehen. Die öffentlichen Verkehrsmittel werden, je südlicher ich reiste, auch umso afrikanischer – vor allem was die Auslastung betrifft. Gingen in St. Kitts in den Bus 12 Passagiere, gehen nun in St. Vincent bis zu zwanzig in den gleichen Bus. Außerdem nimmt die Lautstärke der überall zu hörenden Musik deutlich zu. Hier in St. Vincent sollte man Ohropax dabeihaben, erstens wegen der Lautstärke und zweitens wegen Brittney Spears und den Backstreet Boys, die den Reggae eindeutig auf Platz drei noch hinter Gangsta-Rap verweisen.
Gestern bin ich in St. Vincent and the Grenadines angekommen. Da es keinen Nonstophüpfflug für die rund 30 Meilen zwischen St. Lucia und St. Vincent gibt, musste ich einen Umweg von 250 Meilen via Barbados fliegen. Diese Insel hat was ich sah, las und hörte außer Fish, Chips, Rum und liming nix zu bieten. Deshalb ging’s sofort weiter nach St. Vincent, wo ich heute den Höhepunkt der Tour erlebte: Den Cross Island Track mit Besteigung des aktiven Vulkans La Souffrière. Da ich nicht wusste, ob es überhaupt einen vernünftigen Weg gab, war diese Aktion etwas abenteuerlich. Am Anfang bekam ich mal wieder einen Ride auf der Ladefläche eines Pick-ups. Die Leute waren Arbeiter auf den vielen kleinen Bananenplantagen, die es auf den Inseln überall gibt. Dass die EU in der Agrarpolitik nicht nur Mist baut, sondern auch mal sinnvolles macht, zeigt sich hier: Sie kauft in erster Linie Bananen aus den CARICOM Staaten und den DOM von Frankreich. Dadurch erhalten die Plantagenbesitzer auf den Inseln eine garantierte Abnahme zu garantierten Preisen. Und die Plantagenbesitzer sind hier wirklich noch die kleinen Bauern, und nicht wie in Mittelamerika amerikanische Großkonzerne wie United Fruit oder Chiquita. Genug der antiamerikanistischen Polemik.
Der Weg hinauf zum Vulkan führte anfangs durch tropischen Regenwald, der aber relativ schnell verschwand. Oberhalb des Waldes war nur noch krautartiger Bewuchs zu sehen. Diese Region wurde vom letzten Ausbruch des Vulkans 1979 mit Lava zugedeckt; daher dieser Bewuchs. Mit zunehmender Höhe wurde es für hiesige Verhältnisse sehr kalt, d. h. es waren bestimmt nur noch 14 Grad, der Wind wehte um die Ohren, und plötzlich befand ich mich mitten in den Wolken. Hier sah es dann aus wie im schottischen Hochland. Ich kletterte weiter und weiter und auf einmal befand ich mich anscheinend vor einem riesigen Tal-Einschnitt. Wie sich später herausstellte war dies der Kraterrand. Die gegenüberliegende „Talseite“ war der Lava-Rest der im Krater verblieben war (ca. 150 Meter hoch). Nachdem es an dem Grad bergab statt bergauf ging raffte ich langsam, dass ich den Krater erreicht hatte. Und wenig später riss dann die Wolkendecke auf, und ich erkannte die riesigen Ausmaße des Kraters. Er hat etwa einen Durchmesser von einem Kilometer und ist etwa 200 bis 300 Meter tief. In der Mitte befindet sich der riesige Lava-Haufen der natürlich mittlerweile erkaltet ist. Dieses Panaroma mit der Karibik im Hintergrund werde ich sicher nicht vergessen. Leider musste ich schon bald wieder Abschied nehmen von diesem wunderschönen Platz, denn ich wollte ja die Insel durchqueren und auf einem anderen Weg hinab gehen in Richtung Karibik, da ich an der Atlantikküste startete . Der Weg hinab führte mich wieder vorbei an tropischen Regenwaldkühen, bunten Blumen mit Blüten von 50 cm Durchmesser, irgendwelchen Vögeln, die ich noch nie sah und einem einzigen Einheimischen, der sich auch freute mal wieder einen Mensch zu sehen. Unten an der Karibik angekommen, lag vor mir ein zwei km langer Strand, der menschenleer war. Wegen des vulkanischen Ursprungs der Insel war der Sand grau bis schwarz, also nicht ganz so wie man sich die Karibik vorstellt. Um wieder in die Zivilisation zurückzukehren, musste noch ein Fluss von 20 Metern Breite überquert werden. Das Wasser ging nur bis zu den Knien aber es war gar nicht so einfach da hindurch zu latschen, als es vorher den Anschein hatte. Am anderen Ufer angekommen, empfingen mich schon Einheimische, die mir sofort einen Ride ins nächste Dorf mit Busstation anboten. So landete ich auf der Ladefläche eines Lkws der voll mit Sand befüllt war. Aber ich war nicht lange alleine auf der Ladefläche. Am Ende waren es ein Dutzend „Passagiere“, die die Fahrt in 3 Metern Höhe genossen. Das einzige worauf man aufpassen musste, waren die Telefondrähte, die knapp über unseren Köpfen hingen, und man sich leicht verfangen hätte können.