„Aufhören wenn’s am schönsten ist“ – so nannte ich meinen Kommentar im Mai 2017, nachdem sich Mainz 05 von Martin Schmidt getrennt hatte. „Merci Martin“ las ich damals in vielen Kommentaren. Ein „Danke Sandro“ ist bisher weit weniger zu lesen. Doch den bisherigen Verlautbarungen nach zu urteilen wurde auch dieses Mal die Zusammenarbeit im gegenseitigen Einvernehmen beendet. Mainz bleibt: sich treu!
Anders als bei der Trennung von Martin, die nach dem Ende einer turbulenten Saison erfolgte, heißt es jetzt Mitten in der Hinrunde Abschied zu nehmen. In den Wochen vor dem Abschied von Martin war ich ein große Befürworter, ihn nicht während der Saison nach dem damaligen Spiel in Freiburg zu entlassen. Was hätte es damals noch groß gebracht, außer bloßen Aktionismus an den Tag zu legen?
Diesmal liegt die Sache gar nicht so anders. Der Zeitpunkt der Trennung kommt nicht überraschend, denn wenn man sich noch etwas von einem Trainerwechsel in diesem Jahr verspricht, dann sicherlich jetzt in der Länderspielpause. Trotzdem hatte ich keinen vorgefertigten Sandro-Abschiedstext in der Schublade liegen, da ich bis zuletzt davon ausgegangen bin, dass es vielleicht doch einen anderen Weg gibt. Denn die Mechanismen der Branche hätten sicherlich in fast jedem anderen Verein wahrscheinlich schon im Februar 2018 nach den Doppelpleiten gegen die Eintracht und dem Spiel in Hoffenheim gegriffen und in dieser Saison spätestens nach dem Bayern-Spiel: Gegen einen strauchelnden Drittligisten im Pokal raus. Niederlagen gegen die damaligen Nicht-Übermannschaften Freiburg und Gladbach und dann das 1:6 im Stadion am Kurt-Landauer-Weg. Die Mechanismen griffen wie damals bei Martin aber nicht. Wieso? Weil wir Rouven Schröder haben!
Denn wie bei der Trennung von Martin hilft auch hier hilft ein Blick zurück in die Vergangenheit von Mainz 05. „Anders als in Köln 2008, als Kloppo mit seiner bizarren Aufstellung sein Ende mehr oder weniger selbst einläutete, auch anders als Tuchel sein Ende einfach selbst forciert hatte, wurde hier in aller Ruhe analysiert und ein Schlussstrich zur richtigen Zeit gezogen. Während die beiden ersten Trainerikonen also ihr Schicksal mehr oder weniger selbst bestimmten und das unter unserem Managergott, wurde hier in aller Ruhe analysiert und gemeinsam ein Weg gefunden, das Gesicht zu wahren.“
Dieses Zitat stammt aus meinem Text zu Martin Schmidt, ist aber in vielen Teilen auf die aktuelle Situation zu übertragen. Der große Unterschied zwischen Martin und Sandro: Letzterer hatte noch weniger Kredit bei vielen Fans als der Schweizer Tuchel-Zögling. Beide, Martin wie Sandro, haben sich viele Verdienste bei uns im Nachwuchsbereich erworben. Aber der Abstieg der U23, von Sandro damals trainiert, begleitete ihn wie ein Stigma durch seine Zeit als Cheftrainer. Dass es in der 3. Liga extrem schwer ist, mit einer Ausbildungsmannschaft die Klasse zu halten, haben praktisch alle U23-Teams der großen Vereine bewiesen. Aktuell dümpelt lediglich Bayern II in der 3. Liga herum. Alle anderen U23-Teams spielen 4. oder 5. Liga (oder gar nicht mehr). Ein David Wagner stieg mit der U23 von Borussia Dortmund ebenfalls in Liga 4 ab. Trotzdem wurde er danach Trainer in der Premier League und trainiert aktuell den 6. in der 1. Liga – komisch das, oder?
Ich persönlich möchte mich bei Sandro bedanken. Für seine ehrliche, offene Art. Für seine Unaufgeregtheit, was die ganze Branche betrifft. Für die Einstellung, dass es wichtigeres gibt, als Fußball. Für das Gefühl, das ich immer hatte, dass es einen spielerischen Ansatz gibt (auch wenn das teilweise nur minutenweise auf dem Platz zu sehen war) und natürlich für die letzten Spiele der vergangenen Saison inklusive des Spiels am Nebenfluss.
Das Problem bei der aktuellen Konstellation war vielleicht der diametral unterschiedliche Ansatz, Verein und Stadt betreffend, was die Personen auf dem Spielfeld und am Rand betrifft. Auf der einen Seite ein Trainer, der in Mainz geboren ist, mit der 17 in die Schule über die Theodor-Heuß-Brücke fuhr und schon als Kind nuff gegangen ist. Auf der anderen Seite Spieler, die bis auf Robin und Ridle nicht wirklich wissen, was Mainz 05 ausmacht; die diesen Verein als einen Schritt in ihrer Karriere ansehen – nicht weniger aber auch nicht mehr.
Was bleibt? Mainz bleibt: sich treu – rund um die 5. Jahreszeit wurde schon mal eine Trainer-Entscheidung getroffen, die sich im Nachhinein als ziemlich gut erwiesen hatte – hoffen wir, dass es auch dieses Mal so ist!
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag
eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive
Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser
Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige
Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Dass es für mich mit der Bahn aufs Auswärtsspiel ging, ist ja mittlerweile keine wirkliche Überraschung mehr. Dass die Fahrt problemlos ablief auch nicht – zumindest für Vielfahrer*innen. Schließlich ist das Fahren mit der Bahn im Durchschnitt wesentlich angenehmer als das mit dem Auto oder dem Bus. Denn im Zug kann man z.B. wie letztes Mal Podcasts zur OB-Wahl hören. Nach der OB-Stichwahl am kommenden Sonntag steht direkt das nächste Ereignis an. Klar, der 11.11.! Aber auch der 15.11. ist mittlerweile ein wichtiger Tag in der Stadt des Buchdrucks: der bundesweite Vorlesetag, der bei uns unter dem Motto „Mainz liest bunt“ und dem diesjährigen Thema „Geschichten von unterwegs“ steht.
Da ich ja das eine oder andere Mal unsere Stadt auch dann verlasse, wenn es nicht gerade zum nächsten 05er-Auswärtsspiel geht, darf ich in diesem Jahr sowohl bei den „05er Classics“ als auch auf der Mainzer Büchermesse aus meinen beiden Büchern vorlesen. Hier kommt nun wieder die Bahn ins Spiel, denn solche Lesungen müssen natürlich vorbereitet werden. Da bot sich die Bahnfahrt nach Leipzig perfekt an, denn anders als im Auto kann man normalerweise beim Bahnfahren gut an Präsentationen feilen. Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, sollen die Gäste beurteilen, die auf meinen beiden Lesungen vorbeischauen. Vielleicht sehen wir uns ja – es würde mich sehr freuen.
02 (N)immer nuff:
Leipzig ist seit jeher Straßenbahnstadt. Mit zahlreichen Linien geht es in Richtung Zentralstadion. Anders als in Mainz hat jede Bahn einen Fahrkartenautomaten an Bord. An sich ist das eine gute Idee, aber leider nehmen die Dinger keine Scheine, keine EC- und keine Kreditkarte – nur eine Leipzig Card, ach so und Münzen natürlich auch. Wenn man allerdings ein 24-Stunden-Ticket für zwei Personen kaufen möchte, das an sich mit elf Euro irgendwas recht günstig ist, dann wird es etwas blöd, sofern man keinen Haufen Eurostücke dabei hat.
Da denke ich sehnsüchtig an Länder wie Kenia, in denen man mit dem Mobiltelefon so ziemlich alles bargeldlos kaufen kann. Aber gut, wir befinden uns halt nicht Mitten im innovativen Afrika, sondern in Mitteleuropa…
03 Kon-Trolle
Dass viele Fußball-Fans ein Problem mit RB haben, ist seit Jahren bekannt. Dass die so genannte Vereinsstruktur von RB, bei der nur eine Handvoll Menschen auserkorene „Mitglieder“ sind und die Geschehnisse rund um den „Verein“ bestimmen, ist ebenfalls kein Geheimnis. Nun kann RB wegen mir im Innenleben tun und lassen, was es möchte. Allerdings dreht sich zumindest außerhalb der RB-Welt nicht alles um die Brause und ihr Verständnis von Vielfältigkeit, Mitbestimmung und Demokratie. Daher müsste sich meiner Meinung nach RB an gewisse Mindeststandards halten, was Meinungsfreiheit angeht – nicht nur, aber gerade auch dann, wenn klar ersichtlich ist, dass es um Standpunkte geht, die mit RB gar nichts zu tun haben. Im konkreten Fall ging es am Samstagnachmittag um das „Videobeweis abschaffen“ Banner der Fanszene, das bei der Einlasskontrolle entdeckt wurde.
Dieses Banner durfte nicht mit ins Stadion genommen werden. Es gab noch weitere Schikanen, die in anderen Stadien so nicht Alltag sind, aber das nur am Rande. Natürlich haben RB und die Stadt Leipzig nicht wirklich etwas gemeinsam, denn der Standort „Leipzig“ wurde aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewählt – so wie es bei jeder Firma Usus ist. Trotzdem sollte man sich bei RB der Tradition der Stadt Leipzig bewusst sein, für die die Stadt seit 30 Jahren steht. In vielen Ecken der Stadt wird an die „Friedliche Revolution“ 1989 erinnert. Damals ging es auch um Meinungsfreiheit. Diese wurde am Samstag mit Füßen getreten.
Anders ist es mir als Einzelperson ergangen. Mein Buch „Zu Gast – In vielen Ecken dieser Welt“ durfte ich mit ins Stadion nehmen, um es einem interessierten Fan dort zu übergeben. Hier fiel mir nachkicks ein, dass ich eigentlich wie 1995 bei der Einreise nach Malawi Angst hätte haben müssen, als damals mein Lonely Planet „Africa on a shoestring“ von den Zöllnern bei der Einreise konfisziert hätte werden können, da in diesem Reisebuch der damalige Autokrat massiv von den Autoren kritisiert wurde und das Buch deshalb auf dem Index stand. In meinem zweiten Buch geht es zwar hauptsächlich um Reisen ohne Fußball, aber die Auswärtsfahrt mit unserer U23 zum 1. FC Magdeburg schaffte es hinein. Und wegen der geographischen Nähe Magdeburgs zu Leipzig und dem diametralen Verständnis von Fußball findet sich ein kleiner Einwurf zu RB in diesem Kapitel. Wäre mein Buch nun ein Standardwerk und hätte es jemand von RB gelesen – es hätte vielleicht auch Stadionverbot bekommen…obwohl ich nur vom modernen Fußball schrieb, der 128 km südöstlich von Magdeburg da gerade „aufbraust“.
04 Kampf um den Mampf
Das große Angebot an Speisen und Getränken im Zentralstadion, die Möglichkeit mit Bargeld oder mit Karte zu zahlen – all das ist sehr fanfreundlich. Es ist aber auch schlicht und einfach konsum- und kundenfreundlich und sorgt dafür, den Umsatz zu steigern. Betrachtet man das generelle Handeln von RB, so ist klar ersichtlich, dass diese Fanfreundlichkeit ein Nebeneffekt und kein Selbstzweck ist. Schließlich bildet der gemeine Fußballfan der Gastmannschaft am Spieltag eine Zielgruppe, die es gilt, zu bedienen, um Umsatz und Gewinn zu steigern. Alles andere ist bloßes Beiwerk und wird den wirklich wichtigen Unternehmenskennzahlen untergeordnet.
Wie bereits oben ausgeführt, sollte man immer zwischen RB und der Stadt Leipzig trennen. Denn das Essen und Trinken abseits des Zentralstadions ist auf jeden Fall eine kulinarische Reise wert. Über die Gose habe ich mich ja bereits bei der letztjährigen Spätlese Leipzig ausgelassen. Aber Gose geht natürlich immer – und das am besten im Rahmen einer Bierprobe, bei der man den säuerlichen Geschmack dieses Gerstensafts noch besser erkennt, wenn gleichzeitig Kellerbier, Schwarzbier und Hefeweizen kredenzt werden.
05 Käfighaltung
In Leipzig gibt es per se keine Stehplätze im Gästeblock. Der Gastbereich bietet eine gute Sicht auf das Geschehen. Zum Anpfiff waren allerdings nur wenige Sitze belegt, da sich zu diesem Zeitpunkt ein Teil der Fans noch an der Kontrolle befand, um das Banner hineinzubekommen. Manche Leute wünschen sich ja, dass Ultras und ultranahe Fans am besten gar nicht mehr im Stadion auftauchen. Einen Vorgeschmack auf ein solches Szenario bot sich in den ersten Minuten des Spiels. Der riesige Block war mit Grüppchen, einem Flickenteppich ähnlich, durchsetzt. Ab und zu versuchte jemand ein „FSV“ anzustimmen – mit extrem begrenztem Erfolg. 05-Fähnchen waren ab und zu zu sehen und das einzige Banner, was hing, war das der „Meenzer Metzger“. Über dem gesamten Block lag gefühlt eine meterdicke Schicht Mehltau.
Für den neutralen Fußballfan war dieses Spiel sicherlich beste Unterhaltung, zumal die Nullfünfer bis zum zweiten Tor von RB durchaus mithalten konnten. Um am Sonntag nicht mehr permanent an rote Bullen denken zu müssen, verschlug es uns in den Leipziger Zoo, der als einer der besten weltweit gilt. Seit meinen jüngsten Reisen nach Afrika 2017 und 2018 versuche ich zwei Projekte in Sierra Leone und Kenia mit dem Verkauf meiner Bücher, der Meenzer-on-Tour-Turnbeutel und –Soulbottles zu unterstützen. Gleichzeitig war ich neugierig, was der Leipziger Zoo tut, um Tierbestände zu erhalten. Viele Projekte werden wirklich wunderbar unterstützt, aber trotzdem sieht man Pelikane und Flamingos, die nicht fliegen können. Warum ein Zoo, der sich für die Artenvielfalt einsetzt, Tieren die Flügel so manipuliert, dass sie nicht mehr wegfliegen können, macht mich etwas ratlos. Allerdings stellt sich diese Frage auch bei unseren Flamingos im Stadtpark. Natürlich ist es schön, diese Tiere zu beobachten. Sie sollten allerdings nicht dafür leiden müssen. Daher ist es für mich umso wichtiger, Projekte wie das Schimpansen-Heim Tacugama und das Elefanten-Waisenhaus Sheldrick Wildlife Trust zu unterstützen. Hier müssen keine Tiere leiden, um anderen Tieren das Überleben zu ermöglichen. Etwaige Spenden, die ich im Rahmen der o.g. Lesungen erziele, fließen übrigens direkt an diese beiden Organisationen oder an „Helfende Hände für Nepal Mainz e.V.“, die dritte Organisation, die ich besucht habe und seither unterstütze.
Nach dem ersten Treffer traf dann der Teil der Fans ein, die zuvor vergeblich versucht hatten, das Videobeweisbanner mit in den Block zu nehmen. Ironie der Geschichte: Die peniblen Kontrolleure schafften es dennoch nicht, die Meinungsfreiheit komplett zu unterbinden. So wurden am unteren Teil des Blocks ausgerechnet zwei Spruchbänder bis zum Schlusspfiff präsentiert, die tatsächlich RB-kritisch waren und die sich mit dem Verbot von Tifo-Material beschäftigten.
Man kann der Meinung sein, dass eine Fangruppe es als Priorität anzusehen hat, den Verein zu unterstützen und sich durch diese Scharmützel nicht davon abhalten lassen sollte, die Mannschaft zu supporten. Leute, die diese Meinung vertreten, sind allerdings auch oft der Auffassung, dass Ultras aus dem Stadion rausgeschmissen gehören, da sie sich angeblich nur selbst abfeiern würden.
Wir alle, egal ob Ultra, Normalo, Kutte oder wer auch immer, fährt immer noch freiwillig stundenlang durch die Republik. In der Stadionordnung steht nichts von einer Support-Pflicht. Wenn man also lieber 90 Minuten ein Spruchband hochhält und nicht singend und fahnenschwenkend das Spiel als Beiwerk begleitet, dann ist das das gute Recht jedes einzelnen Menschen, dies zu tun. Wenn am kommenden Samstag im Heimspiel der Q-Block wieder supportwillig ist, freut mich das sehr – man darf dies allerdings nie als selbstverständlich ansehen. Und Fans sind vieles nur nicht Duracell-Häschen, die auf Kommando von wem auch immer „Stimmung machen“ – auch wenn sich so das Produkt Fußball natürlich noch so viel besser vermarkten ließe.
Fazit: Der Jahrgang 2019/2020 besticht durch die von FumS aufgestellte These, dass „RB Prügel verteilt“ – Zielgruppe dieser war am Samstag die Meinungsfreiheit von Fußballfans.
Auswärts fahren bietet in unserem komplett verplanten Alltag
eine Möglichkeit, Unplanmäßiges geschehen zu lassen, überraschend positive
Erlebnisse zu sammeln oder auch negative Erfahrungen zu machen. An dieser
Stelle berichte ich über meine rein subjektiven Eindrücke rund um die jeweilige
Auswärtsfahrt, jeweils mit ein wenig Abstand betrachtet – eine Spätlese eben!
01 Hin und weg:
Die treuen Leser*innen der „Spätlese“ werden es schon erahnen. Natürlich ging es mit der Deutschen Bahn nach Düsseldorf. Die Strecke durch das Rheintal nach Koblenz gehört meiner Meinung nach zu den schönsten Bahnfahrten weltweit. Das tief eingeschnittene Tal sorgt allerdings dafür, dass es in einem Technik-Entwicklungsland wie Deutschland nicht möglich ist, mobiles Internet zu ermöglichen. Da in den Faninfos für Auswärtsfahrer*innen von Mainz 05 auch nichts über eine Aufbewahrungsmöglichkeit für Taschen (mit Laptop) geschrieben stand, entschloss ich mich, mit sehr leichtem Gepäck rheinabwärts zu düsen. Smartphone, Geldbeutel, kleine Kamera, Haustürschlüssel und die Fanhaustasche gefüllt mit Zeitungen, für die ich in der Woche einfach keine Zeit finde, um sie zu lesen und fertig war das Packen.
Vor dem Verlassen der Wohnung hatte ich mir die „Wahltober“ Podcastfolgen von Mainz Gehört mit den Kandidat*innen zur OB-Wahl heruntergeladen. Was Julia und Nadine Tabea Rößner, Martin Ehrhardt (bereits vorab gehört), Michael Ebling und Nino Haase entlockt haben, war tatsächlich sehr interessant. Am Sonntag Morgen wurde schließlich die fünfte und letzte Folge mit Martin Malcharek veröffentlicht. Mit etwas Abstand betrachtet sind mir alternative Wohnformen, die Spieltheorie, der wirtschaftliche Aspekt, warum sich Mainz um eine Eingemeindung von AKK kümmern sollte, eine Fahrradstraße durch die Hintere Bleiche und eine ehrliche Aussage zur Fluglärmproblematik in Erinnerung geblieben. Übrigens wurden die fünf genannten Themen nicht unbedingt durch die/den zu erwartende(n) Kandidatin/Kandidaten angesprochen. In der Samstag-Ausgabe der AZ stritten die Lokalredakteure darüber, ob der Wahlkampf bisher spannend oder langweilig gewesen sei. Es spricht für alle fünf Kandidat*innen, dass es keine Schlammschlachten gab. Mehr oder weniger „gute“ Gelegenheiten gab es dafür einige. Ja, Demokratie lebt von der Streitkultur. Aber vielleicht tut es in Zeiten einer gespaltenen Gesellschaft auch einfach mal gut, dass da fünf Menschen antreten, die die Grundwerte der Demokratie nicht mit Füßen treten und die alle für ein weltoffenes Mainz eintreten. In den sozialen Netzwerken gibt es auch bei diesem Wahlkampf ja genug Lokal-Trolle, die die Meinung der anderen nicht akzeptieren und Andersdenkende beleidigen. Dass zu manchen Veranstaltungen nur drei von fünf Kandidat*innen eingeladen wurden, geht meiner Meinung allerdings gar nicht. Das wäre etwa genauso, wenn Spiele von Mainz gegen Bayern nicht mehr stattfinden, da eh die Bayern (mittlerweile) uns jedes Mal mit einer Klatsche nach Hause schicken, sprich vorher klar ist, wer gewinnt. Daher an dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an die Podcastmacherinnen, die ihren „Wahltober“ in ihrer Freizeit gewupt haben.
Wo wir zum Glück keine Wahl haben, ist die, bei der Besetzung des Trainerpostens von Mainz 05 – auch wenn sich das wohl einige eher wünschen würden, darüber und nicht über das Stadtoberhaupt am nächsten Sonntag entscheiden zu dürfen. Gut, dass in einer Demokratie nicht immer alles zur Wahl steht, und manche Entscheidungen von denen gefällt werden, die dafür entsprechend qualifiziert sind. Denn im Internet haben viele eine Meinung (mich eingeschlossen) und die lässt sich wunderbar, ohne Konsequenzen in die Welt posaunen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist ja mittlerweile in aller Munde. Neben ökologischen und ökonomischen Aspekten schließt dieses die soziale Nachhaltigkeit ein. Nachhaltigkeit wird häufig als solche definiert, dass wir nicht auf Kosten anderer leben sollten. Meist sind dabei nachfolgende Generationen gemeint. Vielleicht sollten wir uns alle mal in den sozialen Netzwerken an die eigene Nase fassen und überlegen, ob das, was wir da aktuell absondern, andere schädigt, verletzt und negativ beeinflusst. Klar ist Fußball die schönste Nebensache der Welt und für manche das ein und alles. Aber muss man sein Ego oder seinen Frust damit befriedigen, andere kaputt zu kommentieren? Außerdem gilt für die Pöblel-Crew: die Mehrheit der Menschen in den sozialen Netzwerken teilt nicht unbedingt die Meinung der vermeintlichen lautesten Krawall-Fraktion. Von daher noch einmal: gut so, dass sich die OB-Kandidat*innen diesem Trend allesamt verschließen. Und dann ist es halt ein langweiliger Wahlkampf, weil man sich nicht in aller Öffentlichkeit zerfleischt – was übrigens nicht heißen soll, dass es einfach so weitergehen soll – diese Entscheidung soll dann jede(r) für sich treffen.
02 (N)immer nuff:
Was haben die drei Fastnachtsstädte Mainz, Köln und Düsseldorf gemeinsam? Richtig, ihr Stadion liegt relativ weit vom Hauptbahnhof entfernt. Allerdings klappt das in Mainz mit den Shuttle-Bussen vom Hauptbahnhof richtig gut, während in Köln und Düsseldorf die Fahrt mit der Straßenbahn doch recht nervig ist. Daher wurde Auswärtsfans geraten, bis zum Düsseldorfer Flughafen mit der Bahn zu reisen und von dort in die Shuttle-Busse zu steigen, die direkt zum Gästeblock fahren würden. Das ist aber von Düsseldorf Hbf. aus ein ziemlicher Umweg. Daher habe ich mich auf dem Hinweg lieber in die Straßenbahn gequetscht, die dann im Stop & Go Richtung Stadion zuckelte und mit 30 Minuten etwa die doppelte Zeit brauchte, als im Fahrplan veranschlagt war. Dafür konnte ich direkt an der Stadionhaltestelle Richtung Gästeblock abdrehen.
03 Kon-Trolle
Nachkicks war dieser Durchgang versperrt. Warum einem Menschen ohne jegliche Fanmontur der Durchgang untersagt wird, bleibt Geheimnis der Sicherheitskräfte. Gut, dann probiere ich halt den Shuttlebus zum Flughafen aus, dachte ich mir. Dieser war recht schnell gefüllt, die Türen wurden verschlossen und nichts passierte. Da sah ich dann die Polizeistaffel und ahnte schon, dass der Bus wohl im Konvoi mit den anderen Bussen der Gästefans zum Flughafen gebracht werden sollte. Als nach zehn Minuten immer noch nichts passierte, wurde die Ansage gemacht, dass man nicht losfahren könne, da sich irgendwelche Leute mit irgendwelchen anderen Leuten am Flughafenbahnhof eine Auseinandersetzung liefern würden. Glücklicherweise wurden die Türen geöffnet und ich machte mich per Pedes auf den Weg in Richtung Düsseldorf Hbf. – denn zurück in Richtung Stadion war ja alles abgesperrt, um Fantrennung durchzusetzen. Dank Google Maps gelang es mir, über kleine Fußgängerwege zur nächsten Straßenbahnhaltestelle einer Linie zu gelangen, die nicht vom Stadion hierher führte, so dass mich eine relative leere Bahn ruckzuck zum Hauptbahnhof brachte…
Die Kontrolle vor dem Betreten des Stadions selbst durch die Ordner verlief komplett stressfrei und war nicht der Rede wert.
04 Kampf um den Mampf
Das Futterangebot war einfach nur durchschnittlich. Wurst, Brezeln, feddisch. Beim Bier gab es mit Schumacher Altbier etwas Regionales und das aus der ältesten Altbierbrauerei der Stadt – lecker. Dieses Angebot stand im krassen Gegensatz zu dem globalen dänischen Bieranbieter, dessen Gerstensaft ebenfalls ausgeschenkt wurde. Dazu gab es noch Holsten alkoholfrei. Die Preise, die für den ganzen Kram abgerufen wurden, waren leider extrem grenzwertig. Wenigstens wurden Mehrwegbecher genutzt, die es, wie beim Auswärtsspiel in München, ermöglichten, den Q-Block mit einer Choreo-Spende zu unterstützen.
05 Käfighaltung
Der Gästeblock bietet eine gute Sicht aufs Spielfeld. Währen der 90 Minuten hielt die Düsseldorfer Fanszene fast dauerhaft Spruchbänder zu den Ereignissen in Halle und in Nord-Syrien hoch. Politik und Sport ließen sich noch nie trennen – dafür wird dem Fußball in unserer Gesellschaft viel und vielleicht auch zu viel Aufmerksamkeit eingeräumt. Wenigstens kann man diese Aufmerksamkeit auch für Themen nutzen, die eher unpolitisch sind – weil es um Lebewesen geht, die gar keine oder eine geringe Lobby haben: Tauben zum Beispiel.
Denn da geht ein ganz fettes Lob an Danny Latza raus. Ja, wir wissen um seine Vorliebe für Katzen und Hunde. Aber er setzt sich auch für andere Tiere ein. Zusammen mit Mainz 05 und vielen Spielern des Profi-Kaders hat der Tierschutzverein Mainz und Umgebung e.V. wieder einen Kalender für das nächste Jahr aufgelegt, in dem Nullfünfer*innen mit Tieren gemodelt haben und abgelichtet wurden. Die Kalender gibt es u.a. in den Fanshops von Mainz 05 zu kaufen. Der Erlös geht komplett an den Tierschutzverein. Auf einem Kalenderblatt hält Danny Latza eine verletzte Taube in den Händen. An seinem Arm hängt das Armband „Taubenfreund“. Dies ist eine Initiative des Tierschutzbunds, der mit der Aktion #RespektTaube für mehr Verständnis für diese Tiere ohne Lobby bei uns wecken möchte. Und nein, Tauben verbreiten keine für uns gefährlichen Krankheiten!
Fazit: Der Jahrgang 2019/2020 besticht durch die Erkenntnis, dass mehr Respekt anderen Lebewesen gegenüber ein gutes Fazit dieser Auswärtsfahrt ist!