Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Dass die Bahn aktuell noch etwas mehr Probleme hat als zu „normalen“ Zeiten, haben wohl mittlerweile alle mitbekommen, die es ab und zu auf die Schiene verschlägt. Aber natürlich gibt es zur gegenwärtigen „Extended-Bahn-Chaos“-Version noch eine Steigerung: Die SEV-Hölle! SEV klingt fasst wie SUV oder Suff. Letzterer ist gegebenenfalls zu empfehlen, denn durch das Vorglühen werden die SEV-Höllenqualen womöglich erträglicher. Wer immer noch nicht weiß, wovon die Rede ist: SEV steht für Schienen-Ersatz-Verkehr! Diesen durfte ich am frühen Sonntagmorgen in Mainz erleben, da die Schienen am Römischen Theater erneuert wurden. Wir kamen eine Minute vor der geplanten Abfahrtszeit an der SEV-Haltestelle an und da setzte sich der Bus bereits wieder in Bewegung. Glücklicherweise sah der Fahrer in aller letzter Sekunde, dass wir in seinen Bus wollten und hielt mitten auf der Gasse nochmals an. Wir waren die einzigen Fahrgäste, die es in seinen Bus schafften. So ging es im Privatshuttle zum Römischen Theater. Die weitere Bahnfahrt verlief relativ unspektakulär. Da wir allerdings noch zwei Tage bis zum Spiel hatten, holte uns in Lübeck die SEV-Hölle wieder ein. Montags sollte es von Lübeck Hbf. ins Umland gehen. Der Bus hatte eine Verspätung von zwei Minuten bei der Abfahrt. Braucht die Bahn nach Eutin normalerweise 23 Minuten wurden für den Bus 43 Minuten veranschlagt. Doch auch diese reichten trotz normalen Verkehr nicht aus, so dass der Bus 55 Minuten benötigte. Dort sollte wieder auf die Bahn umgestiegen werden, doch daraus wurde erstmal nichts, denn sie fuhr planmäßig ab und der Bus kam erst zwei Minuten später am Bahnhof an. Shit happens – aber es waren ja noch mehr als 24 Stunden bis zum Spiel…
Und ob man es glaubt oder nicht: Ein Teil der 05-Abordnung ist sogar selbst mit der Bahn von Mainz nach Lübeck gefahren. Dies wurde in einem netten Vlog auch schön platziert. Anders als die Spieler des VfL Wolfsburgs trugen die Nullfünfer*innen auch ihre Masken im Zug. Man kann von der Maskenpflicht halten was man will, aber die Aktion der WOBs zeigte mal wieder die abgehobene Seite des Profifußballs. Die Verantwortlichen mussten den Wolfsburger Spielern nach der Bahnfahrt nach Leverkusen erstmal erklären, dass es eine Maskenpflicht anders als im Flugzeug noch gibt. Arroganz par excellence!
Ob die Nullfünfer von Bremen via Frankfurt nach Hamburg geflogen sind, wird man offiziell nicht erfahren. Schließlich wurde es in den Social Media-Kanälen des Vereins nicht thematisiert. Dass das Team von Bremen nach Mainz zurückkehrte ist Fakt. Angeblich weil man trainieren musste – als ob es keine Trainingsplätze zwischen Bremen und Lübeck gäbe… Aber gut, es wird ja alles kompensiert und formal korrekt als klimaneutral angepriesen. Dass dieser Move als pures Greenwashing daherkommt, ist wohl den meisten Leuten mittlerweile klar. Was 2009 mal wirklich eine gute Idee war, da wir uns alle damals noch nicht so wirklich viele Gedanken um Klimaschutz gemacht haben, wirkt langsam aber sicher echt aus der Zeit gefallen.
02 (N)immer nuff:
Das alte Stadion an der Lohmühle ist vom Lübecker Hauptbahnhof fußläufig zu erreichen. Daher gab es natürlich keine Anreiseprobleme. Seit dem letzten Auftritt von Mainz 05 hat sich am Stadion selbst recht wenig verändert – bis auf die Lage des Gästeblocks. So marschierte ich auf die Ecke zu, in der 2009 beim Pokalspiel der Zugang für Gästefans lag. Dort standen allerdings nur schwarz bekleidete Menschen herum. Ohne erkennbare Nullfünf-Utensilien war es relativ leicht, durch die Menge zu kommen. Die Cops zeigten den richtigen Weg einmal rund ums Stadion und ab in den Stau vor dem Gästeblock.
03 Kon-Trolle
Zwischen Mannschaftsbus und Trainingsplatz wurden die 600 mitgereisten Fans in einem Korridor gecheckt. Das Ganze lief recht easy ab – wenn allerdings hier mehr Gäste erschienen wären, hätte das schon ein gewisses Eskalaltionspotenzial gehabt.
04 Kampf um den Mampf
In der vierten Liga erwartet man vom Mampf her erstmal gar nichts, zumal es letztes Jahr in Elversberg für Menschen, die keine Lust auf Wurst hatten, nur durch gutes Zureden trockene Brötchen gab. Hier in Lübeck war man aber sehr gut aufgestellt. Es gab Wurst und es gab Brezeln – eigentlich ziemlich einfach zu organisieren, doch leider immer noch nicht überall Standard. Und auch die Nutzung von Pfandbechern war hier einfach Usus.
So geht Lübeck nachhaltig voran, denn auch das Bier stammte aus der 60 Kilometer entfernten großen Hansestadt und wurde nicht hunderte von Kilometern durch die Republik gekarrt. Simpel, aber gut!
05 Käfighaltung
Eigentlich ist für mich ja die erste Runde des DFB-Pokals immer das Highlight der Saison, da es oft in Stadien geht, die nicht mehr so oft im Repertoire eines Erstliga-Auswärtfahrenden dabei sind. Da wir aber 2018 schon im Pokal in Aue gespielt hatten, war das Erzgebirgsstadion diesmal nicht so der Burner gewesen (von der Klimawandelleugnung des Vereins mal ganz abgesehen). Dafür wartete wirklich mit dem Stadion an der Lohmühle in Runde 2 ein nettes Schmuckkästchen auf meinen zweiten Besuch nach 2009. Alles war ziemlich grün. Die bröckelnde Mauer hinter dem Block. Der Rasenstreifen hinter dem Stehplatzbereich und vor dem Zaun und in der Ecke blühten sogar noch gelbe Blumen. Und auf der anderen Seite gab es als Zuschlag noch eine schicke Choreo in Grün. Alles im Grünen bereich also.
Abgerundet wurde das Ganze noch durch das Tor von Aymen Barkok, dem ich das Ding wirklich sehr gegönnt habe. Seine Freude konnte er auch direkt vor dem Gästeblock ausleben und die Stimmung war an diesem Abend einfach ausgelassen ungetrübt.
Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass auch die zweite Runde im DFB-Pokal ein Highlight der Saison sein kann.
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
In der Länderspielpause zog es mich auf die ostfriesische Insel Juist. Das war natürlich etwas unpraktisch, wenn man weiß, dass direkt danach das Auswärtsspiel im Breisgau ansteht. Aber die Bahn im Nordwesten der Republik scheint zuverlässiger zu funktionieren, als im Rest des Landes, denn ich habe bei meinen zahlreichen Insel-Aufenthalten nie Stellwerksprobleme, Weichenstörungen, Personalmangel etc. erlebt, die zum Beispiel dazu geführt hätten, das einzige Schiff am Tag auf eine der Inseln zu verpassen. So auch diesmal: Schiff pünktlich, Zug pünktlich bis nach Mainz. Dort gab es einen Zugausfall, dann eine Stellwerksstörung – das gewohnte Programm im Rhein-Main-Gebiet halt. Trotzdem klappte es am Ende noch genügend Zeit zu haben, um vom Freiburger Hauptbahnhof nach 18 Jahren in Richtung Osten die Dreisam hoch zu laufen, nun neue Wege gen Westen zu beschreiten.
Anders als bei vielen Clubs produzierte der SC Freiburg noch richtige Eintrittskarten. Während bei vielen Stadien „Print@Home“ Einzug gehalten hat, nutzt der SC Freiburg die Eintrittskarte in Regenbogenfarben als Statement.
02 (N)immer nuff:
An mein erstes Spiel in Freiburg 2004 erinnere ich mich noch gerne. Schließlich schoss Erstligaspieler Rose uns damals kurz vor Schluss zum ersten Auswärtssieg in der Bundesliga-Geschichte von Mainz 05. Danach folgten gefühlt sehr viele Spiele am Montagabend im Breisgau (es konnten aber nur zwei und ein Pokalspiel dienstags oder mittwochs gewesen sein). Den Weg zum Stadion durch die Altstadt fand ich einen der schönsten in der Liga. So war ich gespannt, ob der neue Weg da mithalten konnte. Leider war die Strecke ziemlich unspektakulär. Wenigstens brauchte ich kein Google Maps, da ständig SCF-Fans mit dem Rad an mir vorbeirauschten und mir so den Weg an der Uniklinik vorbei unter der Bahnlinie hindurch auf einen riesigen Parkplatz weißten.
Über unser Stadion und den Weg durch die Felder lästern ja gerne Gästefans. Ob sie das auch in Freiburg machen? Schließlich liegt das Stadion ebenfalls gefühlt am Ende der Stadt direkt neben dem Flugplatz. Flugplatz oder Felder geben sich da nicht wirklich was. Dass sich der Gästeblock allerdings (anders als bei uns) von der Stadt, der S-Bahn und der Tram aus gesehen wirklich in der hintersten Ecke des Stadions befindet, führte bei mir doch zu ein bisschen Wehmut. Was waren das für Zeiten, als man im Dreisamstadion innerhalb von 30 Sekunden von der Hauptstraße in den Block gelangte.
03 Kon-Trolle
Das war, außer dem Ergebnis des Spiels, aber auch das einzige Manko an diesem Nachmittag. Denn in Freiburg fühlte ich mich als Gästefan wirklich willkommen. Das fängt schon damit an, dass man Taschen direkt am Eingang abgeben kann. Tetra Paks mit einem Fassungsvermögen von maximal einem halben Liter dürfen gefüllt sogar mit hineingenommen werden. Diese Möglichkeit gibt es in vielen Stadien nicht. Doch es wurde noch besser. Schließlich gab es Trinkwasserspender vor den Gäste-WCs. Somit ist es für Menschen, die nicht so viel Kohle haben, aber Durst, möglich, gratis Trinkwasser in den mitgebrachten Tetra Pak zu füllen. So ein faires Angebot gibt es meines Wissens in keinem anderen Stadion der Liga.
04 Kampf um den Mampf
Ich sage nur Gutedel! Während es im Dreisamstadion die Regel gab, dass draußen auf der Straße Bier ausgeschenkt werden durfte, im Gästeblock aber nur alkoholfreie Getränke, gibt es im neuen Stadion sogar den lokalen Wein Gutedel zu probieren. Wahrscheinlich haben die Verantwortlichen in Freiburg (wie auch in Sinsheim und Augsburg) bemerkt, dass der Umsatz pro Gästefan erheblich gesteigert wird, wenn es nicht nur alkoholfreie Getränke gibt. Auch beim Futter gab es wieder ein faires Angebot mit einer Brezel für 2 Euro. Das alles war wirklich eine erhebliche Verbesserung im Vergleich zum Dreisamstadion.
05 Käfighaltung
Barrierefreiheit wird in Freiburg großgeschrieben. Direkt oberhalb des Stehblocks konnten Menschen mit eingeschränkter Mobilität das Spiel verfolgen. Das ist natürlich von den Emotionen her wesentlich toller mit den eigenen Fans mitzufiebern als irgendwo im Stadionrund – weit weg vom Gästeblock. Und natürlich ist der Blick aus dem Stehblock wesentlich besser, als er im Dreisamstadion je war. Die Choreo „Immer unterwegs mit Dir – samstags um halb vier“ im Gästeblock konnte man natürlich mitten im Getümmel nur erahnen, aber das Fahnenmeer war schon wirklich beeindruckend. Der Spielverlauf sorgte natürlich direkt für einen großen Dämpfer.
Leider ließ auch die Lesbarkeit der Spruchbänder auf der Heimseite zu wünschen übrig. Denn das Thema der sexualisierten Gewalt beim Fußball und anderswo ist wichtig. Leider hat es am Ende für den Ausgleich nicht mehr gereicht. Anders als in den sozialen Netzwerken, wurde die Mannschaft nach Spielschluss aber nicht zerrissen, sondern moralisch wieder aufgebaut. Gut so!
Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass Freiburg nicht nur sportlich, sondern auch bei der Willkommenskultur sehr weit oben steht.
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Was waren das noch für Zeiten im Sommer 2022: Ein Ticket, ein Monat, ein Land, neun Euro – fertig. Aus finanzieller Sicht war es natürlich Glück, dass das Auswärtsspiel in Sinsheim für die Zeit nach der Gültigkeit des 9-Euro-Tickets angesetzt wurde. Schließlich gilt das Print@Home-Ticket der TSG unter anderem für den VRN-Verkehrsverbund. Dieser reicht mittlerweile weit nach Rheinhessen hinein – auf den drei Bahnlinien nach Mainz-Laubenheim, Mainz-Marienborn bzw. Bingen bis nach Guntersblum, Saulheim bzw. Gau-Bickelheim. Damit konnten Nullfünfer*innen, die von den drei genannten Orten oder auf den genannten Linien südlich davon einsteigen und gratis bis zum Haltepunkt Sinsheim Museaum/Arena fahren.
Um herauszufinden, welches Gebiet der VRN abdeckt, wurde man allerdings wieder mit der Hürde der Deutschen Verkehrsverbünde schlechthin konfrontiert: dem Wabenplan! Wenn man ihn auf der VRN-Seite öffnet erschlagen einen erstmal die unzähligen Waben des Tarifgebiets. Den Claim darunter „Einfach ankommen.“ kann man schon fast zynisch nennen. Glücklicherweise lässt sich der Plan anklicken und im PDF-Dokument war es möglich, mit Hilfe der Lupenfunktion die entsprechenden Waben zu entdecken, die das nordwestliche Ende des VRNs markieren: 04, in der Guntersblum liegt und 02, in der Saulheim und Gau-Bickelheim liegen. Letztgenannte befinden sich allerdings auch im RNN-Verkehrsverbund. Damit die Sache nicht zu einfach wird, findet sich für 02 die Bemerkung „Hier gilt eine spezielle Übergangsregelung für bestimmte Fahrausweise des VRN. Näheres finden Sie im VRN-Tarifprospekt oder unter vrn.de“. Auf der VRN-Seite unter Tickets – Verbundübergänge – RNN ließ sich allerdings nicht ermitteln, in welche Gruppe die Fahrkarte zur Eintrittskarte fällt. Anzunehmen, dass sie einem Tages-Ticket gleichzusetzen ist. Ferner ist anzunehmen, dass wohl der Hinweis im Wabenplan auf folgende Regelung abzielt „Verbundweit gültige Zeitkarten im Ausbildungsverkehr gelten im Übergangsbereich zum RNN an Schultagen in Rheinland-Pfalz ab 14 Uhr, ansonsten ganztägig.“ Ein Grund, warum so wenige Menschen, den öffentlichen Personennahverkehr nehmen, liegt genau an solchen bürokratischen Hürden. Was waren das für schöne Zeiten, als es ein Ticket für ganz Deutschland gab und Waben und Preisstufen den Sommer auf der Müllhalde der Bürokratie verbrachten.
Fans außerhalb des VRN profitierten übrigens ebenfalls. Schließlich ließ sich zum Beispiel ab Mainz eine Fahrkarte nach Guntersblum für 8 Euro lösen. Inhaber*innen einer BahnCard – egal ob 25 oder 50 – fuhren für 6 Euro. Kinder zahlten 4,80 Euro bzw. 3,60 Euro. Für 21,30 Euro gab es auch eine Gruppentageskarte, die für 5 Fans galt. So lassen sich die Kosten von 16 Euro für zwei Einzelfahrkarten für die Hin- und Rückfahrt ab Mainz auf 4,26 Euro pro Person senken. Und wer beispielsweise mit dem Rad von Laubenheim nach Bodenheim gefahren ist, hat gleich nochmal etwas gespart: 5 Euro, 3,75 Euro, 3 Euro, 2,25 Euro, bzw. 15,90 Euro wurden dann entsprechend fällig. Die Chancen stehen ja nicht schlecht, dass nächstes Jahr die Partie wieder auf dem Spielplan steht. So lassen sich in Zeiten, in den wir alle sparen müssen, tatsächlich die Kosten für die Anreise nach Sinsheim massiv senken.
02 (N)immer nuff:
War die Ticket-Hürde genommen, ging es mit den Regionalprodukten der Deutschen Bahn in Richtung Sinsheim. Die S-Bahn, die zwischen Mainz und Mannheim verkehrt, war bis Worms nur mäßig gefüllt. Am dortigen Bahnsteig warteten gefühlt hunderte Menschen, die in die Bahn wollten. Am Nachbargleis stand eine S-Bahn, die nicht weiterfuhr. Auf der App der Bahn stand lapidar „Zug fällt aus“. Das ist natürlich besonders blöd, wenn man einen Termin hat. Und daher ist die Kritik, dass der ÖPNV in Deutschland ja auch nicht mehr als 9 Euro Wert sei, nachvollziehbar. Natürlich gibt es auch Staus und Pannen bei der Autofahrt – allerdings ist die Häufung auf der Schiene aktuell tatsächlich extrem. Bis zum Anschlag gefüllt, fuhr die Bahn dann ohne größere Verzögerung im Betriebsablauf nach Mannheim Hauptbahnhof weiter.
Dass man bei der Bahn aber positive Überraschungen bereithält, ließ sich schon in der App verfolgen. Es gab zwei Fußballsonderzüge, die direkt nach Sinsheim Museum/Arena fuhren und in Mannheim eingesetzt wurden. Der Vorteil dieser Züge bestand allerdings nur darin, ein Entlastungszug zu sein. Schließlich kommt man von Mannheim auch mit der S-Bahn teilweise ohne Umstieg dorthin. Die Fahrtzeit von etwa einer Stunde wird auch nicht wirklich unterboten. Aber sei´s drum, die Bahn fuhr, es gab genügend Platz für alle und so zuckelten wir mit Halt auf allen Unterwegsbahnhöfen ab Heidelberg über Meckesheim, Zuzenhausen, Hoffenheim und Co. in Richtung Endstation.
Der Fußmarsch an Technikmuseum und Überschall-Jets vorbei durch den Autobahntunnel war leicht und lässig zu absolvieren. Wer entsprechend Zeit mitbringt, für den ist die Anreise mit der Bahn für sehr wenig bis gar kein Geld tatsächlich zu empfehlen.
03 Kon-Trolle
Ein großer Nachteil bei der Anreise mit dem Zug besteht allerdings darin, dass es am Gästeblock keine Abgabemöglichkeit von Taschen gibt. Auch dürfen keine Speisen oder Getränke mit ins Stadion genommen werden. Wie bereits mehrmals geschrieben, halte ich eine solche Abgabestelle aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten für dringend geboten, um beispielsweise mitgebrachte Getränkeflaschen zu deponieren. Wenigstens durfte ich die leere und gefaltete Tetra-Pack-Verpackung Wasser, die mir mal die Deutsche Bahn wegen einer ausgefallenen Klimaanlage reichte, mit hineinnehmen. Dort hätte ich sie gegebenenfalls auffüllen können.
04 Kampf um den Mampf
Während die Neubauten der Arenen sich ja mehr oder weniger gleichen, sticht in Sinsheim seit längerem das kulinarische Angebot heraus. Und sie schaffen es dort tatsächlich, in jedem Jahr noch eine Schippe draufzulegen. Man fühlt sich hier wirklich willkommen, wohingegen die Verpflegung der Gäse im Rest der Liga eher als lästiges Übel empfunden wird. Alleine sechs verschieden Wurst- und Frikadellensorten, davon eine vegetarische und eine vegane Variante wurden angeboten. Die Arenawurst kostete 3,90 Euro, die vegane Wurst 4,20 Euro. Das ist natürlich alles andere als nachhaltig, wenn die vegane, klimafreundliche Variante am teuersten ist. Aber zu früh gemeckert. Schließlich gibt es im Gästeblock auch noch einen Frittenstand. Die Pommes kosteten 3,20 Euro, die Spezial-Version mit Ketchup, Mayo und Röstzwiebeln 3,50 Euro. Sprich die günstigste Speise war tatsächlich vegan. An Hoffenheim sollte sich, was das Catering angeht, die Liga ein Beispiel nehmen. Dass es, wie in Augsburg, in dieser Saison plötzlich auch noch Bier gibt – natürlich im Pfandbecher – rundete diesen Champions League-reifen Auftritt der Kraichgauer ab.
05 Käfighaltung
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Warum wir Menschen trotzdem immer wieder in diese Falle tappen, weiß ich auch nicht. In dieser Saison wurde bereits zum zweiten Mal ein Motto ausgegeben. Nach „Alle in Rot nach Bochum“ diesmal „Heimspiel in Hoffenheim“. Diese Mottos wurden nicht etwa von der aktiven Fanszene initiiert. Auch über die Fanabteilung oder die Supporters wurde das nicht verkündet, sondern über die abteilungsübergreifenden Kanäle des Vereins. Ich komme mir seit Beginn der Saison in eine Zeit versetzt, als Mainz 05 noch am Bruchweg in der 2. Liga spielte. Mag sein, dass das auch ein wenig an dem Buch liegt, was ich gerade lese. Schließlich drehen sich bei der Biographie von Mara Pfeiffer über Wolfgang Frank einige Kapitel um seine Zeiten am Bruchweg. Vielleicht liegt es auch ein wenig am „Es war einmal“ Fanzine, das die deutsche Amateurmeisterschaft vor 40 Jahren thematisiert. Aber am ehesten glaube ich, dass es immer noch am Handwerkszeug für Auswärtsfahren liegt, das aus den 1990ern stammt und seither nicht mehr verändert wurde.
Nun ist gegen subventionierte Tickets in diesen Zeiten, in denen viele nicht wissen, ob sie sich das Hobby Fußball im Stadion gucken, dauerhaft noch leisten können, sicherlich nichts einzuweden, obwohl der Verein auch in der Pandemie finanziell Federn lassen musste. Dies allerdings zu einem Zeitpunkt in der Saison zu machen, in der es quasi noch „um nichts geht“ und zu einem Auswärtsspiel, das wie oben erwähnt fast gratis zu erreichen ist, ist schon fraglich. Einem Club die Geldschatulle zu füllen, den viele Fans aufgrund des „atypsich stillen Gesellschafters“, so wird der Mäzen in den Bilanzen der DFL genannt, kritisch gegenüberstehen, macht die Sache auch nicht besser. Dass das alles mit der heißen Nadel gestrickt wurde, erkennt man unschwer daran, dass der Vorverkauf zwischenzeitlich gestoppt wurde und nun die Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle denjenigen, die bereits Karten erworben hatten, Teile des Preises der Eintrittskarte zurückerstatten müssen. Warum diese Schnellschüsse, warum die Hektik in einer Situation, in der es sportlich gut läuft?
Und wie kommt man als Mainz 05 auf die Schnappsidee ein Heimspiel in Hoffenheim auszurufen? Das Stadion bietet Platz für mehr als 30000 Zuschauende. Gut, die letzten Spiele waren nicht ausverkauft, aber es kamen doch deutlich mehr als 10000 Leute ins Stadion. 11000 Auswärtsfahrende waren wir mal beim DFB-Pokal-Halbfinale in Düsseldorf 2009 gegen Leverkusen. Also ist es schon mal Quatsch, mehr Nullfünfer*innen ins Stadion zu bringen als die Heimseite. Selbst wenn 4000 Mitgereiste lauter sind als 16000 Kraichgauer*innen, emfand ich das Motto der Auswärtsfahrt respektlos, zumal wir auch unser Stadion nicht voll bekommen. Den Zusammenhang aus Glashaus und Steinen sollte auch Mainz 05 kennen. Im Leitbild von Mainz 05 steht „Wir stehen für Offenheit, Respekt und Mitmenschlichkeit“. Das was von offizieller Seite vor dem Spiel in Sinsheim abgeliefert wurde, ist leider teilweise das Gegenteil. Allerdings wurde die Entstehung des Leitbilds von Verantwortlichen begleitet, die nicht mehr im Verein arbeiten. Und gleichzeitig gibt es zumindest einen Verantwortlichen, der zum Zeitpunkt der Erstellung gar nicht im Verein tätig war. Vielleicht ist das der Grund, warum das Leitbild nicht gelebt wird. Schließlich gab es in den 90ern auch kein Leitbild und noch nicht mal eine lebendige Fanszene, von Supporters und Fanbabteilung ganz zu schweigen. Dass mittlerweile viel Wasser (wenn auch aktuell eher weniger) den Rhein heruntergeflossen ist, wird anscheinend bei den Verantwortlichen verkannt und Alleingänge werden weiterhin als Macherqualität dargestellt. Was damals mangels organisierten Fans notwendig war, um dem Verein Leben einzuhauchen, wirkt heute aus der Zeit gefallen und kontraproduktiv.
Vielmehr heißt es von den Verantwortlichen, dass der sportliche Aspekt bei Mainz 05 Priorität hat. Alles andere ist nebensächlich. Das durften wir alle spätestens beim Testspiel gegen Newcastle brav verinnerlichen. Selbst wenn man dieser Philosophie uneingeschränkt folgt, hat sich der Verein mit seiner Heimspiel-Fantasie ein Eigentor geschossen. Als Mannschaft braucht man immer einen Motivationsfaktor. Man braucht kein Welttrainer zu sein, um zu erkennen, was für eine tolle Steilvorlage das für André Breitenreiter und seine Hoffis war. Sprich die Verantwortlichen von Mainz 05 haben den Gegner mit ihrer Idee zusätzlich motiviert und gleichzeitig Bos Team damit geschwächt. Hoffentlich hat wenigstens diese Erkenntnis spätestens dann eingesetzt, als in den Sozialen Netzwerken die Admins von Hoffenheim vom Auswärtssieg am Samstagabend sprachen….
Bei aller Kritik sei wenigstens die Transparenz erwähnt, die es bei Mainz 05 mittlerweile teilweise gibt. Das T-Shirt, das extra für die Auswärtsfahrt aufgelegt wurde, wurde zwar allenthalben beworben. Es fehlten allerdings Produktinformationen zu Material, Herstellung, Druck und Zertifikaten. All dies wurde auf Nachfrage bei Twitter nachgereicht und zeigt, dass es eben doch gehen kann bei Mainz 05 – respektvoll miteinander umzugehen und die im Leitbild genannte Offenheit zu leben. Vielleicht sollten das auch die Verantworlichen mal lernen und beim Gegner damit anfangen. Und sei es nur aus Eigeninteresse, um ihm keine zusätzliche Motivation zu liefern, wenn nur das Sportliche zählt.
Fazit: Der Jahrgang 2022/2023 zeigt, dass früher nicht alles besser war.