Spätlese Wolfsburg Jahrgang 2018/19

Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!

01 Hin und weg:

In die Autostadt geht es natürlich mit dem…Zug. Da die vergangenen Reisen wieder genug BahnBonus Punkte eingebracht hatten, und die DFL auf keine dumme Gedanken kam, was die Terminierung angeht, konnte ich wie schon bei der Fahrt nach Schalke mal wieder das Samstag-Freiticket der DB nutzen. Alles war pünktlich, so dass ich mehr als zwei Stunden vor dem Anpfiff in der fünftgrößten Stadt Niedersachsens ankam.

Schlossgarten von Wolfsburg
Schlossgarten von Wolfsburg

02 (N)immer nuff:

Die Stadt Wolfsburg hat letztes Jahr ihren 80 Jährigen Geburtstag gefeiert. Wann haben wir den eigentlich in Mainz gefeiert? Hm, da waren wir wohl alle noch nicht wirklich geplant. Da die Bahn, wie bereits erwähnt, pünktlich war, konnte ich meinen Plan umsetzen, sprich, der Schwarz-Weiß-Malerei mal wieder einen visuellen Haken schlagen. Wolfsburg? Da gibt’s ja nur das VW-Werk und ein paar Stadien! Nö – Wolfsburg hat sogar Tradition! Glaubt man nicht wirklich, ist aber so…also abseits des Platzes. Während wir teilweise Hamburg, Berlin und München so toll finden, dass wir da gleich ein ganzes Wochenende verbringen, was tatsächlich auch wirklich nicht die schlechteste Idee ist, fahren Otto-Normal- Meenzer*innen gefühlt nur für 93 Minuten nach Wolfsburg. Dabei bietet die Stadt tatsächlich mehr als ein paar Stadien und eine Autoproduktionsstätte. Nein, ich rede jetzt nicht über die zahlreichen Shopping-Outlets, sondern über Alt-WOB! Ja, das gibt es tatsächlich! Das Schloss Wolfsburg, gefühlt einen Klorollenwurf vom Stadion entfernt, ist bereits 700 Jahre alt. Schließlich haben in der Region schon vor der Stadtgründung Menschen gelebt – gut, 1938 waren es zirka 900, aber so what?! Und dort gepflegt im vom Wind geschützten Biergarten ein Kaltgetränk zu sich zu nehmen? Kommt ähnlich gut wie an der Außenalster, am Wannsee oder im Englischen Garten.

Innenhof des Schlosses von Wolfsburg
Innenhof des Schlosses von Wolfsburg

03 Kon-Trolle

Wenn Du weißt, dass Du praktisch nichts mehr mit ins Stadion nehmen darfst, bietet sich natürlich das Schließfach am Bahnhof an – denn dann bist Du schließlich sicher, dass Laptop, iPad und der ganze andere Elektrokram unbehelligt bleiben. Für zwei Euro bietet der VfL Wolfsburg diesen Service auch an – in den meisten Stadien der Republik ist das übrigens gratis möglich. Nix für ungut, aber direkt am Bahnhof das Schließfach für drei Euro genommen und feddisch…

Vorfrühling in Wolfsburg
Vorfrühling in Wolfsburg


04 Kampf um den Mampf

Auch in Wolfsburg darfst Du nur noch mit EC-Karte (via Chip) oder via Bezahlkarte zahlen. So weit, so normal in den Bundesliga-Stadien. Dass beim VfL aber 10 € Pfand für die Karte aufgerufen werden, ist dann doch ein bisschen dreist. Als Ausgleich gibt’s dann frisch Gezaptes vor dem Gästeblock, wohingegen im Stadion nur alkfreie Plörre ausgeschenkt wird – Wolfspunsch inklusive. Aber wenigstens gibt es für die Sektion Fleischlos Pommes mit Ketchup/Mayo – was leider in vielen Stadien nicht mehr Standard ist.

Chillen am Stadion
Chillen am Stadion

05 Käfighaltung

Der Stehblock in Wolfsburg ist nicht wirklich grandios, da das Mundloch für den Notausgang auf Spielfeld-Niveau diesen praktisch in zwei Teile bricht. Daher erstand der Großteil der Szene Karten für den Sitzplatzbereich direkt daneben in Richtung Tor. Dafür gab es eine perfekte Sicht aufs Spielgeschehen. Dumm nur, dass es dort eigentlich nicht wirklich was zu sehen gab. Dafür gab es am Ende am Wolfsburger Hbf. die Überraschung: Keine Ahnung, wofür die drei Euro fürs Schließfach galten – auf jeden Fall wurden von mir noch sechs Euro zusätzlich gefordert, ehe ich meinen Kram aus dem Schließfach wieder bekam. So musste ich im Schreibwarenladen erstmal irgendetwas kaufen, um sechs Euro in Münzen zu erhalten. Merke: Entscheidend ist auf’m Platz – wenn’s da schlecht läuft, gilt das auch fürs Schließfach der Bahn. Als Ausgleich dafür habe ich es mit der Bahn 30 Minuten früher nach Mainz als geplant geschafft – einer Miniverspätung des ICEs in Hannover sei Dank, den ich so noch erreichten konnte. Folglich kam ich zur lokalen Fastnachtssitzung ein wenig früher als geplant und konnte zum Torverhältnis von 1:11 in den letzten drei Spielen ein dreifach donnerndes Helau anstimmen. Und so kam ich erst gar nicht in die Versuchung, die Kommentare zum Spiel, zum Verein und zu den Verantwortlichen bei Nullfünf in den sozialen Netzwerken zu lesen 😉

Bahnhofsromantik am Wolfsburger Hbf.
Bahnhofsromantik am Wolfsburger Hbf.

Fazit: Die Abschaltautomatik-Edition Jahrgang 2018/2019 führt zu versteckten Kosten, was aber in Wolfsburg nicht wirklich verwundern sollte – zum Wohl!

Zum Wechsel von Yunus

„Keine Titel und Trophäen, doch wir werden zu Dir stehen!“ singen wir in zwei Wochen beim Heimspiel gegen Köln wieder im Block. Auf die hatte Yunus wohl auch keinen Wert gelegt, schließlich hätte er sich in der Rückrunde den Titel als bester Erstliga-Torschütze von Mo Zidan noch schnappen können – so zog er mit dem verrückten Ägypter nur gleich und ging…nach Wolfsburg!

Hm ja, Wolfsburg ist uns ja seit 1997 nicht in allerbester Erinnerung. Aber davon abgesehen, dass es uns nichts angeht, wohin es einen Spieler zieht, hätten wir bei den Alternativen Schalke („der Don holt doch unsere Besten“), Dortmund („der Tuchel holt doch unsere Besten“) oder Leipzig (kein Kommentar nötig) genauso herum gemotzt. Vielleicht sucht er einfach ein ruhiges Umfeld, das in der Nähe seiner Heimat Kassel liegt, bei dem er langfristig weiter (!) international spielen kann – zu Bezügen, die sicherlich ganz nett sind, so what?!

Aber genau dass wir letztes Jahr international spielen durften liegt zum Teil auch an dem Bub, den viele von uns zumindest früher immer als phlegmatisch bezeichneten. Dass ihm vor genau einem Jahr der Don den Wechsel nach Dortmund verweigert hat und der Junge nicht in Versuchung kam, unmotiviert durch die Gegend zu kicken, kann man ihm schon mal anrechnen. Erinnerungen an den Killermiffel habe ich da noch in meinem Kopf – wohin die Reise für uns damals ging, nachdem Thurk zu seinem Traumverein gewechselt ist, wissen wir alle. Ob die Reise diese Saison in eine ähnliche Richtung gehen kann, wissen wir alle heute nicht – aber Yunus hätte sich auch in der Rückrunde verletzen können. Fußball ist ein Teamsport und kann niemals von einem Spieler abhängen. Und weil hier das Wort „Don“ bereits zweimal gefallen ist, kann man auch mal Rouven Schröder für diesen Deal abfeiern.

Und der Abschied von Yunus? Nun ja, da warte ich erst mal noch auf das Noveski-Abschiedsspiel, das der Don (zum Dritten) angekündigt hat. Gleichzeitig lese ich das Statement von Yunus, das mich nochmals darin bestätigt, dass der Bub ein Guter ist: Wir haben ihn „begleitet“ – ja leider haben wir ihn nicht immer alle angefeuert. „Eine tolle Stadt mit wunderbaren Menschen“ wird er verlassen – kann man mal so stehen lassen 😉 Und das Beste kommt zum Schluss: Er dankt allen „Mitgliedern rund um den Verein“ – anscheinend wusste Yunus, dass er bei keiner AG oder KGaA angestellt war, sondern beim Internationalen Fußballsportverein, den er mit dahin geführt hat, wo wir heute stehen!

Und wer weiß, vielleicht trägt Yunus ja wirklich in seinem Herz ein Doppelrad wenn er schreibt “Mainz wird mit jeder Facette immer sehr positiv in seiner Erinnerung sein”! Ich jedenfalls werde ihn immer positiv in Erinnerung behalten.

Danke & tesekkür Yunus