Ressourcenineffiziente Gleichmacherei

Vor dem Testspiel gegen Bilbao informierte Mainz 05 über die Änderungen, die in der neuen Saison Anwendung finden. Unter dem Stichwort „Preisanpassungen beim Catering“ ging es um nichts anderes als um höhere Preise, die für Essen und Trinken abgerufen werden. Dass aktuell viele Lebensmittel teurer werden, haben wahrscheinlich alle von uns mitbekommen. Ich denke, es hätte niemand der Kommunikationsabteilung verübelt, es auch so zu schreiben. Sich hinter dem Wort „Preisanpassung“ zu verstecken zeigt allerdings schon, wohin die Reise geht. Die Umschreibung der „teilweise sehr deutlich gestiegenen Kosten bei der Produktion“ lässt sehr viel Spielraum für Spekulationen offen. Anscheinend sind einige Lebensmittelpreise im Einkauf sehr stark gestiegen, der Verein spricht von bis zu 42 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet es allerdings, dass die Preise für andere Produkte nicht so stark gestiegen sind. Im Rahmen einer transparenten Kommunikation wäre es sicherlich besser gewesen, die einzelnen Preissteigerungen aufzulisten. Eine offene und ehrliche Kommunikation schadet der Glaubwürdigkeit sicherlich nie. Aber gut – es wurde die Verschleierungstaktik gewählt, so wie jüngst bei der Abberufung von Jan Lehmann als kaufmännischer Vorstand.

In der Mitteilung heißt es weiter „Dabei hat Gauls Catering auf eine möglichst gleiche Verteilung der steigenden Kosten geachtet.“ Daraus lässt sich einerseits ableiten, dass Mainz 05 keinen Einfluss auf die Preisgestaltung hat und es dem Caterer überlässt, die Preise zu bestimmen. Andererseits sollen die Kostensteigerungen auf alle Produkte gleichmäßig verteilt werden. Das ist eine Möglichkeit, die zweifellos gestiegenen Kosten an die Stadionbesucher*innen weiterzugeben. Allerdings wird diese Strategie überhaupt nicht eingehalten.

Bei den Getränken werden beim Alkohol 70 Cent für Bier und Weinschorle draufgeschlagen. Bei der Limonade sind es 60 Cent und beim Wasser sind es 40 Cent. Von gleichmäßiger Verteilung kann also überhaupt keine Rede sein. Es ist sicherlich nicht verwerflich, dass es einen Anreiz gibt, alkoholfreie Getränke zu kaufen, wenn man Durst hat. Das deutsche Gaststätten-Gesetz sieht vor, dass mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer sein darf als das billigste alkoholische Getränk. Sprich, Gaul geht hier wesentlich weiter und ich denke, dass das wirklich eine gute Idee ist. Ob damit Alkoholmissbrauch verhindert wird, weiß ich nicht, aber es ist klar ersichtlich, dass von Seiten von Gaul hier explizit mit Hilfe des Preises gelenkt wird.

Anders als bei den Getränken wird die vom Verein angekündigte gleichmäßige Verteilung der gestiegenen Kosten bei den Speisen umgesetzt. Wurst, Frikadelle und Pommes wurden 50 Cent teurer und kosten nun 3,50 Euro. Fleischkäse und Brezel wurden ebenfalls 50 Cent teuer und kosten nun 2,50 Euro.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die gleichmäßige Verteilung der gestiegenen Kosten im Bereich der Speisen die fairste Möglichkeit ist. Man kann das sicherlich so sehen, wenn man die gegenwärtigen Probleme, der wir uns als Gesellschaft stellen müssen, ignoriert.

Ein Grund, warum die Lebensmittelpreise aktuell steigen, liegt am russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dort warten rund 20 Millionen Tonnen an Getreide darauf, endlich verschifft zu werden. Das Getreide wird in vielen Ländern rund um den Globus sehnsüchtig erwartet. In vielen Teilen der Welt sind Hungersnöte zu befürchten und Lebensmittelpreise explodieren (um weit mehr als die von Mainz 05 genannten 42 Prozent).

Aus dem Getreide der Ukraine lassen sich grundsätzlich zwei Dinge produzieren: Lebensmittel wie zum Beispiel Brezeln oder Futtermittel für die Tierhaltung, damit daraus Fleischprodukte hergestellt werden.

Das zweite große Thema unserer Zeit ist der Klimawandel. Die Dürre in vielen Teilen der Welt, sorgt dafür, dass ganze Ernten vernichtet werden und die Lebensmittelpreise noch weiter steigen. Und die CO2-Emissionen, die den Klimawandel verstärken, hängen unter anderem auch von unseren konsumierten Nahrungsmitteln ab.

Das Umweltbundesamt schreibt zu der gesamten Thematik: „Pflanzliche Fleischersatzprodukte schneiden im Vergleich zum konventionell erzeugten Fleisch am besten ab. Dies liegt unter anderem daran, dass Pflanzen wie Weizen und Soja auf direktem Weg der menschlichen Ernährung dienen können. Werden Pflanzen erst als Tierfutter genutzt, werden deutlich mehr pflanzliche Kalorien und auch deutlich mehr Ackerfläche, Wasser und Energie benötigt, bis die Kalorien beim Menschen ankommen.

Ein Beispiel: Für die Produktion eines Kilos Fleischersatz auf Sojabasis werden 2,8 kg Treibhausgase ausgestoßen. Für Schweinefleisch beträgt der Ausstoß 4,1 kg, für Geflügel 4,3 kg und für Rindfleisch sogar 30,5 kg.“

Brezeln und Pommes sind also unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelknappheit und unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes die wesentlich ressourceneffizienteren Speisen, die es im Stadion zu kaufen gibt.

Mainz 05 proklamiert an allen Ecken und Enden der erste klimaneutrale Verein der Bundesliga zu sein. Er kauft Klimazertifikate für Projekte in Ruanda, unterstützt soziale Projekte mit „Mainz 05 hilft e.V.“ und solidarisiert sich mit vielen Gruppen, u.a. mit den Menschen in der Ukraine. Daher sollte es eigentlich im Interesse des Vereins sein, klimaschonende Lebensmittel zu fördern. Nun ist Gauls Catering nicht Mainz 05, aber hier kommt wieder einmal die bereits öfter erwähnte konsequente Inkonsequenz des Vereins zum Vorschein. Man propagiert Klimaneutralität, interessiert sich aber gleichzeitig überhaupt nicht dafür, dass die Speisen, die vergleichsweise gut fürs Klima sind, also Brezeln und Pommes genauso viel kosten, wie Fleischkäsebrötchen bzw. Wurst.

Vielmehr überlässt der Verein die Preisgestaltung dem Caterer. Dieser kann also machen was er will. Dieses Verhalten ist zumindest irritierend. Ähnlich wie beim Testspiel gegen Newcastle scheinen es die handelnden Personen mal wieder nicht auf dem Schirm gehabt zu haben, dass es durchaus gute Gründe gibt, einen Testspielgegner abzulehnen.

Auch beim Thema Catering gibt es als Verein gute Gründe, hier mit Gaul mal über die Preisgestaltung zu sprechen. Eine gute Möglichkeit wäre die Sommerpause gewesen und wie beim Thema Getränke den Preis als steuerndes Element zu nutzen.

Entweder hat der Verein das nicht auf dem Schirm oder es ist ihm egal, was allerdings das hehre Ziel der Klimaneutralität, konterkariert. Vielleicht ist das Thema „Klimaneutralität“ auch nur ein Marketing-Gag der vielleicht durch einen Sponsor aus der Energiebranche eingebracht wurde. Wie beim Thema Flug ins Trainingslager wird womöglich beim Thema klimarelevante Emissionen einfach alles kompensiert, statt Emissionen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Sprich es wird lieber mehr kompensiert als den Stadionbesucher*innen die Brezel günstiger als das Fleischkäsebrötchen anzubieten. Außerhalb des Stadions kostet die Brezel beim Discounter 35 Cent (statt bisher 29 Cent). Selbst wenn die Stadionbrezel doppelt so groß ist, findet man wohl nirgends ein Fleischkäsebrötchen für 70 Cent. Daher ist diese Preisgestaltung schon in der Historie als beide Produkte 2 Euro kosteten ein falsches Signal gewesen. Sie führt sogar dazu, dass Stadionbesucher*innen unter dem Aspekt der „Kosten-Nutzen-Rechnung“ eher ein Fleischkäsebrötchen statt einer Brezel kaufen, um maximalen „Nutzen“ zu erzielen, wenn man sich nicht gerade vegetarisch ernährt.

Schlimmer geht natürlich immer. So kostete die Brezel in Aue drei Euro und in Bochum sogar nochmals 50 Cent mehr. Allerdings proklamieren beide Vereine auch nicht ständig, klimaneutral zu sein. Hier sollte sich Mainz 05 halt fragen, ob man das immer an allen Ecken und Enden rauslassen muss, während ja mittlerweile schon ersichtlich ist, dass das mit dem klimaneutral so eine Sache ist. Im Podcast „Weserfunk“ hat die CSR-Direktorin von Werder Bremen indirekt das Verhalten einfach alles zu kompensieren zu Recht kritisiert. Anders als Mainz 05 wird Werder Bremen erst in einigen Jahren klimaneutral sein. Werder verzichtet, anders als Mainz 05, darauf, einfach Zertifikate zu kaufen und versucht eher Emissionen zu vermeiden. Das dauert natürlich seine Zeit, alle Hebel in Gang zu setzen.

Vielleicht braucht es auch bei Mainz 05 seine Zeit, im Bereich des Caterings seine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Vielleicht hat man bei den letzten Vertragsverhandlungen die CSR-Abteilung nicht zu Rate gezogen, um ein möglichst nachhaltiges Agieren in diesem Bereich vertraglich zu fixieren. In der angesprochenen Podcastfolge erklärt die CSR-Direktorin von Werder, dass zum Beispiel beim Thema Sponsoring die Abteilung noch nicht einbezogen wurde, dies aber mittlerweile der Fall ist. Schließlich ist der Werder-Trikotsponsor ein Unternehmen, das zumindest bisher für Massentierhaltung bekannt war.

Denn das Tierwohl könnte natürlich auch ein Grund sein, Preise beim Catering entsprechend zu gestalten. Es ist anzunehmen, dass ein Fleischkäsebrötchen für 2,50 € nur so günstig anzubieten ist, weil das dafür benötigte Fleisch aus einer sehr günstigen Produktion stammt. Diese ist in der Regel nur in der Massentierhaltung darstellbar. Fleisch aus Bio-Produktion wäre auf jeden Fall unmöglich, zu diesem niedrigen Preis anzubieten.  

Daher wäre es mehr als wünschenswert, wenn bei der nächsten Ausschreibung des Cateringvertrags auch auf das Thema Förderung von ressourceneffizienten Lebensmitteln eingegangen wird. Die CSR-Abteilung von Mainz 05 kann da sicherlich mit Rat und Tat zur Seite stehen, wie bei so vielen anderen Themen auch – wenn man sie nur ließe und das Thema nicht danach bewertet, auf wieviel Kritik es bei den Fans stößt – so wie es auch beim Newcastle-Testspiel geschehen ist.

Dass Mainz 05 auf dem Papier klimaneutral ist, gleichzeitig aber in Sachen Nachhaltigkeit nicht unbedingt so schnell vorankommen möchte, zeigte das DFL-Nachhaltigkeitsforum, das Ende Juli abgehalten wurde. Maximilian Rieger, Journalist beim Deutschlandfunk schrieb: „Und auch St. Pauli, Werder Bremen und Hoffenheim ist das Tempo nicht hoch genug – sie konnten sich aber nicht gegen die Mehrheit der 36 Profi-Clubs durchsetzen.“ Leider gehört unser Verein aktuell eher zu den bremsenden Vereinen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Daher erscheint das Thema „Klimaneutralität“ in einem neuen Licht – leider.

Quellen:

Wichtige Infos zum Testspiel gegen Bilbao | Mainz 05

Fleischersatz auf Pflanzenbasis mit bester Umweltbilanz | Umweltbundesamt

Fußball und Klimaschutz – DFL veranstaltet erstes Nachhaltigkeitsforum | Deutschlandfunk

Mixed Zone zu Nachhaltigkeit bei Werder – Weserfunk

Spätlese Bochum Saison 2022/2023

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Endlich wieder Bochum! Nachdem die beiden Auswärtsspiele beim VfL in der letzten Saison wegen der Pandemie zu Spielen ohne Gästefans führten, also nicht zu Geisterspielen wohlgemerkt, ging es jetzt endlich wieder an die Castroper Straße. Grund genug, einfach mal ein ganzes Wochenende in Bochum und Umgebung zu verbringen. Das Ruhrgebiet ist schließlich wirklich ein wunderbares Wanderrevier. Das glaubt man natürlich nicht, wenn man irgendwelche Klischees im Kopf hat. Aber gerade der Süden des Potts mit der Ruhr und den zahlreichen Stauseen ist wirklich eine Reise wert. 

Flusslandschaft und Hügelkette im Hintergrund
Wandermöglichkeit 1: Die Ruhr bei Witten

Freitags ging es rüber nach Witten und dort durch den Stadtwald hoch zu einem netten Aussichtpunkt über der Ruhr. Am Spieltag selbst wurde Bochums Süden entdeckt. Sowohl der Kemnader See als auch der Chinesische Garten der Ruhr-Uni sind wirklich wunderbare Ausflugsziele vor den Toren der Stadt – das 9-Euro-Ticket macht es möglich. Wer die Touren nachwandern möchte, schaut einfach mal auf dem Meenzer-on-Tour-Account von Komoot vorbei. Dort sind mittlerweile einige der Touren, die ich im Rahmen der Auswärtsfahrten mache, hinterlegt.  

02 (N)immer nuff:

Was im Ruhrgebiet ebenfalls zu empfehlen ist, ist das Essen – insbesondere das Fleischlose. So gibt es unweit des Bochumer Hauptbahnhof mit dem „Zum Kleinen Esel“ einen veganen Mexikaner mit großen Portionen. Tortilla Chips mit Guacamole und Salsa für drei Euro ebbes ist schon sehr fair.

Bambus-Hölzer und Bohlenwege
Wandermöglichkeit 2: Der Botanische Garten in Bochum und der Kemnader See

Da das Ruhrstadion, anders als die Neubauten der Liga im Herzen der Stadt Bochum liegt, war es auch ein Katzensprung, um vom „Zum Kleinen Esel“ dorthin zu Fuß zu gelangen.  

03 Kon-Trolle

Glücklicherweise stellt Mainz 05 rechtzeitig vor dem Spieltag Informationen für Auswärtsfahrende bereit. So wusste man vorher, dass es in Bochum nicht möglich war, Rucksäcke am Eingang abzugeben. Allerdings frage ich mich jedes Mal, was einen Verein reitet, so ein Grundbedürfnis von Auswärtsfahrenden zu ignorieren. Wenn man nicht mit dem Fanbus oder dem  Auto unterwegs ist, hat man normalerweise mehr Utensilien dabei, als eine kleine Tasche im Format kleiner als DIN A4.

Tortilla Chips mit Salsa und Guacamale sowie vegane Quesadillas und Chili sin Carne
Tortilla Chips mit Salsa und Guacamole oder vegane Quesadillas mit Chili sin Carne im „Zum Kleinen Esel“ von Bochum

Daher  sollte es tatsächlich eine Verpflichtung geben in der Männer-Bundesliga entsprechende Möglichkeiten bereit zu stellen. Schließlich ist das ja das „Premiumprodukt“ des deutschen Männerfußballs und nicht ein Kreisliga-Kick mit vielen Ehrenamtlern. Diese Investition in die Faninfrastruktur ist einfach ein Muss. Der Hinweis von Mainz 05 etwaige Taschen in den Schließfächern des Bochumer Hauptbahnhofs zu deponieren war nett gemeint, aber diese waren nach meinen Infos bereits lange vor dem Anpfiff belegt. Dass für manche Auswärtsfahrende eine pragmatische Lösung vor Ort gefunden wurde, ist vorallem den Nullünf-Mitarbeitenden zu verdanken – eine tragfähige, dauerhafte Lösung ist das allerdings überhaupt nicht. Auch hier war Aue letzte Woche viel pragmatischer. Sie räumten einfach einen Kleinbus aus und funktionierten ihn zur Taschen-Deponie um. So geht das lieber VfL (und lieber Effzeh)!

04 Kampf um den Mampf

Die Verpflegung außerhalb des Stadions hatte ich ja bereits angesprochen. Daher konnte ich es verschmerzen, dass die obligatorische Brezel astronomische 3,50 Euro kostete und damit genauso viel kostete wie die günstigste Wurstalternative. Dieser Wucherpreis für eine Brezel toppt sogar die drei Euro, die Aue dafür aufruft, die allerdings wenigstens für drei Euro keine Fleischspeise anbieten. Dazu demnächst noch etwas mehr Hintergrundinfos im Rahmen eines eigenen Blogbeitrags, was die Preisdifferenzierung bei Speisen mit Nachhaltigkeit zu tun hat.

Flutlichtmast und Aufschrift "Ruhrstadion"
Endlich wieder Ruhrstadion

Zu Trinken gab es unter anderem leichtes oder alkoholfreies Fiege vom Fass. Diese Leichtbiere sind fürs Stadion meiner Meinung nach bei sommerlichen Temperaturen schon voll ok. Sie schmecken eigentlich ganz gut und die Chance komplett ausgeknockt zu werden, sinkt doch erheblich.

05 Käfighaltung

Nach 13 Jahren konnte ich endlich den vierten Besuch im Ruhrstadion verbuchen. Die bisherige makellose Bilanz hielt auch im Jahr 2022. Vielleicht das grandioseste Auswärtsspiel ever, war das legendäre 6:2 für Nullünf im April 2005. Nach Spielschluss war der Klassenerhalt eingetütet. Den Comic kennen wohl mittlerweile alle Nullfünfer*innen, den Mainz 05 dankenswerterweise letzte Woche auch nochmal im Rahmen eines Vorberichts thematisiert hat. Im Januar 2007 der nächste Besuch, den Erstligaspieler Rose veredelte. Den Abstieg konnten die drei Punkte zwar nicht verhindert werden, aber die grandiose Aufholjagd im Jahr 2007 startete eben in diesem Stadion. Zweieinhalb Jahre später ebneten die ersten beiden Bundesliga-Tore eines gewissen André Schürrle den dritten mitgemachten Dreier bevor es nun den Doppler von Karim Onisiwo zu bestaunen gab.  

Jubelnde Fans im Stadion nach dem ein Tor gefallen ist.
Eskalation im Gästeblock nach dem Doppelpack von Karim Onisiwo

Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass es durchaus Serien gibt, die man sich noch länger geben kann.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour

Spätlese Aue Saison 2022/2023

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

Zugegeben, ich habe mich zunächst über die Terminierung dieses Pokalspiels aufgeregt, da Aue nunmal von der Lage her gefühlt das Vladiwostok der Proficlubs im deutschen Männerfußball ist. Um 21.08 Uhr fährt die letzte Bahn nach Zwickau und um 18.00 Uhr sollte der Anpfiff sein. Da Mainz 05 und Pokalwettbewerbe nicht gerade ziemlich beste Freunde sind, müssen wir natürlich immer mit Elfmeterschießen rechnen. Dadurch wäre es unmöglich gewesen, die letzte Bahn in Richtung Fernverkehrsanschluss zu bekommen. Erst vor ein paar Tagen ist schließlich auch mir aufgefallen, dass zeitgleich das Finale der Frauen-EM in London stattfinden sollte. Eine blödere Terminierung gibt es wohl wirklich nicht. Es bleibt zu hoffen, dass dies das letzte Mal war, dass der DFB zeitgleich Spiele seiner eigenen Wettbewerbe mit denen von Teams terminiert, die an anderen Wettbewerben teilnehmen. Dass der DFB auf Bahnfahrpläne und damit auf eine klimafreundliche Anreise Rücksicht nimmt, bleibt wohl eine Utopie.

Zusammengeklapptes Klapprad im Gepäckfach des ICEs.
Perfektes Einparken im ICE

Mit dem Weserfunk-Podcast auf den Ohren, der die CSR-Managerin von Werder Bremen zu Gast hatte, und den Trainingslager-Podcast-Folgen der Hinterhofsänger, ging es von Mainz um kurz nach 8 Uhr am Sonntagmorgen mit dem Klapprad im ICE in Richtung Sachsen. Vor einem Jahr feierte diese Kombi Zug/Klapprad beim Pokalspiel in Elversberg Premiere, da es dort keinen Bahnanschluss gibt und ich vom Bahnhof Neunkirchen zum Stadion fuhr. Diesmal nahm ich den Drahtesel mit, da das einzige Hotel in Aue bereits eine Stunde nach der Terminierung ausgebucht war und ich somit im benachbarten Bad Schlema übernachten musste. Zwischen den beiden Orten verkehrt stündlich die Bahn, die, bekanntermaßen aber auch nach 21:08 Uhr nicht mehr fährt. Daher nutze ich für die fünf Kilometer zwischen Hotel und Stadion wieder das Rad.

Bewaldeter Hügel mit vier Flutlichtmasten und einem Neubaugebiet und einer Straßenbrücke.
Blick auf das Erzgebirgsstadion von Bad Schlema aus

Alle Züge waren pünktlich, so dass ich genügend Zeit hatte, noch den nächsten Blogpost vorzubereiten, denn die Sommerpause bei Mainz 05 hatte es ja doch in sich…Stichwort Leitbild, Saudi-Arabien und die Trophäe schlecht hin, die  „Klimaneutralität“.

02 (N)immer nuff:

Die kurze Radtour von Bad Schlema zum Erzgebirgsstadion hatte es tatsächlich in sich. Zunächst ging es einen Hügel in Richtung Aue hoch, weiter durch den Wald mit nettem Blick auf die Flutlichtmasten des Erzgebirgsstadion und auf das Ringer-Leistungszentrum „Lothar Lässig“ (heißt wirklich so) am Straßenrand. Danach ging es im Schuss steil bergab in die Auer Innenstadt und dann wieder steil nach oben hinauf zum Stadion. Nach den sechs Stunden im Zug war das allerdings eine willkommene Abwechslung.

Klapprad vor einem Stadion.
Ankunft im Schacht

03 Kon-Trolle

Die Security hatte kein Problem damit, das Klapprad an den Zaun anzuschließen. Die folgende Sicherheitskontrolle war ebenso easy absolviert und niemand störte sich daran, dass ich meine Fahrradbeleuchtung mit hineinnehmen wollte – in Mainz ist das ja immer ein Drama. Als ob jemand seine 50 bis 100 Euro teure Beleuchtung auf den Platz schmeißen würde… Allerdings durfte ich eben diesem Grund auch schon mal ein iPad-Mini auf Schalke abgeben. Da lob ich mir den Auer Realismus wirklich.

04 Kampf um den Mampf

Gab es sie noch oder gibt es sie nicht mehr? Das ist bei jedem Gastspiel in Aue die Frage, die sich Auswärtsfahrende jedes Mal aufs Neue stellen. Ja, es gab die „Nudelpfanne“ oder den „Nudeltopf“, der mittlerweile aber schlicht nur noch „Nudeln mit Wurstgulasch“ heißt. An meine erste Nudelpfanne in Aue 2008 habe ich kaum noch Erinnerung.  War sie vegetarisch oder mit Fleisch versetzt? Keine Ahnung. Mittlerweile versuche ich, auf Fleisch zu verzichten und landete erstmal bei einer Riesenbrezel für drei Euro. Da ich seit der Abfahrt in Mainz nichts gegessen hatte, sättigte die Brezel mehr so weniger. Also entschied ich mich für die „vegetarische“ Variante, die aus Nudeln und Gouda-Käse bestand. Da die Ketchup-Töpfe zur Selbstbedienung herumstanden, garnierte ich den Nudeltopf mit Ketchup. Das Ergebnis war nicht wirklich prickelnd, aber im Vergleich zu den Brötchen, die es letztes Jahr als fleischlose Alternative in Elversberg gab, war das ja schon fast das Paradies.  

Ketchup- und Senftopf hinter einem Plastikteller mit Nudeln und Gouda-Käse.
Die vegetarische Version der Nudelpfanne

05 Käfighaltung

Allerdings hatte der DFB ja diese erste Pokalrunde dem Klimaschutz gewidmet. Dazu wurde auch ein Wettbewerb ausgelobt, dass der Amateurverein, der die meisten vegetarischen Gerichte verkauft, eine Belohnung vom DFB erhält. Aue hatte da wohl keinen Bock drauf und servierte tatsächlich nur die Brezel. Die Wurstnudeln wurden auch noch schön im Einweg-Plastiktopf serviert. Wenigstens waren die Löffel schon aus Holz. Nun wäre es natürlich wenig nachhaltig, Restbestände an Plastik-Einweg wegzuschmeißen. Und die vegetarische Nudelvariante hätte wahrscheinlich auch kaum jemand gewünscht. Daher war das alles irgendwie nachvollziehbar.

Aber pünktlich um 18 Uhr zeigte der Verein sehr deutlich, was er vom Klimaschutz hält. Alle Spiele in dieser ersten Pokalrunde wurden eine Minute später angepfiffen, damit diese Minute für einen Appel für den Klimaschutz genutzt werden sollte. Der Stadionsprecher las wahrscheinlich den vom DFB entworfenen Text vor, nur verstanden hat man nichts. Das lag nicht am lokalen Dialekt sondern vielmehr erklang das Steigerlied über die Stadionlautsprecher in ohrenbetäubender Lautstärke. Ein eindeutigeres Statement, wie man bei Erzgebirge Aue zum Thema Klimawandel steht, kann man eigentlich nicht zeigen. Gleichzeitig brennen 100 Kilometer weiter in der Sächsischen Schweiz die Wälder…

Jubelnde Menschen, Fahnen, Doppelhalter in einem Fußballstadion.
Blick aus dem Gästeblock auf den Platz

Dass Fans die Aktion wie in Dresden auspfeifen – geschenkt. Schließlich steht der Verband wegen zahlreicher Dinge in der Kritik. Dass aber ein Mitglied des DFB, die Aktion des eigenen Verbands torpediert, hat schon eine ganz andere Qualität. Anzunehmen, dass sich der Verein bei einem Teil der Fan anbiedern wollte, statt der Linie des DFBs zu folgen. Wahrscheinlich hat man bei den Veilchen mehr Angst vor einigen Stadiongänger*innen als davor aufgrund des menschengemachten Klimawandels zu vertrocknen. Der DFB ist ja bei Vergehen von Fans recht schnell dabei mit Strafen und Sanktionen aller Art. Es bleibt spannend, ob diese Aktion des Vereins ein Nachspiel haben wird. Wenn nicht, ist das nächste Pfeifkonzert sicherlich nur eine Frage der Zeit. Und nun ja, die Quittung gab es dann von den Klimaverteidigern aus der goldenen Stadt am Rhein, die am Ende recht souverän gegen die Lila-Laune-Klimaaktionsverweigerer gewonnen haben.

Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass das Klima beim Thema Klimawandel ziemlich aufgeheizt ist.

Rot-weiße Grüße,

Christoph – Meenzer on Tour